Im Vorbeigehen mental lange Leine lassen. Beklebte Glascontainer, Fahrkartenentwerter, Feuerlöscher, Flipimages, … in Berlin.
Zwei Gespräche mit Mentalgassi: am 21.06.08 und am 26.05.09 in Berlin
von Caro (im Auftrag für ReclaimYourCity.net).
Caro: Hallo Mentalgassi.
Mentalgassi: Hallo Caro, Caro Kolumna.
C: Wollt Ihr kurz sagen: Wer seid Ihr? Was macht Ihr?
M: Mit Mentalgassi treten wir grundsätzlich als Kollektiv auf, deswegen sagen wir jetzt nicht unsere Vornamen. Bei dem was wir machen, geht es immer wieder darum, wie bei vielen anderen Streetartleuten auch, dass möglichst nah an den Objekten die man sieht, gestaltet wird. Wie zum Beispiel ein Gesicht an einem Glascontainer anbringen, oder den Flügel [ein Flügel aus Beton (!), der im Grünstreifen vor der Eisdiele Bökh- Ecke Grimmstraße liegt – siehe unten] halt an den Platz stellen, wo man optimal Zugriff drauf hat und man nicht nur zweidimensional ein Plakat an die Wand anbringt. Wir machen „urbanes Entertainment“. Es ist eher ein Unterhaltungsding, das war so eine Grundeinstellung von Anfang an. Viele andere machen ja auch Bezüge zu aktuellen Geschehnissen oder es geht um einen ganz besonderen Style. Ich habe nicht das Gefühl, dass wir uns das jemals als Ziel gesetzt haben. Gucken was passiert. So wie es der Name halt sagt: So im Vorbeigehen mental lange Leine lassen. Und der Hund ist auch ganz wichtig dabei. Das ist alles eigentlich beim Gassi gehen entstanden. Der Name „Mentalgassi“ ist aus einer Bierlaune heraus entstanden. Das war so ein Ausspruch, wenn wir irgendeinen Schrott gelabert haben. Entweder „Mentalgassi“ oder „Gehirngulasch“, was sich schon so eingebürgert hatte. Wir haben Mentalgassi gewählt, wir hätten auch „Gehirngulasch“ sein können! Also ich glaube das kommt vom Sprühen. Ehrlich gesagt hat die Geschichte damit angefangen, dass wir beim Sprühen erwischt wurden und das hat total den kreativen Kick ausgegeben. Ich kann mich erinnern, dass man immer so dachte „scheiße“ und hat viel zusammengesessen und dann haben wir angefangen umzudenken und andere Sachen zu machen.
C: Wo seid Ihr aktiv? Hauptsächlich in Berlin?
M: Bisher eigentlich nur in Berlin, auch hauptsächlich in Kreuzberg. Weiter raus kommen wir kaum, hehe. Aber da gibt es ja Pläne das zu ändern…
C: Ihr habt gerade schon Bezug genommen zu anderen Streetartleuten. Seht Ihr Euch als Teil einer Streetartszene? Einer Berliner Szene?
M: Wir haben eigentlich so ziemlich gar nichts mit anderen Leuten zu tun. Es ist nicht so spaltermäßig zu sehen, dass man sich scheiße findet oder so, es ist eher so ein bißchen zurückgezogenes Arbeiten. Ich persönlich find: Manchmal gibt’s zu viele Sachen, die so Einheitsbrei werden. Man kann sich sicher gegenseitig bereichern, aber bisher haben wir das eigentlich ganz gut untereinander geschafft. Irgendwie kommt’s nicht so zum Austausch. Ich glaube wir haben das aus Graffitizeiten übernommen. Da haben wir auch nie Bock auf die anderen gehabt.
C: Macht Ihr regelmäßig was? Ich bin im Internet auf Euren Blog gestoßen. Ich habe das Gefühl, dass das eher Kampagnen sind? Streetart funktioniert ja oft über den Wiederholungs-/ Wiedererkennungseffekt. Funktioniert das bei Euch auch so? Oder arbeitet Ihr eher mit Einzelstücken?
M: Das ist abhängig von den kreativen Schüben. Und von der Zeit die wir haben. Den Anspruch setzen wir nicht auf Masse. Die Container haben wir ein paar Mal gemacht – es ist unterschiedlich. Der erste Container ist bestimmt schon 2 ½ Jahre her. Wir machen was, wenn wir Lust drauf haben und wir machen uns keinen Streß auch wenn wir über ’nen längeren Zeitraum nichts gemacht haben. Es ist ein stetiges Thema, aber wir sind entspannt damit. ( – sagt er und grinst.)
Am nettesten funktioniert’s immer, wenn wir ein bißchen Zeit haben miteinander ‚rumzuhängen, was zu probieren und zu sehen, was dabei herauskommt. Da ensteht eigentlich immer was. Einer der Mentalgassis verkriecht sich oft in seinem Kämmerlein (sein Mitbewohner hat studienbedingt einen ganzen Haufen Material zur Verfügung) und entwirft Sachen. Ideen gibt es im Übermaß, an denen mangelt es nie. Aber manchmal am Geld. So 50-100€ müssen wir schon einplanen. Und auch ein bißchen räumliche Entfernung. Einer der Mentalgassis ist ja jetzt in Hamburg, das ist auch ein Punkt, der da mit reinspielt.
C: Ihr hattet gesagt, Ihr tretet nur als Kollektiv auf. Seid Ihr auch immer nur gemeinsam unterwegs?
M: Idealerweise sind wir zusammen unterwegs, ja. Aber wir gehen auch manchmal kleben, ohne dass alle komplett sind. Wir treten nicht als Synonym für Einzelpersonen auf. Ich denke, was das alles einfach verständlich macht, ist dass wir ein Freundeskreis sind. Dass wir nicht nur als ein Kollektiv für Streetart zusammentreten, sondern wir gucken dann auch mal Fußi – hehe. Diese Freundschaft ist aus einer alten Sprüherbekanntschaft entstanden. Aber um den Streetart dreht es sich nicht hauptsächlich. Wir sind halt Freunde, die so ein bißchen dieselbe Ausrichtung haben. Wir reden viel darüber. Bevor wir nur so was raus hauen, wovon gerade was da ist, bereiten wir das eher vor und überlegen „Was ist ’ne Bereicherung, was ist etwas, was man selber noch gar nicht gesehen hat?“ Die Qualität der Ideen entscheidet auch, was dann so ‚rauskommt.
C: Ich habe mir im Internet Filme und Fotos von Euch angeschaut. Ihr filmt Eure Aktionen. Bekommen Leute Eure Aktionen mit? Kommt Ihr in Kontakt mit ihnen?
M: Wir kriegen eigentlich immer nette Reaktionen, wenn wir Sachen kleben. Die Leute lachen eigentlich immer. Ich hab damit noch nie Streß gehabt. Wenn, dann sind es fröhliche und freundliche Reaktionen. Wir haben ja auch einen großen Hund dabei. Aber die meisten Leute reagieren gar nicht. Das ist die häufigere Reaktion. Auf dem U-Bahnsteig trauen sich ja auch die wenigsten was zu sagen. Wenn wir zum Beispiel ’nen Feuerlöscher bekleben, dann stehen da so 30 Leute die gucken, aber es interessiert scheinbar auch niemanden so richtig.
C: Geht Ihr danach gucken, wie lange Eure Kunstwerke stehen/kleben bleiben?
M: JA! und zwar weil wir echt traumatisiert sind. Wir haben vor zwei Monaten mal nen Container farbig beklebt und so voll teure spezielle Farbe verwendet. Und der hat genau drei Stunden gehalten, dann war das Gesicht zerrissen! Und das haben wir ständig gehabt. Der erste Container war der einzige der zwei Monate gehalten hat. Der zweite war schon nach zwei Tagen vom Regen aufgeweicht und heruntergerissen. Und die Fahrkartenentwerter werden dann eh in der gleichen Nacht weggemacht. Was am längsten gehalten hat ist der Beton-Flügel. Der steht schon seit über zwei Jahren an der Admiralbrücke, vor der kleinen Eisdiele. Der ist eigentlich nicht so schön geworden, ich hatte ihn mir größer vorgestellt. …naja, der ist aber einfach so schwer – 300 kg oder so – keiner will den da wegtragen! Wir haben ihn mit einem Transporter, Rollbrettern und zwei Tragegurten dorthin geschafft. Wir konnten ihn nicht weitertransportieren, weil die Rollbretter immer im Gras versackt sind. Aber es war sehr spaßig. Und im Sommer sieht der Flügel auch sehr nett aus, denn da stehen dann die ganzen Kinderstühlchen von der Eisdiele drumherum und die Kinder spielen darauf.
C: Habe gehört, Ihr habt letztens auch was auf Gran Canaria gemacht? Gibt’s dort die gleichen Glascontainer wie in Berlin?
M: Wir haben letztens auf Gran Canaria einen Kumpel besucht und als wir die Containerform gesehen haben – sie haben wirklich nur ein ganz bißchen eine andere Form – dachten wir schon „Cool, da könnten wir was machen“. Glücklicherweise hatten wir unseren Laptop und ’ne Kamera vor Ort. Wir haben den Kumpel, den wir da besucht haben, fotografiert und ihn direkt auf den Container draufgepackt! Wir hatten einen gefunden, der uns das gedruckt hat, mit der Maschine die wir dafür brauchen. Das war insgesamt eine echt lustige Erfahrung, weil das gar nichts mit Adrenalin zu tun hatte. Weißte, Du fährst da hin und es interessiert die Leute einen Dreck, was Du da machst. Das ist echt ein interessanter Unterschied. Wenn wir einen Container hier in Berlin bekleben, dann labern uns permanent Leute voll. Vor allem wenn wir das nachts machen. Und in Gran Canaria saß halt einer im Wohnwagen daneben und hat sich das alles so angesehen und fand das nett. Danach sind Leute vorbeigefahren und haben gerufen „hey-coool!“. Ja, das war wirklich entspannter, vielleicht weil’s da nicht so viele verkackte Leute gibt wie in Berlin, wo irgendwelche Typen ‚rumrennen und unsere Container wieder runterreißen. Also wirklich, dass es irgendwelche Leute gibt, denen so langweilig ist, dass sie meinen, sie müßten jetzt irgendwelche Ampeln oder Mülleimer von Zettelchen befreien – das ist mir wirklich unverständlich! Da kann man doch echt was anderes mit seiner Zeit anfangen. Naja.
C: Eure Aktivitäten sind sehr aufwendig gestaltet. Was habt Ihr für Ressourcen, die Euch zur Verfügung stehen?
M: Wir haben gerade einen 1,60-Plotter durch die Gegend geschleppt. Da ist so ein Kumpel, der uns ab und an unter die Arme greift. Ansonsten buttern wir Eigenkapital rein… da geht schon einiges rein…und es ist aber geteilt durchs Kollektiv, da geht es dann auch wieder für den Einzelnen. Gewisse Dinge fertigen wir auch selber an, mit dem Drucker. Leider nix Wasserfestes, zumindest druckt er Farbe.
C: Welche Materialien verwendet Ihr für Eure Motive?
M: Eigentlich hauptsächlich Fotos. Und die werden ausgedruckt. Entweder in schwarz-weiß oder in Farbe. Ansonsten ist halt im Kämmerchen rumprobieren angesagt. Den Rest sieht man auch nicht auf der Straße, weil’s doch nur Rumprobiererei war und oft mißglückt. Ich hab zu Hause noch 30 Dosen Bauschaum und so einen Hügel, den ich nicht wegkrieg‘, weil die BSR ihn nicht annimmt …dachte mal es wär‘ vielleicht nett, was daraus zu schnitzen – das war nicht so erfolgreich. Aber erstmal groß anfangen… Bisher haben wir hauptsächlich Stickerfolie, Papier, Beton, viele X-Filme (für die Fahrkartenentwerter), Klebeteile aus’m Baumarkt (die sind ein bißchen härter als andere Kleister) genutzt. Alles was uns so in die Finger kommt. Es wär‘ nett mal wieder was Neues zu machen. Ich hätte Bock auf 3D und eher groß. Illegal Skulpturen aufstellen finde ich gut. Es ärgert mich ein bißchen, überall werden Sachen aufgestellt, Denkmäler oder so, die ich zum Teil extrem häßlich finde – die haben auch ihre Berechtigung – aber dann finde ich, habe ich auch die gleiche Berechtigung, meinen Kram irgendwo hinzustellen. Den muss auch nicht jeder mögen und er kann auch scheiße aussehen. Ich finde da hat jeder ein Recht drauf.
C: Welche Fotos verwendet Ihr? Eure eigenen Fotos? Aus dem Netz?
M: Die Vorlagen für die Container haben wir alle selbst fotografiert, aus dem Netz höchstens mal partiell was gezogen. Wir betreiben viel Aufwand die Fotos zusammen zu setzen. Man bearbeitet sie dann so, dass sie Gesichtslappen ergeben, die dann um den Container geklebt werden. Das ist schon aufwendig, denn man muss die Leute von allen Seiten abknipsen. Es ist auch oft so, dass man eigentlich schon ein Gesicht aus’m Bekanntenkreis vor Augen hat. Man denkt so, „Der kann noch coole Gesichter ziehen“, oder „Der ist ein markanter Typ“. Anfangs haben wir einmal so’ne Aktion gemacht, wo es so aggro wie möglich aussehen sollte: Max [Name geändert] hatte da noch lange Haare. Ihm wurde ein Iro geschnitten, damit er nicht sofort wiedererkannt werden kann. Wir haben das ausprobiert, wie wir am besten fotografieren, um den Kopf auf den Container zu bringen. Die Vorarbeit ist bei den Containern ganz wichtig. Das Gesicht an dem Container an der Admiralbrücke, das ist übrigens mein Vater. Ihn haben wir jetzt schon einige Male geklebt. Auch für die Fahrkartenentwerter haben wir ihn verbraucht. Ich find den herrlich. Wir haben so wenig ältere Menschen, immer nur unsere Freundeskreise. Müssen wir uns mal noch mal umgucken… Ich habe versucht meine Nichte zu fotografieren, aber das hat nicht geklappt, weil die erst anderthalb ist und sie immer direkt in die Kamera geguckt hat. Ich hab‘ es nicht geschafft, ihren Hinterkopf zu fotografieren.
C: Auf den Containern sind immer ausdrucksstarke Gesichter. Hat es einen Grund, dass Ihr so markante Gesichtsausdrücke wählt? Aufgerissene Münder, aufgerissene Augen und so.
M: Ein schreiendes Gesicht ist…eigentlich ganz geil. Weil es so verfährt, dass man die Leute wenn sie schreien normal eigentlich nicht mehr erkennt. Das paßt eigentlich immer, grad Flo [Name geändert] mit der Brille zum Beispiel, der sieht total nerdig aus, wo man dann aufpaßt und beim Fotografieren darauf achtet, dass der Mund zu ist, dass er so’n bißchen dumpf guckt und so. Bei der Größe der Container ist es ja viel Aufmerksamkeit, da braucht man schon was Spezielles …wenn einen im Vorbeigehen einfach so ein großer Kopf anschreit, die Augen aufgerissen sind. Bei Flo isses halt einfach mal die markante Brille. Was dabei hilft ist, das Ausgangsmaterial zu sehen. Das ist dann einfach mal ein Fleischberg, ein Fleischband. Da hat man voll das Gefühl, dass es langweilig ist, wenn da so ein geschlossener Mund ist. Wir versuchen, so viele Gesichtszüge wie möglich einzufangen von dem Jeweiligen und dann zu gucken, was am besten funktioniert.
C: Ihr seid schon auch professionell im Bereich der Bildbearbeitung tätig, oder? Sonst hättet Ihr sicher Probleme mit der Umsetzung…
M: Ja, das ist einerseits sicher ein Grund warum wir hier und da Ressourcen haben. Manchmal glaub‘ ich aber auch, es ist der Grund der uns bremst, weil wir dann einen gewissen Qualitätsanspruch haben und sagen „das muß schon cool kommen, muß geil aussehen. Es soll vor allem auch neu sein und eigentlich soll’s groß sein und eigentlich auch immer die Leute flashen“. Ja und unterhalten soll es – ein Schmunzeln, wenn Du vorbeigehst als Reaktion.
C: Ja, da wollte ich drauf zurückkommen: Ihr hattet gesagt „urbanes Entertainment“…Ist das Euer Hauptanliegen, die Kommunikation mit den Leuten, die vorbeigehen?
M: Es ist halt irgendwie entstanden, bei den anderen wirkt es teilweise aufgesetzter. Nee, also wenn wir da jetzt in die Bresche schlagen würden, da irgendwelche Politikergesichter oder so zu nehmen… Ja, so sind wir ja gar nicht drauf, dass man sich da jetzt hinstellen würde und groß versuchen würde, eine Polemik an den Tag zu legen, eher den eigenen Humor…der Ausdruck, der normal entstanden ist… die blöden Ideen die irgendwo gekommen sind…nee, nicht die blöden Ideen, es sind ja schon immer die Ideen die extrem herausstechen. Das ist glaube ich charakteristisch, es ist das, was unsere Arbeit ausmacht. Es hört sich jetzt vielleicht arrogant oder eingebildet an, aber ich hab schon das Gefühl, dass bei uns wirklich nur Sachen ‚rauskommen, die wirklich ’ne tolle Idee sind. Die dauern ja auch manchmal ein Jahr (lachen)…
C: Mir gefällt, dass Ihr Sachen hervorhebt, an denen man täglich vorbeiläuft, ohne sie wirklich wahrzunehmen, die dann plötzlich voll verändert werden: Glascontainer in der Straße, Fahrkartenentwerter und Feuerlöscher in U-Bahnhöfen.
M: Ja stimmt, die Fahrkartenentwerter, das war für die Leute, da mussten wir einfach mit agieren. Das war so’ne Zweckentfremdung. 3D und Zweckentfremdung, das gefällt mir eigentlich richtig gut an der Sache.
C: …oder wie die Flaschen in die Köpfe geworfen werden…ich komme relativ oft an der Admiralbrücke vorbei.
M: Ja, das war richtig schön beim ersten Container, den haben sie dann angefangen zu bemalen. So Ohrringe und Augenringe, das fand ich richtig cool, das erfreut einen dann schon richtig. Wenn das dann ein für sich stehender Protagonist ist. Dieser Container an der Admiralbrücke ist jetzt der 4. oder 5. beklebte Container, weil der Ort so schön paßt, das ist echt ’ne schöne Ecke.
C: Ihr habt vom Spaß erzählt, den Euch das alles macht. Macht Ihr das auch für die Öffentlichkeit? Ich habe Euren Blog gefunden, wo Fotos und Videos zu finden sind und auch auf ReclaimYourCity hab ich was gefunden. Macht Ihr noch andere Öffentlichkeitsarbeit? Habt Ihr schonmal an ’ner Ausstellung teilgenommen? Verkauft Ihr Sachen?
M: Also ich glaub kaufen tut das keiner. Wer will sich so ’nen Container zu Hause hinstellen… schön, ich hab ein großes Wohnzimmer jetzt kauf‘ ich mir ’nen Flaschencontainer…Ein halber Container wird die Legoaufräumecke für die Kinder… Bei den Sticker Awards, da haben wir mitgemacht und sind in die Ausstellung gekommen – wir haben da ’ne Vitrine gehabt. Und dann ist da jetzt in Köln die art rmx [2008], da werden wir mitmachen. Nee, ansonsten machen wir keine Öffentlichkeitsarbeit…das machen andere für uns, hehe. Ach ja, wir waren letztens mit ’nem Foto in der Zeit.
C: Ein Update-Interview, nachdem so viel Zeit verstrichen ist, seitdem wir gesprochen haben. Wie war’s in Köln bei der art rmx?
M: Die art rmx in Köln war toll. Wir hatten zwei Ausstellungsorte. Bei dem einen standen wir in der „Passage Neumarkt“, die ein krass frequentierter Zugang zu einem U-Bahnhof ist. Das war cool, weil die KVB [Kölner Verkehrsbetriebe] uns extra ein paar Entwerter aufgebaut hatte – in Köln hängen die normalerweise nur in den Bahnen. Die haben sie auf so Stelen gestellt und da haben wir sie bekleben können. Das war von Anfang an so ein …-äh- lustiges Geschehen, weil wir da ankamen und dann 10 uniformierte Beamte vor uns standen und wir schon dachten „uups-schluck-okay“ (was man ja hier in Berlin doch nicht so nett findet) und die waren aber alle total lustig und haben sich voll den Spaß gemacht, als wir am Kleben waren. Sie haben lauter Fotos mit den Entwertern gemacht, wo sie sie im Schwitzkasten hatten und so. Die Beamten sollten da stehen bleiben, weil sie die Dinger abends ‚reinräumen und morgens wieder ‚rausräumen sollten. Wir haben uns drei Tage Zeit genommen, alles so langsam aufzubauen – es sah zwar überhaupt nicht nach drei Tagen, sondern eher nach zwei Stunden aus, aber naja. Die beklebten Entwerter standen dann da, so mit Schildern drüber. Die standen da gut, weil sie wirklich in nem vollen Durchgangsfluß standen und viele Leute sie gesehen haben. Das war wirklich cool von den art rmx-Leuten, dass sie das so mit der KVB abgeregelt hatten.
Und dann hatten wir den anderen Ausstellungsort: Das war so ein bißchen außerhalb – naja, was heißt außerhalb – das ist Odonien, ein großes Künstleratelier – anscheinend ein Platz, wo ab und zu so Festivals stattfinden. Da hatten wir so ’nen großen Übersee-Container, den wir vor dem Odonien aufgebaut haben. Wir haben ihn von innen tapeziert und ein Video ‚reingesetzt. Ein Kumpel hat uns einen Fernseher besorgt, den man da gut hinstellen konnte und der sicher war. Wir haben noch so einen Wassertank beklebt, der da im Odonien auf’m Dach stand. Das war echt schön.
Die art rmx in Köln war insgesamt eine nette Veranstaltung, fand ich. Das war ja auch das erste Mal, dass wir auf einer Ausstellung, – oder wie man das auch immer nennen will, – waren. Das hat uns allen aber auch ziemlich deutlich klargemacht, dass es schwer ist, diese Sachen in einer normalen Ausstellung zu präsentieren. Wenn man die Entwerter oder den Container in einen weißen Raum stellen würde, dann würden sie total an Reiz verlieren. Wir konnten dort ja wirklich am Ort des Geschehens präsentieren, hauptsächlich durch die KVB, weil die da so locker waren. Die Leute im Odonien waren extrem nett, die Leute von der art rmx waren auch einfach nett. Die haben da wirklich viel Arbeit geleistet. Mir hat gefallen, dass die Ausstellung über die ganze Stadt verteilt war und es gab viele Freigetränke auf der Eröffnungsparty. Ich glaube nicht, dass es uns nachträglich nun zu Ruhm verholfen hätte, aber es war für uns eine spannende Geschichte, da mal reinzuschnuppern. Wir haben keine großen Ambitionen auf Ausstellungen hin zu arbeiten. Klar, wenn jemand mal fragt, machen wir was für ’ne Ausstellung.
C: Wollt Ihr noch was sagen? Etwas hinzufügen?
M: Abschließend könnte man vielleicht noch sagen, dass es uns nicht darauf ankommt, Ansehen in der Szene zu erlangen, sondern vielmehr darum geht, den Leuten, die es sehen, – wie vorhin schon gesagt wurde, – ein Schmunzeln abzuringen. So dass wir vielleicht einen kleinen netten Moment im Leben geben. Ich glaub‘, das ist das Ziel, was wir so verfolgen. Und schon Charlie Chaplin sagte: …“Denn ein Tag ohne Lächeln…“
C: Vielen Dank!