Demo in Berlin gegen das Regime im Iran. Photo: hagalil.com
Die taz-Autorin Doris Akrap schreibt heute in ihrer Kolumne:
Zufällig erfahre ich an diesem Tag auch von einer geplanten Demo vor der ägyptischen Botschaft. Ich beschließe, dort hinzugehen…
Die Demonstration fordert die Freilassung von Maikel Nabil Sanad, dem ersten und einzigen Kriegsdienstverweigerer Ägyptens. Er wurde wegen seiner Kritik an der Militärführung von den derzeit regierenden Militärs zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Die ägyptische Botschaft in der Stauffenbergstraße ist wahrhaft ein Monument der Grausamkeit, der ästhetischen: ein quadratischer, von riesigen Ornamenten durchsetzter graulila Marmorklotz. Grund genug, diesen Ort schnell wieder zu verlassen. Die Gruppe, die mit Transparenten, Schildern, Trillerpfeifen, Tröten und Megafon ausgestattet ist, ist leider so klein, dass die Botschaftsangehörigen wohl kaum von ihr Kenntnis nehmen. Hätte das Botschaftsgebäude Fenster, hätten sie vielleicht sogar mal lächelnd rausgeschaut.
Irgendwie ist das Ganze ein bisschen traurig, denn unter der Handvoll Leute sind mindestens fünf unterschiedliche Politfraktionen. Der eine hält einen Stapel der Zeitung Spartakist in der Hand. An wen er die eigentlich verteilen will, ist unklar, aber sowieso habe ich den Verdacht, dass diese Zeitung mehr als Erkennungsmerkmal denn als intellektuelles Verständigungsorgan dient. Die anderen Teilnehmer halten eine Israelfahne hoch, weil der Militärdienstverweigerer Sanad in Ägypten auch versucht, Antisemitismus zu thematisieren und das Verhältnis zu Israel zu normalisieren.
Nach kurzer Zeit und einigen kleineren Diskussionen über die Weltlage ist die Handvoll Leute dann auch durch. Exminister Hans-Jochen Vogel läuft noch auf der anderen Straßenseite vorbei und wirft einen kurzen Blick auf die kleine Schildergruppe. Es ist schon ein bisschen seltsam, in der Stauffenbergstraße zu stehen, ein paar Meter vom Bendlerblock entfernt, und für die Freilassung eines ägyptischen antimilitaristischen Aktivisten zu demonstrieren, und keiner kommt. Die deutsche antimilitaristische Szene, die in dieser Gegend jahrelang gegen das öffentliche Gelöbnis der Bundeswehrrekruten demonstriert hat, ist weit und breit nicht zu sehen.
Es gibt inzwischen einen veritablen Revolutionstourismus von Berlin in die Städte der aufständischen Jugendlichen. So berichtet der Sender Freies Neukölln, dessen Betreiber sich vor zwei Wochen nach Barcelona aufmachten, von mehreren Plätzen in spanischen Städten, wo sie Gespräche mit den Platzbesetzern führten. In der taz porträtiert heute Juliane Schumacher einen Berliner Aktivisten, der sich auf den Weg nach Kairo machte:
Am Anfang war Anton Allmer in Berlin, und die Revolution war in Kairo. Und im Fernsehen. Oder besser: Im Computer, denn er hat al-Dschasira im Internet geschaut. Ununterbrochen. Während er arbeitete. Statt zu arbeiten. Allmer ist 29 und heißt eigentlich anders. Seit Jahren engagiert er sich als linker Aktivist. Globalisierung, Antirassismus und Ökologie sind seine Themen. Und nun organisieren sich die Menschen. Aber nicht in Deutschland. Sondern in Nordafrika.
„Mitanzusehen, wie da so etwas Wichtiges geschieht, ohne etwas beitragen zu können, hat mich ganz unruhig gemacht“, sagt Allmer. Er hatte das Gefühl, an die Revolution, an diese gesichtslosen Massen auf dem Tahrirplatz, nicht heranzukommen. „Was sind das für Menschen, die ein solches Risiko eingehen, um eine Veränderung zu erreichen? Wie sind sie organisiert? Was treibt sie an?“ Spontan entschließt er sich nach Ägypten zu fliegen. Zwei Wochen später, bei Sonnenaufgang, kommt er in Kairo an. Er ist nicht der Einzige, er trifft andere, die nach Kairo pilgern, um sich die Revolution anzuschauen. Zum Beispiel Flo, einen Studenten aus Zürich, der lacht auf die Frage, ob Kairo das neue Mekka der Linken werde. „Nein“, sagt er, „es ist kein einfaches Land, die Sprache ist schwer zu lernen, die Bewegung ist voller Widersprüche, lässt sich nicht in europäische Kategorien einordnen.“ Aber genau deshalb, sagt er, ist es so spannend. Er will etwa wissen, wie viel die Arbeiter in der Schweiz von der Radikalität der ägyptischen Arbeiter lernen können.
Allmers großes Glück in Kairo ist eine Clique, die sich auf dem Tahrir kennen gelernt, gemeinsam die Revolution durchgestanden hat. Da ist Heba, die junge Lehrerin, Mustafa, der bei IBM arbeitet, Ahmed, der Tourismusmanager. Manche checken ihre Facebook-Accounts über ihre Blackberries. Andere haben kein Geld für Schuhe oder fürs Telefonieren. „Es hat viele verwundert, dass ich aus politischen Gründen hierher gekommen bin, weil ich mehr über sie erfahren wollte“, erzählt Allmer. Immer wieder fragen sie, ob er sich nicht doch die Pyramiden ansehen wolle. Aber dann akzeptieren sie ihn.
Und nicht nur das. „Sie haben mich in die Clique aufgenommen“, sagt Allmer. „Nach drei Tagen war es, als würden wir uns schon Jahre kennen.“ Sie zeigen ihm Fotos und Videos von der Revolution, sie erzählen Geschichten, nehmen ihn mit auf Partys, auf denen schwule Pärchen vor den Augen aller wild knutschen. Er lernt, wie man während der Ausgangssperre die Militärkontrollen umgeht und dass sich manche Soldaten mehr für sein Piercing als seinen Pass interessieren. Er sitzt in Straßencafés, wo Aktivist_innen bis spät in die Nacht Aktionen planen, eine Zigarette nach der anderen ziehen.
Und er besucht immer wieder den Tahrirplatz. Wo die Menschen auf ihn zustürmen, englisch und arabisch auf ihn einreden, mit ihm über die Revolution, die Medien, Fußball und deutsche Innenpolitik diskutieren wollen. „Die ersten Tage nach meiner Ankunft herrschte noch die totale Euphorie“, sagt Allmer. Aus den Fenstern flattern ägyptische Fahnen, an jeder Straßenecke stehen Gruppen, berauscht von der Freiheit. „Überall ging es nur um Politik. Das habe ich noch nirgends erlebt.“ Die Journalisten schwärmen von doppelt so hohen Auflagen und von der Freiheit der Presse nach Jahrzehnten der Zensur.
Dann kommt der 9. März.
Die Armee räumt mit Schlägertrupps das Camp auf dem Tahrirplatz. Allmer flüchtet in ein Einkaufszentrum, vom Fenster aus sieht er die Panzer durch die Straßen rollen. Allmer ist nur Beobachter – und bleibt es auch. Die Freunde, die an diesem Tag verhaftet werden, werden über Stunden hinweg brutal gefoltert, geschlagen, ausgezogen, mit Elektroschocks gequält. „Der Tag hat alles verändert“, sagt Allmer.
Er fängt an, sich mit Folter, mit der Rolle des Militärs zu beschäftigen. Übersetzt Videos, stellt sie ins Netz. Und er wird vorsichtiger. Bei Demonstrationen lässt er die Kamera zu Hause. Er scherzt nicht mehr mit den Soldaten. Dann fliegt er zurück.
Es ist die Rückkehr in eine Welt, in der nichts zu geschehen scheint, die in den ersten Tagen schmerzhaft heil scheint. Er, der sich mit Postkolonialismus und Critical Whiteness beschäftigt hat, überlegt, wie das politisch zu bewerten ist, wenn er, als weißer Aktivist, die Bewegung in Ägypten besucht. Ist es Flucht vor den Widersprüchen der eigenen politischen Arbeit? Übernimmt er koloniale Muster, wenn er den ägyptischen Aktivist_innen Strategien erklärt? Allerdings hat er ohnehin nicht das Gefühl, er könnte den Aktivist_innen dort etwas beibringen. „Wie auch immer die organisiert sind – am Ende haben sie eine Revolution gemacht und wir nicht.“
Allmer fühlt „Hochachtung vor den Leuten, die bereit sind, für ihre politischen Ziele ihre persönliche Unversehrtheit zu riskieren – und nicht nur jene, die nichts zu verlieren haben, sondern gerade auch die, die im bestehenden System gut klarkommen“. Er lernt, dass das Verbindende überwiegt, die Aktivist_innen, ja die jungen Menschen in Ägypten generell, ähnliche Sorgen haben, auf dieselbe Weise feiern, dieselben Fragen diskutieren. „Die Offenheit, mit der Aktivist_innen untereinander umgehen, hat mich beeindruckt“, sagt Allmer. „Ich frage mich, ob die Art, wie wir uns hier als Linke abgrenzen, nicht auch viel an politischer Aktivität verhindert.“
Anton Allmer hat viel gefunden: Erkenntnis – und Freunde. Nur keine Antwort auf die Frage, wie er der Bewegung helfen kann. Er wird sie wohl auch nicht finden, da er das Geschehen in Kairo wieder aus der Ferne betrachtet, weit weg von den Freunden, am Bildschirm. Aber es ist ja auch ihre Revolution, nicht seine.
Der letzte Satz ist Unsinn, denn natürlich ist es seine Revolution. Immanuel Kant spürte es schon 1789 im fernen Königsberg:
“Die Revolution eines geistreichen Volks, die wir in unseren Tagen haben vor sich gehen sehen, mag gelingen oder scheitern; sie mag mit Elend und Greuelthaten dermaßen angefüllt sein, dass ein wohldenkender Mensch sie, wenn er sie zum zweiten Male unternehmend glücklich auszuführen hoffend könnte, doch das Experiment auf solche Kosten zu machen nie beschließen würde, – diese Revolution, sage ich, findet doch in den Gemüthern aller Zuschauer (die nicht selbst in diesem Spiel mit verwickelt sind) eine Theilnehmung dem Wunsche nach, die nahe an Enthusiasmus grenzt, und deren Äußerung selbst in Gefahr verbunden war, die also keine andere als eine moralische Anlage im Menschengeschlecht zur Ursache haben kann.”
André Glucksmann schrieb am 7.Februar in der „Libération“:
Seit Januar 2011 gibt es keine Zwangsläufigkeit mehr im Maghreb und im Nahen Osten. Was auch komme: Begrüßen wir die Umwälzungen mit einer „Teilnehmung dem Wunsche nach, die nahe an Enthusiasmus grenzt“. So sprach Kant von der Französischen Revolution, auch wenn er manche ihrer Wendepunkte missbilligte.
Die Globalisierung, die seit dreißig Jahren die Erde überzieht, beschränkt sich nicht auf die Finanzen und die Ökonomie. Sie trägt über die Grenzen ein Virus der Freiheit, das manchmal die Oberhand gewinnt (wie in den samtenen Revolutionen) und manchmal an die Brutalität des profanen politisch-militärischen Apparats stößt wie 1989 am Tienanmen oder die des himmlischen wie im Iran 2009.
Und trotzdem: eine globalisierte Jugend hört nicht auf, aus vollen Kräften (oft digital) zu rufen: „Hau ab!“ Die tunesische Leidenschaft erschütterte sehr schnell auch die ägyptische Festung. Eine geistige Atombombe sprengte die Ketten der alten Knechtschaft, die sich als keineswegs naturwüchsig erwies, und daher auch abgeschüttelt werden kann. [Hervorhebungen vom Autor]
Ungeachtet der Kantschen Einschätzung, dass eine Revolution erst dadurch zu einer wird, dass sie die „Zuschauer“ außerhalb ihrer Grenzen enthusiasmiert, gehen die Anstrengungen auch hier weiter: Nicht durch die in Berlin lebenden Ägypter, jedoch durch die hier sich aufhaltenden Griechen, Spanier und Westdeutschen:
Am Sonntag, den 5.6. veranstalten sie um 18 Uhr eine „Vollversammlung: Real Democracy now“ am Neptunbrunnen des Alexanderplatzes. Dazu kündigen sie als weitere Veranstaltung an:
Dienstag 7.6. 17 Uhr im Lustgarten: Tagung der Arbeitsgruppen und Bildung weiterer (falls gewünscht), anschließend um 19Uhr im Lustgarten „Vollversammlung“.
Nähere Informationen findet man unter: http://democraciarealyaberlin.wikispaces.com/ (wegen DDos-Attacke), nornmalerweise: http://www.democraciarealyaberlin.com/wiki, oder: https://twitter.com#acampadaberlin.
Am Dienstag, den 7.6., treffen sich auch im Rahmen ihres Arbeitskampfes die Beschäftigten der Klinikkrake „Charité“, speziell die in einer Facility-Management-Firma outgesourcten Klinikmitarbeiter. Ihr Solidaritätskomitee lädt dazu um 18 Uhr ins ND-Haus am Franz-Mehring-Platz. Es geht um nichts Geringeres als um das In-Sourcen ihrer Klinikbereiche – „Rekommunalisierung“ im Flugblatt genannt.
Auf dem von Trotzkisten organisierten Kongreß „Marx is muss“, der gestern, heute und morgen in der Alten Feuerwache in Kreuzberg stattfindet, erwarb ich vorhin die Broschüre „Islam, Rassismus und die Linke“:
„Das Feindbild Islam ist politisch gewollt und wird systematisch aufgebaut,“ heißt es darin an einer Stelle, an anderen: „Sozialisten haben Religion immer als widersprüchliches Phänomen begriffen“. „Bebel und Bismarcks Kulturkampf“. „Muslime hatten unter dem russischen Imperialismus schwer gelitten.“ „Muslime und Sowjets“. „Stalins Angriff auf den Islam“
Irgendwie können die Trotzkisten Stalin nicht verknusern.
Im taz-Feuilleton (neuerdings kgm genannt) rezensiert Andreas Fanizadeh heute das Buch „Engel des Südens“ des in Deutschland lebenden irakischen Schriftstellers Najem Wallis:
Najem Wali hat Spaß am Erzählen. Seit ihm 1980 die Flucht aus dem Irak gelang, lebt er mit kurzen Unterbrechungen in Deutschland-West, spricht fließend Deutsch und gehört mittlerweile zu den arrivierten Schriftstellern, die in erster Sprache auf Arabisch schreiben.
Wali liebt das literarische Spiel mit Biografie, Dokument und Fiktion. Und sein Hirn, das wird auch im Gespräch schnell klar, ist zu 100 Prozent mit Geschichte und Geschichten angefüllt, die er, der 1956 im Südirak Geborene, wie ein riesiger Schwamm in sich aufsaugt. Real Erlebtes, Gehörtes und Recherchiertes sammelt und ordnet er neu – ein permanenter Prozess, der aus Interesse und Leidenschaft in einem beharrlichen Schreibprozess mündet.
Mit „Engel des Südens“ hat er so ein außergewöhnliches, detailreiches, ins Deutsche übertragenes Epos geschaffen. Es ist die literarische Chronik eines Iraks, dem in der Epoche des Postkolonialismus – Mitte des letzten Jahrhunderts – das Kosmopolitische abhanden kam. Wali beschreibt und inszeniert einen Irak, in dem sich schon vor dem Aufstieg der Baath-Partei und Saddam Husseins die autoritär-religiösen, paternalistisch-völkischen Sichtweisen über alles andere aufschwangen. Ein Irak, der Umstürzen und Putsche erlebte, bis sich am Ende ein staatsterroristisches Regime etablierte, in dem Willkür und Clanstrukturen über rechtsstaatliche Normen dominierten.
Wali beschreibt eine irakische Gesellschaft, ringend um Gut und Böse, Begehren gegen Gewalt, individuelle Würde gegen kollektive Despotie. Dabei sind viele Eindrücke, die seine Figuren hervorrufen, ambivalent. Wali liebt das Spiel mit dem Uneindeutigen, dem Diskursiven. Bedeutete das britische Mandat über den Irak (nach dem Ersten Weltkrieg) vor allem Fremdbestimmung und Besatzung oder auch Zugang zu Welt und Freiheitsrechten? Sein Roman ist höchst brisant, gerade vor der irakischen Kulisse, in der antiimperialistische Verschwörungstheorien oder religiöse Orthodoxien eine große Rolle spielen und über die eigenen Verbrechen der Vergangenheit häufig geschwiegen wird. Wer weiß schon, dass im Irak vor 1948 um die 150.000 Juden lebten? Heute sollen es keine 50 mehr sein.
Walis „Engel des Südens“ erzählt davon, von der liberalen Tradition eines Vielvölkerstaats, in dem Mandäer, Sabäer, Assyrer, Kurden, Armenier, Zigeuner, Chaldäer, Jesiden, Parsen, arabische Sunniten oder Schiiten zusammenlebten. Von einer (post-)kolonialen Situation, als das Land an der Schwelle zur Moderne an der demokratischen Nationengründung scheiterte. Walis Figuren sprechen von der Unaufgeklärtheit feudal wirkender Familien- und Stammesstrukturen, von den großarabisch-sunnitischen Kräften, die sich zunehmend gegen die zivilen städtischen Kerne richten. Wali berichtet aber auch von dem Unentschiedenen zwischen Tradition und Moderne, von halbaufgeklärten Mittelständlern, die glühend eine panarabische Ideologie vertreten, der sie in seinem Roman selbst zum Opfer fallen werden. Da wäre die Geschichte des Doktor Gabbay und seiner schönen Tochter Malaika, die Wali über den Verlauf seiner mehr als 500-seitigen Erzählung immer wieder aufnimmt. Wali schildert Doktor Gabbay als großarabischen Patrioten, glühenden Antiimperialisten, gesitteten Bücherliebhaber und willfährigen Diener arabischer Clans, die mit dem deutschen Nationalsozialismus fraternisieren und deren Hauptpropagandawaffe ein als Antizionismus getarnter Antisemitismus ist.
Doktor Gabbay kann und will keine Pogrome sehen, denen die Minderheiten des Iraks immer stärker ausgesetzt sind. Er sieht nicht, wie Außen- mit Innenpolitik im Nahen Osten miteinander verzahnt sind. Wie die großarabische Rechte Stimmung macht und ihre Jugendorganisation Futuwa plündernd und mordend durch die Viertel der Juden sowie anderer Minderheiten zieht. Gabbay betrachtet sich selbst zuerst als Iraker und dann erst als Juden. Doch dank seiner Mithilfe entsteht ein Regime, das ihm schließlich sein Recht auf Selbstbestimmung und Leben absprechen wird. Es ist die tragische Figur des Antikolonialen, des blinden Antiimperialisten, der die irakisch-jüdische Fluchthilfeorganisation auch dann denunziert, als Brandgeruch über den Städten liegt. Der eifrige Idealist, der Oberst Swadi und seinem Clan zuarbeitet, dem Statthalter des Bösen und lokalen Polizeikommandanten von „Amaria“; der nicht wahrnimmt, wie dieser noch an der Flucht der irakischen Juden heimlich mitverdient.
Gabbays Naivität ist die einer ganzen Generation, die, so beschreibt es Wali, nur noch übertroffen wird von den Sendboten der Kommunistischen Partei. In „Engel des Südens“ sind es überwiegend Lehrer, die arabischen Großnationalismus, Antizionismus und Planwirtschaft in heiliger Einfalt predigen, bevor sie selber als Kommunisten in den Kerkern und Folterkellern des Baath-Regimes verschwinden.
Um über all dies zu sprechen, zoomt Wali über verschiedene Erzählstränge und Personen an die Historie heran. Und er fügt dem eine mythische, surreale Ebene hinzu, die es ihm ermöglicht, sensibel und nüchtern in der Darstellung zu bleiben, die Geschichte aber dennoch zu weiten, um nicht von ihrer Düsternis erschlagen zu werden.
„Engel des Südens“ ist eine Liebeserklärung an den alten, den kosmopolitischen Irak, ein Manifest des antinationalen Widerstands. Und es ist eine sehr persönliche Geschichte, eine Hymne an außergewöhnliche Menschen, Individuen, die es wie Malaika, Naim, al-Malik oder Harun gibt oder gegeben hat. Wali verteidigt gegenüber historisch verbürgten Typen wie „Fauzi, die Pest“, die mit ihren Clans jahrzehntelang das Leben der Menschen in Amara tyrannisierten, seine jugendliche Erinnerung an eine andere Gesellschaft, an starke Mädchen und ein humanistisches Schwärmertum – an Kinos, Nachtclubs, Zeitungen, jüdische Lieder, Chevrolets.
Sein Buch folgt dabei keiner linearen Erzählweise. Wali mäandert, schlägt Bögen, wechselt zeitlich und personell immer wieder die Perspektiven. Literarisch ist das ein Genuss. Und mit Lektüre jeder Seite erfahren wir mehr über ein Land, das zum größten Interventionsplatz des Westens seit 1989 wurde.
Wie verwickelt Wali die Geschichte sieht, ist auch seinem Bezug auf Ezra Pound und T. S. Eliot zu entnehmen. Beide sind widersprüchliche Figuren der literarischen Moderne. Pound war poetische Avantgarde, aber auch Judenhasser und Faschist. Wali führt sie so überzeugend in das kolonial-postkoloniale Personensetting des Romans ein, dass man schwören könnte, sie wären damals im Irak gewesen – eine symbolisch-philosophische Zuspitzung. T. S. Eliot als Offizier an der Spitze der englischen Kriegsgräberbrigade „No mans land“, den gab es nicht. Und bei Pound ist vor allem verbürgt, dass dessen Sohn Omar während des Irak-Iran-Kriegs in den 1980er Jahren für Saddam Husseins Regime auf Poesiefestivals Werbung machte, so Wali auf Nachfrage.
Kürzlich war Wali selber zu Besuch im Irak. Seine Bücher sind dort auf Arabisch erhältlich. Doch der Irak bleibt für den Exilanten ein gefährliches Land. „Rendezvous mit einer Autobombe“, so war sein Bericht über die Reise in der Neuen Zürcher Zeitung überschrieben.
Wali nennt die Dinge in seiner Literatur beim Namen. Seine Gegner wissen das auch. Doch wer sonst soll die Geschichte(n) erzählen? Walis Buch ist auch eines der Selbstermächtigung, einer bitter notwendigen: „Nur Harun lachte und lachte, nachdem die Randalierer ihn in die Luft geworfen hatten, und gab kindliche Laute von sich. Nicht weil er keine Ahnung hatte, was um ihn herum vorging, sondern weil er sich über den Matrosenanzug freute, den er zum ersten Mal trug. Diesen kleinen Harun prophezeite Sadiq, der Vater der Toten: Kein anderer als Harun wird die Geschichte erzählen.“ Und so ist es nun ganz unbescheiden gekommen. Harun ist als Najem dem Matrosenanzug entwachsen und hat diese und andere Geschichten fünfzig Jahre später nach dem zitierten Vorfall zu einer irakischen Chronik zusammengefasst. Eine, über die man auch in fünfzig Jahren noch sprechen wird.
In der heutigen „Jungen Welt“ veröffentlichte Heike Schrader einen Bericht von der Besetzung des Athener Syntagma-.Platzes, auf dem sich täglich die „Empörten“ versammeln und organisieren:
Es gibt ein oben und ein unten bei den »Empörten«, die sich seit nunmehr zehn Tagen an Athens Syntagma-Platz versammeln. Oben, auf der Straße direkt vor dem Parlament, decken jeden Abend Tausende über Stunden hinweg das Gebäude ihrer »Volksvertreter« mit dem typisch griechischen Fluch der ausgestreckten Hand und mit größtenteils nicht zitierfähigen Parolen ein, während gleichzeitig Dutzende grüne Laserstrahlen über die hermetisch verschlossenen Rolläden des Gebäudes tanzen. Die Laser kann man direkt vor Ort von Händlern erwerben, genauso wie Trillerpfeifen, Tröten und griechische Fahnen. Letztere werden jedoch nur von wenigen geschwenkt.
Drängt man sich durch die Menge die Stufen auf den eigentlichen Platz herab, wechselt die Atmosphäre. Unten geht es weniger darum, den Politikern zu zeigen, was man von ihnen hält, als vielmehr um die eigenen Bedürfnisse und darum, was man tun kann, um diese zu erfüllen. In den wenige Tagen, die die »Empörten« hier verbringen, ist auf dem Platz so etwas wie eine kleine Gemeinde entstanden. »Zwischen dem ersten Tag und heute ist ein Unterschied wie Tag und Nacht«, sagt Panos, der in der Mediengruppe aktiv und vom ersten Tag an dabei ist. Aus dem anfänglichen Ziel, den Frust von der Seele zu schreien, sind erste Keime einer selbstorganisierten Zukunftsvision entstanden. Etwa 50 Zelte beherbergen inzwischen dauerhaft bleibende, mehr als ein Dutzend Arbeitsgruppen zur praktischen Organisation des Lebens hier, für Propaganda und Agitation, für Kunst und Kultur von unten und natürlich für die Ausarbeitung von Forderungen, Strategien und Aktionen haben sich gebildet. Mitmachen kann jede und jeder, entschieden wird basisdemokratisch auf Versammlungen, die alltäglich in den Abendstunden stattfinden. Die Entscheidungen jeder Gruppe werden ins große Plenum getragen, das von 21.00 Uhr bis tief in die Nacht tagt. Hier haben alle anderthalb Minuten Rederecht. Viele beschränken sich auf wenige Sätze, was der Diskussion etwas twitterartiges verleiht. Die Reihenfolge der Beiträge wird durch Los entschieden. Das Protokoll der Vollversammlung und ihre Entscheidungen werden im Internet veröffentlicht.
Es ist keine einheitliche »linke Szene«, die sich hier versammelt. Vieles ist widersprüchlich, die Unterschiede groß. Einige verteilen beispielsweise Flugblätter, auf denen die Verwendung öffentlicher Gelder für das jährliche Lesben- und Schwulenfestival angeprangert wird, während andere eben dieses Festival auf den Platz einladen wollen. Insgesamt aber zeichnet sich eine Entwicklung in fortschrittlicher Richtung ab. So wurde beispielsweise von der Vollversammlung ein Beschluß zur Solidarität mit allen laufenden und zukünftigen Streiks gegen die alten und neuen »Sparmaßnahmen« beschlossen.
Parteien aber, darin ist man sich einig, werden auf dem Platz nicht geduldet. Als Person ist jede und jeder willkommen, als gleiche unter gleichen akzeptiert. Ein Avantgardeanspruch jedoch, wie ihn die meisten der linken Parteien vertreten, wird abgelehnt, ganz zu schweigen von dem korrupten Feilschen um Posten und Vorteile bei den Systemparteien. Ein Ansatz, der von vielen der Linken und Autonomen zumindest akzeptiert wird. Auf dem Syntagmaplatz gehe es darum, sich »wie ein Fisch im Wasser zu bewegen und nicht wie die Fliege in der Milch aufzufallen«, heißt es beispielsweise auf dem Athener Internetportal von Indymedia. Und so findet man eben auch Menschen aus fast allen der über 40 kleinen linken und kommunistischen Parteien in den Arbeitsgruppen und Diskussionsrunden auf dem Platz. Nur die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) ist eher spärlich vertreten, denn »wenn deren Anhänger hier wären, wäre der Platz doppelt so voll«, wie ein »Empörter« treffend vermerkt. Die KKE begrüßt zwar den neu entstandenen Widerstand, fordert aber dazu auf, sich in den Reihen der Partei als organisierter Kraft zu sammeln und arbeitet weiterhin bevorzugt an eigenen Aktionen. So besetzten am Freitag morgen Hunderte Mitglieder der parteinahen Gewerkschaftsfront PAME das griechische Finanzministerium an dem sie ein riesiges Transparent mit einem Aufruf zum Generalstreik herabließen.
In der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) berichtete gestern Brigitte Kramer über die „Empörten“ in Spanien, wo sich die Aktivisten der Bewegung „Indignados“ nennen. Dazu hat die Autorin ein Gespräch mit dem spanischen Gegenwartsautoren Manuel Rivas eingearbeitet:
Das „Movimento 15M“ bezieht seine Ideen aus dem Pamphlet des ehemaligen Widerstandskämpfers Stéphane Hessel: „Empört Euch!“ Die politisch trostlose Situation in Galicien schildert Rivas in seinem jüngsten Roman „Alles ist Schweigen“. Die Indignierten sind gegen diesen „Wertezerfall aufgestanden“. Die Empörten haben ihr inneres Exil verlassen und beginnen, für ihr Land zu kämpfen. Eine ihrer Parolen lautet: „Wenn ihr uns nicht träumen laßt, lassen wir euch nicht schlafen“. Im Gegensatz zu den Studentenrevolten und zur außerparlamentarischen Opposition haben sie keine Machtansprüche. Die Bewegung nennt sich „unpolitisch und gewerkschaftsfern“ und lehnt das etablierte System ab, „weil es den Fortschritt der Menschheit behindert“. – nachzulesen unter: „www.democraciarealya.es“
Die Süddeutsche Zeitung meldet heute:
„Großer Preis für Bahrain. Trotz der Unruhen darf der Golfstaat das Formel-1-Rennen ausrichten.
Im SZ-Feuilleton berichtet wie jeden Samstag der ägyptische Autor Khaled-al-Kamissi über seine Gespräche mit Kairoer Taxifahrern. Diesmal geht es darum:
Warum die Demonstration am 27.Mai so wichtig war für die ägyptische Revolution
Die FAZ meldet:
Die Bundesregierung will ihr Projekt „Polizeiausbildung in Saudi-Arabien “ überprüfen.
Seltsamerweise bildet Deutschland überall auf der Welt die Polizeikräfte von Schweineregimen aus und weiter und versorgt sie anschließend mit teurem Aufstandsbekämpfungsgerät. Während der Kämpfe um den Tahrirplatz waren die Bullen z.B. mit Lastwagen und Wasserwerfern von Mercedes ausgerüstet.
Das FAZ-Feuilleton zeigt sich überrascht,
dass die jüngst in Ägypten von den Muslimbrüdern gegründete „Partei für Freiheit und Gerechtigkeit“ zu ihrem stellvertretenden Vorsitzenden den prominenten christlichen Sozialpsychologen Rafik Habin gewählt hat. Die Muslimbruderschaft scheint überhaupt „einen grundlegenden Wandel“ durchzumachen.
In der FAZ-Samstagbeilage findet sich ein Interview mit dem albanischen Schriftsteller Ismail Kadare:
Auf die Frage: Nach der demokratischen Revolution 1997 beruhigte sich das Land wieder – und stabilisierte sich auch politisch einigermaßen, „dennoch verließen vor allem junge Menschen und ein großer Teil der Intelligenz ihre Heimat. Sehen Sie Parallelen zu dem, was jetzt in den arabischen, den nordafrikanischen Ländern passiert?“ antwortete der Schriftsteller so wie auch der niedersächsische Innenminister, dass die jungen Leute gerade jetzt in ihrem Land gebraucht werden – beim Wiederaufbau, deswegen dürfen sie nicht abhauen.
Über die jungen Leute, die trotzdem nicht im Land bleiben wollen, berichtet heute AFP:
Nach dem Kentern eines Flüchtlingsbootes vor Tunesien haben Rettungskräfte über hundert Leichen geborgen. 123 Tote seien bisher an Land gebracht worden, sagte ein Vertreter des tunesischen Roten Halbmonds am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Das mit rund 800 Insassen überladene Flüchtlingsschiff war am Mittwoch vor der tunesischen Insel Kerkennah gekentert. Rund 600 Menschen wurden gerettet, 200 Menschen wurden nach dem Unglück vermisst.
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) sprach am Freitag ebenfalls unter Berufung auf Angaben des tunesischen Roten Halbmonds vom Vortag von 150 Leichen. Die Opfer stammten demnach zumeist aus Teilen Afrikas südlich der Sahara. Überlebende würden in das Flüchtlingslager Choucha an der tunesisch-libyschen Grenze gebracht, erklärte die IOM weiter. Am Freitag werde die tunesische Armee allein 400 Überlebende dorthin geleiten. Bisher sind in Choucha den Angaben zufolge 193 gerettete Insassen des Bootes, die Hälfte von ihnen Frauen, Minderjährige und Kinder.
Die Flüchtlinge wollten von Libyen aus auf die italienische Insel Lampedusa gelangen. Ihr Schiff lief aber am Dienstag auf eine Sandbank, wie die tunesische Nachrichtenagentur TAP berichtete. Bei einer Bergungsaktion der tunesischen Behörden unter schwierigen Wetterbedingungen hätten die Insassen verzweifelt versucht, in Rettungsboote zu gelangen, wodurch starkes Gedränge entstanden sei. Das Flüchtlingsschiff sei darauf umgekippt.
Aus Syrien berichtete AP heute Mittag:
Syrische Regierungstruppen haben am Freitag während einer der größten Kundgebungen der seit zehn Wochen anhaltenden Proteste auf Demonstranten geschossen und dabei nach Angaben von Aktivisten mindestens 34 Menschen getötet. Im ganzen Land strömten Regierungsgegner auf die Straßen und forderten den Rücktritt von Präsident Baschar Assad.
Allein zu der Demonstration in der Stadt Hama, wo die 34 Menschen getötet wurden, seien Zehntausende gekommen, sagte der Leiter einer syrischen Menschenrechtsgruppe, Rami Abdul Rahman. Außerdem sei in einem Dorf im Norden des Landes ein weiterer Mensch erschossen worden.
Das Regime blockierte in weiten Teilen von Syrien den Zugang zum Internet und ließ Orte beschießen, die als Zentrum der Revolte gelten. Nach dem Ende der Freitagsgebete zogen die Menschen durch die Städte, Ortschaften und Dörfer.
Ein Augenzeuge in Hama berichtete von 150.000 Demonstranten, was, falls zutreffend, die bislang größte Demonstration gewesen wäre. „Es gibt viele Tote und Verwundete, das Krankenhaus ist voll“, sagte er. „Ich bin weggerannt, aber ich kann noch immer Schüsse hören.“
Die Opposition hatte für Freitag zu Demonstrationen aufgerufen, um an die fast 30 Kinder zu erinnern, die von Sicherheitskräften während der Proteste getötet wurden. In Daraa, wo der Aufstand begann, riefen die Demonstranten „Kein Dialog mit den Mördern von Kindern“, wie ein Aktivist erklärte. Sie bezogen sich damit auf ein Dekret von Assad zur Einsetzung eines Ausschusses, der einen nationalen Dialog zur Beendigung der Krise anführen soll.
Die syrischen Streitkräfte beschossen am Freitag auch wieder die Stadt Rastan mit Artillerie und schweren Maschinengewehren. Mindestens zwei Menschen seien getötet worden, hieß es. Die Stadt Rastan und das nahegelegene Talbiseh in Mittelsyrien werden seit einer Woche von Heereseinheiten belagert. Seit Samstag sollen dabei 74 Menschen getötet worden sein. Die Soldaten schießen dabei nach Angaben von Augenzeugen auch auf Einwohner, die aus Rastan zu fliehen versuchen.
Aus Ägypten meldet AFP:
Im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich haben zahlreiche Menschen vor dem Krankenhaus demonstriert, in dem der gestürzte Präsident Husni Mubarak liegt. Die rund 200 bis 300 Demonstranten forderten seine Verlegung in ein Gefängnis und riefen „Geh‘ weg, Mubarak“, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP am Freitag berichtete. Hunderte Polizisten sperrten das Krankenhaus ab.
Aus dem Irak meldet AP:
Ein Selbstmordattentäter hat sich am Freitag nördlich von Bagdad in einem Krankenhaus in die Luft gesprengt. In diese Klinik waren die Verletzten gebracht worden, die zuvor bei einem Anschlag auf eine Moschee verwundet worden waren. Berichte über Opfer bei dem Anschlag in der Klinik lagen zunächst nicht vor. Der Attentäter zündete seinen Sprengsatz im ersten Stock des Krankenhauses in Tikrit, wie ein Sprecher der Provinzregierung mitteilte.
Aus Pakistan meldet dpa:
Bei einem Angriff Hunderter Taliban-Kämpfer auf einen Posten der pakistanischen Sicherheitskräfte an der Grenze zu Afghanistan sind nach Polizeiangaben mehr als 80 Menschen getötet worden. Die Polizei im Distrikt Upper Dir teilte am Donnerstag mit, 27 Angehörige der Polizei und einer paramilitärischen Grenzschutz-Einheit sowie acht Zivilisten seien gestorben. Bei den mehr als 24-stündigen Gefechten seien außerdem 46 Aufständische getötet worden. Die Angreifer hätten Armeeuniformen getragen.
Nach Regierungsangaben beteiligten sich an dem Angriff 300 bis 400 Aufständische, die aus Afghanistan eingedrungen waren. In einer am Donnerstagabend verbreiteten Mitteilung des pakistanischen Außenministeriums hieß es, man habe gegenüber dem afghanischen Botschafter „ernste Sorge“ über die grenzüberschreitende Attacke ausgedrückt. Eine entsprechende Nachricht sei an die Nato und an US-Vertreter in Afghanistan gegangen.
Die pakistanischen Taliban bekannten sich zu dem Angriff. Ein Sprecher der Taliban in der Region Malakand namens Omar Hassan Alharabi sagte, mehr als 50 Angehörige der Sicherheitskräfte seien getötet und 15 weitere gefangen genommen worden. Hunderte pakistanische Taliban-Kämpfer waren 2009 bei einer Armeeoffensive in Malakand nach Afghanistan geflohen. Zu Malakand gehören unter anderem Dir und das Swat-Tal.
Der Polizeisprecher sagte weiter, vier Mitglieder einer Familie, darunter Frauen und Kinder, seien getötet worden, als eine Mörsergranate der Taliban ihr Haus traf. Ein Geistlicher einer örtlichen Moschee sei bei den Gefechten ebenfalls ums Leben gekommen. Die Taliban hätten zudem einen afghanischen Lastwagenfahrer getötet und dessen Fahrzeug übernommen, um Leichen ihrer Mitkämpfer abzutransportieren. „Als die Armeehubschrauber ihre Stellungen in den umliegenden Hügeln bombardierten, flohen sie (die Taliban) in Richtung Afghanistan.“
Aus Jordanien meldet AP:
Tausende Jordanier sind am Freitag in sieben Städten des Landes auf die Straßen gegangen und haben den Rücktritt von Ministerpräsident Maruf al Bachit gefordert. Die Demonstranten werfen ihm zu große Milde bei der Verfolgung von Korruption und zu geringe Fortschritte bei politischen Reformen vor.
Die Rufe nach Reformen wurden lauter, nachdem sich ein verurteilter Geschäftsmann ins Ausland abgesetzt hatte – für eine medizinische Behandlung, wie es hieß. König Abdullah II. forderte eine Untersuchung des Verschwindens des Mannes, der eine dreijährige Haftstrafe wegen Bestechung und Korruption absitzen sollte. Zwei Minister reichten wegen des Vorfalls bereits ihren Rücktritt ein.
Demonstration gegen den Stierkampf in Madrid. Photo: andaluz.tv