vonHelmut Höge 23.08.2013

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt. Gonzo-Journalismus der feinen Art.

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Mit Homer, in der Eisenaxtzeit, beginnt laut Friedrich Kittler unsere abendländische Wissenschaft – Schrift, Musik, Mathematik…

 

Bei Homer heißt es an einer Stelle – über eine Gruppe von Holzfällern im Gebirge:

 

Und nun zogen sie aus mit holzzerhauenden Beilen,

Mit gewundenen Seilen und vorn an der Spitze die Mäuler;…

Sobald sie die Schluchten des quelligen Ida erstiegen,

Fällten sie rüstig sogleich mit scharfem schneidenden Erzhieb

Himmelragende Eichen; laut krachend stürzten sie nieder.

Drauf zerspalteten sie die Männer Achaias und luden

Auf die Tiere das Holz…“

 

 

Etwa 400 Jahre später berichtet Platon bereits über die Verkarstung der Berge infolge ihrer Abholzung:

 

Holz hatte es reichlich auf den Bergen…Die Dachgebälke großer Häuser hat man aus den Bäumen der Berge hergestellt. Daneben gab es auch viele veredelte Fruchtbäume…Ferner erfreute sich das Land durch Zeus eines jährlichen Regenergusses, der ihm nicht wie jetzt durch Abfluß über den kahlen Boden weg verloren ging…“

 

 

In seinem „Kritias“ schrieb Platon: „Übriggeblieben sind nun im Vergleich zu damals nur die Knochen eines erkrankten Körpers, nachdem ringsum fort geflossen ist, was vom Boden fett und weich war, und nur der dürre Körper des Landes übrigblieb.“

 

 

„Wie komisch von den Bäumen, ihren Nachwuchs unabhängig von ihrem Tauschwert einzurichten!“ heißt es im „Kapital“ von Karl Marx. Das selbe kann man heute auch von all den jungen Menschen – Liebes- bzw. Ehepaaren – sagen, die laufend Wunschkinder in die Welt setzen.

 

Im Zentralorgan des Waldbauernverbands NRW e.V. „Die Waldbauern“ (Heft 3/2013) lautet der Leitartikel: „Stillgelegt kann Wald kein Klima schützen“ (nur ein mit Vernunft und Augenmaß abgeholzter – ein Nutzforst also)

 

 

 

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Nadelbaum. Photo: Wladimir Kaminer

An diesem Baum kann man, wenn man gewillt ist, sehr schön eine der Möglichkeiten erkennen, mit denen Pflanzen sich gegen Wind, Wetter und Tiere wappneten: Entweder breiteten sie sich – wie heute noch Schilf oder Gräser – in der Fläche aus, dicht an dicht wachsend, damit z.B. der Sturm über sie hinweg weht, oder sie wuchsen zusammen in die Höhe und verschmolzen zu einem Stamm. Das kann ein aneinanderrücken sein oder dass wie z.B. bei der Clematis eine Pflanze mehrere dünne Triebe bekommt, die sich zu einem dicken „Stamm“ umwinden. Stämmige Bäume brauchen anscheinend viel Schlaf.

Nächtliche Beleuchtung macht sie krank, weil die Chloroplasten in ihren Zellen dann weiter „arbeiten“. Sie legen sich zwar nicht hin zum Schlafen, wie die westafrikanischen Bäume in Jean Rouchs Film „Moi fatigué debout, moi couché“ (1997), aber die großen unter ihnen werden bis zu zehn Zentimer kleiner Nachts, behauptet jedenfalls der Förster Peter Wohlleben in seinen Büchern über den „Wald“ und „Das geheime Leben der Bäume“. Von den Nachtschattengewächsen, namentlich den Tomaten,wird das Gegenteil gesagt: Der Schriftsteller Landolf Scherzer stieß 2006 auf seiner Wanderung entlang der ehemaligen „Zonengrenze“ in Thüringen auf einen Kleingärtner, dessen Garten sich fast unmittelbar an der Grenzbefestigung befand. Er lobte dessen Tomatenpflanzen. Das sei gar nichts, erwiderte der Gärtner, zu DDR-Zeiten, als vor seinem Grundstück noch starke Lampen standen, die nachts den Grenzstreifen erhellten, um Republikflüchtlinge zu erfassen, wären seine Tomatenpflanzen noch viel besser gewachsen.

 

 

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Ökofaschistische Aktion. Photo: Ralph Waldbaum

 

 

 

Rund um das Mittelmeer wurden die Bäume vor allem für den Schiffsbau gefällt. Auf der kroatischen Insel Mali Losinj gibt es noch heute eine Holzschiffs-Werft. Die Auftraggeber waren einst Piraten, die letzten Kämpfer gegen die Türkenherrschaft, heute sind es meist amerikanische Millionäre. Auf dieser und den anderen adriatischen Inseln haben die Österreicher Anfang des 20. Jahrhunderts angefangen, sie mit immergrünen Eichen und Kiefern wieder aufzuforsten.

 

Die Seenation England, wo man beim Bau eines einzigen Schlachtschiffes mit 74 Kanonen über 2000 Eichen verarbeitete, ließ alle Eichenbäume auf der Insel zählen und versuchte mit Eichen-Pflanzaktionen ihrer Landbesitzer unabhängig von Fremdwald zu bleiben, zudem galt ihnen ihre wahre Freiheit als im alten Sheerwood Forest beheimatet, wo man zu Zeiten von König Jakob I. noch 23.370 Eichen gezählt hatte – und wohin sich in der Zeit der Rosenkriege die letzten Königstreuen zurückgezogen hatten: Laut dem US-Kulturwissenschaftler Simon Shama entstand diese Robin-Hood-Legende „in der Oberschicht und endete in der Unterschicht” – nachdem die englischen Romantiker den Wald und seinen Helden – den ehemaligen Holzdieb Robin Hood – „als Anwalt der Armen” entdeckt hatten. In Amerika dienten die Wälder dann als immerwährende Regenerationsmöglichkeit für die Zivilisation, als moralische Anstalt gar für Zivilisationsmüde – und -kritiker (von Henry David Thoreau über Ken Kesey bis zum UNA-Bomber Theodore Kaczinski).

 

 

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Die Herstellung von Zaunpfählen aus Hart- und Weichholz war bereits Thema eines anderen blog-Eintrags: „http://blogs.taz.de/hausmeisterblog/2010/07/17/die_welt_ist_voller_vollpfosten/“. In der Rhön erzählte mir der ehemalige Waldarbeiter und heutige Verleger Peter Engstler, dass er immer ungerne Zaunpfähle hergestellt habe: “Die bringen nichts, weil sie so dünn sind.” Waldarbeiter werden nach Raummetern bezahlt: Zu seiner Zeit bekamen sie 16-20 DM für einen Raummeter – „und schaffen konnte man 5-7 am Tag. Je dünner die Stämme waren, desto länger brauchte man für einen Raummeter.“ Deswegen war das Zaunpfählemachen eine “Scheißarbeit”. Die Waldarbeiter bekamen dazu den Bestand im Forst gezeigt, wobei die Stämme entweder vom Förster markiert worden waren oder es sich um Sturmschäden handelte. „Letztere waren am gefährlichsten, aber auch am begehrtesten, weil die meisten Stämme bereits zu Boden gegangen waren. Für die Zaunpfähle wurde Lerche oder Eiche genommen, wobei die Stämme der letzteren dann noch geviertelt werden mußten.“

 

In der Rhön gehören – ähnlich wie im Erzgebirge – Holzschnitzereien zu den beliebtesten Souvenirs aus der Region. In der nach dem Krieg zunächst verwaisten Rhöner “Kunststation Kleinsassen” hielt die Kasseler Bildhauerin Christine Ermer im Herbst 2007 einen Vortrag über “Die Geschichte der Holzskulptur” – von der Frühzeit bis heute. In den letzten Jahren habe allgemein das Interesse am Holz wieder zugenommen, meinte sie. Besonders gelte das für die Mittelgebirgsregion Rhön, wo die Künstlerin einst selbst als Schnitzerin ausgebildet wurde.

 

Dort fanden Ende August zwei internationale Holzbildhauer-Symposien statt. Eins im bayrischen Teil des Mittelgebirges auf der Lichtenburg bei Ostheim nannte sich “7 Tage – 7 Stämme”. Das andere im thüringischen Empfertshausen hatte sich heuer den “Artenschutz” als Thema vorgenommen. Es wurde – nun schon zum 7. mal – vom “Rhöner Holzbildhauerverein” ausgerichtet, der mit der “Schnitzschule Empfertshausen”, zusammenarbeitet. Sie ist für dieses Kunsthandwerk die “einzige Ausbildungsstätte in den neuen Bundesländern”. Das andere Symposium – im Westen – organisierte der Bildhauer Jan Polacek, der in den Siebzigerjahren im bayrischen Bischofsheim an der “Berufsfachschule für Holzbildhauer” ausgebildet wurde.

 

Die beiden Rhön-Schulen gehören zu den ersten ihrer Art, die seit der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts gegründet wurden, um der Winterbeschäftigung der armen Landbevölkerung in den waldreichen deutschen Mittel- und Hochgebirgen eine Perspektive zu geben. Die Männer hatten bis dahin zumeist Gebrauchsgegenstände wie Löffel, Holzschuhe, Tabakpfeifen und Dreschflegel hergestellt, während die Frauen Hanf, Flachs und Wolle verarbeiteten sowie Stroh verflochten. Beide waren beimVerkauf ihrer Waren auf Hausierer bzw. Großhändler angewiesen – und konkurrierten dabei mit gleichartigen, u.a. in Gefängnissen hergestellten Billigprodukten.

 

Von der Qualifizierung wenigstens der talentiertesten Jugendlichen erhoffte man sich eine Verbesserung der Lage der Kleinbauern und Knechte in der Rhön. Hüben wie drüben wurden jedoch pro Schuljahr nicht mehr als sechs Schüler aufgenommen. Und auch heute hat z.B. die Bischofsheimer Holzbildhauerschule insgesamt nur 36 Schüler, in Empfertshausen werden derzeit 67 ausgebildet.

 

In diesem Sommer bearbeiteten dort die Holzbildhauer ihre Stämme zunächst mit Motorsägen, ebenso die Künstler auf der Lichtenburg oberhalb von Ostheim. In Empfertshausen verweigerte sich jedoch einer dieser Grobtechnik: “Ich bin Schnitzer und kein Waldarbeiter,” meinte er. Der CSU-Landrat von Rhön-Grabfeld, Thomas Habermann, bat dagegen die anwesenden Künstler in seiner Eröffnungsrede, wenn sie schon ihren dicken Pappelstämmen derart effizient zu Leibe rückten, dann doch bitte auch noch gleich die Bäume um die Burg herum zu kappen, damit man die inzwischen teilrekonstruierte Ruine wieder vom Tal, von Ostheim aus, sehen könne. Er schlug damit einen kühnen Bogen von den ehedem nützlichen Holzschnitzereien zum eher zweckfreien heutigen Holzkunstwerk. Ob seiner unökologischen Bemerkung wurde er jedoch vom umweltbewußten Teil der Besucher erst mal gescholten.

 

In der Ostrhön haben Tierplastiken Tradition: Schon zu DDR-Zeiten, da man die Schnitzschule in eine betriebliche Ausbildung überführte, schnitzte man hier eher “Folkloristisches” als “Religiöses”, was einige im Ort ansässig gewordene Holzbildhauer aber nicht hinderte, z.B. Altarfiguren für den Export – bis in den Vatikan – anzufertigen oder auch Krippen en masse. Bill Clinton wurde bei seinem Deutschlandbesuch ein “Rhön-Paulus” aus der Werkstadt des Empfertshausener Holzschnitzers Manfred Vogel überreicht. Einen Rhön-Bauern mit Ziege schickte man zur Weltausstellung nach Moskau, und die Partnergemeinde in den alten Bundesländern erhielt eine heilige Elisabeth. Auch in der ortsansässigen Fabrik “VEB Rhönkunst” wurde für den Export produziert: u.a. Möbelverzierungen und Garderobenständer für Neckermann und Quelle. Der Betrieb wurde 1990 abgewickelt.

 

Für die in der Rhön ausgebildeten und dort ansässigen Holzschnitzer stellt sich heute die Existenzfrage sowohl im Westen als auch mittlerweile im Osten gleich viel, ob sie nun Gebrauchsgegenstände, Kinderspielzeug, Schachfiguren, Engel, gediegene bzw. avantgardistische Weltkunst oder – wie im Ersten Weltkrieg – Prothesen produzieren: Sie müssen sich immer wieder an den schwankenden Markt und seine wechselnden Konjunkturen anpassen und hadern dabei mit den Verlegern, Groß- und Kleinhändlern, Galeristen etc..

 

 

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Der Semiologe Roland Barthes unterschied die Metasprache, die in der Stadt gesprochen wird, von der Objektsprache – auf dem Land. “Die erste Sprache verhält sich zur zweiten wie die Geste zum Akt: Die erste ist intransitiv und bevorzugter Ort für die Einnistung von Ideologien, während die zweite operativ und mit ihrem Objekt auf transitive Weise verbunden ist.” Als Beispiel erwähnte er den Baum: Während der Städter über ihn spricht oder ihn sogar besingt, da er ein ihm zur Verfügung stehendes Bild ist, redet der Landbewohner von ihm – gegebenenfalls fällt er ihn auch.

 

 

Und der Baum selbst? Wenn der Mensch mit einer Axt in den Wald kommt, sagen die Bäume: “Sieh mal! Der Stiel ist einer von Uns.” Dies behaupten jedenfalls die Waldarbeiter im Haute Savoie.

 

 

 

Karl Marx schrieb in der Rheinischen Zeitung 1842 mehrmals über die Landtagsdebatten zum „Holzdiebstahlgesetz“. Er erwähnte u.a. einen Stadtdeputierten: „In den Waldungen seiner Gegend seien häufig junge Bäume zuerst bloß angehauen und, wenn sie dadurch verdorben, später als Raffholz behandelt worden.“

 

 

Zudem zitierte Marx einen Vorschlag des Ausschusses, in dem vorgeschlagen wurde, es „als erschwerende Umstände zu bezeichnen, wenn grünes Holz mittels Schneideinstrumenten abgehauen oder abgeschnitten und wenn statt der Axt die Säge gebraucht wird.“

 

 

Am Ende kam Marx zu dem Resultat: „Der Landtag hat also vollkommen seine Bestimmung erfüllt. Er hat, wozu er berufen ist, ein bestimmtes Sonderinteresse [das der bis heute in Deutschland meist adligen Waldbesitzer] vertreten und als letzten Endzweck behandelt.“

 

 

Heute nehmen die Verstöße gegen das forstliche Verbot des „Raffholz-Sammelns“ wieder zu – vor allem weil Kaminholz so teuer geworden ist, dass immer mehr Kaminbesitzer sich ihr Holz in den umliegenden Wäldern zusammenraffen. Ähnliches gilt – im Dezember –  auch für Weihnachtsbäume. Es sind meist „Nordmann-Tannen“ – ihr Anbau findet laut Wikipedia im Sauerland, in Schleswig-Holstein und Dänemark statt, das allein 10 Mio jährlich exportiert. In Deutschland wurden 2006 etwa 616 Mio Euro für 28 Mio Weihnachtsbäume ausgegeben. „Insbesondere durch zunehmendes Interesse Chinas am Aufkauf deutschen Ertrags an Holz stieg 2007 der Preis des typischen Weihnachstbaums.“ Für 28 Mio Nordmann-Tannen braucht man eine Anbaufläche von ca. 40.000 Hektar, wobei man mit einem Schwund von 30 bis 40% – je „nach Betrieb, Pflege und Natureinflüssen“ – rechnen muß.

 

„Der Werdegang vom Samenkorn bis zu einem Zweimeter-Weihnachtsbaum dauert, je nach Pflanzenart, zwischen acht und zwölf Jahre. Samen werden zuerst aus Zapfen älterer Bäume gewonnen. Das Samenkorn wird dann in Baumschulen zum Sämling gezogen und nach drei bis vier Jahren an Forst- und Weihnachtsbaumbetriebe als Jungpflanzen verkauft.“

 

 

Außerhalb der Weihnachtszeit braucht man u.a. für Zeitungen viele Bäume. Allein die Wochenendausgabe der New York Times verschlingt jede Woche einen ganzen Wald. Der kümmerliche ostelbische Nadelwald, in Reih und Glied meist gepflanzt, wurde zu DDR-Zeiten vielfach für Exportmöbel, für Quelle und Neckermann z.B., verarbeitet, nach der Wende entstanden in Brandenburg mehrere Fabriken, die den Wald nun zerschreddern, um daraus Spanplatten zu pressen. Im Vogelsberg und in der Rhön, der einstigen „Buchonia“, werden die großen Buchen vor allem zu Furnierholz verarbeitet.

 

 

International treten heute vor allem große Holzfirmen in Erscheinung, die mit ihren gedungenen Arbeitskräften und Maschinen den letzten Wäldern auf der Erde zu Leibe rücken. Borneo ist bereits zur Hälfte entwaldet. Die dort lebende  Orang-Utan-Forscherin Bijute Galdikas ist seit fast vierzig Jahren immer wieder damit beschäftigt, Holzfäller-Brigaden aus dem Schutzgebiet „ihrer“ Menschenaffen fern zu halten. Ähnlich ist es derzeit im Schutzgebiet für Berggorillas im Kongo und in Ruanda, wo heute Teile einer Guerillaarmee ihr Überleben mit dem Handel von Holzkohle sichern. Eine deutsche Holzfirma, die schon seit langem die Urwälder des Kongo heimsucht, erwähnt David van Reybrouck in seiner umfangreichen Studie über die Geschichte des „Kongo“.

 

 

Aktuell meldet die FAZ aus der Nachbarrepublik Zentralafrika, dass dort eine Rebellenarmee den Präsidenten stürzte, Anfang 2013, und dass sich nun der Chef der Rebellenarmee „Seleka“ zum Präsidenten erklärt hat – mit noch diktatorischeren Vollmachten. Unter der Überschrift „Ein Somalia mitten im Regenwald“ heißt es: „…Die Wirtschaft des Landes ist komplett zusammengebrochen. Nicht nur der formelle Sektor, der im Wesentlichen aus Holzeinschlag und dem Export der Edelhölzer besteht, sondern auch der informelle Sektor. 4,6 Millionen Menschen und damit die gesamte Bevölkerung sind von der Krise betroffen…Das Hinterland des mit Holz und Diamanten gesegneten Landes ist inzwischen zu einer Art Selbstbedienungsladen für marodierende Rebellen der „Séléka“ geworden…“

 

 

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Die Holz- und Palmölkonzerne sind mit Zustimmung der jeweiligen Regierungen weltweit die größten Regenwaldvernichter. Die TV-Sendung „Panorama“ berichtete kürzlich über das Verschwinden des Regenwalds im Kongo und in Ruanda: „Holzfirmen aus aller Herren Länder räumen ab – darunter auch vier deutsche. Ein bis zwei Stämme pro Hektar sei ökologisch vertretbar, schade dem Wald nicht, verspricht die Tropenholzwerbung.“

 

Das NDR-Magazin tat sich daraufhin auf einem „Festbankett der deutschen Holzimporteure“ um, wobei es sich auf Dr. Hinrich Lüder Stoll konzentrierte, den Chef eines großen deutschen Unternehmens im Kongo. „Vergangene Woche im Taunus. Einladung zum Workshop für handverlesene Tropenwald-Experten. Anlaß: eine vom Entwicklungshilfeministerium in Auftrag gegebene Studie über die Firma CIB – das kongolesische Unternehmen von Hinrich Lüder Stoll. Die Studie hat geprüft, ob Stoll in Afrika ökologisch verantwortungsvoll arbeitet, „nachhaltig“, wie Fachleute verlangen. Das Urteil: ‚Die gegenwärtige Holzernte und -verarbeitung ist, ökologisch betrachtet, eindeutig nicht nachhaltig‘.“

 

Bilder vom Markt in Ouesso, einer Stadt in der Nähe der Holzkonzession des Dr. Stoll: Hier gibt’s alles, auch Gorillafleisch. Dazu die Studie: „Die kommerzielle Jagd hat sich im Gebiet der CIB-Konzession extrem schnell ausgebreitet…Zu den bejagten Tieren gehören auch Waldelefanten, Schimpansen und Gorillas… Die Stämme auf diesem LKW tragen das Zeichen der Stoll-Firma CIB. Und wie viele Holzlaster, die aus entlegenen Urwäldern kommen, transportiert das Fahrzeug nicht nur Holz. Der Fotograf Ammann fand geräucherte Arme und Hände von Menschenaffen.“ Die Studie klagt an: „Berufsjäger verabreden sich mit CIB-Fahrern, um ihr Wildfleisch auf Lastern der CIB abzutransportieren. Weder die CIB noch die lokalen Forstbeamten haben etwas dagegen unternommen.“

 

Das ökologische Urteil der Studie ist eindeutig. „Doch das Entwicklungshilfe-Ministerium relativiert mit der zweifelhaften Begründung, andere trieben es ja noch schlimmer in Afrika: ‚Was die Firma CIB tut, ist sicher nicht in jedem Punkt – entspricht nicht allen Forderungen, die heute, fünf Jahre nach Rio oder seit Rio gefordert werden, aber es gab Übereinstimmung zwischen allen Beteiligten, daß ist sowohl in der Republik Kongo, als auch im zentralafrikanischen Raum noch das, was einer nachhaltigen Bewirtschaftung am nächsten kommt‘.“

 

Im Urwald des benachbarten Gabun sägt Europas größter Fabrikant von tropischem Sperrholz, die deutsche Firma Glunz: „Bilder englischer Naturschützer: Im Anflug auf das Holzfällercamp sehen sie eine Brücke, die ihr Mißtrauen weckt. ie führt auf das linke Flußufer, direkt in den bisher unberührten Regenwald des ökologisch wertvollen Lope-Reservats. Ausgerechnet dort will Glunz jetzt einschlagen – mit gabunischer Genehmigung, versteht sich. Die Folgen sind bekannt. Diese Goldschwanzaffen gibt’s nur hier. Eine gabunische Studie stellt fest, daß im Camp von Glunz in nur zwei Monaten 4.500 Kilo Wildfleisch konsumiert wurde, fast die Hälfte war Affenfleisch.“

 

 

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Es gibt oder gab in Kanada einen Holzfäller, der an seiner Arbeit irre wurde, wenn man so sagen darf: Grant Hadwin aus British Columbia. Der Schriftsteller John Vaillant aus Vancouver hat über ihn ein Buch geschrieben: „Am Ende der Wildnis“ (2013)

 

Klappentext: „Der Waldarbeiter Grant Hadwin macht sich in einer Winternacht 1997 mit seiner Motorsäge auf den Weg, um einen einzigartigen, jahrhundertealten Baum, die dort berühmte, gelbnadlige „Goldene Fichte“, zu fällen und so ein Zeichen zu setzen gegen den Wahn, der die letzten Urwälder der Erde auszulöschen droht. Seine Tat macht ihn zu einem der meistgesuchten Männer Kanadas. Danach verschwindet er. Ein Kajak, angespült am Strand einer unbewohnten Insel vor der Küste, und ein Bekennerschreiben: Mehr läßt er nicht zurück. Bis heute fehlt von ihm jede Spur.“

 

 

In Hadwins Bekennerschreiben an die „Verantwortlichen“ heißt es: „Ich hatte keine Freude daran, diese großartige alte Pflanze niederzumetzeln, aber Sie brauchen offenbar diese Botschaft und einen Weckruf, den sogar an der Universität ausgebildete Fachleute verstehen dürften…“

 

 

 

In den Siebzigerjahren zog der „Merry Pranksters“-Gründer und Autor von „Einer flog über das Kuckucksnest“ – Ken Kesey nach Oregon aufs Land, wo er eine kleine Landwirtschaft betrieb und seinen Roman „Manchmal ein großes Verlangen“ schrieb, der von einer Holzfäller-Sippe in Oregon handelt. Auch dieses Buch wurde verfilmt, dazu heißt es im Klappentext: 

 

„Henry Stamper ist das Oberhaupt einer rauen Holzfällerfamilie. Er lässt sich von niemandem Vorschriften machen, sein Sohn Hank bestärkt ihn noch darin. Aus Starrköpfigkeit und Geschäftssinn stellen sich die Stampers gegen die Beschlüsse der Holzfäller-Gewerkschaft und sabotieren einen Streik. Massive Drohungen der Streikenden beeindrucken sie in keiner Weise. Da kehrt plötzlich Hanks Halbbruder Lee nach Hause zurück. Er hat sich in New York als College-Student schwer getan und will offenbar einen neuen Anfang machen. In der Familie wirkt der sensible junge Mann wie ein Fremdkörper, nur Hanks Frau Viv findet rasch Kontakt zu ihm. Die Auseinandersetzung mit den streikenden Gewerkschaftsmitgliedern spitzt sich bald dramatisch zu…Dieses zweifach Oscar nominierte Sozialdrama setzte Hauptdarsteller und Produzent Paul Newman nach dem Roman “Manchmal ein großes Verlangen” von Ken Kesey in Szene. Gedreht in den wilden Felsenschluchten des Columbia in Oregon, packt die prominent besetzte Geschichte der Holzfäller-Familie, deren einsame Entscheidungen ins Unglück führen, von Beginn an.“

 

 

 

Ich fand als Kind die Holzfäller im Wald, der gleich hinter „unserem“ Moor begann, auch ziemlich „packend“, und auch wenn ich oft und gerne auf Kiefern kletterte, deren wendelttreppenartiger Astwuchs zum Hochklettern geradezu einlud, hackte ich gleichzeitig doch auch gerne auf unserem Grundstück die kleinen Birken mit dem Beil um, sofern ihre Stämme dünner als etwa 5 Zentimeter waren und die, wie ich in meiner gestalterischen Strenge fand, nicht dorthin gehörten, wo sie wuchsen. Mein Vater mißbilligte das, er richtete sogar vom Sturm auf dem weichen Moorboden umgerissene Kiefern wieder auf und sicherte sie mit Stahlseilen. Irgendwann hörte ich von selbst auf – mit meiner spießigen „Gartengestaltung“. Mein Vater schaffte sich eine Stihl-Motorsäge an, für die er extra einen Tragekasten aus Holz baute, den er rot lackierte. Er sah auch wie ein Gewehrkoffer aus. Mit der Motorsäge fällte er jedoch nur die Hochsitze der Jäger rund um das „Radmoor“, wo wir wohnten.

 

Ansonsten machte er mit der Motorsäge aus bereits gefällten Fichtenstämmen im nahen Forst „Schmidts Kiefern“ Feuerholz für den Kamin. Die Stämme ließ der Förster fällen und wir zogen sie anschließend mit zwei Kaltblut-Pferden des Nachbarn aus dem Wald und an den Wegrand, von dort transportierte mein Vater sie mit der Motorsäge in Stücke gesägt  mit der Schubkarre nach Hause, wo er sie mit Handsäge und Beil weiter in Scheite verkleinerte, die durch die Ofenklappe paßten. Erst einmal wurden sie jedoch zum Trocknen ans Haus unter das überhängende Dach gestapelt. Als er über 90 wurde, heuerte er zwei junge Männer, Rußlanddeutsche, an, deren Feuerholz-Zubereitung er fortan mit einer Mischung aus Neid und Verachtung zusah: Neid, weil sie so forsch ans Werk gingen und in Nullkommanichts die Stämme zersägten und zerhackten, und Verachtung, weil sie sich derart ins Zeug legten, obwohl sie einen Stunden- und keinen Akkordlohn verabredet hatten.

 

Einmal betätigte er sich sogar als Waldretter: Das war als die US-Armee hinter „unserem“ Wald, „Schmidts Kiefern“ genannt, ihren Schießplatz ausbaute und eine Eisenbahntrasse für den Munitionstransport quer durch den Wald dorthin plante. Es bildete sich eine Bürgerinitiative dagegen – und die wählte meinen Vater, weil er Professor war, zu ihrem Sprecher, obwohl er wenig redegewandt und ziemlich auftrittsscheu war. Als die Kunsthochschule, wo er angestellt war, ihn gefragt hatte, ob er sich fürderhin Professor nennen wolle, hatte er „nein“ angestrichen, aber in Bürgerinitiativen sind oft „Experten“ gefragt und seien es auch nur solche, die einen expertenversprechenden Titel haben oder tragen dürfen. Immerhin: die Trasse wurde nicht durch den Wald geschlagen.

 

 

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Nach meinen Jugendsünden habe ich in den Achtzigerjahren noch einmal monatelang mit einer Axt gearbeitet. Das war bei Freunden in der Toskana, wo wir einige überwucherte Terrassenfelder wieder frei schlugen, um daraus eine Pferde- und Schafweide zu machen. Wir fällten jedoch keine Bäume, sondern Sträucher und Dornengestüpp –  macchia (Buschwald). Die Landschaft dort zwischen Florenz und Arezzo war einmal eine ganz Besondere gewesen: Sie wurde von Edelkastanienbäumen  (Castanea sativa) dominiert, die so hoch wuchsen, dass unter ihnen Vieh geweidet werden konnte.

 

„Vom Mittelalter bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die Edelkastanie in den Bergregionen Südeuropas das Hauptnahrungsmittel der Landbevölkerung,“ heißt es auf Wikipedia. Fast jeder Bauernhof dort besaß in den Achtzigerjahren noch Scheunen zum Trocknen und Lagern sowie Vorrichtungen und Geräte zum Weiterverarbeiten der Eßkastanien. Sie wurden zwar großteils nicht mehr genutzt, dennoch gab es zur Erntezeit überall Eßkastanien (Maronen) in jedweglicher Zubereitungsart. Man bekam sie nach einiger Zeit über.

 

Einige große Edelkastanienbäume gibt es immer noch hier und da, sie stehen alle unter Naturschutz, was jedoch nicht verhindern kann, dass immer mal wieder einer gefällt wird. Es ist begehrtes Bauholz. Wikipedia schreibt: „Es hat einen warmen, goldbraunen Ton. Verglichen mit Eichenholz fehlen Markstrahlen, so dass die Maserung nicht so stark ausgebildet ist. Es ist leicht zu bearbeiten und im Freien auch ohne chemische Behandlung weitgehend witterungs- und fäulnisbeständig. Da der Faserverlauf meist gerade ist, kann es verhältnismäßig gut gebogen werden.Es nimmt Politur, Beizen, Lack und Farbe gut an.“

 

 

Nachdem man mir 1980 im Krankenhaus von Arezzo meinen Daumen operiert hatte, mußte ich eine Weile wöchentlich zur Nachuntersuchung – immer bei der selben medizinischen Assistentin, Sophia, der einzigen im Krankenhaus, die meinen Namen kannte. In der kommunistisch regierten Toskana interessierte es niemanden in den staatlichen Krankenhäusern, ob man versichert war und wie man überhaupt hieß. Einmal fragte ich Sophia entsetzt, was es mit den vielen Männern auf dem Hof und in den Fluren des Krankenhauses auf sich habe, die alle mit vergipsten oder verbundenen Körperteilen herumliefen. „Die Motorsägen-Saison hat angefangen,“ meinte sie nur.

 

 

Bei den Pfadfindern verdienten wir uns auf Wanderungen gelegentlich Geld fürs Essen, indem wir uns tageweise bei Förstern verdingten, wo wir den sogenannten „Kulturfrauen“ halfen, junge Fichten in Schonungen anzupflanzen. „Die Männer fällen die Bäume, wir Frauen pflanzen sie,“ erklärten sie uns.

 

Die Wälder, in denen wir ihnen arbeiteten, gehörten meist noch dem Adel, der bis zur Wende vor allem durch Manöverschäden in seinen Forsten, verursacht von US-Panzern  und der Bundeswehr, Geld an seinen Forsten verdiente.

 

Auch der Verband der Waldbesitzer und die Treuhandnachfolgeorganisation Bodenverwertungs- und Verwaltungs GmbH Berlin (BVVG), die das Acker- und Weideland sowie die Wälder der DDR privatisieren soll – wird quasi vom deutschen Adel dominiert. Deswegen gibt es immer wieder Klagen von Ostdeutschen über die Bevorzugung von Adligen bei Forstverkäufen.

 

 

 

Als in der DDR die Bodenreform durchgeführt wurde, wobei man vor allem die riesigen Ländereien der meist reaktionären preußischen Junger unter den „Umsiedlern“ und „Landlosen!“ aufteilte, bekamen diese auch kleine Waldabschnitte überschrieben. Noch heute gibt es hier und da solche proletarischen Waldbesitzer auf dem Territorium der DDR. Und man muß einmal an einer Versammlung gewesen sein, in der diese einst Bodenreform-Begünstigten sich zu Wort melden. Sie sind geradezu vernarrt in ihren kleinen Waldbesitz

 

 

Während die adligen Waldbesitzer ihre Forste vor allem „effizient bewirtschaften“ (wollen) – dazu ein Beispiel aus Büdingen/Hessen, von einer Internetseite übernommen:

 

„Der Fürst von Ysenburg dort hat den Kleinbauern aus der Gegend Arbeit gegeben: im 10.000 Hektar großen Forst. Im Sägewerk. In der Keramikfabrik in Schlierbach. Im Basaltsteinbruch. In der fürstlichen Brauerei in Wächtersbach. In der Möbelfabrik in Eisenhammer. In der Gärtnerei in Büdingen, der Pflanzenzuchtstation in Wächtersbach, wo die eigenen Waldbäume gepäppelt wurden, ehe sie Frauen aus der Gegend gepflanzt haben: „Wir gehen auf die Schanz“, hieß das damals.

 

 „Mitte der Fünfziger hat auch der Leisenwalder beim Fürsten angeheuert. Damals hatten Stürme weite Waldflächen umgefegt. „Zwischen Gettenbach und Wittgenborn hat alles dagelegen.“ 600 Mann aus der Umgebung schufteten Tag für Tag im Wald. Sogar eine Arbeitskolonne aus Österreich wurde eingesetzt. „Damals hat der Fürst gewaltige Summen mit dem Holz erwirtschaftet.“ Und heute? Alles dahin. Der Forstbetrieb in Konkurs, das Fürstenhaus pleite.

 

Der Abstieg zeichnet sich seit Jahren ab. Die Brauerei ist längst verkauft und stillgelegt, bald sollen Wohnungen auf dem Gelände entstehen. Die Möbelfabrik ist geschlossen, seit Januar auch „die Keramik“ in Konkurs. Immerhin 250 der einst 300 Arbeitsplätze scheinen fürs Erste gesichert. „Trotzdem haben die Leute Angst, wie’s weiter geht“, sagt die Leisenwalderin. Viel zu holen scheint nicht mehr: Die Schlösser, Gutshöfe und Anwesen hat die klamme Fürstenfamilie schon verscherbelt oder sie verfallen langsam. Verkauft sind kostbare Roentgen-Möbel und Bibliotheksbestände aus dem Büdinger Schloß, auf dem gleichfalls ein Berg von fünf Millionen Euro Schulden lasten soll.

 

 Wie der millionenschwere Besitz binnen weniger Jahren zerrinnen konnte? Wolfgang Ernst zu Ysenburg Büdingen gibt „keine Stellungnahmen dazu ab“, heißt es im fürstlichen Sekretariat. Gleiches ist auch vom Anwalt der Familie zu hören. Und die, die Näheres wissen müßten, mögen zumindest öffentlich nichts sagen: langjährige Leiter des Forstbetriebs oder des Archivs, Leiter der Rentkammer, der Verwaltungszentrale für alle fürstlichen Unternehmen. Über die Fürstenfamilie spricht man nicht – zumindest nicht namentlich in der Öffentlichkeit. Obwohl man sich natürlich viel erzählt, zig Erklärungen liefert: großspuriger Lebensstil, Fehlinvestitionen im Osten, glücklose Geschäfte in Südamerika, Fehlspekulationen.“

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Und noch ein Beispiel für einen „Skandal im Wald“ – aus Brandenburg:

Nachdem die Treuhandanstalt (THA) die ostdeutsche Industrie privatisiert bzw. großteils „abgewickelt“ hatte, blieben Immobilien, vor allem Grund und Boden zurück. Diesen privatisiert nun ihre Nachfolgeorganisation: Bodenverwertungs- und verwaltungs GmbH (BVVG). Wenn es sich dabei z.B. um Wälder handelt, die einst den preußisch-nationalsozialistischen Junkern gehörten – bis die Russen bzw. die DDR sie enteigneten, dann greift dabei für die „Alteigentümer“ oder ihre Erben, so sie ihr Land wieder haben wollen, das für sie wie geschaffene und besonders günstige „Gesetz über die Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen und über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage“ – abgekürzt: EALG.

 

Das war z.B. bei einem Wald im Bienenwerder Luch bei Müncheberg in Ostbrandenburg der Fall, wo ein Jobst Kühn von Burgsdorff 70 Hektar zusammenhängenden Forst nach dem EALG erwarb. Zuvor hatte die BVVG als Verwalterin dieses Kiefernwaldes ihn bereits entwertet, d.h 40% des Holzes rausgeholt – ohne den „Lichteinfall“ wieder zu reduzieren, d.h. wieder aufzuforsten. Der neue Waldbesitzer – Jobst Kühn von Burgsdorff – holte dann noch einmal 20% raus, d.h. er ließ ihn auf ein Maximum „auslichten“. Das dort seit 9 Jahren Obstbau, Bienenzucht und Ziegenwirtschaft betreibende Hofkollektiv OLiB – „Organischer Landbau in Bienenwerder e.V. (13 Erwachsene plus Kinder) – schreibt dazu auf seiner Internetseite: „Ein Baum mehr und es wäre illegaler Kahlschlag. Wochenlang waren riesige Harvestermaschinen im Einsatz, während der Vogelbrutzeit.“

 

Gleichzeitig ließ der neue Besitzer den Unterwald wegmulchen. Dabei handelte es sich durchweg um die zu DDR-Zeiten aus Kanada eingeführte Traubenkirsche, die man aus Brandschutzgründen gepflanzt hatte. Es ist ein schnellwachsendes Rosengewächs, das Brennholz liefert und aus dessen Früchte sich Marmelade kochen läßt.

 

Jobst Kühn von Burgsdorff ist Miteigentümer der westdeutschen Firma Biocen GmbH, die Rohholz ankauft und aufbereitet: „Insbesondere Waldholz, Holz aus Kurzumtriebsplantagen oder Landschaftspflegeholz – zur Vermarktung und Verwertung als Energieholz in Anlagen zur Erzeugung von thermischer und/oder elektrischer Energie.“ Das Lieblingswort dieses adligen Holzverwerters in seinen Reden – auf Tagungen von Waldbesitzerverbänden z.B. – ist „Wertschöpfung“. Wenn Jobst Kühn von Burgsdorff einen Wald sieht, läuft vor seinem inneren Auge wahrscheinlich sofort eine „Wertschöpfungskette“ ab. Auch dieses Wort gebraucht er immer wieder gerne. Dieser Junker ist ein schlichtes Gemüt. Im Falle des Forstes im Bienenwerder Luch entschied er sich für eine subventionierte „Waldumwidmung“: Es soll dort ein – natürlich dann eingezäunter – Traubeneichenhain entstehen. Und weil es dafür eine staatliche Förderung gibt, wurden aus 4 dafür zunächst eingeplanten Hektar erst 20 und nun reden die Waldarbeiter schon von 40 Hektar.

 

Bevor sie die Eichen pflanzen, müssen aus den Wurzeln der zermulchten Traubenkirschen erst einmal neue Triebe wachsen, denen man dann manuell beikommen kann. Das ist dem adligen Wertschöpfer jedoch „zu teuer“ – vermuten die OLiB-Leute, denn „die letzten Monate mussten wir miterleben, wie der neue Waldbesitzer zuerst jeden Schritt in seiner ‚Waldpflege‘ so entschied, wie der größtmöglichste Profit für ihn dabei heraussprang, aber die denkbar schlechteste Entwicklung für den Wald.“

 

Er will die Traubenkirschentriebe mit dem glyphosathaltigen Universal-Pflanzenkiller „Round-Up“ von Monsanto ausrotten. „Eigentlich soll man ‚integrierten Pflanzenschutz‘ betreiben – bevor man zur Giftkeule greift,“ meint Oliver König vom OLiB e.V.. Integrierter Pflanzenschutz, das sind laut Wikipedia „Systeme, in denen alle wirtschaftlich, ökologisch und toxikologisch geeigneten Verfahren in möglichst guter Abstimmung verwendet werden, um Schadorganismen unter der wirtschaftlichen Schadensschwelle zu halten, wobei die bewusste Ausnutzung natürlicher Begrenzungsfaktoren im Vordergrund steht.“ Weil dies dem neuen adligen Waldbesitzer aber anscheinend zu kompliziert und kostspielig ist, „droht nun ein Gifteinsatz quasi direkt vor der Haustür“ – der OLiP-Leute.

 

Und das wollen sie nicht und dürfen sie wegen der Kinder auch nicht akzeptieren, deswegen rufen sie zu einer Protestdemonstration in Müncheberg auf, die am kommenden Samstag, den 31.8., vor dem dortigen Rathaus beginnen soll. Es müssen sich 50 Leute daran beteiligen, sonst erlaubt die Polizei ihre Kundgebung nicht. Erscheint also massenhaft, wie man so sagt.

 

P.S.: Es erschienen dann etwa 150 Demonstranten.

 

 

In einem Aufsatz über „Wald und Gesellschaft“ schrieb Cord Riechelmann: „Die Waldungen lassen sich, wenn man sie nicht vernichten will, nicht privatisieren oder in anderer Form in die Geld- und Warenzirkulation einspeisen. Daraus spricht auch eine radikale Kritik jedes Nachhaltigkeitskonzeptes. Aktuell ist das nicht nur, weil der Begriff der Nachhaltigkeit schon zu Marx’ Zeiten in der Forstwirtschaft diskutiert wurde, sondern auch, weil sich seitdem, wenn von Nachhaltigkeit geredet wird, wenig geändert hat. „Nachhaltige Holzproduktion“ heißt immer, den Wald den Gesetzen des Marktes zu unterwerfen.

 

Der Wald kann niemandem gehören. Den Wald kann man verstehen lernen, aber nicht beherrschen. Wenn man ihn beherrschen will, zwingt man den Wald aus seiner Zeit und damit in die Zerstörung.

 

Wenn etwa der bayerische Staat den Klimaschutz zu seinen Regierungszielen erklärt und gleichzeitig seinen Waldbesitz privatisiert, um den Staatshaushalt zu sanieren, ist das schlicht Blödsinn. Genauso wie es lächerlich ist, wenn Günther Jauch und Krombacher behaupten, man könne mit dem Erwerb von einem Kasten Bier irgendeinen Quadratmeter Regenwald retten, weil Krombacher mit dem Geld ein Stück Regenwald kauft und so schützt. Jeder Quadratmeter Regenwald in Besitz von irgend jemandem ist kein Regenwald mehr, sondern toter Wald.“

 

Aber auch tote Baumscheiben sind zuletzt noch zu etwas gut:

 

Approxi-Daten – Das ist es, was wir brauchen. Es geht bei diesen Daten darum, in der Ungenauigkeit zu bleiben – und die Approximation nicht als Annäherung an eine immer größere Genauigkeit zu verstehen. Das Gegenteil versprechen die „Proxydaten“ – z.B. in der Klimaforschung, in der es bei ihrem höchsten Gremium, dem IPCC – „Intergovernmental Panel on Climate Change“ – zu einem „Climategate“ kam. Dabei ging es um Temperaturkurven aus Proxydaten. Ein „Klimaproxy“ (englisch proxy „Stellvertreter“) ist ein indirekter Anzeiger des Klimas, der in natürlichen Archiven wie Baumringen, Stalagmiten, Eisbohrkernen, Korallen, See- oder Ozeansedimenten, Pollen oder menschlichen Archiven wie historischen Aufzeichnungen oder Tagebüchern zu finden ist. Das IPCC hatte einerseits Proxydaten, die aus Baumringdaten seit dem Jahr 1000 bestanden, und andererseits Thermometerdaten aus den letzten Jahrzehnten benutzt. Um die Temperaturentwicklung in dieser Zeit „als absolut ungewöhnlich im Lichte historischer Zustände“ zu beschreiben, störte die Inkonsistenz der Proxydaten mit den Thermometerdaten,“ schreiben Hans von Storch und Werner Krauß, beide am Institut für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht beschäftigt – der eine als Klimaforscher und der andere als Ethnologe, in ihrem Buch „Die Klimafalle – Die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung“. Anfänglich „klebte“ man die Kurven aus den beiden unterschiedlichen Quellen einfach zusammen. Gegen einen solchen „Trick“ ist wenig zu sagen,“solange klar ist, dass hier Zahlen mit sehr verschiedener Zuverlässigkeit eingesetzt werden.“ Im Laufe der Zeit wurde „aus den beiden Kurven jedoch stillschweigend eine Kurve.“

 

Zum „Climagate“ wurde dies, zusammen mit Interna der beteiligten Forscher, als jemand heimlich ihre E-Mails veröffentlichte. Da war das Klima aber schon aus einem kleinen Forschungsthema zu einem großen politischen Thema – zu einem Weltproblem gar – geworden. Und Linke wie Rechte verausgabten sich in „Klimadebatten“, man sprach von „Klimaschützern“ und „Klimasündern“. „Immer mehr gesellschaftliche Konflikte, Mängel und Schwierigkeiten werden nun als Klimaprobleme markiert.“ Und Bücher über das Klima füllen in den Buchläden inzwischen ganze Regale. Wobei das Klima als Statistik des Wetters auch noch einmal reduziert wurde, „auf seine Veränderlichkeit, seine Dynamik, Vorhersagbarkeit und die Abhängigkeit von äußeren Antrieben (wie Treibhausgase, Sonnenleistung u.Ä.),“ schreiben die Autoren. Besonders unangenehm stößt ihnen der Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans Joachim Schellnhuber, auf. Der „Klimaberater der Bundeskanzlerin Merkel konnte sogar im Wetterbericht im Anschluss an die ‚Tagesschau‘ die Bevölkerung auf die Gefahr des Klimawandels hinweisen. Er wird gern in nachdenklicher Pose gezeigt, mit der Hand auf die Erdkugel in seinem Büro gestützt.“ Der „Alarmist“ und „Gaia“-Anhänger Schellnhuber sagt Sätze wie: „Gelingt die Abgas-Trendwende bis 2020 nicht, dann dürfte eine Erderwärmung mit verheerenden Folgen, etwa dem Abschmelzen des Grönland-Eisschildes und dem Kollaps des Amazonas-Regenwaldes, kaum noch zu vermeiden sein.“ Die FAZ kritisierte ihn gerade vorsichtig, indem sie eine neue Simulationsstudie von britischen, amerikanischen und brasilianischen Forschern erwähnte, die darin zu dem Ergebnis gekommen waren: „Der Schaden für die Regenwälder dürfte bis zum Jahr 2100 deutlich geringer sein, als frühere Studien vermuten lassen.“ Der Klimastreit geht munter weiter.

 

Wobei sich die Klimaforscher zunehmend als Teil der sogenannten „Erdsystemwissenschaften“ verstehen. Mit ihren Powerpoint-Vorträgen schaffen sie zugleich eine „Ikonographie des Planeten Erde“. Das erste Farbphoto von „Unserem blauen Planeten“ stammt von der „Apollo-Mission“ der Amerikaner 1972. 1982 hieß ein Album der Rockgruppe Karat so und 2001 eine ganze BBC-Serie. Inzwischen begreift man unseren blauen Planten mit dem Nasa-Geochemiker James Lovelock als „Gaia“. Seine Hypothese besagt, dass die Erde und ihre Biosphäre ein lebender Organismus ist, bei dem die Bakterien eine wesentliche Rolle spielen. Kurz nach der „Gaia-Hypothese“ kam der „Whole Earth Catalogue“ von Stewart Brand, der mit Lovelock befreundet ist, auf den Weltmarkt. Der „Catalogue“ war 2013 Thema im „Anthropozän-Projekt“ des Berliner HKW – Haus der Kulturen der Welt. Aber nicht erst seit diesem „Event“ machen sich alle möglichen Wichtigtuer Gedanken um „die ganze Erde“ – um sie zu retten. Dabei könnten sie noch nicht einmal die halbe Straße, auf einer Straßenseite nur, bessern, also lebenswerter machen.

 

Der Luzerner Wissenschaftsforscher Christoph Hoffmann hat sich in seinem Buch über „Die Arbeit der Wissenschaften“ auch mit der Klimaforschung befaßt: Mit dem Wissenschaftssoziologen Peter Weingart ist er sich einig, dass die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft weder auf „überzogenenen Katastrophenwarnungen“ noch auf „Verheißungen paradiesischer Zustände“ beruht, „sondern vielmehr auf der Demonstration der Schwierigkeiten des Wissenserwerbs, der Diskussion widerstreitender Theorien und Interpretationen von Beobachtungen sowie der Offenlegung von Ungewissheiten.“ Darüberhinaus müßte auch deutlich werden, so Hoffmann, „was einen Stand der Forschung in den Wissenschaften charakterisiert (warum er z.B. Interpretationen zuläßt), wie dieser Stand jeweils ermittelt worden ist und wie wiederum die Einsichten, die in diesem Stand der Forschung Berücksichtigung gefunden haben, zustande kommen, welche Schwierigkeiten es z.B. macht, aus Baumringen, Eisbohrkernen oder Wetterdiarien des 17. Jhds. Temperaturreihen zu konstruieren.“

 

 

Klimaforschung und Baumschutz heißt heute anscheinend vor allem rechnen – also vorm Computer sitzen wie der letzte bescheuerte Büroangestellte und auf die Tastatur hämmern. So schreibt z.B. der Berliner Zoo in seiner Zeitschrift „Bongo“:

 


„Da es um die Sicherheit für die Besucher und den Erhalt des wertvollen Baumbestandes geht, haben wir uns 2006 entschieden, ein Baumkataster einzurichten. Dazu wird das Computerprogramm Baum G5 der Datenbankgesellschaft mbH benutzt. Nach Installation des Programms in einem PC wird ein in der Baumkunde erfahrener Landschaftsgärtner in das Programm eingewiesen. Eine Schulung des Gärtners im Umgang mit einem mobilen PC zur effektiven Baumerfassung vor Ort erfolgt ebenfalls…Die eindeutige Numerierung eines jeden Baumes ist dabei besonders wichtig…“

 

 

 

 

 

 

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Der Ökologe und Naturfilmer Horst Stern hat 1979 einen Film über den deutschen Wald gedreht – nachdem Bundeskanzler Helmut Schmidt mit einem Flugzeug über Deutschland geflogen war und anschließend gemeint hatte, das Land zwischen Schleswig-Holstein und Bayern bestehe ja immer noch aus riesigen Wäldern. Horst Stern wies ihm daraufhin nach, dass der Eindruck täusche: 1. seien das zu großen Teilen erbärmliche Nutzholz-Anpflanzungen und 2. seien diese alles andere als gesund.

Wenig später veröffentlichte Horst Stern seine TV-Recherchen als Buch: „Rettet den Wald“. Anläßlich einer Neuauflage schrieb der SWR: „Durch den Bau neuer Siedlungen, Industrieanlagen oder Straßen werde der deutsche Wald, so Stern, immer weniger. Aufgrund der zunehmenden Luftverschmutzung gebe es außerdem kaum mehr einen Baum ohne chronische Giftschäden. Und drittens werde aus dem deutschen Mischwald immer stärker ein Nadelwald, der für den Forstwirt sehr viel lukrativer ist. Damit gerate aber das ökologische Gleichgewicht durcheinander…“

1980 hatte man gerade das Wort „Waldsterben“ erfunden, 1984 hieß ein gründlicher Waldbericht aus dem Focus Verlag Gießen bereits: „Er war einmal. Der deutsche Abschied vom Wald„. Das „Waldsterben“ wurde dann zum emotionalen Hintergrund für die „German Angst“, denn die Deutschen sind ein altes germanisches „Waldvolk“. Als es überall auf der Welt schon Hochkulturen gab, lebte man hier quasi noch auf Bäumen. Wie der taz-Redakteur Christian Semler meinte, verschob sich dann auch noch durch den unseligen Sieg des „Verräters“ Hermann der Cherusker über die Truppen des römischen Feldherrn Varus die Zivilisierung der Germanen durch die römische Kultur noch einmal um 500 Jahre. Und dann kam auch noch zwei mal ein germanischer Rückfall: Einmal Anfang des 19. Jhds. im Widerstand gegen Napoleon und dann mit den Nationalsozialisten, die die strengsten Wald- und Wildschutz-Gesetze verabschiedeten, auf den Abschuß eines Adlers stand die Todesstrafe, auf Wilderei KZ – und von da aus Zwangsverpflichtung in der Partisanenbekämpfungs-Einheit des Dr.Dirlewanger. Es war ein WAldkampf“, denn die Partisanen versteckten sich meistens im Wald. Nach 1945 versteckten sich auch Deutsche in den Wäldern, wo sie sich zu antikommunistischen Partisanengruppen zusammenfanden. Erst in den Fünfzigerjahren gelang der Roten Armee die Liquidierung dieser letzten „Waldmenschen“, wie die illegalen Deutschen in Litauen hießen, ihre Jungen nannte man „Wolfskinder“.

 

Vielleicht kann man sagen, dass der Bundesbürger sogar noch heute erst im Deutschen Wald ganz bei sich ist. Nicht zufällig zeigen die meisten Urlaubsphotos in meiner Dia-Sammlung Wald – wie man in diesem Eintrag sehen kann. In Rußland geschah der Anschluß der dortigen Waldbauern an die Zivilisation noch später als der der germanischen – durch die Eisenbahn nämlich erst. Man spricht dort vom „Eisen“, mit dem die ersten zivilisatorischen Schneisen in die russische Kultur des „Holzes“ geschlagen wurden. Noch jetzt hat man dort, vor allem in Sibirien, ein anderes Verhältnis zum Wald – zur Taiga. In Irkutsk z.B. stellt die Eisenbahngesellschaft jeden Sommer mehrere Dutzend Waggons für einige Monate in den Wäldern ab, damit die Irkutsker, die keine Datsche haben, in dieser Zeit, da sie dort in den Seen baden, Blaubeeren und Pilze sammeln und vielleicht auch jagen bzw. wildern, eine Unterkunft haben.

Eine Steglitzer Baumliebhaberin: „Am schlimmsten sind die städtischen Motorsägen-Brigaden, nicht selten technikaffine Ex-Arbeitslose, die mit einer Maschine zusätzlich  anrücken, die alle Äste, Zweige und Stammteile sogleich in Holzschnitzel zerkleinert, die man neuerdings gerne zum Mulchen von Beeten benutzt, was sie eine tolle Sache finden.Und dann haben sie neuerdings auch noch immer sogenannte ‚Laubbläser‘ mit, die einen höllischen Lärm machen, damit blasen sie die herumliegenden Blätter und kleinen Zweige nach dem Fällen zusammen.“

 

In der taz ballt sich auch gerade Unmut über den Laubbläser der Putzfirma zusammen, sie fällt keine Bäume, sondern „putzt“ mit dem Laubbläser den Hof, der eigentlich mit einem Besen sauber gemacht werden soll einmal die Woche. In den USA tobt derzeit bereits ein richtiggehender Laubbläser-Krieg. Ich erfuhr davon in dem Buch von Geert Mak „Amerika“, der dortige  “Laubbläserkrieg” tobt vor allem in den grünen amerikanischen Vororten – mit Bürgerinitiativen gegen den Lärm, den diese Maschinen machen und ihren mexikanischen Bedienern, die um ihren Job fürchten. Auch in Berlin, vor allem in Steglitz und Pankow, droht ein solcher “Laubbläserkrieg”.

 

 

Der Spiegel berichtete am 16.9.2013:  Treibstoff zum Draufhauen.  Baumfällen kurbelt bei Männern die Testosteronproduktion stärker an als aggressionsgeladener Gruppensport. Bei einer Studie mit Tsimane-Ureinwohnern im bolivianischen Amazonasgebiet haben Anthropologen von der University of California in Santa Barbara festgestellt, dass Speichelproben der indigenen Baumfäller nach einer Stunde schweißtreibender Rodungsarbeit fast 50 Prozent mehr Männlichkeitshormon enthielten als vor der Plackerei. Dagegen nahm der Testosteronwert der Indiomänner durch Fußballspielen nur um 30 Prozent zu. Offenbar spiele das männliche Geschlechtshormon beim körpereigenen Muskeldoping eine größere Rolle als bisher vermutet, schreiben die Forscher in der Online-Ausgabe des Wissenschaftsblatts „Evolution and Human Behavior“. Statt nur Aggressions- und Konkurrenzverhalten anzustacheln, sei Testosteron in der Entwicklungsgeschichte des Menschen offenbar der Schlüssel gewesen, bei der Urbarmachung der Natur aus vergleichsweise wenig Muskelmasse ein Maximum an Kraft und Ausdauer herauszuholen.

 

 

Millicent Dillon schrieb in „Lauter kleine Lügen“ (1981) – einer Biographie der  Schriftstellerin Jane Bowles, die mit ihrem Mann, Paul Bowles, in Tanger lebte:
„1956 beteiligte sich Jane sogar an einem öffentlichen Protest – der einzige politische Akt ihres Lebens. Als die neue [marokkanische] Verwaltung von Tanger beschloß, die großen Bäume zu fällen, die die Franzosen am Grand Socco gepflanzt hatten, startete Jane eine Unterschriftenaktion bei ihren Freunden, mit dem Ziel, die Bäume zu erhalten. Die Aktion mißlang – was niemanden überraschte.“

 

 

Die Tochter einer Freundin aus dem Vogelsberg hatte geplant, nach dem Abitur ein „ökologisches Jahr“ einzulegen. Nach langen Überlegungen entschied sie sich für eine Beteiligung an den Aktivitäten einer Gruppe von Baumschützern in Nordindien, wo sie sich mit ihnen zusammen an Bäume ankettete, die eine Holzfirma fällen wollte. Ihre Mutter überlegte sich, vorzeitig in Rente zu gehen und zu ihr in den Himalaya zu ziehen. Blieb dann aber doch im Vogelsberg, ihre Tochter studiert nun Fortwissenschaft in Eberswalde, so viel ich weiß. Ob die Baumrettungsaktion im Himalaya gelang, weiß ich jedoch nicht.

 

Im Vogelsberg wurde einmal eine Verkarstung der Region infolge des Waldsterbens und das Versiegen der Bäche aufgrund des „Wasserraubs“ durch die Stadt Frankfurt, in einem „Szenario“ durchgespielt, das bis zu einer Revision der bisherigen Forschung ging:

 

„Die Land- und Forstwirtschaft und damit zusammenhängend die gesamte Ökologie der Region wurde nicht durch den unterirdischen Angriff in Form von konzentrierter Wasserentnahme und Nitratverseuchung des Grundwassers zerstört, auch nicht durch oberirdische Einflüsse wie Luftverschmutzung und sauren Regen, sondern dadurch, daß das gänzlich immaterielle morphogenetische Feld der voneinander abhängigen (man sagt auch “vernetzten”) Flora und Fauna immer wieder gleichsam zerhackt und zerschnitten worden ist.

 

Beim derzeitigen Aufbau eines neuen “Feldes” im Zusammenhang mit den Rekultivierungsarbeiten wird man von vornherein an der “morphischen Resonanz” partizipieren, und man tut gut daran, dies bewußt zu tun, wenn man verhindern will, daß die frisch wiederaufgeforsteten kleinen Wälder ebenso wie die zögernd wieder fließenden Bäche erneut, von tiefer Mutlosigkeit ergriffen eingehen bzw. versiegen. Um es mit Nietzsche zu sagen: “Wille kann natürlich nur auf Wille wirken und nicht auf Stoffe (auf ,Nerven’ beispielsweise). Genug, man muß die These wagen, daß überall, wo Wirkungen anerkannt werden, Wille auf Willen wirkt.”“

 

 

Der Geobotaniker Christoph Leuschner schreibt:

 

„Die moderne Biodiversitätsforschung hat auf der Erde drei Lebensräume als herausragende »weiße Flecken« auf der Karte der Artenvielfalt erkannt, in denen besonders viele Neuentdeckungen zu erwarten sind und deren Erforschung prioritär ist. Der Lebensraum Boden mit einer Vielzahl unbekannter Bakterien, Pilze sowie niederer Pflanzen und Tiere. Eine ungeheure, noch nicht entdeckte Artenfülle wird auch im Lebensraum Tiefsee vermutet, der erst in jüngster Zeit mit neuen Techniken systematisch erforscht werden kann. Überraschen mag dagegen unser geringes Wissen über die Biodiversität der Baumkronen tropischer, aber auch heimischer Wälder. In den Kronen tropischer Wälder wurden in den letzten Jahren weit mehr Insektenarten für die Wissenschaft neu entdeckt als in jedem anderen Lebensraum der Erde. Wälder bedecken von Natur aus rund ein Drittel der Festländer der Erde. Flächenmäßig am bebedeutendsten waren die tropischsubtropischen Feuchtwälder mit ursprünglich rund 17 Millionen Quadratkilometern, gefolgt von den borealen Nadelwäldern des Nordens (rund 12 Mio. km2). Die uns so vertrauten kühlgemäßigten Laubmischwälder haben einst rund sieben Millionen km2 eingenommen, wurden aber im Laufe der Menschheitgeschichte auf einen Bruchteil dessen reduziert. Die Wälder der Erde werden von schätzungsweise 30 bis 50 Tausend Baumarten aufgebaut, die in unterschiedlichen Artendichten (das heißt Artenzahlen pro Fläche) in den heißen, gemäßigten und kalten Breiten auftreten. Die Baumartenvielfalt erhöht sich von den kalten zu den heißen Regionen: Boreale (den nördlichen Klimagebieten zugerechnete) Nadelwälder etwa in Schweden oder Sibirien werden meist nur von ein bis höchstens vier Baumarten aufgebaut. Wälder der feuchten Tropen können dagegen bis zu 300 verschiedene Baumarten auf einem einzigen Hektar (100 x 100 m) beherbergen. Das bedeutet, dass beinahe jeder Stamm im Wald zu einer anderen Art gehört und Individuen derselben Art oft in großer Entfernung zueinander stehen. Unsere heimischen Laubwälder ähneln hinsichtlich ihrer Artenvielfalt viel mehr den artenarmen nordischen Nadelwäldern.“

 

 

 
Die Zerstörung der Regenwälder begann laut dem unlängst in Berlin vortragenden Direktor des „Center for the Support of Native Lands“ in Arlington, Mac Chapin, in den Fünfziger- und Sechzigerjahren: „Bis dahin hatten Malaria und Gelbfieber noch jedes Kolonisierungsprojekt verhindert: die Hälfte der Leute starb jedesmal. Aber dann wurde 1. das DDT entwickelt – und von den amerikanischen Soldaten zum ersten Mal im Krieg gegen Japan eingesetzt, 2. 1947 die Motorsäge erfunden . in Oregon, und 3. Straßenbaugeräte und die Asphaltierung. Dies geschah überall auf der Welt – und bis heute, wobei die medizinischen Mittel immer besser wurden, die Straßenbaugeräte immer größer und die Motorsägen immer mehr.“

 

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Drei Szenen aus dem Dokumentarfilm des deutschen Baumschützerverbands: „Leichen pflastern ihren Weg“

 

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Still aus dem Facebook-Stream

 

 

 

Ein Kriminalbeamter, der für Versicherungsbetrügereien im Großraum Berlin verantwortlich ist, erzählte mir in Moabit nach einer Gerichtsverhandlung, daß er neulich einen ganzen „Familienverband“, bestehend aus ehemaligen LPG-Mitarbeitern, am Stadtrand hochgehen ließ. Einer der Männer hatte laufend Unfälle mit Gebrauchtwagen fingiert, indem er mit 40 Kmh gegen irgendwelche Alleebäume gefahren war – seine Frau saß immer neben ihm. Vor Gericht erklärte sie: „Was mein Mann aushält, das halte ich auch aus!“ Der Kriminalbeamte meinte: „Ob Sie es glauben oder nicht, den Alleebäumen ist nie was passiert. Die sind robust – besonders die im Osten, an denen seit der Wende fast täglich junge Leute mit ihren Westautos verunglücken. Die Alleen sind bereits voll mit Kreuzen und Mahnmalen. Damit habe ich aber direkt nichts zu tun: Das ist ja kein Versicherungsbetrug, wenn diese jungen Leute in ihren klapprigen Toyotas sich mit überhöhter Geschwindigkeit um einen alten Alleebaum wickeln.“

 

 

 

Wird der Alleebaum dabei allzu sehr beschädigt, tritt das ein, was bereits bei der o.e. rheinischen Landtagsdebatte über ein „Holzdiebstahlgesetz“ erwähnt wurde: Der Alleebaum stirbt mit der Zeit ab – und muß deswegen irgendwann aus Sicherheitsgründen gefällt werden. Dies geschieht heute auch tausendfach in den Städten mit den Straßenbäumen, obwohl sie meist noch „gesund“ und stabil aussehen, weil der Baumbesitzer, die Stadt, über die Bäume verfügt und für etwaige Schäden an Häusern, Autos und Menschen z.B. haftet. Laut Bundesgerichtshof hat der „Inhaber der Verfügungsgewalt“ dafür zu sorgen, dass der Baumbestand nach forstwirtschaftlichen Erkenntnissen so angelegt ist, dass er gegen Windbruch und Windwurf, insbesondere gegen das Umstürzen wegen mangelnder Standfestigkeit gesichert ist.“ Es wird aber heute nichts mehr gesichert – sondern entsichert, die Motorsäge nämlich.

 

Der polnische Reisereporter Kapuszinski hat auf einer seiner Fahrten durch Afrika einen Straßenbaum gesehen, in dem noch Reste eines Unfallautos steckten, der Baum war unterdes tot auf die Straße gekippt – und die Straße führte nun um den Baum herum. Kapuszinski urteilte nach diesem Erlebnis etwas vorschnell: „In Afrika räumt man auf die Straße gefallene Bäume nicht weg, sondern geht oder fährt drumherum.“

 

 

Die Alleebäume wurden in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts von immer mehr Herrschern in Europa angepflanzt – vor allem damit ihre ihnen teuer gewordenen Soldaten im Schatten marschieren konnten. In Rußland ordnete Katharina die Große die Baumbepflanzung der Landstraßen an. Dort wurden dann auch die nach Sibirien Verbannten auf diesen Alleen transportiert bzw. unter Bewachung in Marsch gesetzt. Und noch Jahrhunderte später gedachten die Verbannten, wenn sie im Ural ankamen, der großen Katharina für ihre Alleenbeschattung – mit einem Dankesgebet. In Preußen ließ Friedrich Wilhelm I. im großen Stil Alleebäume anpflanzen.

 

Während sie jedoch im Westen nach und nach den Straßenverbreiterungen, -begradigungen und Sicherheitserwägungen (zuletzt vor allem des ADAC) zum Opfer fielen, blieben sie im Osten – wie so vieles – nahezu unverändert erhalten, ja, sie erholten sich dort sogar von den letzten Kriegsschäden. Seit der (ökologischen) Wende sind weitere Alleen bepflanzt worden.

 

 

Die Alleebaum-Schulen sind heute ähnlich arbeitsteilig organisiert wie das staatliche Schulsystem: In der Grundstufe wird das Saatgut vermehrt und Jungpflanzen produziert. In der Mittelstufe bezieht man von überall her Jungware, die dann – „halbfertig – mit einem Stammumfang von 8-10 Zentimeter und einer Höhe von 2-3 Metern an die Oberstufe verkauft wird. Zu diesen so genannten Hochbaumschulen zähltin Berlin der Betrieb Späth, auch bekannt unter dem Namen „Späth’sche Baumschulen“. Ihre Ware bezieht die reprivatisierte Firma heute aus Deutschland, Holland und Kanada. Oftmals handelt es sich dabei um Bäume – Ahorn und Wildkirsche beispielsweise, die man als „Unterlage“ mit einer Okkulation veredelt hat, wobei dann nur noch dieser aufgesetzte Trieb kultiviert wird. Als Absatzmarkt ist dem einstigen preußischen Monopolisten Späth bloß noch Berlin und Brandenburg geblieben, aber man will sich – bedrängt von den westdeutschen und holländischen Baumschulen und bedroht von den Sparmaßnahmen der Kommunen – wenigstens in Ostelbien weitere Marktanteile sichern.

 

 

 

In den Städten bangt man um die Kastanien, die von „Miniermotten“ befallen werden, um die Linden, die Blattläuse anziehen, um Ahorn, den Mehltau schwächt und wegen eines  aus Amerika kommenden Pilzes, der Eichen befällt: Der „Sudden Oak Death“ wurde vor neun Jahren zum ersten Mal beobachtet. Aber bevor noch die ersten Pilzsporen hier gesichtet werden, hat schon ein allgemeines Eichenbangen eingesetzt, das sich hier und da sogar schon gegen die staatlichen Umweltschützer formiert. Anfang Oktober z.B. am Stuttgarter Platz in Berlin, wo eine Bürgerinitiative zusammen mit der Polizei in letzter Minute das Fällen von drei Bäumen verhinderte, die zuvor von der grünen Stadträtin zu einem „Sudden Death“ verurteilt worden waren, weil sie angeblich wie aus heiterem Himmel ihre „Standsicherheit“ aufgegeben hätten. Insgesamt geht es dort um etwa 100 Bäume – die der Standortverlegung des Charlottenburger Bahnhofs im Weg stehen. Als aus Gründen des Uferschutzes am Landwehrkanal etliche Bäume gefällt werden sollten, ketteten sich einige Naturschützer sogar an die Bäume. Sie waren erfolgreich: Es wurde daraufhin eine andere Uferschutz-Lösung gefunden. Weitaus heftiger waren die Kämpfe gegen das Fällen von Bäumen am Bahnhof von Stuttgart. Von dort wurde zuletzt gemeldet, dass die bundeseigene Bahn AG entlang des Neckarersatzbachs im Stadtteil Untertürkheim ab dem 30. September weitere „Abholzungen“ vornehmen lassen werde. Ansonsten gibt es für alle Grundbesitzer inzwischen genaue Vorschriften, ab welchem Stammumfang in welcher Höhe sie eine Genehmigung zum Fällen eines ihrer Bäume brauchen. Und nicht nur in Stuttgart gilt: Wer in der Innenstadt einen Baum fällt, muss zwei neue pflanzen. Aber dort halten sich die meisten Bauherren nicht daran. Die Stuttgarter Zeitung schreibt am 4.9.2013: „Die Liste der Verstöße gegen das Pflanzgebot enthält Kurioses. Im Park der Universität sollen 83 Bäume fallen – wegen „vegetativer Übermöblierung“. Sogar im Stadtgarten sollen 83 Bäume entsorgt werden – wegen „vegetativer Übermöblierung… Auf dem S 21-Gelände war nahe der Stadtbibliothek offiziell ein ‚Eichenhain‘ vorgesehen. Der ist auf 16 Bäume geschrumpft – und zwar Eschen.“ Die Kaukasische Flügelnuss, an der sich Stuttgarts Liebespaare zu treffen pflegten, hat sich dagegen selbst entsorgt: Sie stürzte am Sonntag in den Eckensee – wegen zu schwacher  Wurzeln, wie Experten der Wilhelma sofort ermittelten. Der Baum wurde anschließend zu Kleinholz verarbeitet.

 

Zwei aktuelle Baum-Nachrichten:

 

„1000 Bäume für Köln“: Unter diesem Motto haben die Kölner Grünstiftung und die Stadt Köln im Juni eine Spendenaktion gestartet mit dem Ziel, mehr Bäume an Kölner Straßen zu pflanzen.

 

Stadt Essen fällt 1000 kranke „Risiko-Bäume“: Kastanien, Pappeln und Platanen zählen zu den Sorgenkindern, denn Pilzerkrankungen setzen den Bäumen arg zu. 1000 Stämme müssen deshalb in den kommenden Monaten weichen.

Anderswo geht man etwas sensibler mit der „vegetativen Möblierung“ um – so hat man z.B. in Bozen ein ganzes Museum um einen Mammutbaum herum geplant.

 

Ansonsten vergeht kein Tag, an dem nicht mindestens ein Autofahrer einen Baum rammt. Die Autos gefährdenden Bäume am Straßenrand waren Jahrzehnte Gegenstand heftiger Debatten in Westdeutschland – viele konnten sich „autogerechte“ Bundesstraßen nur ohne Bäume denken. In den ersten Jahrzehnten der Automobilisierung verzeichneten – mindestens die Schweizer und die Österreichischen Statistiken – noch weitaus mehr Unfälle durch Bäume als durch Autos, bei denen Menschen zu Schaden kamen. Das hat sich schon lange umgekehrt. Im übrigen gibt man heute eher den Autofahrern als den Bäumen die Schuld, wenn diese jene rammen. In Bombay gibt es einen großen Baum, der mitten auf einer vielbefahrenen Straße steht, er ist von einer ein Meter hohen Steinmauer umgeben – und die ist auch nötig, denn andauernd fährt jemand dagegen. Viele waren schließlich dafür, diesen großen, schönen Baum, der buchstäblich im Weg steht, endlich zu beseitigen, aber der Polizeipräsident sprach ein Machtwort: „Der bleibt, es fahren doch bloß Betrunkene dagegen.“

 

 

Speziell um den Erhalt der deutschen Alleebäume kämpft die Vereinigung der deutschen Landesdenkmalpfleger. In ihrem Bericht Nr.8 druckten sie einen „Alleenerlaß“ aus dem Jahr 1841 ab, in dem der preußische König sich beklagte, dass so viele Alleebäume überflüssigerweise bei Straßenbaumaßnahmen gefällt werden. Er befahl deswegen, „daß Lichten und Aushauen prachtvoller Alleen künftig zu unterlassen“. Die Landesdenkmalpfleger merkten dazu an: „Möge das königliche Vorbild, welches offensichtlich im 19. und frühen 20. Jahrhundert Schlimmeres verhindert hat, Richtschnur auch für das 21. Jahrhundert sein.“

 

 

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Weil die Sowjetunion in den Zwanzigerjahren dringend Devisen brauchte, um Maschinen für ihre Industrialisierung im Ausland zu kaufen, exportierte sie in Größenordnungen Holz, das zunehmend von Zwangsarbeitern in diversen Waldlagern geschlagen wurde. Ende der Zwanzigerjahre verhinderte die Sowjetunion angeblich sogar einmal einen Streik von Londoner Hafenarbeitern, weil dadurch ihre Holzschiffe nicht rechtzeitig entladen werden konnten. Ein anderer Konflikt von streikenden deutschen Seeleuten auf Holzfrachtern – in Leningrad und Odessa Anfang der Dreißigerjahre schildert Gerd Wendt auf: „www.ubbo-emmius-gesellschaft.de/StreikSeeleute.pdf“.


 

Zu den einstigen GULAG-Häftlingen gehörte die sowjetische Schriftstellerin Jewgenija Semjonowna Ginsburg, sie schrieb darüber heimlich zwei Bücher – anfänglich noch in der Magadan-Zone, wo sie zunächst in einem Frauen-Außenlager von Kolyma Bäume gefällt hatte:  Marschroute eines Lebens und Gratwanderung. An einer Stelle behauptet sie darin, dass die Bolschewisten nicht nur riesige Wälder vernichtet hätten, sondern u.a. auch die „berühmte Nachtigallen-Schule von Saratow“ – durch Abholzen aller hohen Buchen in der Gegend.

 

 

1995 sah ein Vertrag zwischen der Dresdner Bank und einer Uralbank in Perm eine Transfersumme in Höhe von 470 Mio DM vor, den die russische Seite u.a. mit Papier und Furnierholz zahlen sollte. Und die Treuhandanstalt wies in einer Pressemitteilung Ende 1994 darauf hin, dass es dort um Perm ein großes „Investitionspotential für folgende Ressourcen“ gäbe: „Edelsteine, Gold, Erdöl, das praktisch überall dort vorkommt, sowie Kupfer, Marmor und das Heben der in den Flüssen versunkenen Holzbestände (jährlich bis zu 5000 Kubikmeter.“

 

 

In Djakarta zeigte der lokale Reiseführer uns kurz nach dem Bürgerkrieg, als Suharto abgesetzt wurde, die Sehenswürdigkeit „Holzhafen“, wo die Tropenholz-Stämme noch per Hand von den Schiffen abgeladen werden. Es wimmelte dort von photographierenden Touristen – es waren fast genauso viele wie Holzträger.

 

 

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung besprach unlängst einen Bildband: „Deutschlands alte Bäume – Eine Bildreise zu den sagenhaften Baumgestalten zwischen Küste und Alpen“, daneben gibt es auch noch die Bildbände: „Unsere 500 ältesten Bäume – Exklusiv aus dem deutschen Baumarchiv“ und „Vom Zauber alter Bäume“.

 

Ich erinnere mich noch, dass unsere Nachrichtenagentur, die wir Anfang der Siebzigerjahre abonniert hatten, der „Alternative News Service“ in New York, irgendwann mit Nachrichten aufhörte, weil die Gruppe aufs Land gezogen war. Schon wenig später veröffentlichte einer von ihnen, Stephen Diamond, ein Buch über die Erfahrungen in ihrer Landkommune – mit dem Titel: „Was die Bäume sagen“, 40 Jahre später stoße ich auf einen ähnlichen Buchtitel: „Bäume verstehen: Was uns Bäume erzählen“

 

 

 

Die Suche nach Bäumen auf fernen Planeten

 

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung rekapituliert noch einmal die Aufgaben des Weltraumteleskops „Kepler“, der seit Anfang August „seinen Zweck nicht mehr länger erfüllen kann“ – nämlich im Sternbild Schwan nach „Planeten“ zu suchen, „die der Erde gleichen“. Erstmalig hatte „Kepler“ die Astronomen in die Lage versetzt, „empirisch zu messen, wie häufig erdanaloge Planeten sind.“ Von seinen zur Erde gelangten Daten aus vier Jahren wurden bisher die aus den ersten zwei Jahren ausgewertet – wobei 136 Planeten ermittelt wurden. 2700 „Planetenkandidaten in rund 2000 Sternensysteme müssen noch geprüft werden“. Ein weiteres Ergebnis: „45% aller etwa sonnenähnlichen Sterne haben kleine Trabanten mit Kalibern zwischen einem und drei Erddurchmessern und Umlaufzeiten bis zu 500 Tagen.“ Es sieht demnach laut FAS danach aus, „als sei die Struktur uneres eigenen Sonnensystems vom kosmischen Normalfall nicht sehr weit entfernt.“

 

Das „Kepler“-Team erwartet bei der Auswertung der Daten aus dem 3. und 4. Jahr „Hunderte wenn nicht Tausende neuer Planetenentdeckungen. Darunter wird dann auch der lange erhoffte erste erdgroße Planet sein, der in der lebensfreundlichen Zone um einen unserer Sonne ähnlichen Stern kreist.“ Statistisch gesehen wäre dieser Stern mit solch einem Trabanten „nicht weiter als 68 Lichtjahre entfernt.“ Wird ein solcher Planet identifiziert, wird es ein neues Weltraumteleskop geben, meint die FAS. Denn „nur so ließe sich herausfinden, mit welcher Wahrscheinlichkeit erdanaloge Planeten auch erdähnlich sind,“ also dass auf ihnen physikalisch mögliches Wasser in flüssigem Zustand (nicht als Dampf oder Eis) existiert, und woraus die Atmosphären dieser Planeten bestehen. „Damit rückt dann auch die Frage nach dem Leben im All in den Bereich des empirisch Klärbaren, da biologische Aktivität sich im Planetenlicht irgendwie bemerkbar machen müsste. So könnten außerirdische Astronomen im Licht der Erde unter anderem die Absorbtion durch Chlorophyll der Pflanzen feststellen.“Die ersten Aliens, die wir sehen werden,“ sagt der Leiter des Datenanalyseteams der Kepler-Mission, „könnten Bäume sein.“

 

 

 

 

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Der Laden für Wanderkleidungsbedarf von Lilo Werner verwendete dieses Photo zu Reklamezwecken

 

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Gabriele Riedle verwendete dieses Photo für das Cover ihres Buches „Überflüssige Menschen“ – 2012, das ich noch lesen muß, hoffentlich kommen Bäume oder noch besser: das Fällen von Bäume darin vor.  

 

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Wladimir Kaminer verwendete dieses Photo in seinem Buch „Helden des Alltags“ – im Winter.

 

 

 

Als die South Union Pacific die Mammutbäume (Sequoia, die größten und ältesten der Welt) in Kalifornien fällen lassen wollte, schaffte es der schwedische Zoologe Gustaf Eisen (1847 – 1940), der lange als Abteilungsleiter an der California Academy of Sciences tätig war, sie unter Schutz zu stellen, indem er über den damaligen US-Präsidenten die Gründung des „Sequoia National Park“ durchsetzte. Nachdem man erst die Redwood-Bäume (Sequoia sempervirens) an der Küste gefällt hatte, wollte man auch an die noch größeren im Gebirge (Sequoia gigantea) heran. Diese haben alle Namen – der größte heißt „General Sherman“, 1890 hieß er erst einmal „Karl Marx“ – eine in der Nähe siedelnde Gruppe dänischer Kommunisten hatte ihn so benamt. Gustaf Eisen fand dort etwa zur selben Zeit ebenfalls einen sehr dicken Baum, den er nach „General Grant“ benannte.

 

 

Die Sequoia gigantea waren von Anfang an selten. Der Direktor des Naturhistorischen Landesmuseums in Schweden erwarb einmal eine von Hand gesägte Baumscheibe von einem Redwood, den es im Sturm entwurzelt hatte: Sie hatte 2400 Jahresringe und einen Umfang von gut 12 Metern, der Stamm unten hatte sogar einen Umfang von 29 Metern. Man baute darauf eine Tanzfläche – auf der 16 Paare gleichzeitig tanzen konnten und auch die Kapelle noch Platz hatte.

 

 

All diese Geschichten um den als Regenwurmforscher berühmt gewordenen Gustaf Eisen und die Mammutbäume sammelte der schwedische Biologe und Schriftsteller Fredrik Sjöberg – in seinem Buch „Der Rosinenkönig – Von der bedingungslosen Hingabe an seltsame Passionen“ (2013). Sjöberg, der einen Werklehrer hatte, den sie unzutreffend aber gemein „Holzhitler“ nannten, kannte, bevor er sich auf die Spur von Gustaf Eisen setzte, die Mammutbäume vor allem aus dem internationalen US-Bestseller „Ökotopia“ von Ernest Callenbach, eine besonders kalifornisch-öko-kitschige Stelle hat er daraus zitiert:

 

Wir gerieten tiefer in den Wald. Plötzlich glitt sie geduckt um einen besonders mächtigen Mammutbaum herum und verschwand in einer Höhlung am Fuße des Baumes. Ich sprang hinter ihr her und fand mich in einer Art Heiligtum wieder. Siie lag dort auf einem Bett von Tannennadeln und atmete tief und keuchend.“

 

 

Fredrik Sjöberg veröffentlichte mit 17 seinen ersten Zeitungsartikel – in der „Västerviks-Tidningen“: Über eine „viele hundert Jahre alte Eiche, die so hohl wie eine Tonne, von ungebildeten, unkultivierten Menschen von den Elektrizitätswerken in der Nähe des Gränso-Kanals gefällt wurde.“

 

 

Unter den Briefen von Gustaf Eisen fand Sjöberg auch einen langen, den Eisen kurz vor seinem Tod Ende der Dreißigerjahre an den Vorsitzenden des Schwedischen Naturschutzbundes Nils Dahlbeck schrieb. „Es ging darin um eine alte Fichte, die ihm aus dem Sommer 1854 in Erinnerung geblieben war. Sie habe damals in der Nähe von Harfs Pfarrhof gestanden.“ [Eisen wohnte in seinen letzten Lebensjahren am Central Park – mit Blick auf die Fichten dort.]

 

 

Dahlbeck antwortete ihm, dass es die besagte Fichte wahrscheinlich nicht mehr gäbe: „Die schwedische Natur verändert sich heute in einem ungeahnten Tempo. Was wir, die wir ihre Naturreichtümer zu bewahren suchen, retten können, sind bloß Bruchstücke.“

 

 

Und dann ist da auch noch die ebenso junge wie strahlend-schöne Tochter eines amerikanischen Wanderpredigers: Julia Hill, die es zwei volle Jahre als Säulenheilige aushielt, indem sie sich in 60 Meter Höhe (zehn Mal höher als der Heilige Simeon) auf einen kalifornischen Redwood-Baum hockte, um diesen vor dem Gefälltwerden durch eine gewissenlose Nutzholz-Mafia zu schützen – wobei sie schließlich zu einem “höheren Selbst” gelangte. Seitdem nennt sie sich “Butterfly”. Die Schilderung ihres Weges zur individuellen Erleuchtung (Satori) erschien in nahezu allen Kultursprachen, auf Deutsch im Verlag Bertelsmann-Riemann – unter dem Titel “Die Botschaft der Baumfrau”. Die Autorin ist eine Öko-Mystikerin von Rang und mittlerweile einiger Prominenz – und ihr Werk, abgesehen von der gelungenen Rettung des Mammutbaums, ein Erlebnisbericht, der nichts zu wünschen übrig läßt, außer daß ihre baumschützerische Extremerfahrung nicht leicht Nachahmer finden wird.

 

Auf Wikipedia heißt es: „Hill lebte die folgenden 738 Tage auf zwei etwa 4 m² großen Plattformen. Sie waren in 60 Meter Höhe angebracht. Später kam eine etwa 30 Meter tiefer liegende Plattform dazu, um Besucher und Presse empfangen zu können.

 

Zur Kommunikation mit der Außenwelt nutzte Hill solarbetriebene Mobiltelefone. Speisen wurden mit einem Propanbrenner zubereitet. Ein achtköpfiges Team unterstützte sie bei der Besetzung.

 

Mehrfach versuchte Pacific Lumber, sie mit Mitteln der Gewalt zu vertreiben, so zum Beispiel durch den Aufwind der Rotorblätter großer Columbia-Transporthubschrauber vom Baum, den sie Luna taufte, zu schleudern, was jedoch nicht gelang.

 

Im Jahr 1999 erreichten die Aktivisten eine Einigung mit der Firma Pacific Lumber. Alle Bäume, die innerhalb einer 12000 m² großen Pufferzone liegen, sollten erhalten bleiben. Daraufhin verließ Hill den Baum. Weiterhin wurden 50.000 US-Dollar Spendengelder an Pacific Lumber gezahlt.

 

Im November 2000 entdeckten Unterstützer von Hill, dass der Baum mit einer Kettensäge verletzt wurde. Nach Angaben von Beobachtern war der Einschnitt knapp 1 meter tief und halb so groß wie der Umfang. Daraufhin verankerten sie den Baum mit Stahlseilen. Mittlerweile hat er sich wieder erholt.“

 

 

 

 

1962 veröffentlichte John Steinbeck sein letztes Buch:Die Reise mit Charly: Auf der Suche nach Amerika“. Steinbeck war mit seinem Hund in einem Wohnmobil durch die USA gereist, wobei er „Charly“ u.a. die kalifornischen Mammutbäume zeigte:

 

„But from the start I had withheld from him any information about the giant redwoods. It seemed to me that a Long Island poodle who had made his devoirs to Sequoia sempervirens or Sequoia gigantea might be set apart from other dogs–might even be like that Galahad who saw the Grail. The concept is staggering.“

 

2012 unternahm der holländische Autor Geert Mak ebenfalls eine Reise durch Amerika – auf der Route von John Steinbeck. Sein Buch darüber heißt: „Amerika! Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, es findet sich darin ein Zitat des Regisseurs Barnaby Conrad, der Steinbecks Kurzgeschichte „Flucht“ verfilmen wollte und dazu den Autor überredete, mit zu spielen. Conrad berichtete später, dass er ihn, als Steinbeck mit Charly die USA durchquerte, in San Francisco traf – in „Enrico’s Café“. Charly saß während ihres Gesprächs „aufrecht und brav in einem Eckchen daneben und wartete. ‚Sieh Dir den Hund an,‘ sagte Steinbeck. ‚Gestern in Muir Woods hat er sein Bein an einen Mammutbaum gehoben, der sieben Meter dick war, über 30 Meter hoch und bestimmt 1000 Jahre alt. Was bleibt dem Hund jetzt noch zu tun?'“

 

 

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Hier stellt die tschechische Nacktdarstellerin Vera Gablonzowa einen Jäger im Nutzforst dar.

 

 

Im 2. Band seiner Trilogie über eskapistische schwedische Forscher bzw. Künstler – „Die Kunst zu fliehen – Vom Glück sich in kleine Dinge zu versenken und große Kontinente zu entdecken“ (2012) – thematisiert der Biologe und Bird-Watcher Fredrik Sjöberg den Aquarellmaler Gunnar Widforss (1879–1934), der sich auf Landschaften und Bäume spezialisierte: Eichen, Birken, Mammutbäume (Redwood), immer wieder Espen und Kiefern. Sjöberg interessierte sich zunächst für die von Widforss gemalten Kiefern. Sein Interesse daran begann, als er einmal, mit Sechzehn, in Lappland „eine ganze Nacht im Wipfel einer Kiefer saß und romantische Lieder sang.“ Nun, mit über 50, sagt er von sich:

 

„Wenn es etwas gibt auf dieser Welt, wovon ich wirklich etwas verstehe, dann sind es Kiefern.“ Als „unumstrittener Meister der schwedischen Kiefernmalerei“ gilt indes nicht Gunnar Widforss, der sich schließlich auf einige amerikanische Nationalpark-Ansichten konzentrierte und vor allem als „Maler des Grand Canyon“ in den USA berühmt wurde,  wo Sjöberg ihm nachspürte, sondern Gottfried Kallstenius, der sich 40 Jahre lang in Schweden  „Kiefern im Abendlicht“ widmete. Einige seiner Bilder sind laut Sjöberg „magisch“.  

 

 

In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurden in vielen Industrieländern, u.a. auch in Schweden, Naturschutzreservate geschaffen, einer der ersten war der  polnische Urwald von Bialowieza (Podlasien), der zuvor bereits eine Bedeutung als Ort nationalen  Widerstands hatte, wie der Kulturhistoriker Simon Shama in seinem Buch „Der Traum von der Wildnis“ ausführte. Heute laufen im polnischen Fernsehen und gelegentlich auch im Deutschen immer mal wieder Dokumentarfilme über die Flora und Fauna des Urwalds von Bialowieza. Es war die Pilsudski-Regierung, die diesen Urwald zu einem der ersten drei polnischen “Nationalparks” erklärte. „Im Wald finden die ersten Gefechte zwischen Nationalökonomie und -ökologie statt!“ schreibt Simon Shama.

 

 

Fredrik Sjöberg hält heute nichts mehr von „Reservaten“, die er mit der Nationalparkforscherin Astrid Slottved der „Rassentrennung“ bezichtigt: „Die Grauwasseramsel, die wir bei Ribbon Falls sahen, benötigt zum Überleben keine Parks, nur ein bisschen Anstand,“ schreibt er.

 

 

Gunnar Widforss begann als Dekorationsmaler, u.a. in St. Petersburg, mit der Zeit verschwanden aus seinen Gemälden „langsam die Menschen“, am Mittelmeer „übte er sehr zielstrebig das Malen von Luft“. Im Grand Canyon gibt es heute einen nach ihm benannten Aussichtspunkt und einen Wanderweg. Als man 1916 den „US National Park Service“ einrichtete, begann „das Goldene Zeitalter der amerikanischen Nationalparks“ und Widforss konnte sich dank dieser Behörde als „Hofmaler“ der Naturschutzreservate etablieren, die in den Zwanzigerjahren mit Beginn der Massenmotorisierung von Millionen besucht wurden. „Widforss reiste zur Mesa Verde in Colorado, zu den Carlsbad Caverns in New Mexico, zum Crater Lake in Oregon, in den Sequoia Nationalpark und das Death Valley in Kalifornien – bis zum Yellowstone oben in Wyoming kam er und überall malte er Aquarelle, wie man sie bisher nicht gesehen hatte…Keiner wußte besser als er [außer  vielleicht noch Thomas Moran und der Photograph Ansel Adams], wie schwierig es war, die Seele der Landschaft einzufangen, selbst wenn es sich nur um eine Kiefer in der Hochsommersonne handelte. Und sein Werk hat Bestand. Sein Meisterstück war der Grand Canyon.“

 

 

Morans, Adams und Widforss‘ Bilder werden – was Sjöberg – leider nicht thematisiert, in die Ikonographie der  „Manifest Destiny“ eingereiht. Darunter versteht man laut Wikipedia „eine amerikanische Doktrin des 19. Jahrhunderts. Sie besagt, dass die USA einen göttlichen Auftrag zur Expansion hätten, insbesondere über die Mitte des 19. Jahrhunderts bestehende westliche Grenze in Richtung Pazifik. Die Redewendung, die so viel wie offensichtliches (oder unabwendbares) Schicksal bedeutet, hatte der New Yorker Journalist. John O’Sullivan 1845 in einem Artikel der Zeitschrift „The United States Democratic Review“ geprägt.“ Die „Manifest Destiny“ braucht bis heute diese Visualisierungen des Großartigen, die auf dem Kunstmarkt hin und her wandern – und immer teurer werden.

 

 

Auf der Fahrt zu den „Ansichten“ von Widforss durch den Grand Canyon  kommen Fredrik Sjöberg und seine Frau Johanna 2005 an großen Flächen mit „totem Wald“ vorbei, „an den Berghängen gab es nichts als trockene, tote Bäume…Ganze Wälder.“ Ein Mann aus der Gegend erzählte ihnen, dass die Region seit Jahren von einer „dramatischen Dürre“ heimgesucht werde. Der Klimawandel wird dafür verantwortlich gemacht. 2013 ebenso die Brände in den kalifornischen Wäldern, während man für die alljährlichen Waldbrände n Griechenland, Spanien und Südfrankreich eher Brandstifter vermutet.

 

 

Die Nachrichtenagentur dpa meldet am 26.8.2013:

 

„Der gewaltige Waldbrand beim Yosemite Nationalpark in Kalifornien hat sich auf eine Fläche von mehr als 580 Quadratkilometern ausgedehnt. Etwa sieben Prozent des Feuers seien inzwischen eingedämmt, teilte die Feuerwehr am Montag mit. Der Brand drohte aber durch starke Winde auf bisher noch nicht betroffene Gegenden überzugreifen.

Am Wochenende hatte die Leitung des Nationalparks Vorsichtsmaßnahmen eingeleitet, um drei Dutzend wertvoller Mammutbäume vor den Flammen zu schützen. Der Waldbrand hat bereits einen Randbezirk des Parks erreicht. Das Dickicht wurde daraufhin gelichtet und Sprenkelanlagen errichtet, um die Natur feucht zu halten. Inzwischen sind auch die Strom- und Wasserversorgung der Millionenmetropole San Francisco gefährdet.“

 

Ein paar Stunden zuvor hatte dpa noch in bezug auf die Mammutbäume getickert:

 

„Sie wachsen mehr als 100 Meter hoch, werden älter als 3000 Jahre und zählen zu den imposantesten Gewächsen auf der Erde: Mammutbäume waren vor Millionen von Jahren weltweit verbreitet. Natürliche Vorkommen gibt es heute jedoch, abgesehen von einem kleinen Gebiet in China, nur noch an der Westküste der USA. Bis Ende des 19. Jahrhunderts wurden sie dort forstwirtschaftlich genutzt, so dass heute nur noch 60 Prozent der ursprünglichen Vorkommen erhalten sind. An den natürlichen Standorten stehen sie unter strengem Schutz.

Der Stamm des Mammutbaums hat einen Durchmesser von vier bis sechs Metern, seine Borke wird bis zu 50 Zentimeter dick. Haben die Bäume eine gewisse Größe erreicht, sind sie gegen Waldbrände geschützt. Dies liege unter anderem an dem in der Borke enthaltenen Bitterstoff Tannin, erklären Fachleute. Er sorgt auch dafür, dass abgestorbene Exemplare nur langsam verrotten.

In Kalifornien kommen zwei Arten vor: Der Küstenmammutbaum (Sequoia sempervirens oder „Californian Redwood“) gedeiht vor allem an der dunstigen Pazifikküste. Der Riesen- oder Bergmammutbaum (Sequoiadendron giganteum oder „Big Tree“) wurde um 1833 nördlich des Yosemite Valley entdeckt. Gezüchtet wird der Mammutbaum auch in Europa, er ist in vielen Parks und botanischen Gärten zu finden.

Der wissenschaftliche Sammelname Sequoia geht auf den Sohn einer Cherokee-Indianerin und eines Briten zurück. Er entwickelte im frühen 19. Jahrhundert ein Schriftsystem für die Sprache der Cherokee.“

 

 

Sjöberg sieht sich 2008 in seiner Kritik an den scheinbar urnaturbelassenen Nationalparks im Grand Canyon bestätigt: „Die Ökosysteme, die Wälder und Sümpfe, mit all ihrem Leben im Großen wie im Kleinen, werden in den Reservaten bloß eingesperrt. Sie sind wie in einer Falle gefangen, wenn die Hitze kommt, oder die Kälte. Die Veränderung…Die Zeit der Reservate ist vorbei.“

 

 

Ein paar Seiten weiter zitiert Sjöberg den 1974 auf Deutsch erschienenen Alternativ-Bestseller „Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten“ von Robert Pirsig“, es geht in dem Zitat um eine Motorradfahrt durch den Crater-Lake-Nationalpark darum, dass man dort nirgendwo Spuren der Zivilisation, seiner Nutzung, Abfall von Touristen z.B. sieht, so dass der Park wie ein Museum wirkt, „würde man wenigstens einen Haufen leerer Bierdosen aufschichten, würde die Geschichte gleich viel lebendiger wirken.“ Die Musealisierung einer Landschaft versucht ihr sorgfältig die Geschichte, und sei es auch die jüngste vom tag zuvor, auszutreiben.“

 

 

Sjöbergs „Naturpolitik“, wie er sie nennt, ähnelt der von Bruno Latour, wenn er schreibt, „dass einige von uns im Zwielicht des Waldes zu dem Schluß kamen, dass die koloniale Phase im Verhältnis des Menschen zur Natur zu einem Abschluss gebracht werden sollte…Utopie“ Bei Latour klingt das so: „Es gibt keine ökonomische Utopie mehr, nur noch eine ökologische.“ Wobei es den ersteren – Utopisten – immer wieder gelingt, sich in letztere „einzubringen“: Mimesis/Mimikry. Sauerei.

 

 

Der Baummaler Gunnar Widforss, der ein unruhiges Leben in Amerika führte, fuhr Anfang der Dreißigerjahre, kurz vor seinem Tod, noch einmal besuchsweise nach Schweden, wo er einem Zeitungsrporter auf die Frage, was er in Amerika als Mangel empfinde, antwortete: „Eigentlich gibt es nur eins, was ich vermisse. Ich würde gerne die schwedische Zwerg-Birke mitnehmen.“

 

 

Sein Biograph Sjöberg ist verwirrt, als er auf diese Zeilen stößt: „Was in aller Welt meinte Gunnar damit? Die Zwerg-Birke? Hier hatte ich offenbar etwas Wesentliches übersehen. Über Bäume hatte er verschiedentlich gesprochen, große Bäume – uralte Kiefern und Rieseneichen, Pinien, Palmen, Olivenbäume, Rewood, Espen und Douglastannen – niemals jedoch ein paar Worte über Zwerg-Birken fallen gelassen.“

 

 

Aber „er konnte ja schlecht Stachelbeere nennen, denn das hatte bereits der ebenfalls nach Amerika ausgewanderte Romantiker Carl Jonas Love Almqvist getan.“ Die „Zwerk-Birke“ war für Sjöberg dennoch „eine glückliche Wahl“, denn er versteht diese Nennung als eine Art Codewort für etwas in Widforss‘ Leben, „dass er mehr als sie [die Birke] vermisste. Unendlich viel mehr.“

 

Und das, so findet er dann anhand eines anonym bleibenden Briefes heraus, war eine einstige Geliebte von Widforss in Schweden, die ein Kind mit ihm hatte, das, als er starb, 13 Jahre alt war und nur „einen Haufen Bilder von amerikanischer Wildnis“ von ihrem Vater erbte. Das ganze war jedoch ein „Familiengeheimnis“ bei den Widforss‘ gewesen. Damit sind wir mit der „Zwerg-Birke“ wieder – wenig glücklich – im alten „europäischen Baumdenken“, wie Deleuze/Guattari alles  „Abstammungsdenken“ und „-vermuten“ nennen.

 

 

Gunnar Widforss gehört nebenbeibemerkt zu den ganz wenigen Baumliebhabern, die am Steuer starben, bevor ihr Auto „in eine Kiefer krachte“, wie Sjöberg dann auch noch herausfand. Er und seine Frau, die keine Baumbilder mag, gingen zwecks Fortsetzung der Widforss-Recherche den Weg im Grand Canyon entlang, den auch der Maler einst gegangen war und wo er seine Espen gemalt hatte: „Ein Motiv“, das er laut Auskunft eines Nationalparkverwalters „von allen am meisten schätzte“.  Sie nahmen auch den Weg zum „Widforss Point“, er führte die beiden „wie in einen Saal unter vielen hundert Jahre alten Kiefern“.

 

 

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Hier stellt Eva, die Gattin des Harzer Forstbeamten Will Froehlich, eine Szene aus dem Film „Das grüne Wunder“ nach.

 

 

Die mexikanische Regierung bekämpft nicht nur die Dorfbewohner in Chiapas als Basis der Zapatistas militärisch, sie hat den dort lebenden Menschen auch verboten, z.B. ihr Feuerholz im Wald zu schlagen, gleichzeitig erhalten Konzerne jedoch Abholzgenehmigungen und es werden große Siedlungsflächen gerodet: Nicht nur chiapanekische Indigenas, sondern auch Gemeinschaften aus anderen südlichen und zentralen Bundesstaaten, die z.B. in Guerrero, Veracruz oder Michoacan eine Landzuteilung forderten, wurden in die Selva Lacandona geschickt – wo sie sich ein kleines Stück Land rodeten und nun bewirtschaften. Darüberhinaus will die mexikanische Regierung generell den Boden privatisieren und das Prinzip des kollektiven Eigentums abschaffen – was den kleinen indigenen Völkern weltweit droht.

 

Noch immer werden tausende von Hektar tropischer Regenwald täglich gerodet oder sonstwie zerstört (50% sind es bereits). Derzeit sind die chinesischen Holzfirmen weltweit führend im Baumfällen. Die Edelhölzer aus Südamerika werden von ihnen schon auf dem Schiff zu Möbeln verarbeitet. Um nicht durch das von Amerikanern beherrschte Nadelöhr Panamakanal zu müssen, plant der chinesische Telekom-Milliardär Wang Jing jetzt einen zweiten Kanal durch Nicaragua, den die Amerikaner bereits 1890 geplant hatten, auch der Urwald wurde von ihnen damals schon für den Kanalbau abgeholzt. Der chinesische Kanal nun wird mit 30 Milliarden Euro veranschlagt – bei einer zehnjährigen Bauzeit. Dafür wird Wang Jings Konsortium für rund 50 Jahre die Betreiberrechte erhalten. Im Panamakanal muß ein mit 6000 Containern beladener Frachter 350.000 Dollar Durchfahrtsgebühren zahlen. Für das arme Nicaragua wäre der Kanal mithin eine hochwillkommene Geldquelle. Die Umweltschützer des Landes kritisieren natürlich das Projekt.

 

Hölzer verschiedener Qualitäten bezieht China nicht nur aus Lateinamerika. In Sibirien sind tausende chinesische Holzfäller (sowie auch nordkoreanische Vertragsarbeiter) dabei, die dortigen Wälder zu Eßstäbchen zu verarbeiten, wie der Spiegel schrieb. In Burma wird fast das gesamte Teakholz über die nahe Grenze nach China exportiert, auch Indonesien exportiert sein illegal geschlagenes Teakholz heimlich über Burma nach China. Die Baumstämme werden zumeist mit Elefanten aus dem Wald gezogen und dann mit Lastwagen weiter transportiert. Der Ostberliner Elefantenpfleger Patric Müller berichtet: „Dort werden die Elefanten noch wirklich gebraucht. Das hat aber auch etwas Paradoxes: Die Teakholzwälder werden massiv abgeholzt, das gibt jedoch den Elefanten Arbeit – und somit Schutz. Wenn es aber gelingt, den Handel mit Tropenholz einzudämmen, dann verlieren die Elefantenführer (Mahuds) ihren Arbeitsplatz und die Elefanten ihre Daseinsberechtigung,“ d.h. sie verschwinden langsam aus Südostasien.

 

Ryszard Kapuscinski schrieb in: „Die Welt im Notizbuch“ (2003):

Es verschwinden die Wälder der Erde; in Brasilien, China, Kamerun. In Ruanda, das einst grün war, bedecken die Wälder nur mehr zwei Prozent des Bodens. Das Abholzen der Wälder schreitet auf allen Kontinenten voran. Die Erde wird immer nackter und schutzloser.“

Nachdem man 1992 im Kongo zunächst vergeblich versucht hatte, den Alleinherrscher Mobuto mit einer „Nationalen Souveränen Konferenz“ zu entmachten, meinte eine der Konferenzteilnehmerinnen zu dem belgischen Schriftsteller David van Reybruck, als der sie 2008 für sein Buch „Kongo – Eine Geschichte“ interviewte:: „Wir wollten die Diktatur entwurzeln, ja, aber man kann einen Baobab-Baum nicht einfach fällen, denn dann stürzt er auf einen. Man muß eine Wurzel nach der anderen durchhacken und ihn dann gemeinsam aus einiger Entfernung umreißen.“

 

 

Martin Heidegger lebte im Schwarzwald, in seinen Werken spielte der Begriff der „Lichtung“ eine wichtige Rolle, wie ebenso der „Feldweg“ und vor allem der „Holzweg“ – Waldwege, auf denen der Einschlag abtransportiert wird. Der Holzweg ist jener Weg, der unvermutet im Forst abbricht. Als Martin Heidegger und Carl Friedrich von Weizsäcker einmal auf einem Spaziergang durch den Stübenwasener Wald waren, stellten sie überrascht fest, dass sie sich auf einem Holzweg befanden. Noch mehr aber liess sie erstaunen, dass sie an der Stelle, wo der Weg endete, auf Wasser gestossen waren. Heidegger soll da frohlockt haben: “Ja, es ist der Holzweg – er führt zu den Quellen!” Ernst Jünger machte daraus später einen kathartischen „Waldgang“.Heute ist daraus wiederum  ein meditativer bis fitnessverbessernder „Waldausflug“ geworden, der sich mit einer regelrechten „Spaziergangsforschung“ hinterfüttern läßt.

 

Über den Begriff der „Lichtung“ schreibt ein unbekannter Heideggerianer auf „www.sciacchitano.it“:

 

 „Wenn Heidegger beginnt, klassische philosophische Begriffe durch einen der Waldsprache entlehnten Ausdruck zu ersetzen, so hat dies nicht nur mit seiner persönlichen Vorliebe für den Wald zu tun, sondern auch und vor allem mit dem semantischen Potenzial, das »Lichtung« enthält. Oder besser: mit dem semantischen Potenzial, das Heidegger zu aktivieren versteht. Die Relevanz der Lichtung in seinem Diskurs lässt sich nicht vom Gebrauch trennen, den er von diesem Wort macht, von seinem Geschick, ihm immer wieder neue Bedeutungen abzugewinnen. Dabei müssen wir die semantische Dynamik des Wortes, das in Heideggers Texten eine immer wichtigere Rolle spielt, zugleich in Beziehung zu seinem Denken setzen, wie es sich zwischen Sein und Zeit und den späten Seminaren entfaltet.
Erstmals taucht das Wort »Lichtung« an vereinzelten Stellen von Sein und Zeit auf. Heidegger erwähnt es daselbst eher nebenbei, noch ohne ihm die Würde eines philosophischen Leitworts zuzuerkennen. Dies mag auch der Grund dafür sein, weshalb er es unterlässt, das unvermittelte Auftauchen näher zu begründen. Er führt die »Lichtung« gleichsam durch die Hintertür ein, indem er sich von der »ontisch bildlichen Rede vom lumen naturale im Menschen« leiten lässt, wie er selbst schreibt. Diese Rede bezeuge, dass die klassische Philosophie etwas von jener »Erschlossenheit«, von jenem »Da« geahnt habe, das das »Dasein« für es selbst
sei. Vor diesem Hintergrund bestimmt er die dem Dasein eigene Erschlossenheit bzw. Offenheit als Lichtung: »Es ist >erleuchtet<, besagt: an ihm selbst als In-der- Welt-sein gelichtet, nicht durch ein anderes Seiendes, sondern so, dass es selbst die Lichtung ist.« Das Dasein wird nicht vom Licht eines anderen Seienden erleuchtet, aber ebenso wenig ist das Licht einem besonderen Vermögen des Daseins zuzuschreiben, ist mithin keine »ontisch vorhandene Kraft und Quelle einer ausstrahlenden, an diesem Seienden zuweilen vorkommenden Helligkeit«. Das Dasein muss nicht erst aufgehellt werden, sondern ist vielmehr immer schon an ihm selbst gelichtet, ist nichts anderes als diese Gelichtetheit. Und nur weil es an ihm selbst gelichtet ist, kann ihm anderes Seiendes »im Licht« zugänglich, »im Dunkel« verborgen werden. Halten wir also fest: Es sind die im Wort »Lichtung« enthaltenen Bezüge zur Offenheit (Zugänglichkeit, Erschlossenheit), die Heidegger veranlassen, das Dasein als Lichtung zu charakterisieren.“

 

In Oberhessen gehen alle Dörfer, die mit der Silbe „rod“ enden, aus fränkischen Rodungssiedlungen – mithin Lichtungen – hervor, wovon nicht wenige zunächst nur Köhler-Lager gewesen waren. In der bayrischen Rhön gibt es noch immer drei Dörfer, die sich von den anderen in der Struktur ihrer Anlage gründlich von den anderen Orten drumherum unterscheiden – sie gingen angeblich aus Köhler-Siedlungen und Holzkohlehändlern hervor, in den Rodungsdörfern siedelten dagegen vorwiegend Bauern.

 

Das Vogelsberger und Rhöner Mittelgebirge hieß einst nach seinem Baumbestand „Buchonia“. Es gibt dort noch immer kleine Buchenwälder – und zunehmend wieder Mischwälder, nicht zuletzt, weil die Industrie-Fichten allein immer weniger den Stürmen standhalten können. Nicht weit von Fulda – am Rand der Rhön gelegen, ließ angeblich der iroschottische Mönch Bonifatius einst die heidnische (Donar-) Eiche fällen. Noch heute findet man dort viele kleine Kirchen, in deren Sockel man die heidnischen Götter abgebildet (d.h. gebannt) hat. Und Bonifatius steht mächtig in Fulda auf einem Sockel.

 

 

In Afrika, erzählt Ryszard Kapuscinski, „sind die ersten Stunden der Nacht die geselligste Zeit. Keiner will da allein sein. Allein sein? Das ist ein Unglück, ein Fluch.“ Man versammelt sich um den großen Mangobaum in der Mitte des Dorfes.“ Wenn es richtig Nacht geworden ist, geht alles nach Hause. „Es ist bekannt, dass die Zauberer und Hexen ihre Zusammenkünfte auf Zweigen abhalten, verborgen im Blattwerk. Es ist besser, sie dabei nicht zu stören und den Platz unter dem Baum zu verlassen…

 

Das Platz unter dem Mangobaum bleibt also bis zum Morgengrauen leer. Im Morgengrauen erscheinen gleichzeitig die Sonne und der Schatten des Baumes auf der Erde. Die Sonne weckt die Menschen, die sich sofort vor ihr zu verbergen suchen, in den Schutz des Schattens flüchten. Es ist seltsam und doch wahr, daß das menschliche Leben von etwas abhängen kann, daß so flüchtig und unbeständig ist wie der Schatten. Daher ist der Baum, der diesen spendet, mehr als ein Baum, er ist – das Leben selber. Wenn ein Blitz in seinen Wipfel schlägt und der Mangobaum niederbrennt – haben die Menschen keinen Platz mehr, um sich vor der Sonne zu schützen oder ihre Beratungen abzuhalten. Wenn sie keine Beratungen abhalten können, dann können sie keine Entscheidungen treffen, nicht mehr beschließen. Vor allem aber können sie nicht mehr ihre Geschichten erzählen, die nur in der Weitergabe von Mund zu Mund während der abendlichen Versammlungen unter dem Baum existiert. Daher büßen sie rasch das Wissen um das Gestern ein, verlieren ihre Erinnerung. Sie werden zu Menschen ohne Vergangenheit, das bedeutet – zu Niemandem. Ihnen geht das verloren, was sie miteinander verbindet, sie zerstreuen sich, jeder geht einsam seiner Wege. Doch die Einsamkeit ist in Afrika unmöglich, einsam kann der Mensch keinen Tag überleben, ist er zum Tode verurteilt. Wenn daher ein Blitz in den Baum schlägt, kommen auch die Menschen um, die in seinem Schatten lebten…Der zweite höchste Wert neben dem Schatten ist das Wasser…“
Wenn es im Dorf einen Lehrer gibt, dann dient der Platz morgens unter dem Baum als Klassenzimmer…Wenn die Mittagsstunden anbrechen und der Himmel weiß zu glühen beginnt, gesellen sich zu den Schatten suchenden Kindern auch Rinder, Schafe und Ziegen…Die Nachmittagsstunden sind am wichtigsten – die Alten kommen unter dem Baum zur Beratung zusammen. Der Mangobaum ist der einzige Ort, wo man sich treffen und unterhalten kann, denn im Dorf gibt es nirgends einen größeren Raum…Wenn sich der Tag dem Ende zuneigt und die Dämmerung hereinbricht, beenden die Versammtelten ihre Beratung und gehen nach Hause…Jetzt kommen die Frauen unter dem Baum zusammen, es kommen die Alten und die Kinder, die überall dabei sein wollen. Wenn die Menschen Holz haben, machen sie ein Feuer…Nun beginnen die angenehmsten Stunden, die ich am meisten liebe – die Stunden, in denen die Ereignisse des Tages erzählt werden.“

 

 

 

In Mitteleuropa war nicht selten die Linde das Zentrum des Dorfes. Der DDR-Schriftsteller Erwin Strittmatter erzählte in seinem seiner Dorfgeschichten, dass in Bohsdorf in der Niederlausitz, wo er aufgewachsen war und seine Mutter ihren durch ihn berühmten „Laden“ betrieb, die dortige alte Dorflinde einem „Konsum“-Neubau weichen sollte. Als Strittmatter, der inzwischen auf dem „Schulzenhof“ im Ruppiner Land lebte, davon erfuhr, bemühte er sich, die Linde zu retten – aber es war bereits zu spät.

 

Von der Linde leiten sich viele Ortsnamen ab. Es gibt Sommer- und Winterlinden und ferner die „Holländische Linde“ – „ein natürlicher Hybride beider Arten“. Die Blüten dieser Arten dienen in vielfältiger Weise als Heilmittel – nicht so die südosteuropäische Silberlinde. „Die Linde – ein starkes Symbol“ titelte das bayrische BUNDmagazin „Natur + Umwelt“ in seiner neuen Ausgabe. Dabei geht es um ein Porträt dieses Baumes, den sich der BUND einige Jahre nach seiner Gründung als „Vereinszeichen“ gab.

 

2010 diskutierten wir über das Wort „Floß“ (gefertigt aus zusammengebundenen Baumstämmen) – als eine Metapher, z.B. in dem Titel des Buches von Fernand Deligny „Ein Floß in den Bergen“, in dem es um das Zusammenleben mit einer Gruppe von Autisten in den Chevennen geht.

 

Als nächstes und vielleicht inspiriert von diesem französischen Floß-Abenteuer lernte ich im Prenzlauer Berg eine Frau kennen, die ein großes Zimmer besaß, in dem nur ein Bett stand, das nach einigen Tagen zu einem “Floß” für uns wurde. Wir kamen damit für kurze Zeit einer Utopie nahe: Nie mehr unser Floß verlassen!  Nur noch sich lieben (bis alles wund ist), küssen, umarmen, darüberhinaus höchstens noch  rauchen, trinken, essen, schlafen. “Und irgendwann im Augenblick der höchsten Lust sterben.” (Michel Foucault).  

 

Von solchen Floß-Erlebnissen schwärmen sogar Polizisten. Am Tag des Milizionärs sangen sie im sowjetischen Fernsehen regelmäßig das Lied “Auf dem kleinen Floß”. Wladimir Kaminer erzählte mir, wovon es handelt: “dass nur ein solches  kleines Floß uns durch alle Irrungen und Wirrungen bringen kann, ein Floß – als  Inbegriff der Liebe. Den Liebenden im Lied gelingt aber eine schöne Reise…” Dunkle Worte: wieso “aber”? Dann kam eine Kurze Zeit, an der ein Drehbuch mit dem Titel „Ein Floß in der Gobi“ im Kopf entstand.

 

Zuletzt bestieg ich in dem Jahr mit schweigendem Begehren ein Floß: endlich ein richtiges, kein metaphorisches, dachte ich noch. Das war in der schwedischen Provinz Värmland am Ufer eines Flusses. Während wir dort noch mit 2 Kmh den gemächlich dahinfließenden breiten Gebirgsstrom runtertrieben und herauszufinden versuchten, ob die Strömung in seinen Kurven innen oder außen schneller war, korrigierte ich mich jedoch: dieses Floß war etwas Hyperreales:

 

Wir waren zu viert mit fast 1000 Kmh von Berlin nach Oslo geflogen und dort von der Reiseführerin mit einem Kleinbus abgeholt worden. Nach 170 Kilometern durch Wälder und an Seen vorbei erreichten wir in Nordvärmland eine Stelle am gemächlich dahinfließenden Gebirgsfluß Klarälven, die bis 1991 von gewerblicher Flößerei benutzt wurde. Heute betreibt dort die Firma “Vildmark i Värmland” ein Touristencamp zu dessen Freizeitangeboten u.a. Floßfahrten gehören. Als wir ankamen mußten wir das Floß erst einmal bauen –  mittels 40 drei Meter langen Fichtenstämmen und 80 Meter Tauenden. Jan, ein Mitarbeiter von  “Vildmark”, zeigt uns dafür die richtigen Knoten. Dann mußten zwei von uns sich lange Gummistiefel anziehen, um die Stämme von der Wasserseite aus zu vertauen. Wir anderen ließen die Stämme ins Wasser rollen und arbeiteten ihnen vom Ufer aus zu. Währenddessen fuhr unsere värmländische Reiseführerin “unseren” Kleinbus flußabwärts – bis dahin, wo unsere Floßfahrt enden sollte. Von dort brachte sie ein anderes Auto zurück zu uns. Mit ihr waren wir wieder zu fünft, der Bau des Flosses, das aus drei Lagen Stämmen bestand, dauerte etwa zwei Stunden, dann konnten wir endlich raufspringen – und vom Ufer abstoßen.

 

Unsere Fließstrecke betrug  zehn Kilometer. Unterwegs wechselten wir vom Paddeln zum Erzählen, vom Essen zum Kaffee trinken. Ich rauchte.  Zwar sahen wir wie fast versprochen keine Biber oder Elche, dafür einen Schwarm Wildgänse. Sie flüchteten, als unser Floß ihnen nahe kam. Wir hätten angeln können, uns erwartete jedoch am Abend ein Fischessen im Hotel. Nach fast fünf Stunden sahen wir unser Ziel vor uns, es hieß Björkebo und bestand aus einer Art Hafen, in dem die geflößten Stämme sich auf fast natürliche Art sammelten. Wir ruderten ans Ufer, benutzten dort erst einmal das Plumsklo und bauten dann das Floß wieder auseinander.  Am Ufer standen fünf Tonnen, in die wir unseren Müll getrennt entsorgten. Die  Reiseleiterin war sogar so öko eingestellt, dass sie die übriggebliebenen Maiskörner und Gurkenscheibchen nicht in den  Fluß geworfen hatte. Die Stämme und Taue, das Regenzeug und die  Versorgungskisten wurden mit Lkws abgeholt. Auf Schildern zeigt man uns, wie wir die einzelnen Taue zusammenlegen und verstauen sollten.

 

Als das geschehen war, brachte uns die Reiseleiterin mit ihrem Kleinbus zum nächsten Hotspot – einem riesigen Spa-Hotel in Sunne am See, wo wir baden und essen konnten. Dorthin mußten wir wieder ein Stück flußaufwärts fahren. Als wir am Ausgangspunkt unserer Floßfahrt vorbeikamen, stoppte einer der Mitreisenden die Zeit: Die Strecke, für die wir einschließlich dem Bau des Flosses fast einen Tag gebraucht hatten, legten wir nun mit dem Auto in sechs Minuten zurück. Von “Klarälvens Camping”, wie der Floßplatz hieß, brauchten wir dann noch einmal zwei Fahrstunden bis zum Spa-Hotel. Von dort holte uns am nächsten Morgen ein Taxi ab, mit dem wir zurück zum Flughafen nach Oslo fuhren. Von da aus ging es mit dem Flugzeug wieder nach Berlin.

 

Im Taxi nach Hause frug ich mich: Hätte es eine “Telebrücke” nicht auch getan? – ein Wort aus der guten alten Zeit der verfeindeten Ost-West-Blöcke. Damals veranstalteten Rockmusiker aus San Francisco und Moskau im Rahmen der „Citizen Diplomacy“ zusammen ein Konzert – wobei die Bands den Sound der jeweils anderen mit einer Sekunde Verspätung zu hören bekamen.

 

 

Als die Wälder auf Reisen gingen“ – so heißt nun ein Internet-Essay von Robert Eikmeyer, im Untertitel: „15 Positionen zum Thema Floß, Flößerei und weiteren Holzwegen“, womit u.a. auf Heidegger und den Schwarzwald angespielt wird. Hier ein Zitat:

 

 

Ein Gespenst geht um in Europa, noch nicht das Gespenst des Kommunismus, sondern das Gespenst der Holznot, Ende des 16. Jahrhunderts kommt es zum ersten Mal zu Holzmangel. „Bezeichnend für die damalige Stimmung ist die Luther und Melanchthon zugeschriebene Prophezeiung, „das noch vor dem Jüngsten Gericht an guten Freunden, guter Münze und wildem Holze großer Mangel eintreten werde“.“ Holz wurde zur Mangelware, weil die Städte und Gemeinwesen ihre Holzreserven weitgehend abgeholzt hatten. Gleichzeitig stieg der Holzbedarf immens, weshalb der Fernhandel zu florieren begann. Im 18. Jahrhundert erreichte die Flößerei ihren Höhepunkt und der ganze europäische Überbau der damaligen Zeit stand wortwörtlich auf hölzernen Füßen. „Für die Flößerei mußte also eine umfangreiche Infrastruktur bereitgestellt werden.“ Von überall her wurde Holz in die Zentren der damaligen Zeit transportiert. „Die Holländerholz-Hiebe führen zu einem rücksichtslosen und erschreckenden Raubbau an den weitgehend noch ursprünglichen Tannen-Buchen-Mischwäldern des Nordschwarzwaldes. Ein gigantischer Abholzungsprozeß in Form riesiger Kahlhiebe, der nur leere, mit Felsen bedeckte Flächen zurückläßt, plündert die Holzvorräte und führt zu Devastation und Waldverwüstung.“

 

 

 

 

 

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 Hier zeigt die Biologin Verena Jürgensen ihrem Bekannten aus Kairo einen deutschen Wald im Herbst. Das Foto war Bestandteil einer Ausstellung im Goetheinstitut in Mitte „Der Deutsche Wald“, die nicht zustande kam.

 

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Photo aus Facebook

 

 

 

Ryszard Kapuscinski schreibt in seiner Artikelsammlung „Afrikanisches Fieber“: „Der tropische Große Wald läßt sich mit keinem Wald in Europa oder dem Dschungel des Äquators vergleichen…Er ist monumental, seine Bäume ragen 30 oder 50 Meter und noch höher empor, sie sind gigantisch, stehen kerzengerade und frei, halten eine deutliche Distanz zueinander, wachsen faktisch ohne Unterholz aus dem Boden. Als ich nun in diesen Großen Wald fahre [in Kamerun], in diese himmelhoch ragenden Sequoien, Mahagonibäume, Sapelli und Iroken, habe ich das Gefühl, über die Schwelle einer großen Kathedrale zu treten.“ Auf der schlechten Wegstrecke haben es die riesigen Lastwagen leichter als der PKW, in dem Kapuscinski fährt. Mit den LKWs „schaffen Franzosen, Italiener, Griechen und Holländer die Bäume von hier weg. Denn der Große Wald wird Tag und Nacht abgeholzt, seine Fläche schrumpft, die Bäume verschwinden. Immer wieder kamen wir zu großen, leeren Lichtungen, auf denen frische, riesige Baumstümpfe aus dem Boden ragten. Das durchdringende Kreischen der Motorsägen war kilometerweit zu hören.“

 

 

Zwei Studentinnen, die in ihren Ferien durch Borneo gewandert waren, kehrten enttäuscht nach Berlin zurück. Sie hatten sich die Insel so romantisch vorgestellt – Wälder, Seen, Berge, kleine Dörfer im Dschungel…Stattdessen gerieten sie von einer riesigen brandgerodeten, wie zerbompt wirkenden Ebene auf die nächste, dazu hing noch oft Rauch und Brandgeruch in der Luft.

 

 

In den amazonischen Regenwäldern müssen die kleinen Siedlungen der Indianer spätestens nach vier, fünf Jahren auf einen anderen zu rodenden Platz wechseln, weil dann der Boden der von ihnen angelegten kleinen Nutzgärten erschöpft ist. Schon nach kurzer Zeit hat der Wald die verlassenen Gärten wieder überwuchert.

 

 

Wie Forstwissenschaftler herausfanden, kamen auch die zurückgehauenen Wälder Mitteleuropas in früheren Zeiten den Rodungssiedlungen immer wieder derart nahe, dass die Siedler irgendwann aufgaben und sich woanders niederließen. Der Wald war auch und gerade für die von und in ihm Lebenden bedrohlich. “Die mitteleuropäische Geisteskultur hat sie mit zahlreichen Figuren der Wildnis bevölkert, mit Riesen, Zwergen, wilden Jägern, Bären, Wölfen und anderen Wesen…,” schreibt der Geobotaniker Hansjörg Küster in seiner “Geschichte des Waldes”.

 

 

In ihrem “Film about a Forest” mit dem Titel “Uhri – die Opfergabe”, in dem es um das Leben von sibirischen Jägern geht, kommen die zwei Filmemacher – die sibirische Ethnologin Lapsui und der finnische Förster Lehmuskallio – zu dem Schluß, dass die Taiga – der Wald – für Tundra-Nenzen beunruhigend und unheimlich ist. Er ist ihnen, da sie von einer beseelten Natur ausgehen, “zu voll”. Sogar die Taiga-Selkupen schützen ihren fest bebauten Sommerplatz mit einem Holzzaun vor den zu vielen Waldgeistern.

 

 

 

 

 

Der baltische Biologe Jakob meint: Es gibt keinen Wald als objektiv festlegbare Umwelt, sondern nur “einen Wald-für-den-Förster, einen Wald-für-den-Jäger, einen Wald-für-den-Botaniker, einen Wald-für-den-Spaziergänger, einen Wald-für-den-Holzleser” und, so dürfen wir hinzufügen: einen für Partisanen, Eulen, Eichhörnchen, Ameisen usw.. Wobei auch schon zwei Spaziergänger u.U. nicht einmal ein und den selben Wald sehen.

 

So macht sich z.B. der aus Sibirien stammende sowjetische Dichter Jewgeni Jewtuschenko in seiner Biographie „Der Wolfspaß“ über seine städtischen Freunde aus Westrussland lustig, die, wenn sie mit ihm einen sibirischen Wald betraten, plötzlich ganz ängstlich werden – und überall Gefahren vermuten.

 

Um zwei unterschiedliche Wald-Wahrnehmungen geht es vor allem in „Der Taigajäger Dersu Usala“ von Wladimir Arsenjew. Als Geograph und Offizier des Zaren unternahm er zwischen 1902 und 1930 zwölf ausgedehnte Expeditionen in das damals noch weitgehend unerforschte Gebiet zwischen dem Ussuri und dem Stillen Ozean. Bereits bei seiner ersten Unternehmung lernte er dort den Jäger Dersu Usala aus dem kleinen Volk der Golde kennen, mit dem ihm bald eine enge Freundschaft verband. Sie unternehmen danach alle Expeditionen zusammen.

 

Für Dersu Osala ist alles belebt – alle Tiere, Pflanzen, Steine, Flüsse und Dinge nennt er „Leute“ oder „Kerle“. Der vorurteilsfreie Arsenjew ist besonders beeindruckt davon, wie der Taigajäger es versteht, Spuren zu „lesen“. Das Entdecken und Deuten auch noch der kleinsten Zeichen im Wald versetzt Arsenjew und die ihn begleitenden Kosaken immer wieder in ehrfürchtiges Staunen, bereitwillig überlassen sie Dersu Osala schon bald die Führung, auch in moralischer Hinsicht, d.h. in bezug auf Tiere, die man nicht schießt und auf Menschen, die sie unterwegs treffen – und denen man uneigennützig hilft.

 

Da für den Taigajäger schier alles beseelt ist, spricht er mit Bäumen Tigern, Robben, Felsen ebenso ernst wie mit Menschen, und bedenkt Krähen und Ameisen z.B. mit übriggebliebenen Fleischstückchen. In Arsenjew hat er jemanden gefunden, der sein Verhalten zu würdigen weiß – und ihm später mit seinem Buch ein Denkmal gesetzt hat, das nach dem Zweiten Weltkrieg  zu einem „Klassiker“ wurde. Ein Klassiker über die „Naturverbundenheit“ und den „Altruismus“ eines nomadischen Jägers. 1975 wurde „Der Taigajäger Dersu Usala“ von Arsenjew in einer sowjetisch-japanischen Koproduktion von Akira Kurosawa verfilmt. Der Film bekam 1976 als bester ausländischer Film einen Oskar.

 

 

Von den weißrussischen Partisanen im Zweiten Weltkrieg, die sich in den riesigen Wäldern dort versteckt hielten, wird die „Waldkrankheit“ überliefert: Der polnische Schriftsteller Yuri Suhl hat sie in seinem Roman “Auf Leben und Tod”, der von jüdischen Partisanen in einem ukrainischen Wald handelt, beschrieben, wobei er sich auf eine Krankenschwester in einem Waldlager berief, die über dieses Leiden einen ihrer Patienten aufklärte: „Der Wald kann dich heilen und krank machen. Einige Partisanen haben jahrelang Krankheiten gehabt, die im Wald verschwanden. Keiner weiß warum. Es ist ein Rätsel. Und andere, die vorher nie etwas gehabt haben, werden krank, so wie du, mit hohem Fieber und Schüttelfrost.”

 

 

Während es in Jugoslawien, wo die „Partisanenkrankheit“ grassierte, die Rückkehr in die Gesellschaft war, ist es hier umgekehrt der Partisanenwald, der sie depersonalisierte. Der noch jugendliche Waldkranke wurde nach seiner Genesung in der Kreisstadt unter den Deutschen eingesetzt, wo er erfolgreicher war.

 

 

Kürzlich berichtete der aus dem lakandonischen Regenwald von Chiapas zurückgekehrte Biologe Cord Riechelmann, dass er dort ebenfalls “waldkrank” geworden sei: “Tag und Nacht ist man von Wald umgeben, man kann nicht weit kucken, hört ständig Geräusche und entdeckt laufend irgendetwas Neues. Auch viele Zapatistas werden dort waldkrank. Sie haben deswegen inzwischen davon abgesehen, aus jungen Mitkämpfer, die zu ihnen in den Wald kommen, Illegale zu machen, mit falschen Pässen und allem was dazugehört, weil sie dann in gewisser Weise gezwungen sind, im Wald zu bleiben – und um so eher waldkrank dort werden.”

 

 

Einige Partisanentheoretiker, wie der BBC-Programmchef Steward Hood, der im Zweiten Weltkrieg Partisanenführer in der Toskana war, meinen, dass nunmehr, mit dem Verschwinden der Bauern und der Wälder auch kein Partisanenkampf mehr möglich sei – höchstens eine Stadtguerilla, über die er dann auch mehrere Bücher schrieb.

 

 

Der Odenwälder Oberförster Wilhelm Fabricius, der fast hundert wurde und viele Forst-Bücher veröffentlichte, aber auch Geschichten aus dem Odenwald – u.a. im Verlag „Grüne Kraft“ von Werner Pieper, war Holzbeschaffer der deutschen Wehrmacht im Osten, d.h. er ließ dort ganze Wälder umlegen – bis eine dort kämpfende Gruppe von Partisanen ihn gefangen nahm. Sie ließen ihn jedoch wieder frei, nachdem sie sich davon überzeugen konnten, dass er als guter deutscher Förster die Kahlschläge auch alle wieder aufgeforstet hatte. Nach dem Krieg besuchten sie sich noch gelegentlich – die Partisanen und Fabricius.

 


Er kam aus der forstwissenschaftlichen Schule von Göttingen, von wo aus die Absolventen nicht erst heute in alle Welt ausschwärmen – als Forstfachleute: In die Mongolei z.B., wo die bundesdeutsche Agentur GTZ einige Wiederaufforstungsprojekte durchführt. Daneben geht es den deutschen Förstern dort jedoch auch um eine gewissermaßen indirekte Forstbewirtschaftung: So ließen sie z.B. in Stuttgart einen Ofen konstruieren, der in der Mongolei nachgebaut wurde und in dem nun in den Jurten die Hirten den getrockneten  Dung ihrer Herden verheizen. Dadurch sind sie nicht mehr auf das Holz der seltenen und äußerst langsam wachsenden Saxaul-Bäume angewiesen, deren niedrige Stämme nur gerade mal für ein paar Tage jeweils reichen.

 

Wikipedia spricht von ganzen „Saxaul-Wäldern“ in der Gobi, das finde ich jedoch übertrieben, ohnehin gehört dieses „Fuchsschwanzgewächs“ zu den Sträuchern. Weiter heißt es: „Der Saxaul wird in ganz Zentralasien zur Bodenbefestigung gepflanzt, um die fortschreitende Desertifikation zu stoppen. Eine parasitische Pflanze an seinen Wurzeln wird von den Chinesen als „Wüsten-Ginseng“ bezeichnet und in der traditionellen Medizin verwendet.“

 

 

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Ryszard Kapuscinski berichtet in einem Aufsatz über ein kleines Dorf im Senegal, dass man dort mit den ersten Sonnenstrahlen aufsteht und den Tag mit einem „Ritual morgendlicher Besuche und Begrüßungen“ beginnt: „Wie hast du geschlafen?“ – Gut. „Und deine Frau?“ – Gut. „Und deine Kinder?“ Auch gut. „Und die Cousins?“ Gut! Usw. endlos.

 

 

Darüber, dass man dort nicht „Guten Tag“ sagt oder „Wie geht’s?“ fragt, sondern sich mit „Wie hast du geschlafen?“ begrüßt, hat sich auch Jean Rouch gewundert und 1997 sogar einen Film darüber gedreht: „Moi fatigué debout, moi couché“ (Tired Standing Up and Lying Down). Dort wo Rouch drehte, wachsen seltsamerweise auch viele Bäume im Liegen bzw. sie legen sich hin und leben so weiter – in der Horizontalen.

 

 

„Wo seit 60 Jahren Bäume wachsen“ (d.h. vor allem Pappeln) – so hat die Berliner Regisseurin Katrin Eissing ihren Dokumentarfilm über das Moordorf Neugnadenfeld im Emsland genannt; seine Bewohner gehören zur „Brüdergemeine“, eine von den Hussiten herstammende protestantische Bewegung, die 1722 – als vertriebene „Böhmische Brüder“ ihr Zentrum im sächsischen Herrenhut bei Görlitz fand. Die Neugnadenfelder wurden im Zweiten Weltkrieg aus Polen vertrieben und fanden danach keinen Ort im Westen, der sie ansiedeln ließ, bis ihr Pfarrer schließlich das Moorlager im Emsland entdeckte und sie dort wieder alle versammelte. In dem Lager – namens „Alexisdorf – waren zunächst Arbeitsdienstler, dann Zwangsarbeiter und zuletzt russische Kriegsgefangene untergebracht worden. Von letzteren zeugt noch der „Russenfriedhof“ am Ortsrand des Dorfes Neugnadenfeld, in dem immer noch ein großes Gemeinschaftsgefühl obwaltet.

 

Erwähnt seien ferner zwei weitere Filme über Emslandlager – von denen insgesamt 15 existierten. Paul Meyer, verwandt mit der Werftbesitzerfamilie Meyer in Papenburg, drehte seinen ersten Film über das Emslandlager Aschendorfermoor, in dem ein desertierter Gefreiter in der Uniform eines Nazi-Offzieres zusammen mit einer Handvoll Spießgesellen in den letzten Wochen des Krieges eine Schreckensherrschaft errichtete: „Der Hauptmann von Muffrika“ heißt dieser Dokumentarfilm, sein nächster Film hat den Titel „Konspirantinnen“ und handelt von polnischen Widerstandskämpferinnen aus dem Warschauer Aufstand 1944, die nach Unterzeichnung der Kapitulationserklärung der Deutschen als erste weibliche Kriegsgefangene in das Lager Oberlangen im Emsland kamen, wo dann am 12. April 1945 polnische Soldaten der Alliierten das Lager erreichten und sie befreiten. Bäume spielen in Meyers Emsland-Lagerfilmen im Gegensatz zu dem von Katrin Eissing keine Rolle.

 

 

Bertold Brecht schreibt in seinem Gedicht „An die Nachgeborenen“: 

 

„Was sind das für Zeiten, wo 
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist. 
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt! 
Der dort ruhig über die Straße geht 
Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde 
Die in Not sind?“

 

 

Was Günter Eich zu folgendem Dreizeiler inspirierte:

 

Die Kastanien blühen.
Ich nehme es zur Kenntnis,
äußere mich aber nicht dazu.

 

 

 

In einem nicht minder berühmten Gedicht – von Nazim Hikmet – heißt es dagegen:

 

„Leben einzeln und frei wie ein Baum/ Und dabei brüderlich wie ein Wald/Diese Sehnsucht ist alt.“

 

 

Dies kommt einer Bemerkung der zwei jüdischen Partisanen Jack und Rochelle Sutin nahe, die nach der Befreiung durch die Rote Armee die Erfahrung machten, dass sie sich im Waldlager „in gewisser Hinsicht wohler fühlten: Dort hatte Kameradschaft geherrscht“.

 

Ihr partisanischer Rückblick berührt sich mit der forstwissenschaftlichen Sicht vieler sowjetischer Biologen, die sich statt auf den dortigen Konkurrenzkampf eher auf symbiotisches Zusammenwirken konzentrierten: „Es klingt paradox, aber der Wald braucht den Wald,“ so sagte es einer von ihnen und fügte hinzu: „Sonst stünden viel mehr Bäume einzeln, wo sie sich doch angeblich besser entfalten könnten.“

 

Der in den Dreißiger und Vierzigerjahren führende Agrarbiologe der UDSSR Trofim D.Lyssenko empfahl deswegen bei der Wiederaufforstung gleich die Anpflanzung von Bäumen in „Nestern“. Er begründete dies sehr revolutionsromantisch: „Erst schützen sie sich gegenseitig und dann opfern sich einige für die Gemeinschaft“.

 

Der Forstwissenschaftler G.N. Wyssozki ging nicht ganz so weit, aber auch er unterschied zwischen vegetativem Freund und Feind: Damit z.B. die Eiche gut wachse, dürfe man sie nicht zusammen mit Eschen und Birken anpflanzen, sondern sollte sie „von Freunden umgeben“ – Büsche: Weißdorn, gelbe Akazie und Geißblatt z.B..

 

Laut dem Wissenschaftsjournalisten M. Iljin lehrte uns bereits der Gärtner Iwan W. Mitschurin, „dass sich im Wald nur die verschiedenen Baumarten bekämpfen, aber nie die gleichen“. Der russische Wald wird von der Steppe bedroht. Deswegen riet Lyssenko: aus Eiche (Wald) und Weizen (Feld) Verbündete gegen sie zu machen. Seinen Vorschlag begründete er quasi partisanisch: „Wenn einer zwei andere stört, dann lassen sich diese beiden stets, mindestens für einige Zeit, gegen ihren gemeinsamen Feind verbünden.“ Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus, möchte man dazu anmerken. Die Möglichkeit des Untertauchens in diesen komplett auf Nutzen hin durchforsteten Generationenwäldern wird anscheinend jedoch zunehmend schwieriger…

 

 

Der Biosoph Ernst Fuhrmann spekulierte:

„Die Blume ist der Stern und Kern der Natur, indem sie aus Verwesung und aus all dem durch Tier und Mensch geschaffenen Abfall des Kreislaufes wieder Frieden und Schönheit gewinnt.“

 

Wenn dem so wäre, würde es keinen tropischen Regenwald geben, denn dort gelangt kein einziges abgestorbenes Pflanzenteil oder Tier in den äußerst nährstoffarmen Boden, es wird vorher von Insekten verzehrt. Selbst das Wasser der Flüsse ist z.B. in Amazonien nahezu destilliert. Die zu den höchsten Baumkronen strebende Vegetation, der sich viele Tiere angeschlossen haben, entnimmt ihre Nährstoffe der Luft: dem aus der Sahara über den Ozean gewehten Sand. Das ist verbunden mit dem Klima, in dem der tropische Regenwald eine wichtige Rolle spielt, ein etwas größerer Kreislauf als Fuhrmann annahm.

 

 

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Noch mal die o.e. junge Biologin – diesmal allein im deutschen Wald, von ihrem Bekannten aus Kairo mit ihrer Kamera photographiert. 

 

 

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 Vier kurze Waldpausen

 

 

Die Zeit schreibt: „Auf der Weltklimakonferenz in Kopenhagen ist der Wald eines der wichtigsten Themen. Vor allem die Abholzung tropischer Regenwälder bereitet den Experten Sorge. Denn die Regenwälder mit ihren gigantischen Baumriesen speichern so viel Biomasse, dass ein Kahlschlag verheerende Folgen hat: Durch Rodung der Regenwälder zugunsten von Viehweiden oder Sojaplantagen entstehen etwa ein Sechstel aller Treibhausgasemissionen weltweit.

 

Doch nicht überall auf der Welt ist Bäumefällen ein Frevel. Die nachhaltige Nutzung von Wäldern birgt sogar ein großes Klimaschutzpotenzial. Allein Deutschland könnte durch kluge Forstwirtschaft seinen CO2-Ausstoß um 24 Millionen Tonnen im Jahr senken, hat ein Forschungsprojekt am Institut für Weltforstwirtschaft an der Uni Hamburg ergeben…In diesen Zahlen ist noch gar nicht berücksichtigt, dass jeder gefällte Baum in verschiedenen Produkten mehrfach hintereinander verwendet werden und dabei jedes Mal nicht erneuerbare Energie aus fossiler Quelle ersetzen kann. Am Ende seiner Lebenszeit wird das Holzfenster geschreddert und zum Beispiel zu einer Pressspanplatte weiterverarbeitet. Wenn auch die ausgedient hat, kann sie in einem Heizkraftwerk zur Strom- und Wärmeerzeugung verfeuert werden. Am Ende dieser »Kaskadennutzung« hat sich die CO2-Einsparung vervielfacht.

 

Schaut man einem modernen Holzfäller bei der Arbeit zu, kann man sich das kaum vorstellen. Denn wenn Peter Karlsson mit seinem sogenannten Harvester zum Bäumefällen anrückt, wird reichlich Diesel verbrannt. »Wer so eine Maschine bedienen kann, kommt auch locker mit einem Hubschrauber klar«, witzelt der Ein-Mann-Unternehmer aus Schweden.

 

Gerade lichtet er einen Wald im südnorwegischen Moss. Mit dem Greifarm seines tonnenschweren Geräts packt er eine ausgewachsene Fichte und lässt die an der Spitze integrierte Kettensäge aufheulen. Dann schwingt er den Stamm über einen Holzstapel, entastet und zerteilt ihn in vier Meter lange Stücke. Das Ganze dauert keine 30 Sekunden. »Mein Bordcomputer speichert alle Daten über die geerntete Menge und Qualität und überträgt sie am Abend automatisch an die Eigentümer-Kooperative«, erklärt Karlsson.

 

Solche Harvester übernehmen auch in Deutschland zunehmend die Holzernte, doch nirgendwo ist die Technik so weit entwickelt wie in Skandinavien. 350.000 Euro hat Karlssons Maschine gekostet, auch die Organisation von Abtransport und Weiterverteilung der Holzstapel und die Abrechnung sind automatisiert.

 

Den besten Preis erzielen dicke Kiefernstämme für die Möbelindustrie. Aber ein großer Teil der Fichten landet in der wenige Kilometer entfernten Zellstoff- und Wellpappen-Fabrik Peterson.

 

»Jede Tonne Holz, die bei uns angeliefert wird, bindet 1,9 Tonnen CO2«, erklärt Vertriebschef Jörg Braun, »in einer Tonne Papier, die wir daraus erzeugen, steckt noch immer 70 Prozent dieser Menge.« Und damit mehr, als im gesamten Produktionsprozess vom Fällen der Bäume bis zur fertigen Wellpappe erzeugt wird. »CO2-mäßig können wir ein ruhiges Gewissen haben.« Auch deshalb, weil die Herstellung konkurrierender Verpackungsmaterialien aus Kunststoff große Mengen Erdöl verbraucht.

 

In den weltweiten Klimamodellen und -abkommen sind die positiven Effekte aus der mehrfachen Verwendung des nachwachsenden Rohstoffs Holz aber nicht berücksichtigt. Mehr noch, die Industrieländer werden sogar dafür belohnt, wenn sie das große CO2-Sparpotenzial brachliegen lassen. »Bisher geht das geerntete Holz einfach als Emission in die Klimabilanz ein«, klagt Karsten Dunger – egal, ob der nachwachsende Rohstoff sinnvoll genutzt werde oder nicht.

 

Im Bundesinstitut für Waldökologie und Waldinventuren in Eberswalde stellt Dunger jedes Jahr die zehnseitige Tabelle zusammen, die Deutschland im Rahmen des Kyoto-Protokolls zur Treibhausbilanz des Waldes an die Vereinten Nationen schicken muss. Noch sieht sie – auch ohne Berücksichtigung der Holzernte – ganz gut aus. Seit 1990 hat die Zahl der Bäume leicht zugenommen, fast 32 Prozent unseres Landes sind von Wald bedeckt, etwas mehr als der Weltdurchschnitt. Mit 3,4 Milliarden Kubikmetern lebendiger Holzmasse ist Deutschland sogar Spitzenreiter in Europa.“

 

Die FAZ wird langsam kritisch gegenüber den ganzen Klima-Berechnern und -Katastrophisten. In ihrem Artikel „Wer die Welt simuliert, hat die Wahrheit nicht gepachtet“ berichtet sie von den Unwägbarkeiten der „Klimamodelle“:Eine „‚Kaskade an Unsicherheiten‘ baue sich auf.“ Klimawandel, Struktur und Kaskade sind derzeit beliebte Wörter, da muß man sich nicht groß um „Gesellschaft“ und „Soziales“ mehr kümmern. Weiter heißt es in dem FAZ-Artikel:

 

„…Was aber, wenn die Öffentlichkeit die Modellergebnisse genau so sehen will, wie es die Wissenschaftler zu vermeiden versuchen: als simulierte Realität? Oder schlimmer: Wenn die Wissenschafter selbst ihre Prognosen mit einer Selbstverständlichkeit vorgetragen haben wie vor viereinhalb Jahren vom führenden deutschen Klimaforscher, Hans-Joachim Schellnhuber, in dieser Zeitung: „Gelingt die Abgas-Trendwende bis 2020 nicht, dann dürfte eine Erderwärmung mit verheerenden Folgen, etwa dem Abschmelzen des Grönland-Eisschildes und dem Kollaps des Amazonas-Regenwaldes, kaum noch zu vermeiden sein.“ Bis 2080 könnte es zu einem „vollkommenen Zusammenbruch des Amazonasregenwaldes kommen“, schrieb der Potsdamer Klimaforscher in einem anderen Aufsatz über die neun „Kippelemente“ des Weltklimas, die er zusammen mit anderen Forschern definiert hatte.

 

Die Versteppung eines Großteils des Amazonas war auch im vierten IPCC-Bericht eines der wahrscheinlicheren Szenarien. Vor zwei Jahren kam schließlich ein Manifest von 19 renommierten Klimaforschern heraus, in dem ist zu lesen: „Es gibt zahlreiche Belege aus den Messungen in den Wäldern, die zeigen, dass der Amazonas tatsächlich sehr empfindlich auf Trockenstress infolge der Erderwärmung reagiert.“ Und in der Tat: Noch im Januar dieses Jahres hat die Nasa die schleppende Erholung des Amazonas nach der Megadürre und dem Baumsterben im Jahr 2005 mit Analysen von Satellitendaten dokumentiert…

 

Und doch ist das alles, wenn man der jüngsten Modellstudie Glauben schenken will, Makulatur im Hinblick auf die Klimazukunft. In der Zeitschrift „Nature Geoscience“ (doi: 10.1038/ngeo1741) stellt Chris Huntingford vom Centre for Ecology and Hydrology in Wallingford zusammen mit britischen, amerikanischen und brasilianischen Forschern die Ergebnisse von Simulationen mit den 22 wichtigsten, für den IPCC genutzten Klimamodellen vor, die um ein aktuelles Landflächenmodell ergänzt wurden. Auch Messdaten von Beobachtungsnetzwerken wurden zur Evaluierung der Temperatur- und Niederschlagsabschätzungen berücksichtigt. Ergebnis: „Der Schaden für die Regenwälder dürfte bis zum Jahr 2100 deutlich geringer sein, als frühere Studien vermuten lassen“, heißt es in dem Paper. Auch in dem Extremszenario, dass die Emissionen weiter steigen wie bisher – „Business as usual“ -, und sich der Kohlendioxidgehalt bis 2100 mehr als verdoppelt, ist in den 22 Modellen langfristig kein Schrumpfen der Tropenwälder zu erkennen.

 

Zu einem Verlust an Biomasse kam es weder in Amerika, Asien, noch Afrika – mit einer Ausnahme: In dem Modell des britischen Hadley-Centres schrumpften die Amazonas-Wälder. Doch schon die afrikanischen und asiatischen Tropenwälder erwiesen sich auch bei ihm – virtuell – als überaschend widerstandsfähig. Der Düngereffekt des vermehrten Kohlendioxids könnte demnach die durch Trockenheit verursachten Störungen kompensieren, teils überkompensieren.

 

Die große Unsicherheit, eigentlich müsste man sagen: der Widerspruch zu früheren Modellen, liegt den Autoren zufolge weniger an den Klima-Algorithmen, auch nicht an den Niederschlagsprognosen, sondern vor allem in dem Biosphärenanteil der erweiterten Modelle. „Die physiologische Reaktion der Pflanzen ist die größte Unbekannte.““

 

Also sind nicht die Warenproduktion bzw. die kapitalistische Wirtschaft Schuld an der ganzen Unsicherheit, sondern die Pflanzen. In einem Kasten zum Artikel wird sogleich  Hilfe in diesem „Kampf um gute Klimamodelle“ angeboten: „Weshalb die Philosophie als Vermittler dienen kann“ heißt es vorneweg. 

 

 

 

Zwei Philosophen haben das bereits versucht: Hans von Storch, Ehrenvorsitzender der Donaldisten, die als Gesellschafts-Modell Entenhausen analysieren, und seit 2001 Leiter des Instituts für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum in Geesthacht, sowie sein Mitarbeiter Werner Krauß – ein Ethnologe, der u.a. empirische Studien über den Nationalpark Wattenmeer und die Windenergie-Wirtschaft in Schleswig-Holstein veröffentlichte. Krauß und von Storch betreiben den blog „Die Klimazwiebel“.

 

In ihrem  Anfang 2013 veröffentlichten Buch „Die Klimafalle – Die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung“ kommen sie ebenfalls auf den forschen Potsdamer  Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber zu sprechen, er ist Klimaberater der Bundeskanzlerin und „konnte sogar im Wetterbericht im Anschluß an die ‚Tagesschau‘ die Bevölkerung auf die Gefahr des Klimawandels hinweisen.“

 


Im Gegensatz zu Schellnhuber sind Krauß und von Storch davon überzeugt – und weisen das anhand vieler Beispiele nach, „dass die Klimawirkung nur zum Teil vom Klima abhängt und dass das eigentliche Problem in der Vorhersage der gesellschaftlichen Folgen besteht.“Als eines ihrer Beispiele sei hier das Schweizer Waldpolizeigesetz in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erwähnt, als „ein frühes Beispiel von Klimapolitik“:

 

„Als sich in der Schweiz Überschwemmungen häuften, hatte die sich neu bildende Forst wissenschaft eine Erklärung parat: Sie deutete die Fluten [ähnlich wie Platon  – s.o.] als Folge der Praxis des Holzeinschlags im Hochgebirge. Aus heutiger Sicht ist diese Erklärung nicht plausibel, weil meteorologische Strukturen, wie sie hinter schweren Niederschlägen stehen, kaum von solch kleinräumigen Veränderungen an der Oberfläche  gesteuert werden können. Aber man hatte eine Erklärung, und als Folge wurden mancherlei Anpassungsmaßnahmen durchgeführt. Hier sind insbesondere die ‚Flusskorrekturen‘ zu nennen. Daneben wurde aber auch der Holzeinschlag als eine Vermeidungsmaßnahme gesetzlich unterbunden. Es wurden also durchaus vernünftige Maßnahmen beschlossen, welche die Verletzlichkeit reduzierten und auch ökologisch sinnvoll waren, mit einer wissenschaftlich zwar autorisierten, aber dennoch falschen Begründung.“

 

 

Umgekehrt helfen richtige Begründungen nicht unbedingt vor falschem Tun, wie ein taz-Bericht aus Indonesien (am 26.8.2013) nahelegte. Er hat den Titel „Mißglückter Waldschutz“:

 

„Den Bewohnern des Dorfes Katunjung, die die taz im November 2011 besuchte, kam das Kommen und Gehen der internationalen Berater schon damals suspekt vor. Katunjung liegt in Zentral-Kalimantan, der Pilotprovinz für REDD+ in Indonesien.

 

REDD+ steht für „Reducing Emissions from Deforestation and Degradation“ – Verringerung von Emissionen aus Abholzung und zerstörerischer Waldnutzung. Staaten und Unternehmen erwarben das Recht zum CO2-Ausstoß durch die Finanzierung von Waldschutzprojekten. In Zentral-Kalimantan versuchte die australisch-indonesische Kalimantan Forest and Climate Partnership (KFCP) auf einer Fläche von 120.000 Hektar REDD+-Pilotprojekte umzusetzen.

Auf Torfmoorflächen im Landkreis Kapuas wollte die KFCP wichtige Erkenntnisse im Kampf gegen den Klimawandel gewinnen. 100 Millionen Bäume sollten über einen Zeitraum von 30 Jahren gepflanzt und damit 700 Millionen Tonnen Kohlendioxidausstoß ausgeglichen werden. Außerdem sollten Entwässerungskanäle in großem Stil blockiert werden.

Die Bewohner von Katunjung, überwiegend Angehörige des indigenen Dayak-Volkes, leben ohne Strom aus der Steckdose. Ihr fließendes Wasser kommt aus dem Kapuas-Fluss vor ihren Pfahlbauten. Es gibt keinen Landweg, der zu ihrem Dorf führt. Seit 2007 hatten sie die teuren Schnellboote der Klimawandel-Experten vorbeiziehen sehen, hatten sich deren Vorträge darüber angehört, warum es so wichtig sei, gerade da, wo sie wohnen, das Weltklima zu retten. Bekannte Politiker hatten die Provinz besucht und mit viel Optimismus in Sachen REDD+ in die Fernsehkameras gelächelt. Doch an den Dorfbewohnern war das Projekt vorbeigeplant worden. Wichtige Informationen hatte man ihnen vorenthalten. Das Ergebnis: Nur 50.000 Bäume wurden gepflanzt, noch weniger wuchsen wirklich an. Auch die Kanäle blieben vielerorts bestehen, weil diese seit Jahren den Wasserweg zu den Kautschukbäumen der Anwohner darstellten.

Nach wachsender internationaler Kritik wurde das Vorzeigeprojekt Ende Juni stillschweigend eingestellt. Auf der Website der KFCP heißt es, „das Projekt“ werde „in seiner derzeitigen Form nicht weitergeführt“. Indonesien und Australien suchten aber nach Wegen, „mit zusätzlicher Arbeit in den nächsten 12 Monaten bessere Erfolge zu erzielen“. Transparente Information sieht nach Meinung von Umweltschützern anders aus. Die australische Regierung solle sich „auf offene und ehrliche Art“ der Öffentlichkeit stellen, fordert die Organisation Friends of the Earth (FoE). „Sich aus einer Investition in Höhe von 47 Millionen Dollar zurückziehen, ohne Rechenschaft abzulegen, wofür dieses Geld verwendet wurde und welche Ergebnisse damit erzielt wurden, ist völlig inakzeptabel“, so Nick McClean, Koordinator für Klimagerechtigkeit bei FoE Australien. Unklar ist nach Aussage von FoE auch, warum im Rahmen von KFCP bei der Beachtung von Indigenen-Rechten eine Weltbank-Leitlinie angewendet wurde und nicht das UN-Prinzip der freien, vorherigen und informierten Zustimmung (free, prior and informed consent, FPIC).

„Der Widerwillen der REDD-Partner, die Rechte von Indigenen anzuerkennen, macht REDD in vielen Teilen der Welt problematisch“, so Isaac Rojas von FoE International. „Detailliert zu erörtern, warum das immer wieder so ist, würde helfen, Partnerschaften zu entwickeln, die zu wirklich nachhaltigen Umweltschutzprogrammen führen.““

 

 

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Auf der Internetseite „baum-raus.de“ heißt es: „Falls bei Ihnen ein Baum gefällt werden soll, sind wir der richtige Ansprechpartner…Suchen Sie nicht länger. Wir hauen den Baum weg.“

 

Und auf der Internetseite „baum-faellen.de“ wird daran erinnert: „Das Baumfällen ist laut Bundesnaturschutzgesetz §39 zwischen dem 1. März und dem 30. September verboten, allerdings gibt es Ausnahmen.

 

Über die „Fälltechnik“ schreibt Wikipedia:

Sie erlaubt es, einen Baum bei Wald- oder Baum-Pflegearbeiten auf die gewünschte Art und Weise zu Fall zu bringen (zu fällen) oder abzutragen. Hierzu gibt es je nach Situation verschiedene Schnitttechniken. Daneben werden diese und verwandte Techniken auch im Aufarbeiten des Baumes – dem Zerlegen zu brauchbaren Stücken Holz – verwendet. Durch angepasste Schnitttechniken und den richtigen Einsatz des Werkzeuges kann in der Fortstwirtschaft effektiv gearbeitet werden und auch ein Problembaum sicher gefällt werden.

 

Die Standardtechnik des Fällens besteht aus einer Kombination aus Fallkerb und Fällschnitt. Dabei werden Bäume im Allgemeinen mit der Motorsäge gefällt. Früher erfolgte das von Hand mit Zugsäge, Axt und Keil, ein moderneres Verfahren ist etwa der Holzvollernter, oder – in Extremlagen – der Schnitt aus dem Hubschrauber.“ Trotz aller Motorisierung werden heute auch wieder Kaltblutpferde eingesetzt, um die Waldschäden beim Rausziehen der Stämme an die Holzwege geringer zu halten.

 

 

 

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Arbeitselefanten in burmesischen Teakholzwäldern. Photographiert von Dorothee Wenner

 

 

Unser Bild vom üppigen tropischen Regenwald als grüne Hölle speist sich primär aus Rudyard Kiplings und Walt Disney’s „Dschungelbuch“. Josef H. Reichholf veröffentlichte 1990 ein neues  Buch über den „Dschungel“. Die ÖTV-Gewerkschaftsgruppe bei der BVG sortierte gerade ihr Exemplar aus der Präsenzbibliothek aus, woraufhin ich es im Antiquariat erwarb. Wie schon in bezug auf das „ökologische Denken“ und die Land-Stadt-FFH (Flora-Fauna-Habitate) stellt der Autor auch hier wieder unser bisheriges „Bild“ auf den Kopf: Der südamerikanische Urwald ist keine „Grüne Hölle“, in der alles wild durcheinander wächst und wuchert – im Überfluß lebt, sondern ganz im Gegenteil: eine extreme Zone des Mangels.

 

Die Bäume, nicht der Boden sammeln hier die Nährstoffe, auf dem die übrigen Pflanzen wachsen, von und auf denen wiederum die meisten Tiere leben. Aus Mangel an Mineralstoffen, um Eiweiß zu bilden, das für die Fortpflanzung notwendig ist, sind die Vermehrungsraten im tropischen Regenwald sehr niedrig und die Nachkommensaufzucht aufwendig. Das gilt auch für alle anderen von den Bäumen abhängigen Pflanzen und Tiere, von denen viele bis hin zu Fröschen – in den Baumkronen angesiedelt sind. Sie mußten den „Epiphyten“ nach oben  folgen. Bei diesen „Überpflanzen“ oder „Aufsitzern“ handelt es sich vor allem um Bromelien und Orchideen. Letztere sind hinsichtlich ihres Blütenbaus die „fortschrittlichsten unter den Blütenpflanzen:“ Sie haben die Fehler bei der Pollenübertragung „bis zu fast vollständiger Treffsicherheit verringert“. Nicht zuletzt dadurch, dass sie sich z.B. einer ganz bestimmten Wespenart anverwandelten – so dass sie wie eine solche aussehen, wobei jedoch umgekehrt für die betreffende Wespenart das selbe in bezug auf die Orchideen gilt. Die französischen Marxisten Gilles Deleuze und Félix Guattari haben daraus ein ganzes involutives Beziehungsmodell („Macht Rhizom!“) kreiert.  

 

Alle Dschungel-Flora und -Fauna ist laut Reichholf undenkbar ohne den Pilz. „Basis des Baumlebens“ ist speziell der Wurzelpilz, der sich entweder an den Enden der Baumwurzeln ansiedelt oder sogar in ihnen. Diese „innere oder äußere Mykorrhiza“ bildet die Grund-Symbiose. Dabei übernehmen die Pilzfäden „in großem Umfang die Aufnahme von Wasser und mineralischen Nährstoffen. Sie leiten diese an die Baumwurzeln weiter, von denen sie im Gegenzug vor allem Zucker und Vitamine bekommen…Die Pilzfäden sind viel feiner als die Haarwurzeln der Bäume und kommen deswegen noch an geringste Nährsalzkonzentrationen heran“. Der Autor spricht hierbei von einer „Kooperation“. Als  gemäßigter Darwinist stellt er zur Erklärung gerne Kosten-Nutzen-Rechnungen an, auch sein diesbezügliches Vokabular wird dann betriebs- bzw. volkswirtschaftlich.

 

Ähnliches wie für die Bäume gilt auch für die Epiphyten auf ihren Ästen: „Oben in den Baumkronen brauchen die Orchideen die Keimhilfe von Pilzen“. Auf dem Urwaldboden sorgen wieder andere Pilze für eine schnelle Rückverwertung der abgefallenen Blätter und abgestorbenen Baumteile, wobei ihnen die Baumwurzeln buchstäblich entgegenkommen: Sie  wachsen im Dschungel aus der Erde nach oben – „der eigentlich schon ziemlich ausgelaugten Nährstoffquelle ‚totes Blatt‘ entgegen.“ Zusammen sorgen sie dann dafür, dass das Blatt schließlich in seine letzten Reste zerfällt „und keinen Humus hinterläßt.“  

 

Während hier auf einen Hektar bis zu 500 Baumarten vorkommen, sind es in den „geradezu monotonen Wäldern“ z.B. Europas höchstens 20 – oft nur ein knappes Dutzend. In den tropischen Regenwäldern wachsen die Bäume um so besser, „je weniger Artgenossen in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft“ wurzeln.  Dies ist nicht dem Überfluß, sondern dem Mangel geschuldet – für  Reichholf  der „Kern der Regenwaldproblematik“. Die dominierenden Tiere sind hier die Blattschneiderameisen und die Termiten – und beide ernähren sich von Pilzen, die sie in ihren Bauten züchten. Also: „Soziale Insekten“ unten (tagsüber Ameisen, nachts Termiten) und „soziale Pflanzen“ oben  (Orchidee-Pilz-Wespe-Symbiosen). Dazwischen ist die immer feuchtwarme Urwaldluft erfüllt von winzigen Pilzsporen: Schon nach kurzer Zeit ist jeder Gegenstand mit einem Schimmelfilm überzogen. Selbst das Faultier setzt an seinem Fell Pilze und Algen an, von denen sich wiederum die  Larven einer kleinen Schmetterlingsart ernähren. Die Faultiere leben meist auf „Ameisenbäumen“, das sind Bäume der Gattung Cecropia, deren hohle Stämme Ameisen beherbergen. Der Baum scheidet „extraflorale Nektarien“ (für sie) aus, sie wiederum halten ihm Insekten und andere Feinde vom Leib – noch eine Symbiose. Gleichzeitig schützen die Ameisen auch die gerade wegen ihnen sich so langsam fortbewegenden Faultiere vor deren Feinden. Weitere Exo- und Endoymbiosen finden sich oben in den das Regenwasser auffangenden Trichtern und Blattachseln von Bromelien, die die Flüssigkeit zusammen mit Staubpartikeln und ertrunkenen Kleininsekten durch Bakterien aufarbeiten lassen: „umgekehrte Hydrokulturen.“ Unten im Boden nehmen u.a. Käferlarven die Hilfe von Mikroben an, um den wenigen „Mulm“ – organische Abfallstoffe – dort zu verdauen. Gerade über die Rolle der Arthropoden (Gliederfüßer) im Ökosystem der tropischen  Regenwälder wird derzeit viel geforscht.   

 

Für den tropischen Regenwald insgesamt gilt zum einen: „Der hochgradig geschlossene Nährstoffkreislauf begründet sich auf den Artenreichtum“ – zum anderen: „Die Nutzer tropischer Fruchtbäume müssen weit umherschweifen,“ das gilt für die meisten Tiere sowie für die Menschen – die Waldindios, die oft nur in kleinen Gruppen leben. In einigen ihrer Kulturen spielen nicht zufällig „Magic Mushrooms“ (psilozybinhaltige Rauschpilze) eine wichtige Rolle.

 

„Und ähnelt ein schöner, giftiger Gedanke nicht einem Fliegenpilz in allem, sogar noch in der Wirkung zwischen Rausch und Brechreiz?“ fragt sich die Pilzforscherin Gabi Schaffner. An anderer Stelle ihres Buches „Phänomene der inneren Topografie“ schreibt sie: „Ein ungenießbarer Pilz ist wie ein falscher Gedanke am richtigen Ort.“ Ferner hat sie „eine Analogie zwischen den Gesetzen und Eigenschaften der Pilzwelt und der Struktur eines ‚untergründigen Denkens'“ festgestellt. „Der Pilz ist etwas Unvorhersehbares, etwas Verrücktes.“ Und dann ist der Pilz auch nicht der Pilz, sondern nur sein Fruchtkörper: „Das Mycel ist der eigentliche Pilz – unterirdisch, feine Fäden über Kilometer unter dem Boden unsichtbar zu einem wirren Netz gesponnen. Und wenn man bedenkt, wie viele Sporen ein Pilz verstreut, ist das Mycel eine ins Unendliche reichende Exponentialfunktion.“ Gabi Schaffner ist vornehmlich in Nord- und Osteuropa unterwegs,  wobei sie sich u.a. von den „Betrachtungen eines Pilzjägers“ (Wladimir Solouchin) leiten läßt.

 

Im tropischen Regenwald muß man sich aber gleichzeitig auch gegen die Pilze wehren – „bevor alles verpilzt“. Bei der Körperpflege der Waldindios kommt deswegen „dem Schutz vor Verpilzung eine herausragende Bedeutung zu“, meint Josef Reichholf.  Zudem scheinen die Pilze auch ihren Träger dahingehend zu beeinflussen, dass er neue – vor allem für sie vorteilhafte – Neigungen entwickelt. So berichtet z.B. ein Frau, die von einem Achselhaar-Pilz befallen war, dass sie im Gegensatz zu früher plötzlich Wärme, Wasser, süße Speisen usw. mochte. Als sie den Pilz los war, ließ sie auch von diesen Vorlieben wieder ab. Daneben berichten lateinamerikanische Guerillaführer, dass ihre Organisationen immer wieder von einem geradezu unerklärlichen „Spaltpilz“ bzw. „Spalttrieb“ befallen werden (bei den chikenischen Sozialdemokraten ist er geradezu chronisch). Könnte es sich dabei vielleicht um eine besondere Form von myzelischer Ansteckung handeln?

 

Die Waldindios, wenn sie nicht umherziehende Jäger und Sammler sind, betreiben einen bescheidenen „Wanderfeldbau“, d.h. Brandrodung von kleinen Flächen, deren Erträge schon nach drei vier Ernten nicht mehr den Aufwand der Feldbestellung lohnen. Reichholf erwähnt dazu Henry Fords riesige Großplantage mit Gummibäumen „Fordlandia“ genannt, die wegen der nährstoffarmen Böden wieder aufgegeben werden mußte: Auch die Gummibäume brauchen viel Platz zwischen sich. Etwas anders ist es bei den Tieren: Ameisen, Bienen, Wespen und Termiten bezeichnet Reichholf „als bewegliche Sammler feinstverteilter Nährstoffe“. Die Treiberameisen schleppen auf ihren Streizügen sogar ihr ganzes Nest einschließlich der Königin mit. Ihnen schließen sich die Ameisenvögel an, die von den durch die Ameisenkolonnen aufgescheuchten Kleintiere und Insekten profitieren.  

 

Zwar ist an Wasser kein Mangel im tropischen Wald, aber die Flüsse sind teilweise reiner als Regenwasser, Kleinlebewesen wie Moskitolarven finden darin nicht genug Nahrung. Und seitdem man den Kaiman durch die Jagd enorm reduziert hat, finden nicht einmal mehr die Jungfische in den Lagunen genug  Kleinlebewesen, da diese vom Kot der Reptilien lebten. Es gibt Arten, die sich von tierischer auf pflanzliche Nahrung umstellen können, dazu gehören auch die Leguane, bei denen sich nur noch die Jungen von Insekten ernähren (müssen). In der Zucht gelang es sogar, junge fleischfressende Piranhas zu pflanzenfressenden „umzuerziehen“ – sie ernährten sich zunächst übergangsweise vom Kot der pflanzenfressenden Piranhas – und nahmen dabei die für die Verdauung von Pflanzenteilen notwendigen Darmbakterien auf. Viele Fische ernähren sich in Amazonien von vorneherein von Baumfrüchten, die in den überschwemmten Wäldern ins Wasser fallen: Nicht wenige haben dafür inzwischen „ein schräg nach oben gerichtetes Maul“.  Dazu hat Michael Goulding in seinem Buch „Die Fische und der Wald“ quasi aus der Sicht der Fische Erhellendes beigesteuert. Umgekehrt gibt es z.B. Tausendfüßler, die Überflutungsresistent geworden sind. Mit solchen „Überlebensstrategien“ von Arthropoden im Regenwald beschäftigt sich der Kieler Limnologe Joachim Adis. Die hochspezialisierte und -assoziierte Urwald-Flora und Fauna besetzt dennoch immer nur Nischen:  „Nicht einmal auf einem einzelnen Baum herrschen gleiche Verhältnisse“. Das und die mangels eiweißbildender Nährstoffe geringe Fortpflanzungsrate hat laut Reichholf zur Folge, dass die Arten sich keine großen Verluste z.B. durch Freßfeinde,  leisten dürfen.

 

Deswegen entwickelten sie wie nirgendwo sonst auf der Welt eine große Vorliebe für Mimikry bzw. Mimese: Gleich mehrere ungiftige Schlangenarten ähnelten sich z.B. einer giftigen an, Raupen, Falter und Käfer entwickelten große Augen oder ganze falsche Köpfe (von Schlangen) am Hinterleib, Heuschrecken nahmen Form und Farbe von Blättern und Zweigen an, wohlschmeckende Schmetterlinge imitierten das Aussehen von abscheulich bitteren, usw.. Daneben wird im tropischen Urwald gerne mit Giften gearbeitet: winzige schreiend-bunte Baumfrösche z.B. sind hochgiftig – die Waldindios nutzen sie zur  Pfeilgiftherstellung. Tausendfüßler sondern Blausäure ab, ebenso wie das wichtige Nahrungsmittel Maniok, den man vor dem Verzehr erst einmal umständlich entgiften muß. Überhaupt schützen sich viele Pflanzen mit Gift, u.a. Lianen, die die Waldindios beim Fischfang zum Betäuben ihrer Beute verwenden. Viele Arthropoden verstehen es, Pflanzengifte zu ihrem eigenen Schutz gewissermaßen umzunutzen. Einige Libellenarten haben durchsichtige Flügel mit farbigen Augenmustern drauf. Im Halbdunkel des Dschungels sieht man nur diese Augen: „Überhaupt die Augen“ – als Tarnung und Drohung! Die südamerikanischen Grubenottern und Riesenschlangen haben umgekehrt ein drittes, echtes „Auge“ ausgebildet, zwischen Augen und Mund – mit denen sie (wie mit einem Nachtsichtgerät)  Infrarotstrahlen, also Wärmebilder, sehen können.

 

Noch immer werden tausende von Hektar tropischer Regenwald täglich gerodet oder sonstwie zerstört (50% sind es bereits). Aber auch die Basispolitik – die regionalen Selbstverwaltungsversuche vor Ort – der Zapatistas im Lacandonischen Urwald von Chiapas ist anscheinend erst einmal ins Stocken geraten. In ihrer letzten „Erklärung aus den Bergen/Wäldern des mexikanischen Südostens“ heißt es am Schluß: „Nach unserem Ermessen und dem, was wir in unserem Herzen sehen, sind wir an einem Punkt angekommen, an dem wir nicht weiterkommen können, und an dem wir außerdem alles verlieren könnten, was wir haben, wenn wir so bleiben, wie wir sind und nichts mehr tun, um weiter fortzuschreiten. Das heißt, dass der Moment gekommen ist, wieder alles zu riskieren und einen gefährlichen Schritt zu wagen, der es aber wert ist. Denn vielleicht können wir vereint mit anderen sozialen Sektoren, die unter den gleichen Entbehrungen wie wir leiden, das erreichen, was wir brauchen und was wir wert sind. Ein neuer Schritt nach vorn im indigenen Kampf ist nur möglich, wenn sich der Indígena zusammenschließt mit den Arbeitern, Bauern, Studenten, Lehrern, Angestellten … also mit den Arbeitern aus Stadt und Land“ (- mithin also durch noch umfangreichere Symbiosen).

 

Kurz danach schlossen die Zapatistas alle legalen Stützpunkte und zogen sich in den Untergrund zurück. Von dort aus wollen sie jedoch (vorerst) nicht wieder zu den Waffen greifen, sondern eher in sich gehen – und  ihre Organisation, die EZLN, eventuell für „oppositionelle Organisationen“  nicht-indigener Bevölkerungsgruppen öffnen. Die „Le Monde Diplomatique“ spricht von einem angestrebten „Schulterschluß der Linken“. Man mag sich  fragen, ob sie damit aus einer „Minderheit“, die sie sind und die laut Deleuze/Guattari allein produktiv ist, eine „Mehrheit“ machen wollen? Und ob dies nicht auf das „alte europäische Baumdenken“ hinausläuft – dem Deleuze/Guattari ein rhizomatisches bzw. myzelisches Denken gegenüber stellten.

 

 

Im Spätsommer 2013 wurde Wladimir Kaminer nach Rio de Janeiro zur Buchmesse eingeladen. Von dort unternahm er einen Ausflug in den tropischen Regenwald. Hier einige Photos von ihm:

 

 

 

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Wladimir Kaminer schrieb zu den Photos: „Der ganze Regenwald ist eine einzige Symbiose, obwohl die Parasiten überwiegen.“ Diesem Eindruck hat die US-Mikrobiologin Lynn Margulis wissenschaftliches Gewicht verliehen, ihre diesbezügliche Forschungsarbeiten faßte der Literaturwissenschaftler Niels Werber in seinem wunderbaren Buch „Ameisengesellschaften – eine Faszinationsgeschichte“ gerade wie folgt zusammen: „Alles Leben, jede Spezies ist durchdrungen von Symbiosen und Parasiten, die munter ihre RNA miteinander und ihren Wirten austauschen.“ Mit den Worten von Lynn Margulis selbst: „Symbiotic interaction is the stuff of life.“ Distinkte Spezies lassen sich erst dann ausmachen, wenn sie nachhaltige symbiotische Verhältnisse etabliert haben. Im tropischen Regenwald kann man dies anscheinend bereits auf den ersten Blick erkennen.

 

 

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Dr. Lynn Margulis in ihrem kleinen Privatwald

 

 

 

 Veranstaltungshinweis:

 

Aus der Reihe seiner „Waldarbeit” stellt W. Georgsdorf in Kooperation mit dem Landesbetrieb Forst Brandenburg (LFB) und der Oberförsterei Hammer das Projekt WALDKINO HAMMER vor.

Aus Anlass des Jubiläums „300 Jahre Nachhaltigkeit in Deutschland“ finden monatlich öffentliche Filmvorführungen in der denkmalgeschützten historischen Oberförsterei Hammer im Landkreis Dahme-Spreewald statt, auf großer Leinwand, in der renovierten, großen, eigens dafür vorbereiteten Scheune, bei Essen und Trinken. Zu den Hauptfilmen Einführungen und gelegentlich Vorfilme, sowie Zeit für Fragen und Antworten im Anschluss an die Filme.

Der nächste und in diesem Jahr auch leider schon letzte Film im Programm ist:

„Mikrokosmos – Das Volk der Gräser“ (1996)

Der Dokumentarfilm wird mit einer kurzen Einführung am 27. September um 20 Uhr in der Oberförsterei Hammer des Landesbetriebs Forst Brandenburg gezeigt. Der Eintritt ist frei.

 

 

Erwähnt sei noch ein neues Buch: „Der Baum – eine Biographie“ – von David Suzuki und Wayne Grady. Der Titel erinnert ein bißchen an den Hit von Alexandra „Mein Freund der Baum“ (1968). Die Sängerin wurde wenig später auf der B 149 nach Sylt von einem Lastwagen überfahren, ihr Sohn, Alexander Skovitan, überlebte den Unfall, er wurde später Leiter des „Ural Kosakenchors“.

 

Dann gibt es noch die nicht ganz neue Aufsatzsammlung von Josef H.Reichholf: „Die Zukunft der Arten. Neue ökologische Überraschungen“ – in der sich insbesondere die Kapitel „Pflanzenwelt in Bewegung“ und „Wald im Wandel“ mit dem Thema „Baum“ befassen.

 

Und dann sei noch auf eine dämliche Titelgeschichte des „Berliner Kurier“ vom 4.Oktober hingewiesen: „Todesbaum holt sich 4. Opfer“. Es geht darin um eine Linde an der B 168, an der erneut ein  Jugendlicher  mit seinem Auto zerschellte.

 

Letzte Meldung:  „Noch stehen sie vor allem entlang der Autobahn. Jetzt geht es an die Wälder. Die Gemeinde Kloster Lehnin bereitet sich auf die Installation von Windrädern in Kiefernforsten vor,“ berichtete die Märkische Allgemeine Zeitung.

 

 

 

 

Lumberjacks working among the redwoods in California

 

Unter der Überschrift „Die Natur der Hysterie“ resümmiert die FAZ am 18.10.:

 

„Als es vor dreißig Jahren hieß, der Wald werde sterben, erfasste großer Aktionismus das Land. Doch die Vorhersagen einer ökologischen Apokalypse traten nicht ein. Waren sie falsch? Oder verhinderten sie, was sie ankündigten?

 

Natürlich kamen Politiker wie der Sozialdemokrat Freimut Duve, der fand, Deutschland stehe „vor einem ökologischen Holocaust“. Natürlich wollte die Bürokratie nicht zurückstehen wie das Bundesinnenministerium, das 1984 an alle deutschen Haushalte Päckchen mit Rotfichtensamen verschickte, weil der Kampf gegen das Waldsterben mit dem Pflanzen eines neuen Baumes beginne. Natürlich waren das Übertreibungen. Aber sie bezogen sich letztlich alle auf den Mann, der sich dafür entschieden hatte, nicht nur der Experte zu sein, der das Komplizierte einfach macht, sondern auch der, der das Handeln erzwingt. Reduktion und Alarmismus – daraus entsteht Hysterie. „Wie geht’s dem Wald? Das war die Partyfrage, sobald jemand wusste, dass man Förster ist“, sagt Roderich von Detten.“

 

Aber:

„Ist ein wenig Hysterie nicht sogar wichtig, wenn sich dadurch mehr erreichen lässt als durch Sachlichkeit? Der Mechanismus, in dem diese Debatten geführt werden, ist doch immer wieder derselbe Mechanismus; nur die Verwunderung darüber, dass die Dinge letztlich nicht so einfach oder dringlich waren, wie sie zuerst zu sein schienen, der ist immer wieder neu. Wo also liegt der Schaden, wenn sich die Extreme am Ende gegenseitig aufheben und sich alles in der Mitte einpendelt?

 

„Man wäre an einer anderen Stelle herausgekommen“, sagt Hans von Storch. Er ist Meteorologe, und was den Klimawandel betrifft, liegt er mit seiner Position eher in der Mitte. Er ist weder ein Skeptiker noch ein Alarmist, aber er weiß, dass man mit beiden Positionen leichter in die Medien kommt oder in der Politik Gehör erhält, um dort zu sagen, wie man als Wissenschaftler das Problem lösen würde. Er findet nur, dass das nicht die Aufgabe des Wissenschaftlers ist. Wissenschaftler beschreiben einen Zustand, Medien organisieren Debatten, und die Politik versucht Regeln zu finden, die widerstreitende Werte miteinander in Einklang bringen. Jeder hat in seinem eigenen Bereich eine Verantwortung, die er nicht abgeben kann, aber keiner hat Verantwortung für mehr als seinen. Das ist es, was in der Debatte über das Waldsterben nicht funktionierte.

 

„Es ist damals von wissenschaftlicher Seite eine Angststrategie gefahren worden, um mit Prognosen bestimmte Lösungen zu erzwingen“, sagt Hans von Storch.“

 

 

Der geschätzte Donaldist aus Geesthacht will anscheinend „Die Wissenschaft“ wieder gerade richten – in eine  sachlichen Mittelposition. Das hat vor einigen Jahrzehnten Lacan schon prägnanter formuliert: „Die Hysterie steht am Anfang jeder Wissenschaft!“

 

 

 

 

 

 

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https://blogs.taz.de/hausmeisterblog/2013/08/23/baume-fallen/

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