Der untenstehende Text ist im Dezember 2013 ist für eine gewerkschaftliche Veranstaltung zum Thema Tauschwirtschaft entstanden. Es geht in ihm um eine post-kapitalistische solidarische Zukunft – so wie man sie sich 2013 eben vorstellen konnte. Wenn man nur die Rechnung nicht mit dem Wirt aller kapitalistischer Wirtschaft machte, mit dem Krieg. Und daher mein Eindruck: Eben weil die post-kapitalistische Zukunft noch vor wenigen Jahren mit den Händen zu greifen war, gibt es jetzt Krieg. Denn er ist Klassenkampf, derer, die haben gegen die, die nicht haben, der Versuch eines Befreiungsschlags gegen die unabdingliche Notwendigkeit des solidarischen Teilens.
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Ein Tausch ist immer charmant. Er stellt eine Abkürzung dar, eine ungeheure Vereinfachung: Ich habe, was du brauchst, du hast, was ich brauche. Das Geschäft ist gemacht, sobald dieser Umstand erkannt ist. Es bedarf dazu keiner weiteren Vermittlung, keines Geldes, keiner Buchung und keiner Bücher, keines Belegs und keiner Rechnung. Zwei Dinge wechseln den Besitzer, zwei Leistungen werden einander erbracht; es braucht nichts als das jeweilige Bedürfnis der zwei Beteiligten, ihre gegenseitige Möglichkeit, es dem andern zu erfüllen und zwei Hänse sind glücklich. Ein glitzernder Stein gegen einen Lutscher; kratz mir am Rücken und ich zeig dir den Weg. Nach dieser kinderleichten Art des Wirtschaftens sehnen wir uns zurück. Es geht in ihr so schön einzig um eins, um die Sache. Um Gebrauchswerte, im Hier und Jetzt.
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Hans im Glück macht es vor: Ob man beim Tausch beschissen wird, es wäre notfalls nichts als eine Frage der Einstellung. Die Leichtigkeit, die er von Tausch zu Tausch gewinnt, ist dem Hans unbezahlbar köstlich. Selig fliegt er der Mutter in die Arme und an den gedeckten Tisch. Aber wir haben eine Miete zu bezahlen, rechnen mit Kranken-, Rentenkasse und dem Finanzamt ab, niemand gibt uns einfach so eine Suppe. Ständig brauchen wir Geld. Tausch ist für uns sinnvoll, wenn wir durch etwas, das uns wenig kostet, einnehmen, was wir anders teuer bezahlen müssten. Wir setzen auch beim Tauschen die Geldwirtschaft fort. Ein guter Tausch beginnt für uns da, wo wir dran gewinnen, in Heller und Pfennig, Zeit ist Geld. Oder wo wir wenigstens nicht draufzahlen. Dann, nur dann, stellt er eine Möglichkeit dar, einen fairen Preis zu erzielen.
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Oft, wenn wir zum Ausgeben kein Geld übrig haben, erscheint der Tausch uns als sinnvoll. Beim Tausch von Waren oder Dienstleistungen muss das Geld nicht auf dem Tisch liegen, um zu fließen. Wir verflüssigen direkt, was nicht niet- und nagelfest ist, wir plündern unsere Lager. Dinge und Fertigkeiten werden zu unseren Münzen. Auch in der Tauschwirtschaft gibt die mit dicken Konten, die mit schmalen Börsen. Der Gang auf den Tauschmarkt kann wie der zum Pfandhaus sein. Wer nichts mehr zu versetzen hat, ist am Ende: Star-Journalist schreibt Ihnen Ihre persönliche Autobiographie – für eine warme Mahlzeit am Tag.
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Der viele Reichtum rundum beflügelt den Gedanken vom Tausch. Was so im Überfluss vorhanden ist, herumsteht, gegeben werden könnte, nach Nießbrauch verlangt, die ganze große Waren- und Fertigkeitenhalde – ist sie nicht ein rein organisatorisches Problem? Wir haben Rechner und Internet, der Berg ist im Nu in Computerbörsen verpackt und weggedoodelt. Ein bisschen guter Wille, Dienstleistung gegen Ware und so fort, mehr ist nicht nötig, schon sind alle brachliegenden Talente gefordert, ist die Überproduktion in nachhaltiges Wirtschaften überführt. Geht doch. Es müssen bloß alle mitmachen.
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Was kotzt die Produktion aber auch Tag für Tag für Berge aus! Und jede unserer Dienstleistungen schmiert da irgendeinen Rand ab, Zahnrad rechts, Hebel links, es soll alles ohne Knirschen und Knacken gehen. Fünf Planeten könnten wir im Handumdrehen zu Waren umschaffen, um sie auf unserem, dem sechsten, zu stapeln. Aber einer muss das ganze Zeug kaufen, sonst wird aus der Arbeitszeit, die wir in und um seine Produktion investiert haben, kein Geld, kein Gewinn. Ohne sechs Planeten voller reicher Käufer ist nichts zu haben. Ist aber mit den Reichtümer spuckenden Maschinen kein Geld mehr zu machen, heißt Tauschen Verteilen der Produkte. Was wir erarbeiten würden, wir täten es und hätten es für lau: ertauscht.
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Die Win-Win-Situation gibt es bislang nur als Gefühl. Tauschen wir Dienstleistungen oder Waren untereinander, sind im besten Fall beide Tauschpartner nachher besser aufgestellt. Sind die Partner besser aufgestellt, hauen sie anderswo ihre direkte Konkurrenz nur umso besser in Pfanne. Unter den Bedingungen des Wettbewerbs muss, was einer gewinnt, ein anderer verlieren. Keine Gewerkschaft, kein Netzwerk, kein Tauschring ändert daran etwas, wir kommen aus der Nummer nicht raus. Auch beim Tausch müssen wir aufpassen, uns nicht gegenseitig zu unterbieten, müssen auf fairen Äquivalenten bestehen, müssen, in Zeit ist Geld, auf unsere, dem Geschäftsgang erforderlichen Summen kommen. Der Tausch löst uns Liquiditätsprobleme, mehr nicht.
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Die Produktion erledigen die Maschinen. Intergalaktische Nachfrage nach Produkten von der Erde ist genauso unwahrscheinlich wie Anlieferung von Rohstoffen aus allen Ecken der Milchstraße. Wachstum, das neue Arbeitsplätze schafft, kann nirgendwoher kommen. Dienstleistungen – das was einer für den anderen tut – sind es allein, die uns auf Dauer sinnvolle Beschäftigung versprechen, Verteilung, Beratung, Begleitung, Planung, Evaluierung, Forschung, Kunst. So wenig wie Netzwerke, Tauschringe oder Gewerkschaften offenbar gegen den unerbittlichen Wahnsinn des entfesselten Kapitalismus ausrichten können, so wichtig wird in der Zukunft werden, was wir schon jetzt in kleinen Ansätzen versuchen zu initiieren: Solidarität, Kooperation und das Ergründen der Bedürfnisse des anderen. Denn was du brauchst, habe, vielleicht, ich und was ich brauche, hast, vielleicht, du. Geld spielt keine Rolle.