
Solidaritäts-Demonstration in Tokio. Photo: flickr user: jetalone
Auf Youtube wird auf dem „Egyptian Revolution Theme Song“ eingeblendet:
„Share with others now Worldwide Revolution 2011“
Denn es ist noch lange nicht zu Ende:
„Bis zur Weltrevolution, die diese ganzen Obamas, Putins und wie sie alle heißen, hinwegfegen wird, ist es noch ein weiter Weg,“ meint mein ägyptischer Gewährsmann in der Wrangelstrasse.
Als wir 1990 mit einem riesigen Pfeifkonzert auf dem Platz vor dem Schöneberger Rathaus das Singen der Deutschlandhymne von Kohl, Brandt und Momper stoppten, freute ich mich: Dass ich das noch erleben durfte! (Ich meine das natürlich als Schlußpfiff des ganzen Drumherums 1989 bis zum sogenannten „Mauerfall“.) Ähnliches hatte ich zuvor schon in Bremen 1967, in Berlin 1969f, in Lissabon 1974 und in Djakarta 1999 gedacht, gefühlt. Aber jetzt ist dieses Gefühl noch viel größer. Diese Revolution ist auch viel größer!
Es geht dabei aber gar nicht um „die Revolution“ – um ihre Einschätzung, worauf sie hinausläuft, was daraus wird etc., es geht um das Revolutionär-Werden, um das Erfaßt-/Berührt-Werden jedes Einzelnen von diesem losgetretenen Ereignis!
Die Süddeutsche Zeitung hat etwas sehr Schönes getan: Nachdem sie das Buch des ägyptischen Schriftstellers Khalid al-Khamissi, das aus 58 Interviews mit Kairoer Taxifahrern besteht, gelobt hatte, bat sie den Autor, diese Interview-Reihe für die SZ fortzusetzen. Seine erste Kolumne erschien heute. Darin heißt es:
In Manama versuchten Sicherheitskräfte, die Demonstranten, die „Nieder mit Hamad“ und „das Volk will den Sturz des Regimes“ riefen, auf ihrem Marsch unter Kontrolle zu halten. Ein Vertreter der schiitischen Oppositionspartei Wefak kritisierte, dass der von der Regierung versprochene „nationale Dialog“ noch nicht begonnen habe. Die Regierung habe keinerlei Schritte zu politischen Reformen unternommen, sagte der Abgeordnete Matar Matar. Unterdessen kehrte der exilierte Oppositionsführer Hassan Maschaima nach Manama zurück.
In der tunesischen Hauptstadt Tunis setzte die Polizei Tränengas ein, um eine Kundgebung von rund 300 Menschen vor dem Innenministerium zu zerstreuen. Am Freitag waren nach Angaben des Ministeriums auf der größten Demonstration seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Zine El Abidine Ben Ali 21 Polizisten verletzt worden. Zudem seien drei Polizeiwachen angesteckt worden, als die meist jugendlichen Demonstranten das Innenministerium zu stürmen versuchten. Mehr als 100.000 Menschen waren einem Aufruf zu Protesten gegen die Übergangsregierung gefolgt.
In Ägypten riefen Oppositionsanhänger für Samstag zu erneuten Protesten auf, nachdem es in der Nacht auf dem Kairoer Tahrir-Platz zu Zusammenstößen zwischen Militärpolizisten und Demonstranten gekommen war, die den politischen Wandel in Ägypten feierten. Kurz nach Mitternacht umstellten die Militärpolizisten einige hundert Demonstranten und setzten Schlagstöcke und Elektroschocker ein, um die Menge zu zerstreuen. Die Armeeführung entschuldigte sich am Samstagmorgen für den harten Einsatz.
In der algerischen Hauptstadt Algier verhinderten Sicherheitskräfte Proteste von Regierungsgegnern. Wie ein AFP-Journalist berichtete, wurden die Demonstranten nicht zum Märtyrer-Platz durchgelassen, auf dem sie sich zu einer Kundgebung versammeln wollten. Hunderte Polizisten versperrten die Zugänge zum Platz und drängten die Demonstranten ab. Als rund 20 Anhänger von Präsident Abdelaziz Bouteflika auftauchten, stellte sich die Polizei zwischen die gegnerischen Gruppen.
In Libyen dauerten die Kämpfe zwischen Aufständischen und regierungstreuen Sicherheitskräften an. Der Machthaber Muammar el Gaddafi war am Freitag vor Anhängern in der Hauptstadt Tripolis aufgetreten und hatte sie zum bewaffneten Kampf aufgerufen. In der Nacht waren dort erneut Schüsse zu hören, in einigen Vierteln fiel der Strom aus. Wie ein Sprecher des oppositionellen „Revolutionskoalition des 17. Februar“ sagte, zögen täglich Freiwillige aus dem Osten des Landes nach Tripolis zum Kampf gegen Gaddafi.
Im Jemen wurden bei heftigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei in der Stadt Aden mindestens vier Menschen getötet. Ein Augenzeuge sprach von „wahren Kriegsszenen“. Mehrere wichtige Stammesführer sagten sich mit zehntausenden ihrer Anhänger von Präsident Ali Abdallah Saleh los. Bei einer Stammesversammlung in Amran nördlich der Hauptstadt Sanaa schlossen sich Führer der Hasched und der Bakil, zwei der bedeutendsten Stämme des Landes, der Opposition an, wie aus Stammeskreisen verlautete.“
Dpa ergänzte um 18 Uhr 55:
„Der Gegenwind für den libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi wird immer größer. Die renommierte islamische Al-Azhar-Universität in Kairo rief am Samstag regierungstreue Soldaten in Libyen auf, alle Befehle zum weiteren Blutvergießen zu verweigern. Das Regime habe seine Legitimität verloren, sagte das geistliche Oberhaupt, Ahmed al-Tajeb. Der Großscheich rief alle Araber weltweit auf, dem libyschen Volk medizinische und humanitäre Hilfe zu leisten.
Die al-Azhar gilt im sunnitischen Islam bei Rechtsfragen als die höchste Instanz. Angesichts der anhaltenden Gewalt und des fortwährenden Blutvergießens werden in Libyen die Rufe aus der Bevölkerung immer lauter, Medikamente sowie Mobiltelefone ins Land zu bringen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind bislang mindestens 1000 Menschen getötet worden.“/ Und: „Saudi-Arabien springt für libysche Ölausfälle ein.“
Aus Ägypten meldet der Spiegel heute:
„Kairo – Auf dem Tahrir-Platz in Kairo kam es am frühen Samstag zu Zusammenstößen zwischen Soldaten und Demonstranten. Die Armeeführung veröffentlichte daraufhin eine Entschuldigung und versprach, ein derartiges Vorgehen werde sich nicht wiederholen. Der Militärrat sprach von „unbeabsichtigten Spannungen“ zwischen der Militärpolizei und den „Söhnen der Revolution“. Es habe keinen Befehl gegeben, die Demonstranten anzugreifen.
Etwa 300 Demonstranten hatten sich nach Beginn der Ausgangssperre um Mitternacht geweigert, den Platz zu verlassen, auf dem am Freitag wieder Zehntausende protestiert hatten. Dutzende Personen, die vor einem Regierungsgebäude in der Nähe des Tahrir-Platzes ausharrten, seien von der Militärpolizei verprügelt worden, berichtete ein Augenzeuge. Mehrere Demonstranten hätten Widerstand geleistet und ein Mann habe im Gesicht geblutet, sagte der Aktivist Schadi Ghasali.In der Nacht seien mindestens vier Menschen festgenommen und in ein Gefängnis gebracht worden, in dem weitere offenbar am Freitag aufgegriffene Demonstranten festgehalten wurden.
Augenzeugen sagten, als Militärpolizisten begannen, die Demonstranten mit Gewalt zu vertreiben, hätten diese gerufen „Volk und Armee arbeiten Hand in Hand“. Daraufhin habe sich die Lage wieder beruhigt. Einige Aktivisten riefen jedoch am Samstag zu einem Protest „gegen die Angriffe der Armee auf Demonstranten“ auf.
Die Demonstranten hatten am Freitag ein Gerichtsverfahren gegen Mubarak gefordert. Außerdem verlangten sie den Rücktritt der Übergangsregierung des noch von Mubarak eingesetzten Ministerpräsidenten Ahmed Schafik und die Aufhebung des Ausnahmezustandes.
Die Soldaten und Offiziere der Armee hatten sich während des Volksaufstandes gegen Mubarak stets herausgehalten, was ihnen die Regierungsgegner hoch angerechnet hatten. Inzwischen wird in Oppositionskreisen jedoch über eine mögliche „Konterrevolution mit Unterstützung der Armee“ spekuliert.“
Aus Algerien und dem Jemen meldet das Nachrichtenmagazin:
„In anderen Staaten des Nahen Ostens gingen die Menschen ebenfalls auf die Straße. Zwei Tage nach Aufhebung des Ausnahmezustands in Algerien gab es in Libyens Nachbarstaat eine pro-demokratische Kundgebung. Trotz eines geltenden Demonstrationsverbots in der Hauptstadt Algier versammelten sich gegen Mittag Hunderte Menschen im Zentrum.
Die Sicherheitskräfte waren nach Berichten von Augenzeugen mit einem Großaufgebot vor Ort. In der Vergangenheit hatten sie immer wieder derartige Kundgebungen gewaltsam aufgelöst. Auf dem zentralen Platz skandierten auch Anhänger von Präsident Abdelaziz Bouteflika Parolen.
Der am 9. Februar 1992 verhängte Ausnahmezustand war erst am Donnerstag offiziell beendet worden. Er hatte dem Staat weitgehende Eingriffe in politische Rechte erlaubt. Seine Abschaffung war eine der Hauptforderungen der Regierungsgegner, die unter dem Eindruck der Ereignisse in Tunesien, Ägypten oder Libyen gegen das herrschende System und die sozialen Missstände im Lande protestiert hatten.
Im Jemen kam es ebenfalls zu Protesten, hier eskalierte die Gewalt. Die Zahl der Toten nach Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Regierungsgegnern in der südjemenitischen Stadt Aden stieg auf vier. Über Nacht seien zwei weitere Menschen gestorben, sagte ein Arzt am Samstag. Dutzende waren Augenzeugen zufolge zudem verletzt worden, als am Freitag auf Teilnehmer einer Großkundgebung gegen Präsident Ali Abdullah Saleh scharf geschossen wurde.“
Auf Al Dschasira fragt ein ägyptischer Autor, der anonym bleiben möchte:
„Haben wir es mit einer Revolution gegen den Neoliberalismus zu tun?
If the January 25th revolution results in no more than a retrenchment of neoliberalism, or even its intensification, those millions will have been cheated. The rest of the world could be cheated as well. Egypt and Tunisia are the first nations to carry out successful revolutions against neoliberal regimes. Americans could learn from Egypt. Indeed, there are signs that they already are doing so. Wisconsin teachers protesting against their governor’s attempts to remove the right to collective bargaining have carried signs equating Mubarak with their governor. Egyptians might well say to America ‚uqbalak (may you be the next).“
BBC News meldet aus Tunesien:
„Police and masked men in civilian clothes, armed with sticks, moved through streets looking for protesters. The renewed protest comes a day after police cleared huge crowds from the streets demanding the resignation of the interim prime minister. That was the biggest rally since the president fled after weeks of unrest. On Friday police fired tear gas and warning shots to disperse demonstrators. The BBC’s Paul Moss in Tunis says the stench of tear gas is again filling the main shopping street in Tunis. The trouble flared very suddenly – people out shopping found themselves caught up in the confrontation, women carrying heavy bags running for cover with handkerchiefs clutched to their mouths, our correspondent says. Several members of the security forces ran into the lobby of a hotel, yelling at startled customers drinking coffee to return to their rooms or leave the hotel immediately, he said.“
In der Jungen Welt berichtet Karin Leukefeld über den Irak:
wirklich toll, sein Pfeiffen bei der Wiedervereinigungsfeier mit der arabischen Revolution gegen Diktatoren zu vergleichen