Bestrickte Poller-Reihe. Photo: Philipp Goll
Im Neuköllner „Salon Petra“ las Ulrich Enzensberger aus seinem Sachbuch „Parasiten“. Das könnte er öfter tun. In den „Kommentaren“ hier unten finden sich dazu zwei Rezensionen. Das Buch erschien einige Jahre nach Michel Serres Studie „Der Parasit“ (siehe Kommentar), in dem es an einer Stelle heißt:
„Die besten Wirte sind manchmal auch die größten Parasiten.“
Der Bruder des taz-blogwarts Mathias Broeckers hörte in der U8 in Richtung Hermannplatz folgendes Gespräch zwischen zwei Bauarbeitern:
„Ick wähl jetzt die Parasiten!“ „Häh! Meinst du die Piratenpartei?“ „Ja, genau!“
Der SPD-Politiker Wolfgang Clement schrieb in seinem Vorwort zu einer Broschüre des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit „Vorrang für die Anständigen – Gegen Missbrauch, ‚Abzocke‘ und Selbstbedienung im Sozialstaat. Ein Report vom Arbeitsmarkt im Sommer 2005“:
„Bei der umfassenden Reform des Arbeitsmarktes kommen wir mit großen Schritten voran. (…) Beim Kontrollbesuch jammert Ibrahim dem Prüfer vor, dass das Auto noch aus besseren Zeiten stamme und nur geleast sei. „Ich liebe Musik, ich muss singen“, erklärt er – aber nicht auf Kosten des Sozialstaats, wie ihn der Ermittler belehrt. Biologen verwenden für „Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren Wirten
– leben“, übereinstimmend die Bezeichnung „Parasiten“.“
(Das stimmt nur zur Hälfte – russische und japanische Biologen sprechen in diesem Zusammenhang auch gerne von „Symbionten“, denn bei genauerem Hinsehen – z.B. auf unsere Darmbakterien oder die von Kühen, Termiten, Koalabären, Biber etc. – sind wir bzw. diese Tiere deren Parasiten, wie die Mikrobiologin Lynn Margulis zu bedenken gibt. Andere wiederum sind mal dies und mal das.)
In der FAZ veröffentlichte gestern der politische Geschäftsführer der deutschen Piratenpartei Johannes Ponader eine Erklärung:
Mein Name ist Johannes Ponader. Ich bin von Beruf Autor, Regisseur, Schauspieler, Theaterpädagoge. Ich bin seit 2010 Mitglied der Piratenpartei. Am 29. April 2012 werde ich zu ihrem politischen Geschäftsführer gewählt. Am 6. Mai ziehen wir in den Schleswig-Holsteinischen Landtag ein. Am selben Abend sitze ich bei Günther Jauch in der Sendung. Es geht um den Erfolg der Piraten, und es geht um meine Person. Günther Jauch fragt mich: „Sie bekommen Hartz IV.“ Ich bestätige das, sage: „Ja, ich beziehe auch Sozialleistungen.“ Jauch insistiert: „Also Hartz IV.“ „Ja, ich beziehe Sozialleistungen.“ – „Hartz IV.“ – „Man nennt es Arbeitslosengeld II.“ Jauch: „Also bekommen Sie Hartz IV.“ Punkt. Der politische Geschäftsführer der Piratenpartei ist ein Hartz-IV-Empfänger.
Am 9. Mai erhalte ich einen Brief von meinem Jobcenter, dass meine Zahlungen eingestellt werden. Grund: „Politischer Geschäftsführer der Piratenpartei“. Ein Ehrenamt als Grund, meinen Anspruch auf Sozialleistungen abzuerkennen. Mehr steht dort nicht. Keine Vermutung, ich würde nun ausreichend Einkünfte erzielen. Keine Fragen. Lediglich die Möglichkeit zu widersprechen. Das Schreiben wird später für hinfällig erklärt. Später wird man mir auch unterstellen, ich hätte mich bei Jauch geziert, meinen ALG-II-Bezug zuzugeben. Aber Jauch musste aus einem ganz anderen Grund dreimal nachfragen: Ich lehne den Begriff „Hartz IV“ ab und weigere mich, für ein Arbeitslosengeld, das der Existenzsicherung dient, diesen Namen zu benutzen. Peter Hartz, der Namensgeber, ist wegen Untreue in 44 Fällen vorbestraft. Im Namen „Hartz“ schwingt der Verdacht mit, dass da irgendjemand andere hintergeht. Doch wer hintergeht wen? Bei Peter Hartz betrug die veruntreute Summe 2,6 Millionen Euro. Davon könnte man einem Menschen 6948 Monate lang den aktuellen ALG-II-Regelsatz bezahlen, das sind 579 Jahre, oder drei Menschen lebenslang ein Grundeinkommen von knapp 1000 Euro.
Wenige Tage nach der Sendung erhält Bernd Schlömer, Parteivorsitzender der Piraten, einen Anruf von Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit. Er fragt, warum die Partei mich nicht bezahlen könne, deutet an, dass das Jobcenter mich härter anpacken müsse, wenn öffentlicher Druck entsteht. Er spricht von Eingliederungsmaßnahmen und Sanktionen. Später, als Journalisten nachfragen, wird Alt leugnen, dass ich der Grund für diesen Anruf war, und stattdessen ein generelles Interesse an der Piratenpartei als Grund angeben. Wieso bricht ein Vorstandsmitglied der Agentur für Arbeit das Sozialgeheimnis? Wieso ruft er nicht bei mir selbst an? In was für einem Land leben wir, wenn Entscheidungen einer Sozialbehörde von öffentlichem Druck abhängig gemacht werden? Ich will von Bernd Schlömer wissen, was in dem Gespräch genau gesprochen wurde. Bernd kann mich im Groben informieren. Doch Alt hat sich sicherlich exaktere Notizen gemacht. Also rufe ich in Nürnberg an. In der Vermittlung werde ich angeschnauzt, ob ich mich beschweren wolle. Nein, ich möchte zu Herrn Alt durchgestellt werden. Noch mitten im Satz finde ich mich in der Warteschleife. Heraus komme ich in der Beschwerdestelle. Worüber ich mich beschweren wolle, fragt mich das freundliche Gegenüber. Über nichts, ich wollte ins Vorzimmer von Herrn Alt. Da sei ich falsch, und leider könne er mich nicht weiterstellen. Wenn der Prüfdienst klingelt und man seine Rechte kennt Bei meinem zweiten Anruf melde ich mich als politischer Geschäftsführer der Piratenpartei. Prompt werde ich durchgestellt. Herr Alt jedoch ist nicht zu sprechen. Ich bitte um Rückruf. Der kommt auch nach Tagen nicht.
Stattdessen meldet sich einige Zeit später der Leiter meines Jobcenters. Er sagt mir, Herr Alt habe ihn gebeten, sich bei mir zu melden. Vom Inhalt des Gesprächs kann er mir jedoch nicht viel sagen, Herr Alt habe mit ihm nicht persönlich gesprochen. Mittlerweile bin ich in München, arbeite für eines meiner beruflichen Projekte. Der Spiegel wird später schreiben, dass ich in diesen Tagen „ausnahmsweise“ mein Geld selbst verdiene. Ausnahmsweise, das ist in den letzten zweieinhalb Jahren zwei Drittel der Zeit. In diesem Zeitraum habe ich zwanzig Monate lang Geld verdient, Steuern bezahlt, und den Rest der Zeit Arbeitslosengeld bezogen. Der „Spiegel“ wird später in einer Pressemitteilung suggerieren, ich hätte Honorare nicht angeben wollen, sei deswegen vom Jobcenter abgemahnt worden. Im Medienhinweis schwebt der Vorwurf noch subtil zwischen den Zeilen. Die Springerpresse titelt: „Hartz-IV-Pirat erschlich sich Stütze“. Erst nach einer Klarstellung durch mich ändert sich die Überschrift. Hunderte von Tageszeitungen drucken die Meldung unkritisch nach, nur wenige Journalisten hinterfragen sie. Zweimal war der Prüfdienst der Bundesagentur schon bei mir. Beide Male wurden meine Grundrechte mit Füßen getreten. Eine Prüfung durch den Außendienst darf nur erfolgen, wenn es einen Anfangsverdacht auf Leistungsmissbrauch gibt, und auch dann nur, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen. In meinem Mietvertrag steht eine falsche Angabe bezüglich meiner Warmwasserversorgung. Ich stehe im Verdacht, 8 Euro monatlich zu Unrecht zu beziehen. Eine einfache Nachfrage bei mir und eine Bestätigung des Vermieters könnte den Fehler aufklären. Stattdessen steht der Prüfdienst vor der Tür. Ich frage nach dem Grund. Mir wird der Boiler genannt.
Tatsächlich soll der Prüfdienst auch die Zahnbürsten zählen, feststellen, ob ich tatsächlich alleine in der Wohnung wohne – das geht aus dem schriftlichen Prüfauftrag hervor, den ich mir zeigen lasse. Die Prüfer lügen mich also an. Auch sonst wirkt es, als hätten die Prüfer die entsprechende Durchführungsanordnung der Bundesagentur noch nie zu Gesicht bekommen. Sie „vergessen“ die obligatorische Belehrung über meine Rechte, bevor sie die Wohnung betreten. Einem gemeinsamen Protokoll – worauf ich einen Anspruch habe – stimmen sie erst zu, weil ich ihnen andernfalls den Zugang zur Wohnung verwehre. Ich habe umgehend Antrag auf Akteneinsicht gestellt, um das tatsächliche Protokoll zu Gesicht zu bekommen. Der Antrag wurde bis heute nicht bearbeitet. Welche Arbeit ist Prostituierten zumutbar und wie viel davon? Dass die Jobcenter sich nicht an die Vorschriften halten, die für ihren Bereich gelten, ist an der Tagesordnung. Die Mitarbeiter sind oftmals auf Grund der vielen Änderungen überfordert. Zudem werden sie unter enormen Druck gesetzt. Morgens müssen sie sich erst Videobotschaften aus Nürnberg ansehen, bevor sie sich in ihre Rechner einloggen können – ein Abbruch oder Vorspulen ist nicht möglich. Wer die Quoten nicht erfüllt, fliegt raus und kann sich ein halbes Jahr später auf der anderen Seite des Schreibtisches wiederfinden. Die Sozialgerichte platzen vor Klagen, die Wartezeiten auf Gerichtstermine sind lang. Gut die Hälfte der Klagen ist erfolgreich. Es handelt sich also beileibe nicht um Querulanten, sondern um Menschen, die für ihre Rechte einstehen.
Die Jobcenter teilen ihre Kunden in mehrere Kohorten ein: arbeitsmarktnah, arbeitsmarktfern, nicht vermittelbar. Doch es gibt auch eine inoffizielle Kategorie: Kunden, die ihre Rechte kennen. Sie kommen oft zu zweit aufs Amt, begleiten sich gegenseitig. Insider berichten, das seien etwa zwei Prozent der Kunden. „Wären es fünf bis zehn Prozent“, so ein Insider, „könnten wir einpacken.“ Die Mitarbeiter sollen unterstützen und gleichzeitig entscheiden sie über die weitere Förderung eines Kunden. Selten sind sie Kenner der Branchen, bis heute sind die Jobcenter organisiert wie Einwohnermeldeämter: Die Kunden werden nach Alphabet zugeteilt. Je spezifischer das Berufsfeld, umso weniger können die Mitarbeiter kompetente Unterstützung anbieten. Warum nicht ein Mitarbeiter die Selbständigen betreut, einer die Künstler, einer die Handwerker – man weiß es nicht. Grundsätzlich ist jede Arbeit zumutbar. Wenn mich ein rechtsextremistisches Magazin auffordert, dort einen Artikel zu veröffentlichen, muss ich das theoretisch annehmen. Am krudesten zeigt sich die Logik im Umgang mit Prostituierten. Die entsprechende Anordnung legt fest, dass Prostituierte nicht zur Ausübung der Prostitution gezwungen werden dürfen, wenn sie der Prostitution grundsätzlich nicht mehr nachgehen wollen. Im Umkehrschluss heißt das: Möchte jemand der Prostitution zeitweise selbstbestimmt nachgehen, wird er für das Jobcenter zum Freiwild, es sei denn, er begeht Sozialbetrug.
Bei meinem letzten Gespräch im Jobcenter lege ich meine Einnahmen des letzten Monats vor. Gut 1800 Euro habe ich verdient, genug, um mit den Leistungen mehr als einen Monat auszusetzen. Mein Arbeitsvermittler ist völlig überfordert, sich auf die neue Situation einzulassen. Man hat jetzt einen detaillierten Integrationsplan für mich ausgearbeitet; das lese ich zumindest in der Presse. Während mein persönlicher Ansprechpartner rechtswidrig sein Programm durchzieht und meine alte Eingliederungsvereinbarung einseitig und vorzeitig außer Kraft setzen will, plaudert die Sprecherin der Arbeitsagentur öffentlich über meinen Fall, ohne dass ich sie je vom Sozialgeheimnis entbunden hätte. Es habe bislang keinen Anlass gegeben, mich zu sanktionieren, sagt sie der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. Wo kommen wir hin, wenn jeder Journalist in Nürnberg nachfragen kann, ob ein Kunde der Arbeitsagentur schon einmal sanktioniert wurde oder nicht?
So wie es aussieht, werde ich in Kürze genug Einkommen haben, um vom Jobcenter unabhängig zu sein. Bis dahin wollen mich Freunde unterstützen. Nun ist ein Sprung ins Ungewisse angesagt, wie ihn viele gehen, die die Gängelung durch die Jobcenter nicht mehr ertragen und freiwillig auf Sozialleistungen verzichten. Ich verlasse das Amt, um frei zu sein. Das Arbeitsamt. Nicht mein Amt als politischer Geschäftsführer.
Drei Poller im Sonnenuntergang. Photo: Peter Loyd Grosse
Das Online-Magazin Telepolis interviewte die Autorin des Sachbuchs „Wir müssen leider draußen bleiben“ – Kathrin Hartmann, u.a. über Parasitismus – Sozialschmarotzertum:
Wenn man sich ansieht, was uns die Rettung der Banken kostet, von der die Reichen genauso profitieren, weil damit auch ihre Einlagen abgesichert wurden und dazu zählt, wie viel Geld der Allgemeinheit durch großzügige Steuergeschenke an Reiche und Unternehmen und durch Steueroasen flöten geht, dann kommen schließlich einige hundert Milliarden Euro zusammen.
Im Vergleich dazu sind die Kosten für Hartz IV ein Witz. Deshalb ist der Sozialschmarotzervorwurf gegen die Armen lächerlich – die Reichen sind die wahren Sozialschmarotzer. Anstrengungsloser Wohlstand, wie ihn einmal Westerwelle den Armen unterstellte, gibt es nur für die Reichen.
Schon vor der Hartz-IV-Reform gab es eine staatliche Parasitenbekämpfung in diesem Sektor, der in den frühen Achtzigerjahren allerdings noch nicht so ausgedehnt wie heute war. Das Gelnhäuser Tagblatt gab z.B. dem Vogelsberger Landrat Gelegenheit dazu, indem es seinen diesbezüglichen Ambitionen eine Kolumne widmete:
„Guten Tag, liebe GT-Leser! Landrat Rüger nennt sie Aussteiger. Darunter versteht der Mann aus dem Linsengerichter Eselspfad jene Zeitgenossen, die ihren Job ohne ersichtlichen Grund an den Nagel hängen und meinen, im sozialen Netz dieser Gesellschaftsordnung ist gut ruhen.
Besonders getroffen hat es anscheinend Hans Rüger, dass unter diesen Mitmenschen auch Beamte sind. Ein Beispiel: Die Frau eines Berliner Arztes, Beamtin auf Lebenszeit, von ihrem Mann getrennt, aber auch von der Arbeit. Besagte Dame hätte sich im Main-Kinzig-Kreis niedergelassen und kassiert jetzt fleißig vom Sozialamt. Da gibt es dann noch, so Rügerm die “rüstigen Dreißigjährigen”, die in Vogelsberg und Spessart in Bauernhäusern unterschlüpfen, den lieben Gott einen guten Mann sein lassen und kräftig auf Kosten der Allgemeinheit abkassieren.
Der Landrat nennt solche Volksgenossen Parasiten und klagt, dass immer mehr auf diese Unart und Weise ihr Leben fristen wollten. Zehn Prozent der Sozialhilfeempfänger gehören zu diesen Typen. Wenn der Sozialetat des Kreises seit 1976 von 20 Millionen auf 36 Millionen Mark emporgeschnellt sei, dann sei dies der “Verdienst” der “Aussteiger”. Warum diese Leute aussteigen, meint der Landrat erkannt zu haben. Trotz eines Lebens auf der faulen Haut hätten sie am Monatsende mit Sozialhilfe und ähnlichen Zahlungen aus der öffentlichen Hand genauso viel Geld im Säckel wie einst, als sie noch eine Lohnsteuerkarte ihr eigen nannten. Nicht selten seien gar staatliche Leistungen höher als die Nettoarbeitsentgelte.
Wenn gar noch nebenbei etwas schwarzgearbeitet würde, könnten die Aussteiger nur noch über die Zeitgenossen lachen, die täglich in ihrem Beruf schuften. Hans Rüger aber ist froh darüber, dass die Beamten in seiner Umgebung allesamt moralisch gefestigte Persönlichkeiten sind, die zwar schon das eine oder andere Mal dem Kreishauschef verrechnen, wie gut’s ihnen gehen könnte, wenn sie den Kram in der Verwaltung des Großkreises hinwerfen und sich fürs Nichtstun belohnen lassen würden.
Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf, warum der Kreis den Parasiten nicht die Mäuler stopft. Rüger weiß die Antwort. Früher wären die Fürsorgezahlungen von den Gemeinden gekommen. Da kannte man seine Pappenheimer. Heute komme der Antragsteller zur anonymen Kreisverwaltung, seine persönlichen Verhältnisse sind nicht bekannt, der Sachbearbeiter erfährt nur die “Notlage” und wird dann – wagt er es, genauer nachzufragen – auch noch belehrt, dass er keine Moralpredigten zu halten, sondern zu zahlen habe. Kaum einmal kann diesen Menschen nachgewiesen werden, dass sie lügen. Sehr bedauerlich, denn wirkliche Aussteiger und Alternative werden mit den Betrügern gar zu schnell in einen Topf geworfen, befürchtet Euer Fritz“
Das Berliner Institut für Faschismusforschung schreibt über den Zoologen und Umweltforscher Jakob von Uexküll:
“In seinem 1920 erschienenen Buch “Staatsbiologie” machte er für die ökonomischen und politischen Krisen des Kaiserreichs und der beginnenden Weimarer Republik “Parasiten am Gemeinschaftskörper” verantwortlich, und zwar insbesondere “Fremdrassige”, die “in einem kranken Staate, der nur noch schwach auf ihre Eingriffe reagiert”, gut gedeihen könnten. “Solange der Betrieb des Staates geregelt weiterging” (im alten Kaiserreich), habe der Staat “die Möglichkeit (gehabt), den einzelnen Arbeitsfeindlichen durch einen Arbeitswilligen zu ersetzen, der wohl stets vorhanden war. Sobald aber eine größere Zahl Arbeiter aus der Arbeitskette zurücktrat und streikte, stand das betroffene Staatsorgan vor dem Untergang”. Deshalb müsse ein staatliches “Streikverbot” her.”
2010 kam ich in einem Gutachten über Kreuzberg zu dem Ergebnis:
„Bis der Touristenboom einsetzte war es auch kein Thema, dass nahezu die gesamte Infrastruktur in Kreuzberg und Neukölln von Türken und Arabern aufgebaut wurde, die nach der Wende als erste von den Betrieben in Westberlin entlassen worden waren, die Deutschen traten hier bald nur noch als Parasiten in Erscheinung.
Erst mit den Touristen und einer ihnen sich anpassende Infrastruktur änderte sich das wieder – und prompt argumentieren die davon nicht profitierenden Altbohèmiens sarrazinistisch: “Das muß man doch mal sagen dürfen!” ist dabei zu einem Kreuzberg-Slogan geworden.
Neulich verstieg sich eine Neuköllner “Feministin” sogar zu der Behauptung: “Mein Freund ist Gynäkologe an der Charité, der hat mir erzählt, dass die Türkinnen alle fünf Kinder kriegen, behinderte, nur damit sie 300 Euro monatlich pro Kind kassieren können.”
Depripoller 1. Photo: Peter Loyd Grosse
Wikipedia weiß 2011 ganz genau:
“Alle Lebewesen verfügen über Schutzfunktionen – gegen eindringende Parasiten. Denn praktisch alle Organismen sind ständig den Einflüssen der belebten Umwelt ausgesetzt; manche dieser Einflüsse stellen eine Bedrohung dar: Wenn schädliche Mikroorganismen in den Körper eindringen, kann dies zu Funktionsstörungen und Krankheiten führen. Schon einfache Organismen besitzen einen solchen Abwehrmechanismus, die so genannte angeborene Immunabwehr. Die Wirbeltiere entwickelten zusätzlich eine komplexe so genannte adaptive Immunabwehr, die sie noch effektiver vor Krankheitserregern schützt.”
Catherina Rust schreibt in ihrem anrührenden Buch „Das Mädchen vom Amazonas“:
„Natürlich gab es Krokodile, unzählige Giftschlangen, Jaguare, Zecken, Parasiten, allerdings habe ich das als Kind nie so bedrohlich empfunden wie das heute klingen mag. Wer lernt, sich adäquat in seinem Umfeld zu bewegen, wie es die Indianer auch ganz selbstverständlich machen, ist kaum mehr in Gefahr als in einer durchschnittlichen europäischen Großstadt. Die schlimmsten Bedrohungen kamen meist durch Menschen. Christliche Missionare im Bekehrungswahn etwa…“
Der Parasit ist aber auch nicht doof – er hat ebenfalls gelernt, „sich adäquat in seinem Umfeld zu bewegen“ – man nennt das „molekulare Mimikry“:
„Die Molekulare Mimikry bezeichnet das Verbergen bakterieller, viraler oder parasitärer Oberflächenmoleküle vor der Immunabwehr des Wirts. Diese Moleküle werden deshalb nicht vom Immunsystem anerkannt, weil ähnliche oder gleiche Substanzen auch im Wirt vorkommen. Da der Wirtsorganismus gegen die eigenen Moleküle im Normalfall keine Antikörper bildet, werden diese Bestandteile des Pathogens nicht als Antigen erkannt…“ (Wikipedia)
Das Fischmagazin meldet:
„Schleswig-Holsteins Muschelfischer dürfen zukünftig keine Saatmuscheln für ihre Miesmuschelbänke im nordfriesischen Wattenmeer importiere. Hintergrund des OVG-Urteils ist der vor einigen Jahren begonnene Import von Besatzmuscheln insbesondere aus Großbritannien und Irland, um den fehlenden Miesmuschelnachwuchs vor der schleswig-holsteinischen Westküste auszugleichen. Umweltschützer befürchten, dass durch den Import auch fremde Arten, die als Parasiten in ihnen leben, eingeführt werden.“
In Silvia Bovenschens neuem Roman: “Wie geht es Georg Laub?” heißt es über den gewesenen Schriftsteller:
Laub läßt sich mit einem anonymen Schreiben aus seinem Haus locken – in das Funkhaus Nalepastrasse, wo ihm eine dünne Frau gesteht: “Nie war ein Jubel in mir. Nie war ein Saft in mir. Nie war eine Lust in mir. Nur für kurze Wege reicht die Energie. Eine kleine Energie. (…) Zart verlöschen möcht ich. Bis dahin lehn ich mich an starke…Ich such und brauch die Näh der Riesen. Bin Parasit aus Not und Schwäche.” Dennoch sie hat mit ihm – Laub – ein “fadendünnes Mitleid”. “Und, das bedenke: der, den ich, die Schwächste unter den Schwachen, fadendünn bemitleide, der ist wirklich arm dran.”
Hartmut Rübner hat gerade ein Buch über die westdeutsche und Westberliner „Rote Hilfe“ veröffentlicht: „Die Solidarität organisieren“ heißt es. In der Jungen Welt schrieb er einmal über Rechte in der SPD.
Mit der Aufforderung “Schaut euch diese Typen an!” mobilisierte bereits der Westberliner SPD-Bürgermeister Schütz seine “schweigende Mehrheit” in der Stadt gegen die Studentenbewegung. Noch demagogischer argumentierten dann CDUler wie Lummer und Landowsky. Letzterer meinte z.B., als die Kunstscene sich in Mitte breit machte, in Kreuzberg würden nur “Junkies, Gewalt und Ausländer zurückbleiben”. Etwas nobler drückte sich dann der elitäre Wilmersdorfer Wolf Jobst Siedler aus. Sogar Oskar Lafontaine betrachtete es einmal quasi als Staatspflicht, deutsche “Familienväter und Frauen” davor zu schützen, dass “Fremdarbeiter ihnen zu Billiglöhnen die Arbeitsplätze wegnehmen”. “Die Zeit” schrieb: “Hinter der Aufregung über den Nazi-Begriff ‘Fremdarbeiter’, den Lafontaine in Chemnitz benutzte, steckt die Frage nach der Zukunft des Populismus in Deutschland.” Dabei hat der sozialdemokratische Bundesbanker Thilo Sarrazin jetzt den Vogel abgeschossen – mit seinem “Klasse statt Masse”-Interview.
Hartmut Rübner hat herausgefunden, dass “die Verachtung der Unterschichten eine alte SPD-Tradition ist”. Erinnert sei an Wolfgang Clements Lob der “Anständigen”, die “Vorrang” haben müßten vor den “Parasiten,” die den Sozialstaat “abzocken”. Da kommt das alte spießige Handwerker- und Facharbeiter-Vorurteil gegenüber dem “Lumpenproletariat” wieder hoch. Wegen Sarrazins Äußerungen fand bereits eine erste Protestdemonstration vor dem SPD-Hauptquartier in Berlin statt. Er ist der Meinung, siebzig Prozent der Türken und neunzig Prozent der Araber in Berlin seien “weder integrationswillig noch -fähig”, und führte dies unter anderem auf eine “Mentalität” zurück, die er “aggressiv und atavistisch” nannte. Außerdem sei menschliche Intelligenz zum Teil wohl erblich, weshalb es von Nachteil sei, dass in Berlin gerade die Unterschicht – und da vor allem die türkische! – so viele Kinder “produziere – ständig neue kleine Kopftuchmädchen”. Diese neodarwinistische Weltsicht, die soziale Benachteiligungen “naturalisiert und biologisiert” findet sich laut Rübner auch schon in der Sozialdemokratie vor 1933 – und gipfelte damals z.B. in der Forderung von Zwangssterilisationen “Schwachsinniger, Alkoholiker und Gewohnheitsverbrecher”. “Im Grunde stieß man in das gleiche Horn wie die Nazipropagandisten”, so Rübner. Rasse statt Klasse! darauf läuft auch Sarrazins nun scheinbar genetisch fundiertes “Eliten”-Konzept hinaus.
In einer Rezension der „Grünen Woche“ schrieb ich:
Noch intellektueller ging es in der “Halle der Landwirtschaftsministerin” zu. Dort begeisterte mich am Stand des staatlichen Julius-Kühn-Instituts für Pflanzenanalytik in Klein-Machnow ein Lehrfilm aus einem Kieler Schädlingsforschungsinstitut über Parasiten von Pflanzenparasiten, wobei die Bauern gute beraten sind, erstere gegen letztere einzusetzen statt diesen mit Pestiziden zu Leibe zu rücken (entofilm.com).
In einer Rezension der Messe „Gründertage“ in der TU schrieb ich:
Mir kam diese “Experten”-Veranstaltung wie eine deprimierende Versammlung von Parasiten und Zwischenhändlern vor – auf der Suche nach den letzten verwertbaren Ideenentwicklern.
All die Standfrauen in Chanel- Kostümen von H&M und gepflegten Anzugmänner mit flippigen Schlipsen (Soll heißen: “Seht her, ich bin wahnsinnig kreativ”) waren Festangestellte – von Banken, Versicherungen, Patentanwälten, Gründerzentren-Entwicklern und dubiosen Senatsprojekten. Um die 24 Standplätze voll zu kriegen, hatte man selbst die im Osten gerade ihre Filialen reduzierende Hamburgerkette “Mc Donald’s” zum Franchiser- Fangen eingeladen. Auf allen Monitoren gaben hochbezahlte Amis den abwesenden Ostakademikern gute Ratschläge – auf englisch.
Depripoller 2. Photo: Peter Loyd Grosse
Werner Marwedel. Aquariumspfleger im Bremerhavener Zoo erklärte uns einmal:
Hier in dem großen Becken, das ist jetzt der Doktorfisch, den ich eingangs bereits erwähnte. Es gibt eine ganze Reihe von Doktorfischen. Der Name kommt daher, dass sie am Schwanzstiel zu beiden Seiten ein herausklappbares Messer haben, scharf wie das Skalpell eines Baders. Deswegen nannte man sie früher auch Seebader, später dann – mit der Verfeinerung der Medizin – Chirurgenfische. Im Nachbar-Aquarium haben wir noch andere Doktorfische: den blauen Palettenfisch und den Philippinen-Doktorfisch. In der Gefangenschaft sind sie durch die Bank alle etwas heikel, weil sie eine dünne Haut haben. Sie sind durch sehr wenige Schuppen nur geschützt, was heißt, dass sich auf ihrem Körper leicht irgendwelche Parasiten ansiedeln können.
(Zwei Jahre später erfuhr ich telefonisch vom Bremerhavener Küstendenker Burghard Scherer: Der Doktorfisch ist tot. Und Marwedel ist in Rente gegangen. Den Vorsitz im örtlichen Aquariumverein hat er aber noch und den Notdienst macht er dort auch weiterhin. Das aber nur nebenbei.)
Die Schädlingsbekämpfungsfirma APC AG schreibt auf ihrer Webpage:
“Am Körper der Tauben, in deren Niststätten und Exkrementen finden sich insgesamt etwa 110 verschiedene Krankheitserreger. Als wohl bekanntester Parasit gilt hier die Taubenzecke (Argus reflexus), deren Verstecke und Entwicklungsherde im Umfeld der Taubennistungen liegen. Auf der Suche nach einer Nahrungsquelle wandern diese überwiegend nachtaktiven Blutsauger nicht selten vom Standort der Wirtsvögel ab, gelangen dabei in Wohnräume und stechen den schlafenden Menschen.”
In einer Studie über die georgisch-russischen Verbrecherorganisationen heißt es:
In Moskau begann Anfang der 90er Jahre ein Kampf zwischen den Profisportlern oder Banditen, den Mafiosi aus den Sportclubs, und den »vory«, wobei die letzteren ihren traditionellen Einfluß auf die kriminelle Welt verloren. Die »vory« wurden als Relikt einer anderen Zeit und als Parasiten betrachtet – von dieser neuen Mafia, die keine Scheu zeigte, die Gewalt systematisch anzuwenden. Dennoch handelte es sich eher um eine Neuverteilung der Einflußzonen als um die Liquiderung der »vory«.
Gutelaune-Poller. Photo: Peter Loyd Grosse
Notizen aus einer Parasitismus-Veranstaltung
Der Wissenshistoriker Michel Serres fragte sich, ob “parasitäre Verhältnisse” eine Ausnahme oder “nicht einfach das System selbst sind”? Ähnliches könnte auch und erst recht für “symbiotische Verhältnisse” gelten, also beim Menschen und und z.B. seinen E.coli-Bakterien. In der Homöopathie kennt man “Miasmen”: das sind u.a. die von Bakterien hervorgerufenen “Krankheiten hinter den Krankheiten” – Tripper, Syphilis und Tuberkulose. Alle drei bewirken einen gesteigerten Wunsch nach körperlicher Nähe und sexuellem Kontakt. Den drei “Erregern” ist anscheinend sehr daran gelegen – jedenfalls wenn sie sich ausbreiten, d.h. auf Nummer Sicher gehen wollen. Ihre Wirte machen es unter Umständen ja nicht mehr lange.
Wie kompliziert die Vorgänge zu seiner Verhaltensbeeinflussung verlaufen können, zeigen die verschlungenen, jedoch vollkommen zielgerichteten Wege des Parasiten “kleiner Leberegel”. Ein Vorstadium von ihm, Miracidien genannt, liegt im Gras und wird von einer Schnecke mitgefressen. Im Darm bildet sich aus der Vorform eine weitere: sogenannte Cercarien. Diese wandern in die Atemhöhle und werden sodann von der Schnecke als süßer Schleimbrocken ausgestoßen. Der Schleim wird besonders gerne von Ameisen gefressen. Im Bauch der Ameise entwickelt sich aus einer der vielen Cercarien ein “Hirnwurm”, der in das Ameisengehirn wandert, um von dort aus das Verhalten seines Wirtstieres zu beeinflussen. Dergestalt, dass es sich am Abend nicht in den Ameisenbau verzieht, sondern im Gegenteil die Spitze eines Grashalmes erklimmt und sich dort festklammert. Irgendwann kommt ein Schaf oder Rind und frißt das Gras mitsamt der Ameise und dem kleinen Leberegel. Und damit ist dieser am Ziel: Hier kann er sich entfalten – und erneut Miracidien produzieren, die dann über den Kot seines Wirtes abgesetzt werden. Durch den Verzehr von Rind- oder Schafsfleisch kann der kleine Leberegel auch in unseren Körper gelangen. Aber das ist von ihm nicht geplant. Im Gegenteil, denn unsere Scheiße landet selten auf Wiesen oder Weiden.
Anders ist es mit dem Saugwurm Bilharziose und dem Menschen: Seine im Wasser lebende Larvenform Cercarie dringt beim Baden oder Waschen in unsere Haut. Um da durch zu kommen, muß sie sich sehr gut mit dem Chemismus der Haut auskennen. Im Körper angelangt bilden die Larven sich zu adulten Würmern um, die in Blutgefäßen leben. Zur Ausbreitung legen die Würmer alsbald Eier, die dann über den Darm bzw. die Blase der Menschen (200 Mio sind weltweit von Bilharziose befallen) wieder ins Wasser gelangen, wo sie sich zu Miracidien entwickeln. Von dort müssen diese erst einmal in ganz bestimmte Wasserschnecken gelangen, in denen sie sich zu den für Menschen gefährlichen Cercarien entwickeln. Es gibt unterschiedliche Arten von Miracidien und sie suchen sich unterschiedliche Wirtsschneckenarten. Ihre hohe Spezialisierung hat zu einer extremen Unfreiheit der Wahl geführt, dafür ist sie darin äußerst präzise: Zur Arterkennung und Verständigung geben die Schnecken makromolekulare Glykoproteine ins Wasser ab, wobei ihre Artspezifität sich in einem bestimmten glycosidisch gebundenen Kohlehydratanteil entbirgt. Die Miracidien-Larven nun kennen diese “Sprache”, die sie mit einiger Sicherheit zur “richtigen” Wirtsschnecke bringt.
Abschließend sei noch erwähnt, dass es einen anderen Saugwurm gibt, der im Gehirn eines Zwischenwirts angelangt diesen dahingehend beeinflusst, dass er in einer ganz bestimmten Wassertiefe schwimmt – wo er prompt von einer Fischart gefressen wird, auf die der Saugwurm es abgesehen hat. Der Parasit vermag also an der Höhensteuerung seines Zwischenwirts zu drehen. Aber dieser läßt sich auch laufend neue mögliche Gegenstrategien einfallen, es ist die reinst Waffenproliferation.
Die FAZ referierte einen Artikel aus „Nature“ – von einer australischen Biologin und einem Zoologen aus Neuchâtel:
“ Es geht hier um die Interaktion zwischen einem Putzerlippfisch und einer Brasse im Indopazifik. Der Putzerfisch kann sich von den Parasiten der Brasse ernähren. Er kann die Brasse aber auch betrügen und stattdessen den Hautschleim der Brasse zu sich nehmen, den er eigentlich auch präferiert. Wie sichert sich nun die Brasse gegen diesen Missbrauch und diese Verletzung, oder wie bildet sich, und unter diesem Titel stellt “Nature” in einem Kommentar den Artikel vor, “Vertrauen unter Fischen” (“trust in fish”). Die Antwort des Artikels lautet, dass Brassen die Putzerlippfische bei der Arbeit an anderen Brassen beobachten – die Autoren nennen dies “Abhören” – und dass die bei der Arbeit beobachteten Putzerlippfische durch korrektes Verhalten Image und Reputation aufbauen, um sich auf diese Weise den künftigen Zugang zu anderen Brassen zu sichern. Diese Begriffssprache ist signifikant. Es geht um Kommunikation in Netzwerken, um Information, die in diesen Netzwerken transferiert wird, um Reputation, und es geht um andere, ohne einen sozialwissenschaftlichen Theoriehintergrund undenkbare Begriffe wie Vertrauen und Spiel.
Der Zoologe Hans Winkler erforschte die Mimikry am Beispiel des Falschen Putzerfisches, der als Parasit nur so tut als wäre er ein Parasitenvernichter:
„Säbelzahnschleimfische ernähren sich meist von Zooplakton Die Gattung Plagiotremus greift größere Fische an und reißt ihnen Flossen- und Hautstücke ab. Sie ähneln in ihrer Färbung oft Friedfischen, so gibt es eine orange Farbform von Plagiotremus rhinorhynchos, die den Weibchen des Juwelen-Fahnenbarsches(Pseudanthias squamipinnis) ähnelt und sich auch zur Tarnung in dessen Schwärmen aufhält. Noch ärger treibt es der Falsche Putzerfisch (Aspidontus taeniatus), der in Gestalt, Färbung und Schwimmweise den Gemeinen Putzerfisch (Labroides dimidiatus) imitiert und den eine Parasitenbeseitigung erwartenden Fischkunden Flossen- und Hautstücke herausbeißt.“ (Wikipedia)
Im „gutefrage.net“ geht es um einen neue Läden mit Aquarien auf dem Boden, in dem Fische schwimmen, die einem gegen geringes Entgeld den Dreck von den Füßen abknabbern. Solch ein Geschäft gibt es neuerdings auch in Berlin. Ein Experte weiß anscheinend:
„Es sind sogenannte Schmarotzerfische, die sich auch an Haien oder Walen gütlich tun.“
Der Schmarotzerfisch an sich ist aber nicht nur auf solche unappetitlichen Geschäftsgründungen angewiesen – wie das Aquarianer-Forum „aqua4you“ weiß:
„Der erste, jemals entdeckte, an Land lebende Fisch ist der brasilianische Schmarotzerfisch, der auf Blättern am Ufer lebt. Setzt man ihn ins Wasser, springt er sofort wieder heraus…“
In der Grundschule Grundschöttel (Wetter) fand ein Liederabend mit Oliver Steller statt. Anschließend urteilten einige Lehrer:
…Viele amüsierten sich auch köstlich über den Schmarotzer-Fisch Fasch mit seinem weißen Asch, der denkt, er könne allein mit seiner kleinen Besonderheit die Leute erfreuen und nichts für die Gemeinschaft tun.
Die anarchosyndikalistische Zeitung „Direkte Aktion“ macht heute mit einem langen Text über den Müßiggang auf:
„Süß wie Maschinenöl. Nicht Arbeit macht das Leben schön, sondern deren Abwesenheit. Dennoch steht die Freizeit nach wie vor im Schatten der Arbeit. Das muß anders werden.
Zu kleiner Poller.
Viel zu großer Poller. Photos: Peter Loyd Grosse
Neuentdeckter Parasit bekommt prominenten Namen – Focus berichtet:
Das jüngst in den Korallenriffen der Ost-Karibik gefundene Tierchen, das als Parasit auf Fischen lebt, trägt künftig den Namen „Gnathia marleyi“. Mit der Namensgebung für das kleine „Wunder der Natur“ habe er seinen Respekt und seine Bewunderung für die Musik des 1981 gestorbenen jamaikanischen Reggae-Stars Bob Marley zum Ausdruck bringen wollen, sagte der Biologe Paul Sikkel von der Universität von Arkansas.
Das Krustentier aus der Familie der Isopoden ist die erste neu entdeckte Art in der Karibik seit mehr als zwei Jahrzehnten. Jungtiere der Gnathia marleyi verstecken sich im Korallen-Gewirr, befallen dann bestimmte Fischarten und leben parasitär auf ihnen. Ausgewachsene Tiere überstehen wochenlang ohne Nahrung, bevor sie sterben.
shortnews.de meldet:
Im Mittelmeer breitet sich zur Zeit rasend eine neue Seuche aus. Die Rede ist von einem Parasiten, der wie ein Alien aussieht. Der wissenschaftliche Name des Wesens ist „cerathotoa italica“, wird aber häufig einfach „Betty“ genannt. Dieser befällt den Mund von Brassen – eine Fischart.
Dort isst er die Fischzunge auf und ersetzt diese mit sich selber. Für Menschen ist „Betty“ zwar ungefährlich, die Fische werden aber in ihrem Wachstum gestört. Außerdem konnte festgestellt werden, dass der Parasit überdurchschnittlich oft in überfischten Gebieten an der spanischen Küste vorkommt.
Dr. Stefano Mariani, seines Zeichens tätig an der University Salford, sagt über das Aussehen der Fische: „Betty ist ziemlich scheußlich und erinnert an einen der ´Alien´-Filme“. Jedoch zeigt er auch Bewunderung für den Alien-Parasiten. So nennt er dieser „hoch spezialisiert“ und „sehr erfolgreich“.
Welt.de berichtet:
Ein Parasit, der sich wie ein Vampir ernährt
Der im Amazonas vorkommende Candirú ist ein welsartiger Süßwasserfisch und kann bis zu 15 Zentimeter groß werden. Er hat einen länglichen, aalähnlichen Körper, der beinahe transparent ist. Wenn er nicht auf der Jagd ist, vergräbt er sich meistens im Sand und wartet geduldig auf Beute.
Der Candirú zählt zu den Parasiten: Er schwimmt in die Kiemen größerer Fische, hakt sich mit einem großen Stachel fest und trinkt ihr Blut. Der „Amazonasvampir“ saugt nicht direkt das Blut, der Stich in eine Arterie genügt, um ihn ausreichend zu sättigen. Angezogen wird der Fisch von Wasserströmungen, die durch die Kiemen verursacht werden.
So kann es auch vorkommen, dass der Candirú die Strömung, die ein Mensch beim Urinieren im Wasser verursacht, mit jener verwechselt, die durch Kiemenatmung entsteht. Folge: Der Fisch schwimmt in die Harnröhre. Aber auch vor anderen Körperöffnungen macht er nicht halt. Falls es doch mal dazu kommt, dass man sich einen „Penisfisch“ einfängt, muss dieser operativ entfernt werden, da es sonst zu gefährlichen Entzündungen bis hin zur Penisamputation kommen kann.
Menschen mit besonders guten Nerven können auch warten bis der Fisch von alleine stirbt, und ausgeschieden wird. Der Fisch stirbt in jedem Fall im Körper des Menschen, da dieser einen Fehlwirt für den Parasiten darstellt.
Wikipedia weiß:
Arg parasitisch treibt es auch der falsche Putzerfisch (Aspidontus taeniatus), der in Gestalt, Färbung und Schwimmweise den Gemeinen Putzerlippfisch (Labroides dimidiatus) imitiert und den eine Parasitenbeseitigung durch ihn erwartenden Fischen Flossen- und Hautstücke herausbeißt.
An Land gibt es auch noch den „Zombie-Ameisen-Parasiten-Parasit“, wie die Süddeutsche Zeitung ihn nennt:
Ein Pilz befällt Ameisen und verwandelt sie in Zombies, um sich mit ihrer Hilfe zu vermehren. Doch etwas schützt die Ameisenvölker davor, sich vollständig in Untote zu verwandeln.
Ein Parasit, der in den Körper eindringt und die Kontrolle übernimmt – diese Horrorvorstellung wird für manche Tiere tödliche Realität. So befallen Pilze der Gattung Ophiocordyceps Ameisen, verwandelt die Insekten in Zombies, die sich unter dem Einfluss des Eindringlings in der Nähe des Nests in die Unterseite eines Blatts verbeißen und dort nach einigen Tagen sterben.
Der Pilz „frisst“ die tote Ameise und bildet innerhalb von Wochen Sporen, die zu Boden rieseln, um weitere Ameisen zu infizieren, berichten David Hughes und sein Team von der Penn State University, USA.
Um die Nester der Ameisen in den Wipfeln der Bäume in den Regenwäldern Thailands und Brasiliens sind etliche Zombie-Ameisenleichen zu finden – die Forscher sprechen sogar von Ameisen-Friedhöfen.
Doch etwas schützt die Siedlungen davor, dass schließlich alle Bewohner in lebende Tote verwandelt werden.
Der Held der Ameisen ist ein weiterer Pilz. Der „sucht nach seinem eigenen Essen und denkt, diese tote Ameise ist doch eine nette Mahlzeit – inklusive des Pilzes, der die Ameise bereits verspeist“, erklärte Hughes in der New York Times.
Und schließlich zu Lande, zu Wasser und in der Luft – der Parasitus Rex:
Wir Menschen nämlich, die alles und jeden vernutzen, und es gibt keinen Schutz davor – für niemanden. Zu traurig.
Der Westberliner Tagesspiegel macht sich jedoch anheischig, da zu differenzieren:
In seiner heute begonnenen Sommerserie widmet er sich den „Piraten“, die in aller Munde sind und als äußerst attraktiv gelten, als Partei sollen sie sogar demnächst die Grünen ersetzen (was nicht besonders viel wäre). Der Tagesspiegel hält nun dagegen – und klärt uns auf: Die echten Piraten – auf den Weltmeeren und nicht die auf dem Wannsee – sind mitnichten arm aber sexy, es sind brutale Verbrecher!
Ein Kompromißvorschlag zur Güte: Diese Piraten sind keine gewissenlosen Verbrecher, sie parasitieren nur am Nord-Süd-Handel/-Gefälle. Konkret: An den Profiten der Reedereibesitzer im Westen. Das muß doch evolutionär erlaubt sein, mindestens ist es faktisch so, dass der Parasitus Rex seine eigenen kleinen Parasiten hervorbringt, die ihn aber nicht umbringen, sondern nur jucken.