Neben den UPS-Boten, die in kackbraune Uniformen gesteckt wurden – von ihren amerikanischen Bossen, ziehen sich auch immer mehr Hausmeister braune Phantasieuniformen an, wie ich letztens in Hamburg sehen konnte. Das ist nicht witzig!
Braun ist eine sogenannte „gebrochene Farbe“ – im Gegensatz beispielsweise zu rot oder grün. Das sollte uns zu denken geben. Farbmetrisch wird eine Farbe als Braun angesehen, wenn sie durch Abmischen einer warmen Farbe (Gelb, Orange, Rot) mit Schwarz entstanden ist. Wikipedia unterscheidet fünf Brauntöne: „Schwarzbraun“ (- „ist die Haselnuß“, wie es in dem berühmten Schlager von Heino heißt), „Rotbraun“ (so nannte man die Nationalbolschewisten), „Gelbbraun“ (war kurzzeitig eine beliebte Tapetenfarbe), und „Ockerbraun“ sowie „Orangebraun“. Wenn man alle Farben zusammenmischt entsteht fast immer Braun. „Die natürliche Farbe Braun assoziiert“ laut Wikipedia „Sonnenbraun (Bräunung der Haut) und gilt in westlichen Kulturen als positiv. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts aber galt gebräunte Haut als bäuerlich, das Schönheitsideal forderte demgegenüber eine „vornehme Blässe“. In einem seltsamen Widerspruch zum zeitgenössischen Schönheitsideal befindet sich der mit der braunen Hautfarbe vieler nichteuropäischer Völker in Zusammenhang stehende Rassismus.“ Mit der „natürlichen Farbe Braun“ wird Erde, Lehm, Ton sowie aber auch Dreck, Schmutz und Kot assoziiert. Die Nationalsozialisten wählten Braun zu ihrer „Kennfarbe“, um damit ihre Verbundenheit mit Scholle und Boden zu demonstrieren. Auch getrocknetes Blut wird braun.
Hitler liebte alles Braune: Braunau, Braunschweig, die Braunhemden, Eva Braun, Wernher von Braun, Braun-Rasierer…
„Historisch wurde mit „braun“ bis ins 18. Jh. hinein (auch) die blau- bis violettschwarze Farbe der tiefsten Dämmerung bezeichnet,“ behauptet Wikipedia – und erwähnt als Beispiele das Kirchenlied ‚ Hernieder ist der Sonnen Schein, | Die braune Nacht bricht stark herein‘ sowie die Redensart, jemanden ‚braun und blau‘ zu schlagen.“
Die Farbe Blau hat etwas „Stählernes“. Lange Zeit galt jedoch nicht das Blau als „männliche“ Farbe, sondern das Rot: Es hat die Assoziationen Leidenschaft, Blut, aktiver Eros und Kampf. In der christlichen Tradition wurde Blau dagegen zum Symbol von Maria.
Der berühmteste Maler, der Brauntöne (zwischen Licht und Schatten) bevorzugte, war Rembrandt. Der „stern“ meint jedoch: „Er hat vermutlich nicht mehr Braun verpinselt als andere. Doch der Firnis, den er benutzte, dunkelte durch Lichteinfall stark nach, seine Pigmente schwärzten sich mit dem Alter. Durch Schaden wurden die Maler klug: Schatten werden schon lange mit Blau oder Violett gemalt; Auguste Renoir verdammte das Malen mit gewissen Brauntönen als ‚größte Sünde der Malerei‘.“
Nach dem Ersten Weltkrieg, ab etwa 1920, fand ein Umbruch der Auffassungen statt: die Farbe Blau stand nicht mehr für Maria und Hoffnung (die „Blaue Blume“ der Romantik), sondern wurde zum Symbol für die Arbeits- und Männerwelt. Die Blautöne der Marineuniform, blaue Arbeitsanzüge, der Blaumann förderte die Symbolik. Jungen trugen die zu Anfang des 19. Jahrhunderts modische (marineblaue) Matrosenanzüge. Über die von den Matrosen ausgelösten und stark beförderten Revolutionen – 1917 in Russland und 1918 in Deutschland – erschien das Marineblau bald neben dem Rot der Arbeiterbewegung. Wikipedia ergänzt: „auch Rettung soll Blau verdeutlichen. Eine wichtige Signalflagge auf See ist der Blaue Peter“ – er steht für den Buchstaben „P“, auch viele Kneipen auf St-Pauli hießen und heißen so, sie sind heute durchnumeriert – „Blauer Peter 1“, „2“ usw.. In Erwin Strittmatters Roman „Der Wundertäter“, Band 1, kommt ein königstreuer Reaktionär vor, der in den Zwanzigerjahren alle Mütter beschimpfte, die ihre Kinder in Matrosenanzügen kleideten: Diese Kleidung war durch den „Matrosenaufstand“ in Kiel zu einem Symbol für Vaterlandsverrat geworden.
Zurück zur Farbe Braun: 2007 war sie in der Mode die neue „Trendfarbe“, aber eigentlich dominierten bei den Herbstmoden schon immer die braunen Töne. Sie korrelieren so mit den Herbstwäldern („Indian Summer“), deren Blätter sich mit zunehmender Kälte von leuchtenden Grün, Gelb und Rottönen langsam zu Braun färben. Als der an sich farbensüchtige Pariser Couturier Christian Lacroix im Sommer 1998 eine Saison lang in tiefer Schwarz- und Braundepression versank, führte er dies auf eine „nach innen gewandte Stimmung zurück“. Der „stern“ fragte sich daraufhin: „Ist Braun eigentlich eine Farbe? Nicht wirklich. Es ist eine Mischung aus allen Farben. Die meisten Brauntöne enthalten Gelb, Rot, Blau und Schwarz, oft noch Weiß, doch Braun nimmt ihnen allen den Charakter. Braun ist das, was im Tuschkasten übrig ist, wenn Kinder ihn lustlos zuklappen. Und genau darum eine beliebte Farbe in der Alltagsmode. Es ist unempfindlich gegen Schmutz, also ideal für Freizeitbekleidung – und perfekt als Beilage: Ein Gemisch aus allen Farben, so wird gern behauptet, müsse zu allen Farben und Gelegenheiten passen.“
Wollen wir also hoffen, dass die braungekleideten Hausmeister mit ihrer Farbwahl bei der Berufskleidung damit bloß ihre Multifunktionalität herausstreichen…
Heinz-Werner Drescher aus Altona (42) fragte in einem Kommentar zum letzten blog-eintrag, was dort der Satz soll: „In Hannover, das ist klar, regen die vielen “Drop Sculptures” im Straßenraum die Hausmeister ständig zur Produktion eigener Poller an, in Hamburg haben sie dagegen Besseres zu tun.“ Konkret fragte HWD: „Was haben sie Besseres zu tun?“
Ich wollte damit auf ihren „Witz“ hinaus, den man in Hamburg auch Geschäftstüchtigkeit nennt. Als Beispiel sei hier das Kabuff des Hausmeisters in einem kulturell umgewidmeten Hamburger Fabrikkomplex herangezogen:
Diese Bank baute der Hausmeister für seine Stammkunden.
Ein anderer verdingt sich nach Feierabend noch bei einem Kollegen in den Hamburger Walddörfern, der dort für die einst im sozialen Wohnungsbau errichteten Gebäudekomplexe zur Aufnahme von Übersiedlern/Ostflüchtlingen zuständig ist – und erledigt z.B. gegen Bezahlung das Rasenmähen zwischen den Hochhäusern für ihn:
Im nur wenig geschäftstüchtigen Berlin werden die Grünflächen zwischen den Gebäudekomplexen des sozialen Wohnungsbaus dagegen von den Hausmeistern selbst bearbeitet. D.h. sie rammen erst einmal, wie kann es auch anders sein?, jede Menge Poller in den Rasen, um den „Kids“ das Ballspielen zu verunmöglichen. Wenn auch das nichts hilft, stellen sie dazu noch Schilder auf:
Eine Hausmeisterei, auch „Facility Management Office neuerdings genannt, sieht hier, z.B. in Kreuzberg, etwa so aus:
(auf dem Schild unten rechts im Schaufenster steht: „Bitte Füße abtreten“ – sic)
Im Mai kam ein bekannter Posaunist, der in dem Mixed-Use-Komplex einen Übungsraum hat, in diese Hausmeisterei. Er hatte versehentlich 2 Auftritte angenommen, einen bei den Philharmonikern und einen im Rundfunk-Orchester. Einen Job mußte er nun abgeben. Er fragte einen der diensthabenden Hausmeister – ihn duzend und siezend zugleich: „Sag mal, können Sie mich am Sonntag im Rundfunk-Orchester mit der Posaune vertreten?“ „Wie, ich? Ich kann doch gar nicht Posaune spielen,“ erwiderte der. „Ist doch gar nicht so schlimm, da sitzen noch 5 andere Posaunisten, machen Sie einfach das nach, was die vormachen. „Der Hausmeister ließ sich überreden. Am darauffolgenden Montags trafen sie sich wieder. „Na, wie war’s?“ fragte der Posaunist, bevor er ihm einen Teil der Gage rüberschob, „hat alles geklappt bei der Aufführung?“ „Von wegen geklappt,“ antwortete der Hausmeister, „die anderen 5 waren auch Hausmeister!“ (Text: Stefan Bach)