Pfefferspray und Tränengas: die neuen Staatspolitiken im Kampf gegen soziale Netze
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Ein Teilnehmer des taz-panther-workshops, Valentin Niebler, schreibt derzeit einen blog aus und über Kairo: http://auscairo.tumblr.com/?mid=53. In einer seiner Eintragungen heißt es:
Ich habe eben ein Tränengas-Projektil in die Hand bekommen, das auf dem Tahrir abgefeuert wurde (siehe Photo unten). Es ist etwa 12 cm lang und liegt verdächtig gut in der Hand. Das Projektil ist „Made in USA“ und soll nicht auf Menschen abgefeuert werden, so die Aufschrift. Genau das ist auf dem Tahrir passiert. Das hier verwendete CR-Gas soll sogar stärker und gefährlicher als herkömmliches Tränengas sein.
Für viele Demonstranten stehen diese Granaten symbolisch für die Beziehung zwischen dem Militärrat SCAF und den USA. Die 1,3 Milliarden Dollar, die das ägyptische Militär jedes Jahr erhält, sind größtenteils an Waffenimporte gebunden. Das ägyptische Parlament und die Öffentlichkeit haben weder Einsicht in das Budget noch Macht darüber, was mit dem Geld passiert.
Das zeigt recht anschaulich, warum auf dem Tahrir erneut protestiert wird. Viele Ägypter wollen, dass – wie in Deutschland – Parlament und Regierung klären, wofür das Militär Geld ausgibt. Das Budgetrecht des Militärs ist aber in der Verfassung festgeschrieben. Ein Großteil der Parteien will diese ändern, die SCAF nicht. Deswegen versucht der Militärrat, der momentan noch die Macht hat, mit allen Mitteln sein Budgetrecht zu verteidigen. So wollte er sich etwa ein Veto-Recht über die neue Verfassung vorbehalten und Einfluss über die Mitgliederauswahl der Verfassungskommission ausüben.
Die Militärhilfe geht übrigens auf Ägyptens Waffenstillstand mit Israel zurück. Seit 1979 leisten die USA militärische Entwicklungshilfe und versuchen so den Frieden mit Israel zu sichern. Dass jetzt US-Tränengas gegen Demokratie-Aktivisten verwendet wird, mutet ziemlich zynisch an. Vor allem wenn die SCAF „fremde Mächte“ für die Tahrir-Unruhen verantwortlich macht.
Photo: Valentin Niebler