vonHelmut Höge 16.01.2007

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt. Gonzo-Journalismus der feinen Art.

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Wir brauchen unbedingt eine Stiftung, wenn schon nicht zur Liquidierung von Stiftern dann wenigstens zur Vergesellschaftung von Stiftungsvermögen. Es mehren sich die Fälle, da reiche Arschlöcher wohltätige Stiftungen gründen, wobei sie mit dem Anlegen ihres Stiftungsvermögens genau den Schaden anrichten, den sie mit dem daraus gewonnenen Profit über ihre Stiftungstätigkeit „heilen“ wollen.

Noch mal: Das Kapital zeichnet sich laut Schumpeter durch seine Kraft zur „schöpferischen Zerstörung“ aus, d.h. es zerstört gewachsene Gemeinwesen, gefestigte Belegschaften, Kultur-Natur-Gleichgewichte, Soziotope, Biotope, usw.. um an deren Stelle etwas Neues zu schaffen/setzen. Wenn man den Kapitalisten/Investoren glauben darf: etwas Höherwertiges, dem vorangegangenen Überlegenes – was sich schon daraus erhellt, dass das vorangegangene ja nicht untergegangen, zerstört worden wäre, wenn es nicht unterlegen  gewesen wäre. Ein idiotischer, um nicht zu sagen faschistischer Zirkelschluß, den Thomas Kapielski als Motto für sein letztes Mervebuch sehr schon abgewandelt hat: „Gute Kunst setzt sich durch weil man gut nennt, was sich durchsetzt.“
Die großen Kapitalisten nun, die aus Raffgier und Cleverness besonders viel und grob „schöpferisch zerstört“ haben, und deswegen am Ende ihres beschissenen Lebens das Bedürfnis nach Gründung einer eigene Stiftung verspürten,  versuchen damit das zuvor zerstörte wenigstens ein bißchen wieder zu flicken. Das ist ein absolutes Idiotenspiel: Je mehr sie zerstören, desto mehr Geld haben sie, um das Ganze oder Teile davon wieder zu heilen.
Wir kennen das von Reemtsma: Sein Vater – Fürchtegott Reemtsma, einer der fettesten und ekelhaftesten Nazi-.Unternehmer, der sich seinerzeit und dank der Nazis dumm und dämlich verdient hat, vererbt sein Imperium dem Sprößling Jan-Philip, der es dann  für zig Millionen verkauft. Mit dem Geld wird off-shore spekuliert, um es zu vermehren. Ein Teil der Spekulationsgewinne fließt in seine wohltätige Stiftung – das „Hamburger Institut für  Rumpeldipumpelforschung“, domiziliert in  einer Schnöselsdorfer Luxusvilla,  wo nun frei geforscht wird, d.h. wurde, denn inzwischen wurden seine Wissenschaftler derart an die Kandare genommen, dass sie nur noch gegen die Linke, also gegen das antikapitalistische Zusammkommen und Kämpfen in Vergangenheit und Gegenwart forschen, publizieren. Das macht Sinn, wie man so schön sagt: Insofern nun Form (Genese) und Inhalt (Aufgabe) dieser Stiftung identisch geworden sind.

Der größte Idiot weltweit und damit auch der größte Stifter bleibt jedoch Bill Gates. Idiot –  verstanden als jemand, der der polis fernbleibt, um sich ganz auf seinen oikos zu konzentrieren,  und der deswegen so dämlich ist, dass er die polis wenn überhaupt, dann nur als oikos zu begreifen vermag. Bill Gates also versucht nun, seine Stiftung ebenfalls reemtsmamäßig zu formieren. Dazu die neuesten Nachrichten aus seiner Stiftung (aus heise-news):



Die Bill and Melinda Gates Foundation hat ihr Aktienportfolio an der Kabelfernsehgesellschaft Cox Communications um 187,2 Millionen US-Dollar erhöht und besitzt mit nunmehr 5,8 Prozent das größte Paket unter den außenstehenden Anteilseignern. Die Nachricht als solche wäre nichts Besonderes — schließlich müssen auch wohltätige Stiftungen zusehen, wie sie ihr Geld anlegen und vermehren. In diesem Fall aber werden US-amerikanische Steuerrechtler aufmerksam, da sich die Interessen der Gates-Stiftung mit dem Microsoft-Konzern überschneiden können, schreibt das Wall Street Journal.

Microsoft und Cox Communication stehen nämlich seit einiger Zeit in Verhandlungen über eine Kooperation. Beide wollen eventuell gemeinsam schnelle Internetdienste über Kabel anbieten. Cox-Manager Dallas Clement bestätigt dies auch, fügt aber hinzu, dass Bill Gates‘ Investitionen und die seiner Stiftung völlig voneinander getrennt seien. Da ist zu hoffen, dass Michael Larson, der sowohl Gates‘ Aktien wie die der Stiftung verwaltet, den Überblick behält.

Das scheint aber nicht die einzige Angriffsflanke für Kritiker der Stiftung zu sein: Die Bill and Melinda Gates Foundation, die sich beispielsweise um Gesundheitsprojekte in der dritten Welt kümmert, hatte der US-Börsenaufsicht SEC Anfang des Jahres gemeldet, dass sie Aktien der neun größten US-amerikanischen Pharmakonzerne gekauft hat. Dadurch könnten sich Interessenverstrickungen ergeben, glauben Kritiker, und das zu einer Zeit, in der heftig über die Preise von Medikamenten für arme Länder diskutiert wird.

Die Gates-Stiftung ist, wie andere Wohltätigkeitsorganisationen auch, von der Steuer befreit. Steuerexperten sehen in dem Erwerb der Cox-Anteile zumindest einen Anlass zur Prüfung, ob sich nicht die Interessen von Microsoft und der Stiftung vermischen. Michael Larson kaufte das erste Paket für die Gates-Stiftung im Wert von 199,8 Millionen US-Dollar von der Cox Holding. Zeitgleich kaufte Larson für das persönliche Portfolio von Bill Gates Cox-Aktien für 299,7 Millionen US-Dollar. Die Geschäfte wirken zwar zwielichtig, aber die Experten gehen davon aus, dass der Stiftung nach dem derzeitigen Stand die Steuerbefreiung nicht entzogen wird.

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