vonkirschskommode 22.07.2021

Kirschs Kommode

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Ich blicke mich also im Zimmer um und suche, was ich in ein Vierzeilen-Märchen einreimen kann. Die Objekte in meiner Umgebung teilen sich in reimliche und unreimliche. Mein Blick fällt auf einen USB-Stick, wo gehört er hin?

Ich weiß nicht, ob ich einem USB-Stick viel heimliches Leben zugestände, das ihn zu einem interessanten Protagonisten für eins meiner Märchen machen würde. Aber reimliches Leben hat er, er will unbedingt in ein Hotel mit Seeblick. Und das ist ja schon einmal ein Anfang.

Das Verfahren, mir Reime zu ertricksen, in dem ich die Wörter in Silben zerlege und jede Silbe für sich reime, ist nicht meine Erfindung. Diese Art des Reims hat sogar einen eigenen Namen, der sich bei Wikipedia nachlesen lässt, vokalischer Halbreim. Und dort wird auch ein klassisches Beispiel aufgeführt. Hesse reimt in seinem berühmten Gedicht Im Nebel: „Voll von Freunden war mir die Welt, / Als noch mein Leben licht war, / Nun, da der Nebel fällt, / Ist keiner mehr sichtbar.“ Aber so zu verfahren, scheint keine oft genutzte Ressource zu sein, ich kenne insgesamt nur wenige Beispiele aus Werken anderer Dichter oder Dichterinnen.

Das ist schade, denn der vokalische Halbreim erweitert die Möglichkeiten des Reimens ungeheuer. Und Vierzeilenmärchen sind genau die Sorte Gedichte, in denen er sich von seiner besten Seite zeigen kann:

 

Es war einmal ein Kühlschrank,
den machte sein Gefühl krank.
Er schmolz dahin für Gott.
Jetzt liegt er auf dem Schrott.

*

Es seufzte mal ein Auto:
Was, wenn mich einer klaut, oh,
wie viel könnt ich erleben!
Es hat sich nie ergeben.

*

Ein Springinsfeld von Rehbock
erlitt mal einen Drehschock.
Planeten, die fern kreisen,
die spürt er seither reisen.

*

Es war ein mal ein Nashorn,
das mochte weder Gras, Korn
noch sonst wie Kraut und Blätter.
Doch fraß es und wurd fetter.

*

Ein kunstbeflissner Karpfen
war, unter anderm, Arp-Fan.
Er riet, um Kunst zu schenken,
im Teich sie zu versenken.

*

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