Der taz-Dachgarten wird täglich von zwei Staren angeflogen, die dort auf dem kleinen Rasenstück nach Würmern suchen – jedesmal erfolgreich: Wie sind die da bloß hingekommen – die Regenwürmer?
Noch verblüffter war ich, als ich gestern am Stadtrand in einer Brombeerhecke mehrere Laubfrösche entdeckte. Es war das erste Mal, dass ich überhaupt Laubfrösche außerhalb eines Terrariums sah. Eine Biologin machte mich dann noch ganz in der Nähe auf einige jugoslawische Grillen aufmerksam: „Die haben sich jetzt wegen der Klimäerwärmung auch schon bis hierher ausgebreitet.“ Auf einer etwas feuchten Wiese, die voller Schnecken war, sah ich dann abends auch noch einige Glühwürmchen. Ihre Larven leben von Schnecken, sie müssen sich fünf mal häuten, was zwei bis drei Jahre dauert – bis sie sich schließlich verpuppen und dabei in einen Käfer verwandeln. Die herumschwirrenden Käfer fressen gar nichts – sie widmen sich komplett dem Glühen und der Liebe, anschließend sterben sie. In Deutschland gibt es laut BamS den „Kleinen“, den „Großen“ und den „Kurzflügelleuchtkäfer“.
Dieser ertragreiche Kurzausflug in die „Stadtnatur“ war jedoch nicht dem Aushilfshausmeister-Job geschuldet, er wurde eher nebenbei unternommen. Ich mußte dort ein paar Unterlagen bei Freunden besorgen, die ich nächste und übernächste Woche für Recherchen in Italien und Spanien brauche. Es geht dort um die Hausmeister („Portinaio“ auf italienisch und „el conserje“ bzw. „el bedel“/„la bedela“ auf spanisch) von Produktivgenossenschaften.
Währenddessen gibt es hier keine Blogeinträge, deswegen sei hier noch ein längerer Text über „Hausmeister in Wien“ von Peter Payer angehängt, der in den „Wiener Geschichtsblättern“, Beiheft 4, erschien:
„A Hausmasta is a Respektsperson“, konnte Wolfgang Ambros noch in den siebziger Jahren singen. Mittlerweile scheint die Situation jedoch eindeutig: Die ehemals mit weitreichenden Befugnissen ausgestatteten Hausmeister und Hausmeisterinnen (bis heute wird dieser Beruf vor allem von Frauen ausgeübt) werden sukzessive zum Aufsichts- und Reinigungspersonal degradiert oder überhaupt durch Reinigungsfirmen ersetzt. Betrachtet man die mittlerweile rund 200jährige Geschichte dieses „Wiener Originals“ wird deutlich, daß dem Hausmeister in der Vergangenheit eine wichtige Rolle im sozialen Gefüge der Stadt zukam. Dabei war seine zwischen Hausherrn und Mietern stehende Funktion allerdings stets ambivalent: War er für die einen nur der verlängerte Arm des Hausherrn, der seine Nase in alle Angelegenheiten der Mieter steckte und dessen Anordnungen man unwidersprochen Folge zu leisten hatte, stellte er für andere die „goldene Seele“ des Hauses dar, an die man sich bei Problemen stets wenden konnte.
Im folgenden ein kleiner Streifzug durch die wechselvolle Geschichte dieses vom Aussterben bedrohten Berufsstandes. Der Hausmeister: ein Produkt frühkapitalistisch-patriarchaler Lebensformen Als in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung immer mehr Menschen nach Wien bzw. in die Vorstädte und Vororte zogen, stieg die Nachfrage nach billigem Wohnraum enorm an. Sie konnte nur durch die Errichtung von Gebäuden mit mehreren Mietwohnungen einigermaßen rasch befriedigt werden. Diese „Zinskasernen“ waren es, die den Hausmeister hervorbrachten – ein städtisches Phänomen, das sich überall dort herausbildete, wo ähnliche Wohnverhältnisse entstanden, vor allem in den Städten Österreichs, Deutschlands und Frankreichs. Bewohnte früher fast jede Familie ein eigenes Haus und besorgten Familienmitglieder die notwendigen Arbeiten zur Erhaltung und Reinigung dieses Hauses, wurde nun ein eigenes Personal für den Dienst am Haus aufgenommen. Als der Hausherr schließlich immer häufiger nicht mehr selbst im eigenen Haus wohnte, galt es, jemand für die Betreuung des Hauses zu finden, der zudem als ständiger Stellvertreter des Hausherrn fungierte: Der Hausmeister war geboren. Von einem Dienstboten der Mietparteien war er zu einem Angestellten des Hausherrn geworden.
Im frühindustriell-biedermeierlichen Wien entwickelte sich der Hausmeister rasch zu einem – wie es die „Arbeiterzeitung“ formulierte – „notwendigen Organ unseres Wirtschaftslebens, welches eine Kreuzung zwischen Kapitalismus und patriarchalischen Lebensgewohnheiten darstellt.“1
In dem Ausmaß wie Wien eine Stadt des Zur-Miete-Wohnens wurde, stieg die Zahl der Hausmeister kontinuierlich an. Hausmeister wurden schon bald zum fixen Bestandteil des Lebens in der Stadt, deren Wohnverhältnisse sie entscheidend mitprägten.
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1 Der Hausbesorger einst und jetzt, in: Österreichische Hausbesorgerzeitung, Nr.6/1929, 2f. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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Besucher wurden eigens auf die spezielle Funktion und Bedeutung des Hausmeisterwesens in Wien aufmerksam gemacht. Ein „Wohlunter-richteter Fremdenführer“ aus den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erläuterte: „Sowohl in der Stadt als auch in den Vorstädten hat jedes nur irgend bedeutende Haus zur Besorgung der auf Reinlichkeit und Erhaltung derselben bezüglichen Verrichtungen einen ‚Hausmeister‘. In der Stadt werden ohne Ausnahme die Haustore um zehn Uhr abends, in den Vorstädten während der Zeit von Georgi bis Michaeli um zehn, in der übrigen Zeit um neun Uhr gesperrt. […] Der Hausmeister öffnet nach der Sperrstunde auf das Anziehen der an dem Tor befindlichen Glocke. Dem Gebrauch gemäß entrichtet man dem Hausmeister dafür eine beliebige Gabe, etwa sechs Kreuzer jedesmal.“2
Dabei gab es durchaus topographische Unterschiede im Standesbewußtsein der Hausmeister. Während in den Vorstädten der proletarische Hausmeister regierte, war in der Inneren Stadt vor allem der in den Häusern des Bürgertums residierende, vornehmere Hausmeister anzutreffen. In Anton Langers Posse „Ein Hausmeister aus der Vorstadt“ bedauert der Hausmeister Franz Thoringer, der mit seinem Hausherrn vom noblen Stadthaus auf die Laimgrube übersiedeln mußte, sein Schicksal zutiefst: „I bin natürlich aus der Stadt mit herausg’wandert. Sie können sich denken, was das für einen gebildeten Stadthausmeister für ein Opfer is, wenn er sich zum Proletariat herablassen muß.“3 Um seinen sozialen Abstieg nicht offenkundig werden zu lassen, borgt sich Thoringer für ein Treffen mit Portier-Kollegen aus der Innenstadt von seiner Tochter Geld aus: „Jetzt kann man doch mit’n Geld schepern, das macht sich nobel.“4
Der Hausmeister in der Vorstadt war allerdings eindeutig der mächtigere und sicherlich auch der von den Mietern gefürchtetere: „Je weiter vom Zentrum der Stadt entfernt ein Haus ist, desto größer die Befugnis des Hausmeisters, ja man könnte beinahe das Gesetz aufstellen, daß die Befugnisse und damit auch die Macht des Hausmeisters gegenüber den Parteien in geometrischer Progression zu der Entfernung vom Mittelpunkte der Stadt wachsen.“5
Es waren in erster Linie Männer, die vom Hausherrn zum Hausmeister ernannt wurden. Sie besaßen in seinen Augen die für ein reibungsloses Funktionieren der Haus-gemeinschaft notwendige Autorität, waren in der Lage, sich gegenüber den Mietern erfolgreich durchzusetzen. Waren sie zudem im Nebenberuf Tischler, Maurer oder Gärtner, konnten sie praktischerweise für allfällige Ausbesserungsarbeiten am Haus eingesetzt werden.
Bei den verheirateten Hausmeistern fand meist die damals übliche Arbeits- und Rollenteilung statt. Die Ehefrau war tagsüber anwesend und sorgte neben der Erziehung der Kinder für die strikte Einhaltung der „Hausordnung“. Etwaige Schäden am Haus waren unverzüglich dem Hausherrn zu melden, Einfahrt, Gang, Stiegenhaus, Boden, Keller, Waschküche, Gangklosett, Hof und Garten regelmäßig zu putzen, zu waschen und zu kehren. Damit war es vor allem die Hausmeisterin, die den größten Teil der Routinearbeit am Haus erledigte.
An Sonn- und Feiertagen saßen die beiden auf dem zum Symbol gewordenen Hausmeisterbankerl vor dem Eingangstor, sie den obligaten Strickstrumpf in Händen, er die zugehörige Pfeife rauchend und das unvermeidliche Krügel Abzugbier, genannt „Fensterschwitz“ neben sich. Haus und Gasse ließen sie nicht aus den Augen, denn das war ihr zuständiges Revier, ihr Amtsbezirk, ihr Königreich.
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2 Zit. nach Der Wiener Hausmeister, in: Arbeiterzeitung, 6.7.1958, 13.
3 Anton Langer, Ein Hausmeister aus der Vorstadt. Original-Posse in drei Akten, Wien 1859, 31.
4 Ebenda, 23.
5 Der Hausbesorger einst und jetzt (Anm. 1), 2. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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Die Bezahlung der Hausmeister wurde individuell mit dem jeweiligen Hausherrn ausgehandelt. In der Regel bestand die Entlohnung ausschließlich in der freien Wohnung, dem Reinigungsgeld und dem sogenannten „Sperrsechserl“, jenen sechs Kreuzern, die ein Mieter für das Öffnen des Haustores nach der abendlichen Sperrstunde zu bezahlen hatte. Das Einkommen eines Hausmeisters war also denkbar gering, die Wohnverhältnisse waren – wie noch gezeigt wird – mehr als bescheiden.
Ganz im Gegensatz dazu stand jedoch die reale Macht des Hausmeisters. In seiner Stellung vom Hausherrn jederzeit kündbar, entwickelte er sich den Mietern gegenüber zum unbeugsamen und strengen Wächter des Hauses. Der Volksmund bedachte ihn mit dem Beinamen „Cerberus“ und sah in ihm gerne eine trinkfeste, grobe und rabiate Figur. Die Hausmeisterin wiederum war als unbändig neugierige „Haustratschn“ verschrien, die über alle privaten Angelegenheiten der Mietparteien genauestens Bescheid wußte.
So ist es nicht verwunderlich, daß der Hausmeister und die Hausmeisterin seit dem Biedermeier zu den klassischen Figuren des Wiener Volkstheaters zählen, insbesondere durch die Stücke von Ferdinand Raimund und Johann Nestroy. Nestroys Staffelhuberin ist ebenso legendär wie die Rolle des Hausmeisters Cajetan Balsam, der sich bezeichnenderweise selbst zum „heimlichen Hausherrn“ ernennt.6
Das Verhältnis zwischen Hausmeister und Mieter
Eine Mieterin erinnert sich: „Die Hausmasterin, wie hat die gheißen, der Mann war a Schneider, jo die Frau Deutschar, Tschechen warns, i sag Ihnen, die hat a Regiment gführt, mei liaba, da hats nix gebn, da war alles blitzblank, und wehe die Kinder warn z’laut, ui die hats zsammgschimpft, ja wann wer einakummen is ins Haus, die hat so a Guckerl ghabt, a am Tag, die hat immer genau gwußt, wer da is, mei liaba, do hat sie drauf gschaut, und wehe a Kind hat Papierln auf’d Stiagn ghaut, na die …“7
Die Beziehung der Mietparteien zum Hausmeister läßt sich – wie Michael John feststellt – bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts mit einem Wort beschreiben: Konfrontation.8 Die Anordnungen des oft skrupellos ausbeuterischen Hausherrn hatte der Hausmeister bedingungslos durchzusetzen und mit all seiner Autorität geltend zu machen. Er war es auch, der die Miete einkassierte und ein gewichtiges Wort bei der Neuvermietung freier Wohnungen mitzureden hatte.
Der Hausmeister war die erste und schwierigste Hürde, die Wohnungssuchende zu überwinden hatten. Sie wurden genauestens über ihre privaten Verhältnisse befragt, und erst wenn gesichert war, daß sie den Frieden im Haus nicht stören, kamen sie überhaupt als Mieter in Betracht. In Alexander Bergens berühmter Biedermeier-Posse „Eine Vorlesung bei der Hausmeisterin“ richtet die Hausmeisterin Maxl – eine Rolle die übrigens von Johann Nestroy mit großem Erfolg gespielt wurde – die obligaten Fragen an die Wohnungswerber: „Sind Sie ledig? … Haben’s Kinder? … Schlagen’s Klavier? … Haben’s an Hund oder an Kanari? … Hab’n Sie wen, der für Ihnen gut steht weg’n den Zins? … Was haben’s denn für einen Stand?“9
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6 Vgl. dazu Johann Nestroys Stücke „Der Schützling“ und „Eine Wohnung ist zu vermieten“.
7 Zit. nach Michael John, Hausherrenmacht und Mieterelend, Wien 1982, 33.
8 Michael John, Wohnverhältnisse großstädtischer Unterschichten im franzisko-josephinischen Wien. Unter besonderer Berücksichtigung der Wohnerfahrung, Phil. Diss., Wien 1980, 231.
9 Alexander Bergen (recte Marie Gordon), Eine Vorlesung bei der Hausmeisterin, Posse, Leipzig o.J., 8. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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Größere Familien mit Kindern hatten es besonders schwer, eine Wohnung zu finden. Das „Neue Wiener Tagblatt“ berichtet 1871 empört über einen Hausmeister, der mit einer gerade neu eingezogenen Familie so gar nicht einverstanden war. Der Hauseigentümerin gegenüber meinte er: „A schöns Glumpert, was ma da kriegt habn; dö Massn Kinder, schauns nur glei, Ew. Gnaden, so langs no Zeit is, daß ma’s aufs nächste Vierteljahr wieder draußt habn.“10
Es kam vor, daß ein Hausmeister eine ihm unliebsame Mietpartei regelrecht hinausekelte oder auch selbst kündigte. Die Mieter wiederum waren zu jener Zeit vollkommen rechtlos und der Willkür von Hausherr und Hausmeister ohnmächtig ausgeliefert (erst 1917 wurden Kündigungsschutz und geregelte Mietpreise gesetzlich verankert). Immer häufiger protestierten sie gegen derartige Vorgangsweisen. Im September 1911 führte der Zorn gegen die von einer Hausmeisterin in Meidling willkürlich vorgenommene Kündigung sogar zu Demonstrationen und Ausschreitungen, wie die Arbeiter-Zeitung berichtet: „Vorgestern und gestern kam es in der Herthergasse vor dem Haus Nr. 26 zu aufsehenerregenden Demonstrationen. Die Ursache war, daß zwei Parteien, von denen die eine 13 Jahre, die andere schon 17 Jahre in diesem Haus wohnt, von der Hausbesorgerin, einem Fräulein Kaspar, gekündigt, während einer dritten Partei die Kündigung angedroht wurde. Diese Kündigungen wurden gestern im Bezirk bekannt und erregten besonders deshalb große Empörung, weil es sich bei jener Partei, der einstweilen die Kündigung nur angedroht worden war, um eine hochschwangere Frau und Mutter von 6 Kindern handelt. Die Entrüstung darüber war so groß, daß sich abends vor dem bezeichneten Haus etwa 2000 Personen ansammelten. Der Groll kehrte sich hauptsächlich gegen die Hausbesorgerin, von der gesagt wird, daß sie Kündigungen auf eigene Faust vornehme …“11
Nicht immer kam der Hausmeister ungeschoren davon. Als ein Hausbesitzer in Erdberg im Februar des gleichen Jahres die Mietzinse über Nacht extrem erhöhte und im Falle der Nichtbezahlung mit Kündigung drohte, empörten sich die Mietparteien besonders gegen den Hausmeister: „Der Hausmeister bekam Prügel, dem Hausherrn soll es auch nicht besser ergangen sein, das ganze Haus war auf und lebendig. Nachmittags ließen die Parteien einen Werkelmann eine Stunde lang im Hof spielen; der Hausmeister, der seine Autorität geltend machen wollte, wurde in die Höhe gehoben und mit Wein angeschüttet – kurzum, es gab einen sehr wilden Faschingstag im Haus.“12
Zu bedenken ist allerdings, daß der Hausmeister in den großen gründerzeitlichen Zinskasernen oft überlastet war. Vor allem die Wohnungen der Unterschichten waren häufig überbelegt, die sanitären Verhältnisse katastrophal. Eine englische Wohnungs-kommission notierte 1910 über die Wohnverhältnisse in Wien: „In einem Viertel fanden wir auf jedem Korridor sieben Wohnungen mit nur drei Aborten. Sie waren alle am äußersten Gangende, wie in einer dunklen Sackgasse untergebracht und die Atmosphäre war unerträglich. Gänge und Treppen werden von einem Hausbesorger gereinigt, der in einem Fall zwei Häuserblocks mit 77 und 76 Wohnungen zu betreuen hatte.“13
Für die Mieter war es ratsam, sich von Beginn an mit dem Hausmeister gut zu stellen. In der Regel gab es dazu nur ein wirksames Mittel: Trinkgeld \u2013 bei jeder Gelegenheit und für jeden auch noch so kleinen Hilfsdienst. Hatte man sich einmal das Wohlwollen des Hausmeisters erkauft, konnte man seiner Wohnung und seines Friedens im Haus so gut wie sicher sein: „Geschieht dies, so ist der Hausmeister und sein ganzer Appendix geschmeidig, höflich, ja sogar gefällig, und es ist nicht selten, daß er einen splendiden
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10 Neues Wiener Tagblatt, 16.5.1871, zit. nach John (Anm. 8), 231.
11 Arbeiter-Zeitung, 9.9.1911, zit. nach John (Anm. 8), 230.
12 Arbeiter-Zeitung, 1.2.1911, zit. nach John (Anm. 8), 232.
13 Zit. nach John (Anm. 7), 33f. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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Mietsmann oder eine freigebige Partei sogar gegen den Hausherrn in Schutz nimmt, und bei demselben seine ganze Macht zum Besten der Besagten aufbietet. Man gebe ihm ein fettes Trinkgeld beim Einziehen, ein gutes Neujahr, ein nicht zu karges Honorar zu Ende eines jeden Monats für das Treppenscheuern und Kehrichtherabtragen; […] zahle für die Person drei oder fünf Kreuzer Conventionalmünze Sperrgeld; lasse jährlich Küche und Zimmer von ihm übertünchen, das Holz bei ihm hacken und schneiden und was dergleichen Sachen mehr; sei nicht knauserig im Bezahlen für alle von ihm und seiner Ehehälfte geleisteten Dienste, und der Hausmeister ist dann ein Fels, auf dem man fest stehen kann.“14
Das Wohlwollen des Hausmeisters zeigte sich umgehend an der Begrüßung, die einem beim Eintreten in das Haus zuteil wurde. Der Gruß war das Barometer, an dem seine Stimmung deutlich abzulesen war: „Guten Abend, gnädiger Herr“ oder „Küß die Hand Euer Gnaden“ waren eindeutige Anzeichen eines ungetrübten Hausmeister-Mieter-Verhältnisses. Gab man jedoch nur die genaue Summe des Sperrgeldes ohne Trinkgeld, konnte es schon vorkommen, daß der Hausmeister einem „mit einem Tone gute Nacht wünscht, der nicht unähnlich ist dem Knurren eines alten gemächlichen, an der Kette angehängten Hauswächters.“15 Sollte aber ein armer Mieter nach der Torsperre spät abends nach Hause kommen und überhaupt kein Kleingeld für den Hausmeister übrig haben, konnte er sicher sein, daß, „wenn er auch nicht mit einer echten Hausmeisterformel empfangen, ihm doch eine tüchtige Salve nachgedonnert wird.“16
Der Hausmeister als Hüter von Moral und Ordnung
Es gehörte zu den Pflichten des Hausmeisters über alle Vorkommnisse im Haus Bescheid zu wissen und dem Hausherrn im Bedarfsfall Meldung zu erstatten. Ihm waren alle Parteien persönlich bekannt, oft wußte er über eine Familie schon bevor sie einzog sämtliche privaten und beruflichen Verhältnisse. Im Haus selbst fungierte er als unantastbare moralische Instanz. Jungen Mieterinnen gegenüber gebärdete er sich gerne als strenger Wächter der guten Sitten und des Anstands. Wollten Männer Frauen einen Besuch abstatten, mußten sie erst den Hausmeister von ihren „guten Absichten“ überzeugen: „Alte Herren, die in unserm Haus um Fräulein fragen, werden aus unserm Haus g’wöhnlich hinausg’feuert“, meint der Hausmeister Thoringer sicherlich nicht ganz untypisch in der schon erwähnten Posse von Anton Langer.17 In den Händen des Hausmeisters lag es, private Verbindungen zu knüpfen oder zu zerreissen, als Schutzgott der Liebenden aufzutreten oder als deren Vernichter. Der Feuilletonist Friedrich Schlögl bemerkt sarkastisch: „Wenn der allgewaltige Hausmeister eine Liaison protegiert, dann gedeiht sie, wenn er sie aber nicht duldet, dann mögen die Englein des Himmels herabsteigen und sich für das bedrohte Pärchen verwenden, ihr Flehen wäre doch fruchtlos.“18
Eine besondere Rolle kam den Hausmeistern auch bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in der Stadt zu. Die Polizei wußte sich dieser gutunterrichteten „Auskunftskanzlei“ sehr wohl zu bedienen, und die Hausmeister wiederum sahen sich selbst gerne als geheime Ordnungsmacht im Staat. Ein guter gegenseitiger Kontakt war für beide Seiten von Vorteil: Die Polizei erhielt aus erst Hand Informationen über
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14 Sylvester Wagner, Der Hausmeister, in: Kunst des Tages. Meisterfeuilletons, Wien 1946, 62.
15 Ebenda, 59.
16 Ebenda, 60.
17 Langer (Anm. 3), 8.
18 Friedrich Schlögl, Der Hausmeister, in: Ders., Zu meiner Zeit, Amsterdam-Berlin-Wien 1944, 100. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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verdächtige Mieter, die Hausmeister bekamen ihrerseits oft Vorabinformationen über künftige Mieter oder etwaige gefährliche Umtriebe in der näheren Umgebung. Gerade bei der Aufklärung von Verbrechen waren die Hausmeister wichtige Informanten für die Polizei, die bislang erfolglos gesuchte Schwindler und Verbrecher oft nur mit deren Hilfe aufspüren konnte. Die Hausmeister waren stolz darauf, als Polizeitruppe in Zivil bessere Arbeit als die uniformierten Kollegen zu leisten. Als 1893 der wegen Betrugs gesuchte Johann Flamisch irgendwo in Wien untergetaucht war, veröffentlichte die „Wiener Hausmeister-Zeitung“ einen Aufruf an die Kollegen: „Hausbesorger Wiens! Beweiset, daß Ihr, wenn es sich um gemeinschädliche Individuen handelt, die beste Polizei seid, und daß Ihr das zu erreichen vermögt, was der Polizei große Schwierigkeiten zu bereiten scheint, nämlich die Eruierung eines Schwindlers. […] Wenn einer der Herren Hausbesorger Flamisch direct erkennt, so ist es am einfachsten, ihn sofort dem nächstbesten Sicherheitswachmann mit dem Bedeuten, daß Flamisch gesucht zu übergeben. Für das Eruieren dieses gemeingefährlichen Schwindlers erhält der betreffende Hausbesorger von unserer Administration den Betrag von 5 fl.“19
Von entscheidender ordnungspolitischer Bedeutung war schließlich der Umstand, daß allein der Hausmeister einen Haustorschlüssel besaß und die Mieter damit zum Einhalten der Sperrzeiten gezwungen waren. Wollte man zwischen zehn Uhr nachts und sechs Uhr früh das Haus betreten, war man auf das Wohlwollen des Hausmeisters angewiesen und zum Bezahlen des „Sperrsechserls“ (Bezeichnung für das Sperrgeld, das ursprünglich sechs Kreuzer betrug) verpflichtet. Da viele das Bezahlen des „Sperrsechserls“ vermeiden wollten, waren die Straßen in der Nacht so gut wie ausgestorben. Kulturelle und politische Veranstaltungen mußten so terminisiert werden, daß es den Besuchern möglich war, vor zehn Uhr nach Hause zu kommen. Damit ging der Wirkungsbereich der Hausmeister weit über das jeweilige Haus hinaus – er erstreckte sich auf das Leben in der ganzen Stadt.
Diese Geldstrafe hatte für die Bevölkerung des 19. Jahrhunderts weitreichende soziale Folgen, wie die Arbeiter-Zeitung 1921 rückblickend betonte: „Die Sperrgebühr war, als sie von der Habsburgerreaktion eingeführt wurde, als eine Strafe gedacht, die derjenige bezahlen mußte, der sich nach 10 Uhr nachts noch außerhalb seines Wohnhauses befand. Daraus bildete sich die Ideologie, daß nach 10 Uhr nachts nur ein ‚Lump‘ ausbleibt. Die zehnte Abendstunde wurde so zum Prüfstein für den anständigen Wiener.“20
Zu später Stunde nicht in die eigene Wohnung zu können und dazu vom Hausmeister abhängig zu sein, wurde zum Alptraum vieler Wiener, die sich in ihrer eigenen Stadt ausgesperrt fühlten. Hinter den lustigen Schilderungen der Hausmeisterin Resi Brucker in Alois Berlas 1886 veröffentlichter Posse „Die Frau Hausmeisterin“ verbirgt sich denn auch bissige Kritik an den herrschenden Zuständen:
Im schönen Wien, am Donaustrand,
Da gibt’s Specialitäten,
Die find’t man nirgends in an‘ Land
Und nirgends in den Städten;
Die Herrlichste jedoch, das is
Der Hausmasta vor Allen,
Die kann man seh’n sogar bei Nacht,
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19 Wiener Hausmeister-Zeitung, Nr. 1/1893, 8.
20 Die Befreiung vom „Sperrsechserl“, in: Arbeiter-Zeitung, 21.10.1921, 5. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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Thuat man a Zehnerl21 zahlen!
Da läutet man beim Hausthor an
Und wartet dann a Bissel –
Man läutet wieder, denn er kummt
No immer net mi’n Schlüssel!
Läut‘ man ihn endli ‚raus,
Kann man beim Hausthor ’nein,
D’rum muaß bei jedem Haus –
A Hausmasta sein!
[…] 22
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Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann sich zunehmend Widerstand gegen die hausherrliche und hausmeisterliche Allmacht zu regen, die die privaten Freiheiten dermaßen einschränkte, daß die Entwicklung Wiens zu einer modernen Großstadt auf diese Weise unmöglich erschien. Viele meinten, Wien werde so lange kleinstädtisch und provinziell bleiben, solange die die „Hausmeisterwirthschaft“ nicht abgeschafft werde.23 Das „Hausmeister- und Sperrstund-G’frett“, wie Hermann Sallmayer es nannte24, wurde zur entscheidenden „Großstadtfrage“ erklärt, die Forderung nach einem Haustorschlüssel für alle Mieter beherrschte die politische Diskussion. Der eigene Haustorschlüssel, das „Scepter des freien Mannes“, war zum Symbol für die uneingeschränkte bürgerliche Freiheit geworden: „Wir rufen daher im Namen aller freien, constitutionellen Staatsbürger, welche noch unter der Controle der Haussperre stehen, unseren Stadtvätern zu: ‚Geben Sie uns den Hausschlüssel!'“25
Die Abschaffung des Sperrgeldes und den Anspruch auf einen eigenen Hausschlüssel verlangte auch Viktor Adler, der darin einen der wichtigsten Schritte zu politischen Emanzipation des Proletariats sah.26 Es sollte allerdings noch bis 1922 dauern, ehe der freie Zugang zum Haus für alle Bewohner Realität wurde.
Der lange Weg zur „Hausbesorgerordnung“
Das ganze 19. Jahrhundert hindurch mußten Hausmeister ohne einheitliche gesetzliche Regelung arbeiten. Ihr Dienstvertrag wurde individuell mit dem jeweiligen Hausherrn ausverhandelt, der Bezahlung und Aufgabenbereich seines Hausmeisters selbst bestimmte. Rechtsansprüche gegenüber dem Hausherrn bestanden keine.
Da nicht nur die Mieter, sondern auch die Hausmeister selbst oft Opfer hausherrlicher Willkür wurden, schlossen sie sich zur Wahrung ihrer Interessen zu Vereinen zusammen. Der erste Unterstützungsverein der Wiener Hausmeister „Zum heiligen Petrus“ wurde Anfang der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts gegründet, weiter Unterstützungsvereine folgten: der sozialdemokratische „Verein der Portiere und Hausbesorger Wiens“ (gegr. 1892), der „Erste Christliche Hausbesorger- und Portier-Verein Österreichs“ (gegr. 1898).
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21 Das Sperrgeld betrug damals bereits zehn Heller.
22 Alois Berla (recte Alois Scheichel), Die Frau Hausmeisterin. Original-Volksposse mit Gesang in 3 Akten, Wien 1886, 23.
23 E.H. D’Avigdor, Die Hausmeisterwirthschaft, in: Ders., Das Wohlsein der Menschen in Großstädten, Wien 1874, 206.
24 Hermann Sallmayer, Hausmeister- und Sperrstund-G’frett. Humoreske, Wien 1880.
25 Ebenda, 16.
26 Die Befreiung vom „Sperrsechserl“ (Anm. 20), 6. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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Die Vereine erfreuten sich rasch eines regen Zulaufs. Sie boten ihren Mitgliedern Rechtsschutz in Berufsangelegenheiten, bezahlten im Falle des Todes einen Leichenkostenbeitrag, vermittelten unentgeltlich offene Stellen und gewährten armen Mitgliedern finanzielle Unterstützung. Eigene Bezirksorganisationen wurden gegründet und Informationsveranstaltungen für Hausmeister abgehalten.
Für Wien bzw. Österreich erschienen eigene Vereinszeitungen, in denen die unzumutbaren Arbeitsbedingungen der Hausmeister heftigst diskutiert wurden. Die wichtigsten davon waren die christlich-soziale „Hausbesorger- und Portier-Zeitung“ sowie das sozialdemokratische „Centralorgan der Portiers und Hausbesorger Wiens“. Daneben gab es aber auch parteipolitisch unabhängige Zeitungen wie „Der Wiener Hausbesorger, unparteiisches Organ für die Gesamt-Interessen der Portiere und Hausbesorger Österreichs“.
Als Standesvertretung wurden mit dem Christlich-Sozialen und Sozialdemokratischen Hausmeisterverband zwei Berufsverbände ins Leben gerufen, die auf gesetzlicher Ebene die Rechte der Hausmeister durchzusetzen versuchten.
Die Hausmeister (sie bezeichneten sich in ihren Zeitungen selbst als Hausbesorger, werden aber im Volksmund bis heute beharrlich Hausmeister genannt) verstanden sich als „Leidensgenossen“, die – durch ein gemeinsames Schicksal verbunden – zusammen-halten mußten, um sich gegen ihr schlechtes Ansehen in der Öffentlichkeit zu wehren.27 Wie schlecht es um dieses Ansehen bestellt war, zeigt die Aussage enes Holz- und Kohlenhändlers aus der Schrankgasse, der im Mai 1904 kundtat, daß der Hausmeister in seinem Haus „der letzte Dreck“ sei.28 Die „Hausbesorger- und Portier-Zeitung“ verwehrte sich strikt gegen derartige Verunglimpfungen und veröffentlichte sogleich einen geharnischten Boykottaufruf gegen ihn: „Wir Hausbesorger ersuchen alle Hausbesorger in der ganzen Umgebung der Schrank-, Neustift-, Neubau-, Schottenhof- und Kirchengasse sowie Lerchenfelderstraße, ohne Ausnahme, ob sie einem Verein angehören oder nicht, daß sie bei dem Holz- und Kohlenhändler nicht mehr kaufen und dafür Sorge tragen wollen, ihm keine neuen Kunden zuzuführen, um so zu beweisen, daß wir Hausbesorger Menschen sind, die einen Lümmel zu strafen wissen. Solche Geschäftsleute, die bei jeder Gelegenheit das Christentum im Munde führen und dabei Leute, von denen sie eigentlich Geld verdienen, beleidigen, gehören nach Afrika und nicht nach Wien.“29
Sowohl die Hausmeister als auch die Mieter verlangten vehement die Einführung eines Gesetzes, in dem die Rechte und Pflichten der Hausmeister genau geregelt sind. Zur Durchsetzung dieser Forderung mußte allerdings erst der Widerstand der Hausherren überwunden werden. Sie waren in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts im Gemeinderat sowohl in der liberalen als auch in der christlich-sozialen Ära überproportional stark vertreten und sahen in einer einheitlichen gesetzlichen Regelung eine Beschneidung ihrer Machtbefugnisse und Gefährdung der häuslichen Moral und Sicherheit.
Ein erster Erfolg war die Einführung des Mieterschutzgesetzes im Jahr 1917, wodurch die Höhe der Mieten festgelegt und ein Kündigungsschutz erreicht wurde. Eine bundesweite Regelung erfolgte schließlich im Jahr 1922 mit der Verabschiedung der sogenannten „Hausbesorgerordnung“, die einen einheitlichen Dienstvertrag für alle Hausmeister brachte. Darin wurde erstmals der Beruf des Hausmeisters definiert und seine Rechten und Pflichten genau festgelegt: Als Hausbesorger (Portier, Hausmeister, Hauswart) war derjenige anzusehen, der vom Eigentümer (Verwalter) eines Hauses mit der Beaufsichtigung, Wartung und Reinhaltung des Hauses betraut wurde. Die
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27 Hausbesorger- und Portier-Zeitung, Nr.1/1904, 1.
28 Hausbesorger- und Portier-Zeitung, Nr.3/1904, 5.
29 Ebenda. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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Entlohnung hatte aus einer mietzinsfreien Dienstwohnung sowie dem Reinigungs- und Sperrgeld, deren Höhe genau festgelegt wurde, zu bestehen. Und auch der Streit um den Haustorschlüssel wurde endlich beigelegt: Ab nun war jeder Mietpartei vom Hauseigentümer unentgeltlich ein Hausschlüssel zu überlassen. Die frühere Allmacht der Hausmeister war mit diesem Gesetz endgültig vorbei. Sie hatten sich vor allem auf die Betreuung des Hauses zu konzentrieren und waren zur Verschwiegenheit über die Privatverhältnisse der Bewohner (von Auskünften an Behörden abgesehen) verpflichtet. Zwar wurde die „Hausbesorgerordnung“ in den folgenden Jahrzehnten noch einige Male novelliert und 1970 durch ein neues, den geänderten sozialen Verhältnissen angepaßtes Hausbesorgergesetz ersetzt, die Pflichten der Hausmeister sind jedoch im wesentlichen bis heute unverändert.
Die Hausmeisterwohnung: ein Hort des „foetor conciergicus“
Die den Hausmeistern vom Hausherrn kostenlos zur Verfügung gestellte Dienstwohnung stellte von Beginn an eines der größten Probleme in dieser Branche dar. Um die in das Haus Eintretenden überwachen zu können, hatte die Wohnung in der Nähe des Haustores zu liegen und gleichzeitig auch für den Besucher leicht auffindbar zu sein. Die meisten Hausmeisterwohnungen lagen daher im Erdgeschoß, was in den gründerzeitlichen Mietshäusern schon von vornherein nicht gerade die angenehmsten Wohnverhältnisse versprach. Viele dieser Wohnungen waren extrem klein (meist bestanden sie nur aus einem einzigen Raum), finster, feucht und im Winter nur notdürftig zu beheizen.
Zwei im „Österreichischen Hausbesorger-Journal“ 1910 veröffentlichte Wohnungs-beschreibungen mögen die katastrophalen Wohnverhältnisse vieler Wiener Hausmeister um die Jahrhundertwende verdeutlichen:
„Ein, wie der moderne Ausdruck so schön lautet, im Tiefparterre gelegener, acht Quadratmeter großer Raum, der sein Licht von zwei zirka einen Quadratmeter großen, unmittelbar an den Plafond stoßenden Oeffnungen, im Volksmunde Kellerfenster genannt, erhält. Dieser Raum, durch und durch feucht, dient fünf Personen als Wohn-, Schlaf- und Kochraum, da eine Küche gänzlich fehlt […]. Die ursprüngliche Bestimmung dieser „Wohnung“ war die einer Waschküche, welche später in einen Bodenraum verlegt wurde, da eine Hausbesorgerwohnung am Boden doch etwas deplaciert erschienen wäre. […]
Am Ende eines Parterreganges gelegen, zirka sieben Quadratmeter groß, ein Fenster auf den Gang, welcher jedoch mit Rücksicht auf den ziemlich frequentierten Verkehr verhängt ist. Da die Küche fehlt, dient dieser Raum gleichfalls als Schlaf-, Wohn- und Kochraum. Lesen und Schreiben selbst am sonnenhellsten Tage ist nur bei künstlichem Lichte möglich.“30
Im Vergleich mit anderen Mietern zu jener Zeit gehörten die Hausmeister eindeutig zu jener Bevölkerungsgruppe, die unter den schlechtesten Wohnverhältnissen leben mußte. Unermüdlich betonten die Hausmeistervereine, daß es keine große Schwierigkeit sei, dem Magistrat, der Sanitätsbehörde und der Baupolizei hunderte Hausmeisterwohnungen bekannt zu geben, die „unbedingt nicht bewohnbar sind“.31
Stets von neuem wurde die Forderung nach menschenwürdigen Wohnungen erhoben: „Von denjenigen Fragen, deren Lösung der Hausbesorgerschaft am meisten am Herzen liegen, ist nebst der Entlohnungsfrage die Wohnungsfrage wohl die allerwichtigste. […]
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30 Österreichisches Hausbesorger-Journal, Nr.5/1910, 1.
31 Hausbesorger- und Portier-Zeitung (Anm. 27), 3. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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Was der Hausbesorger sich in dieser Hinsicht ersehnt, ist nichts weiter als eine menschenwürdige Wohnstätte, die den Namen ‚Wohnung‘ wenigstens mit einiger Berechtigung verdienen würde!“32
Auf das Ansehen in der Öffentlichkeit und bei den Mietern wirkten sich diese unmenschlichen Wohnverhältnisse äußerst negativ aus. Beim Öffnen der Wohnungstüre schlug einem nicht selten eine von Kochdünsten und Rauch erfüllte Luft entgegen. Heimito von Doderer, der in seinen Romanen immer wieder ironisch das Hausmeister-(un)wesen in Wien thematisierte33, wagte die Behauptung, daß der von den Haus-meistern und ihren Wohnungen ausströmende Geruch viele dazu veranlaßte, ihnen mit Abscheu zu begegnen. Der äußerst geruchssensible Dichter, der selbst nur bei Lavendelduft arbeiten konnte, prägte für diesen Geruch den Ausdruck „foetor conciergicus“ – für ihn das „hausmeist’rische Centralphänomen“ an sich.34 Mit spitzer Feder schildert er etwa in seinem Roman „Die Dämonen“ die Wiener Hausmeisterwohnungen als Behausungen, „aus welchen die bösartige und fast dämonisch-obstinate Ausdünstung der hier hausenden Menschenrasse – so weit da von einer solchen noch gesprochen werden darf – nie mehr vertrieben werden könnte, nicht mit Desinfektion und Kalk und nicht mit Strömen heißer Seifenlauge: Der Geruch einer geradezu furchtbaren Lebensgesinnung verharrt, sei’s in den Wänden, sei’s in der Luft, sei’s meinetwegen jenseits alles Physikalischen überhaupt – als ein zum immer wieder umgehenden Gespenst entarteter genius loci. Deshalb bleiben derartige Höhlen auch stets ihrem ursprünglichen Zweck erhalten, und es würde in Wien jedermann mit Grausen sich weigern, in eine Hausmeister-Wohnung zu ziehen, es sei denn, er gehöre dieser Rasse selbst an oder stamme etwa von ihr ab.“35
In Doderers Erzählung „Untergang einer Hausmeisterfamilie zu Wien im Jahre 1857“ geht der Grimm der Hausbewohner gegen den das ganze Haus verpestenden „foetor conciergicus“ letztlich soweit, daß die Mieter den Hausmeister verprügeln und die Hausmeisterin durch ein kleines Fenster in den Lichthof hinausstopfen. Die Hausmeisterwohnung aber wird mit Bürste, Seife und Desinfektionsmittel einer Totalreinigung unterzogen.36
Eine Hausmeisterwohnung sollte in Wien zu besonderer Berühmtheit gelangen. In Hernals, Gschwandnergasse 32, war seit den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts Frau Katharina Kunschak als Hausmeisterin tätig. Ihr Sohn Leopold, Führer der christlichen Arbeiterbewegung, gab seit 1896 in der elterlichen Wohnung die „Freiheit“, das erste Organ der chritlichen Arbeiter in Österreich heraus. Redaktion, Verwaltung und Versand wurden in der kleinen Hausmeisterwohnung vorgenommen. Bis heute ist die christliche Arbeiterbewegung stolz darauf, daß es eine Hausmeisterwohnung war, in der Leopold Kunschak zu „politischem Denken heranreifte“ und in der er „Not und Elend der arbeitenden Menschen seiner Zeit kennenlernte“.37
Nicht nur die christlich-soziale, auch die sozialdemokratische Arbeiterbewegung setzte sich für die Verbesserung der Wohnverhältnisse von Hausmeistern ein – beide jedoch mit nur geringem Erfolg. Noch in den fünfziger Jahren unseres Jahrhunderts werden die Wohnungen der Hausmeister als „Wohnhöhlen“ beschrieben, spricht man von menschenunwürdigen Verhältnissen, unter denen viele Hausmeister leben müssen: „Sie
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32 Der Wiener Hausbesorger, Nr.8/1911, 2.
33 Vgl. dazu Franziska Miksanek, Hausmeister bei Doderer, Phil. Dipl.-Arb., Wien 1992.
34 Ebenda, 95.
35 Heimito von Doderer, Die Dämonen, Wien o.J., 911.
36 Heimito von Doderer, Untergang einer Hausmeisterfamilie zu Wien im Jahre 1857, in: Ders., Die Erzählungen, München 1972, 321ff.
37 Österreichische Hausbesorger- und Portier-Zeitung, Nr.11/1949, 3. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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sind Arbeiter, aber sie haben keinerlei Rechte, höchstens das ‚Recht‘ auf die schlechteste, finsterste und kleinste Wohnung im Haus.“38
Und auch heute noch ist die Wohnung für viele Hausmeister eines der größten Probleme. Nicht nur, daß Kündigung oder Pensionierung automatisch auch den Verlust der Wohnung bedeuten, auch der bauliche Zustand und die Ausstattung dieser Wohnungen ist noch immer überdurchschnittlich schlecht. Und dies, obwohl im geltenden Hausbesorgergesetz das Recht auf eine „den gesundheits-, bau- und feuerpolizeilichen Vorschriften entsprechende, für die dauernde Bewohnung bestimmt, baulich in sich abgeschlossene, normal ausgestattete Wohnung, die mindestens aus Zimmer, Küche, Vorraum, Klosett und Badegelegenheit (Baderaum oder Badenische) zu bestehen hat“39, verankert ist.
Zur Phänomenologie des Hausmeisters im 19. Jahrhundert
Friedrich Schlögl, angesehener Feuilletonist im Wien des vorigen Jahrhunderts, brachte die Erscheinung des Hausmeisters auf den für ihn entscheidenden Punkt: „Aufmerksamen Beobachtern kann die Wahrnehmung unmöglich entgangen sein, daß der allweise Schöpfer in seinen stets wohlmotivierten Verfügungen einer ganzen Menschenkaste eine Gabe absolut verweigerte, nämlich dem Geschlechte der Hausmeister die heitere Gabe – Witzes.
Er ist, was sonstige menschliche Fähigkeiten und Talente betrifft, gerade nicht stiefväterlich ausgestattet, es können sich in ihm die verschiedensten menschlichen Eigenschaften, zum Beispiel hündische Demut, oder bärenmäßige Grobheit bis zur Virtuosität entwickeln, er kann zänkisch und nachgiebig, verleumderisch, oder offen und aufrichtig, ehrlich oder unehrlich bis zu einem nur denkbaren Grade sein, aber – witzig wird er nicht sein.“40
Hausmeister zu sein, war eine ernste Aufgabe: Eine Mission war zu erfüllen. Als für die Vorgänge im Haus Verantwortlicher hatte der Hausmeister stets mit der gebotenen Strenge und Sorgfalt zu walten. Auf alten Fotos ist der Hausmeister denn auch nie lächelnd abgebildet. Mit Kappe und Schurz bekleidet, in den Händen die hausmeisterlichen Utensilien Besen und Schlüsselbund, blickt er mit ernster Miene auf den Betrachter. Gleiches gilt auch für die Hausmeisterin, die mit ihrem resoluten Auftreten den männlichen Kollegen oft um nichts nachstand.
Aufgrund seiner machtvollen Stellung entwickelte sich der Hausmeister zum natürlichen Feind vieler Wiener, die ihm demzufolge auch alle nur denkbaren schlechten Eigenschaften nachsagten: Selbst nicht witzig, wurde der Hausmeister zum bevorzugten Gegenstand des Spottes. So ist es wenig überraschend, daß auch in der Literatur vom Biedermeier bis ins unser Jahrhundert hinein – von wenigen Ausnahmen abgesehen41 – das Bild vom gefürchteten, mißtraurischen, hinterhältigen, ja sogar dämonischen Hausmeister dominiert.
Die Ausübung dieses Berufes erforderte jedoch auch bestimmte Begabungen und Talente. Eine Fähigkeit war für jeden Hausmeister von geradezu lebenswichtiger Bedeutung: eine fundierte Menschenkenntnis. Der Hausmeister war Meister im raschen Taxieren. Seine Tätigkeit beruhte, so Schlögl, zu einem guten Teil auf einem „ausgeprägten Klassifikationstalente, auf dem Vermögen, die gesamte Menschheit nach
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38 Der Abend, 20.6.1951, o.S.
39 Hausbesorgergesetz, Bundesgesetzblatt 1970/16, § 13.
40 Schlögl (Anm. 18), 95.
41 z.B. in Elias Canettis „Die Hochzeit“ oder Ludwig Anzengrubers „Das Vierte Gebot“. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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einem flüchtigen, oberflächlichen Blick in ihren einzelnen, oft maskiertesten Exemplaren richtig abzuschätzen.“42
Ob all dies nun positiv oder negativ sein mag, sei dahingestellt. Fest steht, daß der Hausmeister eine dankbare Projektionsfläche für alle nur erdenklichen menschlichen Eigenschaften abgab. Nicht zuletzt erfüllte er damit gerade in Wien eine wichtige kathartische Funktion: „Man schmäht seinesgleichen ‚Hausmeister‘ und meint im Grund sich selbst damit, […] und bei dieser Orgie an Selbstbezichtigung und diesem ständigen Mißtrauen der eigenen mythischen Sinnenfreude gegenüber ist ein unschuldiger und schuldloster Berufsstand zum Handkuß gekommen. ‚Hausmeister‘ ist zum Synonym geworden, und die Schmähungen, die der Wiener gegen sich selbst richtet, weil er mit seinen eigenen göttlichen Anlagen nichts anfangen kann und nichts anfangen will, sind an einer neutralen Berufsbezeichnung kleben geblieben wie die Reste von Erbrochenen an den Hausmauern von Grinzing.“43
Ein neuer Typus entsteht: der Hausmeister im Gemeindebau
Als das „Rote Wien“ ab den zwanziger Jahren mit der Errichtung von Gemeinde-wohnungen begann, kam dabei auch den Hausmeistern eine veränderte Rolle zu. Sie waren nunmehr Teil eines umfangreichen, auf politisch-ideologischen Grundsätzen basierenden Betreuungssystems, in welches die Gemeindemieter eingebettet waren.
Der Hausmeister war meist für mehrere Stiegen gleichzeitig zuständig und hatte sich nun vermehrt auch um Grünanlagen und Spielplätze zu kümmern. Er bildete die erste Anlaufstelle für Beschwerden der Mieter und war seinerseits dem Hausinspektor verantwortlich, der regelmäßig Kontrollen durchführte. Da die zu leistende Arbeit also um einiges umfangreicher war als in privaten Altbauten, war auch das Einkommen weitaus größer. Die hausmeisterliche Tätigkeit entwickelte sich so vom Nebenberuf zum Hauptberuf, den man in der Regel bis zur Pensionierung ausüben konnte.
Gegenüber seinen Kollegen in Privathäusern war der Hausmeister im Gemeindebau also eindeutig besser gestellt. Er verdiente mehr und hatte nach seiner Pensionierung auch nicht das Problem, eine neue Wohnung finden zu müssen, da von der Gemeinde eine Ersatzwohnung bereitgestellt wurde. Die Hausmeisterwohnungen selbst entsprachen dem damals üblichen Standard von Gemeindewohnungen, der im Vergleich mit den Gründerzeitwohnungen weit höher lag.
Der Preis für diese größere Absicherung des Hausmeisters war allerdings seine parteipolitische Konformität. Hausmeister in einem Gemeindebau wurde nur, wer mit den Zielen der sozialdemokratischen Partei einverstanden war und sich ihr gegenüber loyal verhielt. Der Beruf des Hausmeisters wurde damit zu einer politischen Aufgabe. Gerade in der polarisierten Parteienlandschaft der Zwischenkriegszeit war die Stellung des Hausmeisters, der in engstem Kontakt zur „Basis“ stand, eine auch propagandistisch nicht unwichtige Position.
Die zunehmende Anzahl von Gemeindebau-Hausmeistern, die Mitte der dreißiger Jahre für über 60.000 neu errichtete Wohnungen zuständig waren, hatte auch Auswirkungen auf die politische Ausrichtung des gesamten Berufsstandes. Sie waren zu einem überwiegenden Teil Mitglied der Gewerkschaft, wodurch ihre Berufsvertretung, die bisher fest in christllich-sozialer Hand war, erstmals sozialdemokratisch dominiert wurde – und es bis heute geblieben ist.
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42 Schlögl (Anm. 18), 97.
43 Erika Molny, Wir Hausmeister, in: Sepp Dreisinger (Hg.), Hausmeisterporträts. Wien-Paris-Berlin, Salzburg 1989, 46. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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Wie seine Kollegen blieb auch der „neue“ Hausmeister von kritischer Betrachtung nicht verschont. Im Laufe der Zeit verblaßte seine herausragende Stellung. In dem Lied „Franz Pokorny, 60, Hausbesorger“ setzte Wolfgang Ambros Jahrzehnte später dem alt-gedienten Hausmeister im Gemeindebau, der einst eine gewichtige Respektsperson war, ein zynisches Denkmal:
Schaun S‘, mia sicht ma’s schon von da Weit’n aun,
i bin a Hausmasta in an Gemeindebau.
De Hockn von an Hausmasta besteht
darin, daß er waß, wos in sein Haus vuageht.
Oba um die Leit‘ kümmer i mi net,
weul i scho aum Schriat hea, wea vorbeigeht.
Schaun S‘, i bin eh vü liaba allan
und sauf‘ mi in den Beisl do aun,
mi außez’haun tät’n se de nie traun,
weul a Hausmasta is a Respektsperson.
[…]44
Vom Hausmeister zum Blockwart
Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme in Österreich änderte sich auch die Rolle der Hausmeister. Viele von ihnen sahen nun die Möglichkeit, mit Hilfe der Partei wieder zu alten Respekt und Ansehen zu gelangen. Sie stellten sich in den Dienst der NSDAP und stiegen nicht selten in den Rang eines „Blockwarts“ (Blockleiters) auf, dem die Oberaufsicht über einen ganzen Häuserblock zukam. Hier hatte er für Ruhe und Ordnung zu sorgen, Parteipropaganda zu betreiben und etwaige verdächtige Personen zu melden.45
Umgekehrt bediente sich auch die Partei gerne der Kenntnisse der Hausmeister, da sie es waren, die über die privaten Verhältnisse und politischen Einstellungen der Mieter am besten Bescheid wußten. Franz Werfel beschreibt in seinem autobiographischen Roman „Cella oder Die Überwinder“ die neue Rolle der Hausmeister im Nationalsozialismus: „Alle Menschen wohnten in Häusern. Alle Häuser Wiens besaßen Hausmeister. Die Hausmeister aller Häuser – einige hatten sich schon den Titel von ‚Blockwarten‘ zugelegt – entschieden über den politischen Leumund aller Menschen, die in ihren Häusern wohnten, denn an sie und niemand andern wandte sich der Nachrichtendienst der siegreichen Partei, um über die Wohlgesinnung der kleinen und großen Leute ins Klare zu kommen.“46
Im gefürchteten Bespitzelungssystem der Nationalsozialisten kam den Hausmeistern eine Schlüsselfunktion zu. Sie halfen bei der Zusammenstellung von „schwarzen Listen“ und benutzten ihre wiedererstarkte Position, um unliebsame Mieter aus dem Haus entfernen zu lassen. In Einzelfällen entschieden sie damit über Leben und Tod … Der Hausmeister, der – weil der „immer bei einer Hetz dabei ist“ – zusieht und lacht, wie ein jüdischer Mieter seines Hauses gezwungen wird, den Gehsteig aufzuwischen, wurde
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44 Franz Pokorny, 60, Hausbesorger. Text: Josef Prokopetz, Musik: Wolfgang Ambros.
45 Organisationshandbuch der NSDAP, München 1940, 99ff.
46 Franz Werfel, Cella oder Die Überwinder, Wien 1970, 169. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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Jahre später mit Helmut Qualtingers „Herr Karl“ zum einprägsamen Bild des Revanchismus und der Menschenverachtung jener Zeit.47
Manche Hausmeister benutzten ihre Aufsichtsfunktion über das Haus jedoch auch dazu, verfolgte Personen \u2013 allen voran jüdische Mieter – vor SA und SS zu retten. Die Jüdin Anna Rattner, die 1938 mit ihrem Mann in einem Haus im 2. Bezirk wohnte, hatte Glück. Die dortige Hausmeisterin schützte durch ihr mutiges Auftreten die Mieter des Hauses – und dies obwohl ihr eigener Sohn bei der SA war. Anna Rattner: „Diese gute Frau war dennoch keine Judenhasserin und war mit diesem Regime gar nicht einverstanden. Sie sperrte immer das Haustor ab und wenn eine Razzia kam, sagte sie: ‚Bei uns wohnen lauter anständige Leute und alles ist in Ordnung. Schaut’s, daß wegkommt’s!‘ Diese Frau hatte Mut. Waren wir gerade nicht zu Hause, wartete sie auf der Straße, bis wir kamen, um uns zu warnen.“48
Zu den Verfolgten wurden Hausmeister dann, wenn sie selbst jüdischen Glaubens waren. Die Position eines Hausmeisters hatte in den Augen der nationalsozialistischen Machthaber ausnahmslos in „arischen“ Händen zu sein. Jüdische Hausmeister erlitten das grausame Schicksal der übrigen jüdischen Bevölkerung Wiens. Sie wurden gekündigt, umgesiedelt und mit Berufsverbot belegt. Wer nicht rechtzeitig fliehen konnte, wurde deportiert oder landete im Konzentrationslager. Wie groß die Anzahl der von den Nationalsozialisten ermordeten jüdischen Hausmeister in Wien war, ist heute nicht mehr genau zu eruieren. Einzig das Schicksal der fünf, aus Gemeindebauten gekündigten jüdischen Hausmeister ist seit kurzem etwas näher bekannt.49
Hausmeisteralltag in der Nachkriegszeit
In der Not der unmittelbaren Nachkriegszeit griff die Wiener Stadtverwaltung erneut auf das dichte Netz an Hausmeistern zurück. Zu ihren Aufgaben gehörte nun auch die Verteilung der Lebensmittelkarten an die Mieter ihres Hauses, wofür sie eine Extraentlohnung erhielten.
Jedoch: Das Verhalten der Hausmeister im Nationalsozialismus blieb nicht ohne Folgen. Die Mieter hatten aus der Vergangenheit gelernt und begegneten dem Hausmeister von nun an mit größtem Mißtrauen. Der gegenseitige Kontakt wurde auf das Notwendigste beschränkt. Der „Wiener Kurier“ konstatiert 1950: „Die vergangenen Jahre der gegenseitigen Bespitzelung haben es mit sich gebracht, daß das Verhältnis zwischen den Bewohnern eines Hauses und dem Hausbesorger in vielen Fällen ein anderes wurde als es eigentlich sein sollte. Die unmittelbare Nachkriegszeit, in der die Portiers durch Verteilung von Lebensmittelkarten und ähnliche Aufgaben geradezu Amtspersonen waren, hat nicht dazu beigetragen diese Entwicklung aufzuhalten. Die Folgen dieser Zeit sind auch heute noch fast überall zu spüren. Reibereien sind häufiger als jemals zuvor.“50
Wie viele andere auch, versuchten sich die Hausmeister damit zu rechtfertigen, nur unter dem Zwang der Verhältnisse gehandelt zu haben: der Hausmeister – ein Mitläufer
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47 Helmut Qualtinger, Carl Merz, Der Herr Karl, Reinbek b. Hamburg 1964, 16.
48 Anna Rattner, Lola Blonder, 1938 – Zuflucht Palästina. Zwei Frauen berichten, Wien-Salzburg 1989, 34. Vgl. dazu auch Brigitte Ungar-Klein, „Du bleibst bei mir, jetzt und weiterhin.“ Das Schicksal jüdischer „U-Boote“ und ihrer Helferinnen, in: Frauenleben 1945 – Kriegsende in Wien, Ausstellungskatalog des Historischen Museums der Stadt Wien, Wien 1995, 88f.
49 Vgl. dazu Herbert Exenberger, Johann Koss, Brigitte Ungar-Klein, „Kündigungsgrund: Nichtarier“, Wien 1996.
50 Welche Pflichten hat der Hausbesorger?, in: Wiener Kurier, 5.9.1950, o.S. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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klassischen Stils. Jimmy Berg, nach New York emigrierter Komponist und Textautor, schildert 1946 in dem Lied „Mein Wiener Hausbesorger“ seine Sicht der Dinge:
Mein Wiener Hausbesorger hat mir jüngst geschrieben,
Er schwört, er ist die ganze Zeit mir treu geblieben,
Er sagt, das braune Gift war ihm nicht eingeimpft,
Und nur wenn’s sein mußt hat auf Juden er g’schimpft!
Er gibt zwar zu, er war a bissel gleichgeschaltet,
Doch hofft er, ich seh ein, daß dieser Fakt veraltet,
Sein goldenes Wienerherz war immer tolerant,
Am liebsten wär er mit an Rabbiner verwandt.
Erstens war er niemals nicht ein Nazi,
Zweitens ist er längst schon entnazifiziert,
Um den guten Willen zu beweisen
Ist er jetzt gar auf den ‚Aufbau‘ abboniert …
Er ist bekehrt zu einem treuen Demokraten,
Er hofft, ich bin schon reich geworden in den Staaten,
Und darum bittet er auch höflich im P.S.,
Daß an ein ‚Care-Paket‘ für ihn ich nicht vergess!
[…]51
Die materielle Situation der Hausmeister war in den unmittelbaren Nachkriegsjahren besonders schwierig. Sie erhielten lange Zeit keine Ernährungszulage und auch bei den ersten beiden Lohn-Preis-Abkommen der provisorischen Bundesregierung wurden sie nicht berücksichtigt. Erst als sie Ende der vierziger Jahre mit Streik und Einstellung der Lebensmittelkartenverteilung drohten, konnte eine Lohnerhöhung durchgesetzt werden.52 Unterstützung bekamen die Hausmeister dabei vor allem vom 1945 ge-gründeten Österreichischen Gewerkschaftsbund, in dem eine eigene „Fachsektion für Hausbesorger“ eingerichtet wurde.
Wie der Alltag vieler Wiener Hausmeister in den vierziger und fünfziger Jahren ausgesehen haben mag, läßt sich anhand einer einzigartigen, durch Zufall erhaltenen authentischen Quelle nachvollziehen: die Briefe der Wiener Hausmeisterin Leopoldine Kolecek an den Eigentümer ihres Hauses.53 Frau Kolecek, die in einem durch-schnittlichen Wiener Zinshaus ihren Dienst versah, berichtet darin in unbeholfener Sprache über die kleinen und großen Sorgen, die der Beruf der Hausmeisterin mit sich bringt: die notwendigen Ausbesserungsarbeiten am Haus; die Probleme mit dem Kellerschlüssel, der sich oft nicht in dem dafür vorgesehenen Kästchen befindet, die reparaturbedürfige Klopfstange im Hof und die zu erneuernden Fensterscheiben; den Wasserschaden bei einer Mietpartei nach einem Wolkenbruch; die Streitereien der Mieter um den Waschküchen- und den Bodenschlüssel; den Hund eines Mieters, der
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51 Für die Überlassung dieses Liedtextes bedanke ich mich herzlich bei Dr. Horst Jarka/University of Montana-USA.
52 Der Hausmasta – und wie er heute lebt, in: Österreichische Volksstimme, 9.6.1949, o.S.
53 Manfred Chobot (Hg.), Die Briefe der Leopoldine Kolecek, Wien 1978. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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jedesmal in die Einfahrt macht; die im Winter eingefrorenen Wasserleitungen; die Versäumnisse der Parteien beim Zinszahlen; die Beschwerden über die hohe Wasserrechnung; den tagelangen Stromausfall; die Französin, die in der Besatzungszeit im Haus einquartiert war …
In den Worten dieser einfachen Frau wird die Ergebenheit gegenüber dem Hausherrn ebenso deutlich wie das Bemühen, sich mit allen Mietern gut zu vertragen. Und das war nicht immer leicht: „Nun muß ich Ihnen mitteilen das Frau Gaul sehr frech zu mir ist, zum beispiel ich habe im 3 Stock Fenstergeputzt am abend Sie stand herausten am Gang und ich sagte ein Stock ist fertig da gab sie mir zur antwort, Sie sind ja zum Dreckputzen da, ich gab Ihr keine antwort und ging. […] oft kome ich nach hause und es liegt papier oder Bananenschalen bei meiner Thür, ich sag nichts mehr und remme es mir weg, und denke stets es kann nicht mehr lange dauern. […] die Parteien waren halt Frau Gödl (die frühere Hausmeisterin, Anm. P.P.) schon gewöhnt und ich werde mich auch bemühen um das Sie mich auch lieb gewinnen, es ist halt sehr schwer den sie wollen man sollte halt in die Wohnungen gehen und tratschen, das werden Sie nie von mir erleben. […] Jeder hätte arbeit für mich, aber ich lehne ab den ich sage ihnen Höflich ich gehe in die arbeit und haben einen Dienstbosten den ich in ordnung halte und ich glaube ich habe arbeit genug.“54
Ausländer werden Hausmeister
Anfang der siebziger Jahre kam der Beruf des Hausmeisters in die Krise. Die Zeitungen schlugen Alarm: „Hausbesorger \u2013 ungeliebter Beruf“, „Mangelberuf Hauswart“ lauteten die Schlagzeilen. Eine wenn auch umstrittene, so doch traditionsreiche Wiener Institution drohte zu verschwinden. Gab es Ende der vierziger Jahre noch rund 40.000 Hausmeister in Wien, so sank ihre Zahl innerhalb von nur drei Jahrzehnten auf rund 26.000 ab.
Die Gründe für diese Entwicklung lagen auf der Hand: Das geringe Einkommen und die schlechte Beschaffenheit der Hausmeisterwohnungen. Zudem war das Image der Hausmeister in der Öffentlichkeit nicht gerade das beste. In einer Zeit, in der noch genügend Arbeitsplätze in anderen Wirtschaftsbereichen zur Verfügung standen, war der Beruf des Hausmeisters nicht unbedingt das, wovon viele träumten. Man stand vor echten Nachwuchsproblemen. Zwei Drittel der Wiener Hausmeister waren älter als 55 Jahre, immer mehr Hausmeisterwohnungen blieben leer.55
Wie auch in anderen Branchen wurden daher ausländische Arbeitskräfte, vornehmlich aus der Türkei und Jugoslawien, nach Österreich geholt. Die kaum prestigeverwöhnten „Gastarbeiter“ wußten die Gratiswohnung und das \u2013 wenn auch geringe \u2013 Neben-einkommen zu schätzen. Sie nahmen auch das Risiko, durch Krankheit, Unfall oder altersbedingte Erschwernisse die Arbeit und damit auch die Wohnung zu verlieren in Kauf. Ihnen glaubten auch die Hauseigentümer und -verwalter am ehesten die noch vielerorts feuchten und engen Hausmeisterwohnungen zumuten zu können.
1973 gab es Wien rund 6.000 ausländische Hausmeister – Tendenz steigend. Abgesehen von den Gemeindebauten, wo weiterhin ausschließlich Inländer beschäftigt wurden, waren bald in vielen gründerzeitlichen Wohnhäusern ausländische Hausmeister anzutreffen. Bei den Mietern stieß diese Entwicklung nicht immer auf Gegenliebe. Nur wenige sahen darin eine kulturelle Bereicherung des Lebens im Haus. Für die meisten war der neue Hausmeister ein Fremder, der mit unverständlicher Sprache und eigenen
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54 Ebenda, 9, 32, 43.
55 Helmut Weber, Hausbesorger – ungeliebter Beruf, in: AZ, 31.7.1968, 3. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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Lebensgewohnheiten in das Haus „eindrang“. Und auch unter der Kollegenschaft hatten es ausländische Hausmeister nicht immer leicht. „A Tschusch als Hausmaster? Dös geht do net“, stellte ein alter Wiener, der selbst zur Berufsgruppe gehörte, kategorisch fest.56 Ernst Molden hatte wohl nicht ganz unrecht, wenn er einmal schrieb: „Wiener Hausmeister sind entweder Ausländer oder ausländerfeindlich.“57
Allerdings: Die Krise dieses Berufsstandes konnte durch die Beschäftigung von Ausländern zwar verlangsamt, nicht jedoch aufgehalten werden.
Hausmeister oder Reinigungsfirma?
Die Statistik spricht eine deutliche Sprache: Die Anzahl der Hausmeister nimmt seit den siebziger Jahren pro Jahrzehnt um zweitausend Personen ab. Derzeit gibt es in Wien nur mehr rund 22.200 Hausmeister, wovon allein 3.900 für die Gemeinde Wien tätig sind.58 Hausmeisterfrei Mietshäuser sind schon längst keine Seltenheit mehr. Immer häufiger wird die hausmeisterliche Tätigkeit von privaten Reinigungsfirmen übernommen. Die Säuberung der Stiegenhäuser, Keller und Fenster, das Auswechseln defekter Glühlampen, Schnee- und Streudienst bis zur Betreuung von technischen Anlagen im Haus: Reinigungsfirmen erledigen so ziemlich alle Arbeiten, mit denen bisher der Hausmeister betraut war. Und das meist zu einem weit günstigeren Preis: „Ab 15 Wohnheiten sind wir billiger als ein Hausbesorger“, rechnet der Geschäftsführer einer führenden Wiener Reinigungsfirma vor.59
In vielen Neubauten ist daher ein Hausmeister gar nicht mehr vorgesehen, was zusätzlich den Vorteil bietet, die früher für ihn reservierte Wohnung nun anderweitig verwenden zu können. Diese Entwicklung hat jedoch ihren Preis. Viele Mieter fühlen sich von der Hausverwaltung im Stich gelassen, vermissen eine Ansprechperson im Haus. Die Behebung von Schäden dauert oft unangenehm lange und auch die Reinigung ist nicht immer zur Zufriedenheit der Bewohner.
Das finanzielle Argument scheint jedoch stärker zu sein. Und dies, obwohl hauptberufliche Hausmeister heute keineswegs zu den Spitzenverdienern zählen. Die meisten von ihnen verdienen im Durchschnitt rund 10.000 Schilling netto im Monat. Üben sie ihre Tätigkeit nebenberuflich aus, kommen sie oft gar nur auf 1.000 bis 2.000 Schilling.60
Eine letzte große Bastion der Hausmeister gibt es allerdings noch: die Gemeindebauten. Der Andrang auf einen Hausmeisterposten im Gemeindebau ist nach der Krise in den siebziger Jahren so groß wie nie zuvor. Die Aussicht auf eine Gratis-Gemeindewohnung, die freie Diensteinteilung und der – aufgrund der meist größeren Anzahl der zu betreuenden Stiegenhäuser – doch deutlich höhere Verdienst als in Altbauten ist heute für viele Anreiz, sich um einen Job als Hausmeister zu bewerben.
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56 Pia Maria Plechl, „Foetor conciergicus“ verweht nicht, in: Die Presse, 21./22.4.1973, 3.
57 Ernst Molden, Nennen wir ihn Novak, in: Die Presse, 3./4.8.1991, IX.
58 Statistik des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger 1994. In ganz Österreich sind es rund 30.000.
59 Thomas Kutalek, Hausmeister ade!, in: AZ, 9.2.1990, 41. Vgl. dazu auch Mai Salzmann, Vom Hausbesorger zur Reinigungsfirma, Dipl.-Arb., Innsbruck 1993.
60 Der Grundgehalt des Hausmeisters ergibt sich aus der Größe der Wohnnutzfläche des zu betreuenden Hauses (im Jahr 1995 in Wien 2,10 öS pro m2) und der zu reinigenden Gehsteigfläche (3,8 öS pro m2). Hinzu kommen Extrabeträge für die Betreuung des Aufzugs, der Heizung sowie der Pflege von Grünanlagen. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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6.000 Personen sind derzeit beim Hausbesorgerreferat der Gemeinde Wien dafür vorgemerkt.61
Jedoch: Die Anforderungen an einen Hausmeister sind gestiegen. Bei der Gemeinde ist seit einigen Jahren ein psychologischer Test zu bestehen, mit dem man Umgangsformen, Allgemeinwissen und Verantwortungsbewußtsein der Bewerber festzustellen versucht. Denn neben den üblichen hausmeisterlichen Pflichten (zweimal pro Woche kehren, einmal aufwaschen, sowie regelmäßig Fenster reinigen, Gehsteige säubern und eventuell vorhandene Grünanlagen pflegen) wird auch eine soziale Betreuung der Mieter erwartet. Das ist es, was den Hausmeister von einer Reinigungsfirma unterscheidet und auch von vielen, vor allem älteren Bewohnern gewünscht wird. Der moderne Hausmeister wird künftig nicht nur Reinigungsarbeiten durchführen, sondern bis zu einem gewissen Grad auch Sozialarbeiter sein: „Der Hausmeister der Zukunft soll eine gewisse soziale Funktion übernehmen. Er soll nicht Kranke pflegen oder für sie einkaufen, auch nicht Kinder (oder Hunde) betreuen. Er soll aber wissen, ob ein betagter Mensch in seinem Haus noch lebt und zu diesem Zweck einmal im Tag an seine Türe klopfen oder ihn anrufen. Er soll die Adresse oder Telefonnummer der nächsten Angehörigen, des zuständigen Arztes kennen. […] Wir wollen keine Mietshäuser, in welchen Menschen sterben und erst nach Wochen aufgefunden werden, wo Schlüsselkinder manchmal hilflos einem Rohrbruch gegenüberstehen und gutwillige Mieter herhalten müssen, wenn Handwerker im Haus arbeiten müssen.“62
Für viele Hausmeister stellt gerade der direkte Kontakt zu den Menschen die Besonderheit dieses Berufes dar. Eine Hausmeisterin im Brigittenauer Friedrich-Engels-Hof meint dazu: „I hab ja viele Leute, die recht nett san zu mir. I kenn die Leute, und die was neu zuziehen san a sehr freundlich. Ane hob i schon, die macht mir alles z’fleiß. Aber i bin a lustiger Mensch. I red mit an jedn, i mach da kane Unterschiede. Waun i Hofspritzen tua, kommen’s und tun mit mir plaudern. […] Mit an anderen Beruf tauschen möcht i net, net einmal wo ich mehr verdienen tät.“63
Doch nicht alle sehen ihre Arbeit als Hausmeister so positiv wie eben beschrieben. Eine ältere Hausmeisterin im Winarskyhof sieht eher die Schattenseiten ihres Berufes: „Respektsperson bist ja heute nicht mehr. Net amol vor die Kinder, weil die lernen des schon von de Eltern. […] Früher war’s schöner. Weil sie habn zum Beispiel zu an Kind wos gsagt und des war erledigt. Aber heute kennans nix mehr. Heute sogns ‚Hoit de Goschn!‘ und lauter so Sochn.“64
Obwohl der Hausmeister in Wien also immer seltener wird und sein Image wohl insgesamt auch nicht zum besten gehört, ist er als Sinnbild des „kleinen Mannes“ bis heute nicht ohne Einfluß auf das Leben in der Stadt. Die Mentalität des Hausmeisters scheint ihre unauslöschlichen Spuren in der Bevölkerung hinterlassen zu haben. Politiker sehen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, nur mehr „Hausmeisterpolitik“ zu machen, Zeitungen werden als „Hausmeisterblattl“ abgeurteilt. Ja manche meinen sogar sarkastisch, daß inzwischen in jedem von uns ein kleiner Hausmeister stecke, insofern wiederum Doderer mit seinem apodiktischem Urteil von der „Verhausmeisterung Wiens“ nicht ganz unrecht gehabt hätte.
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61 Peter Lattinger, Die vergoldeten Besen, in: Kurier, 19.3.1995, 11.
62 Henriette Kottlan, Soziale Sicherheit und ökologische Modernisierung, in: Arbeit und Wirtschaft, Nr.5/1990, o.S.
63 Interviews mit Brigittenauer Hausmeistern, vom Autor durchgeführt im August 1995.
64 Ebenda. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4/1996
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samas
mia sans
mia sans a
olle sans
wos san
olle
hausmasda
hausmasda
hausmasda
sama
olle65
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65 Josef Mayer-Limberg, fon de hausmasda und de möada, Graz-Wien-Köln 1989, 11.
Und hier von sogenannten Bösen Hausmeistern:
1. Der inzwischen 70jährige musste kein Schloss knacken, weil er in der Bibliothek wohnte und alle Schlüssel besaß. Jahrelang stibitzte ein Hausmeister der Uni Erlangen-Nürnberg wertvolle Werke, die ein Bekannter bei Auktionen zu Geld machte. Gesamtwert der Bücher: mehr als 100.000 Euro. Er entwickelte ein Faible für teure und reich bebilderte Botanik-Schinken, die bei Sammlern gefragt sind. Bei Durchsuchungen fanden Kripobeamte im Versteck des Hausmeisters 367 Bücher, „die eindeutig der Universitätsbibliothek zugeordnet werden konnten“. Die Taten waren nach früheren Angaben von Justizsprecher Andreas Quentin zunächst unbemerkt geblieben. Erst als Mitarbeiter im Mai 2004 über den Verbleib eines 60.000 Euro teuren Kräuterbuchs rätselten, schöpfte die Bibliotheksleitung Verdacht und ordnete eine Revision an.
2. Poing – Ein 44-Jähriger hat seinen Beruf als Hausmeister schamlos ausgenutzt und aus dem Gebäude einer Verlagsfirma in Poing Notebooks und Playstation-3 gestohlen.
3. Die meisten Hausmeister haben noch einen Nebenberuf – als Polizisten. Umgekehrt heißt es in der Stuttgarter Zeitung: Ob als Hausmeister, Briefkurier oder Fotomodell – etwa jeder achte Polizist in Baden-Württemberg hat einen Zweitjob nach Feierabend. Das hat eine Umfrage bei Polizeidirektionen im Land ergeben.
4. Zivilfahnder der Wache in Osdorf sollen einem Zeitungsbericht zufolge nebenbei als Hausmeister gearbeitet und sich während der Dienstzeit ausgeruht haben. Die Interne ermittelt.
5. Unklar ist die Rolle des Hausmeisters in einem Dürener Fall:
– Bislang unbekannte Täter drangen am Pfingstwochenende in ein Bürogebäude in der Schlegelpassage ein. Dabei richteten sie einen Gesamtschaden von etwa 1.400 Euro an. Der Hausmeister stellte dies am Montagnachmittag fest – und meldete es der Polizei.
6. Sowie auch in einem Hagener Fall: – Wieder einmal ist eine Hagener Bürgerin das Opfer von Trickdieben geworden. Zwei unbekannte Frauen klingelten am Montagmittag an der Wohnungstür der 82-Jährigen in der Blücherstraße in Hagen. Unter dem Vorwand für den Hausmeister eine Nachricht hinterlassen zu wollen, verschafften sie sich Zutritt.
7. Und in einem Kölner Fall: Das Verfahren gegen einen Hausmeister, der in einem Taubenschlag am Kölner Dom Vögel getötet haben soll, ist am Freitag eingestellt worden. Der Hobby-Taubenzüchter aus Bonn will lediglich bereits getötete Vögel von einem Taubenzüchter erhalten haben, um sie kostenlos zu entsorgen.