vonHelmut Höge 19.10.2006

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt.

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Nachdem die Philipinen “thanks to Pinatubo” die Amis losgeworden waren, richteten sie auf den verlassenen US-Stützpunkten Sonderwirtschaftszonen ein. Flankierend dazu produzierten sie ein Video – für potentielle Investoren. Das für deutsche heißt “People on the move” – was ein Deutschlehrer aus Manila sehr richtig mit “Ein Volk ist auf Trab” übersetzte.

Hierzulande stellt sich die Situation etwas anders dar, wo man gerade damit angefangen hat, sich damit abzufinden, daß seit dem Ende des Ost(= Arbeit)- West(=Kapital)-Konflikts die Politik nur noch mit den politischen Rückwirkungen der Wirtschaft beschäftigt ist: “Die Situation gleicht derjenigen der Hopi-Indianer beim Ausbleiben von Regen – ein Regentanz, in dem Glauben, daß das hilft!” Gewiß: “Die einen mögen besser tanzen als die anderen…” (N. Luhmann).

Da kommt aber schon ein Japaner, Kenichi Ohmae, um die Ecke gewackelt und verspricht: rhizomartig über alle Länder sich ausbreitende “virtuelle Unternehmen”: “The End of the Nation State”. Die neue Herausforderung heißt nun “Unterwegs- sein!” – Als Wanderarbeiter oder Joint-venture-Stratege, am besten beides.

Aber Moment mal… “Unterwegs?” – Das hatten wir doch schon… da – im “Titelverzeichnis lieferbarer Bücher” – da steht es noch oder schon wieder: Jack Kerouacs “Unterwegs” (1962). Dann kam Rainer Barzels “Unterwegs” (sic). Dann Eva Demski, Christa Meves, F.J. Raddatz, C. Meyer-Clason und F. Oomen – sie sind ebenfalls trotz Titelschutzrecht alle voll “unterwegs”, und jetzt auch noch Sarah Haffner: “Unterwegs”.

Aber das ist genau genommen nur die Spitze des Eisbergs: A. Friedrichs Buchtitel trifft den Nagel auf den Kopf: “Wir sind alle unterwegs”, “Unterwegs nach der verlorenen Heimat” (T. Ahrens), “Unterwegs zum Lieben” (W. Bartholomäus), “Im Jet unterwegs” (J. Armbruster), “im Osten Deutschlands” (Geo-Center), “im Beitrittsgebiet” (M. Rutschky), “nach Ostpreußen” (H. Podehl), “mit Goethe in Schlesien” (H. Piontek), “zum Rabennest” (ars edition), “zur Wahrheit” (W. Quine), “zur Weisheit” (J. Zink), “zum Anfang” (O. Rieppel).  Dabei durchaus auch: “tastend” (L. Enderli), “als Frau” (V. Sackville-West), “mit Fahrrad” (R. Wiegers), “zur Einheit” (H. Genscher), “ins Nirgendwo” (M. Küpper), “zur Mündigkeit” (Lee C.), “zum eigenen Zentrum” (N. Liebig), “durch Einsamkeiten” (A. Burger), “zur Erleuchtung” (J. Süss) …

Kurz gesagt: Einmal unterwegs, “Immer unterwegs” (R. Linner). Ganz egal, ob “mit Kindern” (B. Maltzahn), “mit Diana” (J. Fischer), “mit Pferden” (H. Franciskowsky), “mit dem Wind” (I. Gustedt), “mit dem Landesschau-Mobil” (A. Jany), “mit Gott” (M. Jilesen), “mit dem Herzen” (W. Hartmann), “mit der Klasse” (G. Hofer),”mit Fontane” (G. Heller), “im Denken” und “zur Sprache” (M. Heidegger), “zu Menschen hin” (E. Gäde), oder “in Europa” (H. Heine), “rund um Dresden” (S. Heimer), “zu Burgen und Schlössern” (N. Krauß), “nach Deutschland” (H. Königsdorf/A. Hofmann), “nach Katmandu” (D. Murphy) oder nur “nach Bigorra” (A. Zitelmann) … “Hauptsache: Unterwegs” (H. Schwan, Selbstverlag).

Und dabei spielt es auch keine Rolle mehr, ob wir dies als “Rätselfreunde” (C. Meyer), als “Angestellter” (M. König), als “Bello” (R. Kauka), als “Cindy” (B. Hirschfeld), oder “als Stückgut” (I. Hosp), tun. – Wie und mit wem oder was auch immer: “Ein Mann ist immer unterwegs” (W. Heinrich), dito “das Glück” (H. Kruppa), und “Ödipus” (H. Bauchau) sowieso, aber auch “Buddha” (S. Kopp) … “Unterwegs in die nächste Dimension” (Clemens Kuby) also.

Und von da aus ist es dann nur noch ein Wimpernschlag bzw. ein kleiner Schritt bis zum nächsten Japaner – bei dem alles wieder ganz anders aussieht. Das wollte ich hier nur mal zu bedenken geben. Also: “Bleib, wo du bist!” (F. Kafka)

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