Meine persönliche Antwort auf die Frage nach der gesellschaftlich unbedingt notwendigen Tätigkeit, die ich, würde sie denn bezahlt, gerne übernähme, war Jahrzehnte: Gedichte übertragen. Aus dem Spanischen, aus dem Englischen, eine aufwendige Sache, vier Zeilen in vier Wochen, wenn es sein muss und wenn es nur gut wird. Insbesondere Antonio Machados scheinbar müheloses, leicht gewirktes Spätwerk hatte es mir angetan, proverbios y cantares, cancionero apócrifo, und nie hatte ich Zeit dafür. Den ganz paar Versen, die ich dennoch übertragen konnte, habe ich irgendwann ein Widmungsgedicht vorangestellt. Es strotzt nicht gerade von Optimismus, was die ökonomischen Perspektiven angeht. Aber es fasst doch ganz gut zusammen, was Arbeit sein könnte, wäre sie mehr als ein Mittel, Dritten privaten Gewinn zu ermöglichen.
Zueignung, 2035
Ja, ich. Ich wars, ich stahl beim Bäcker Brote.
Ich war es auch, der gestern in der Bank
die Angestellten wegen Geld bedrohte.
Ein Überfall. Geplant. Ich bin nicht krank,
ich übertrete ganz bewusst Verbote.
Was wollt ihr? Alt bin ich. Und ich bin blank.
Ich kann die Miete nicht bezahlen, Ende.
Mir fehlen, außer Essen, auch vier Wände.
Verurteilt mich, am besten lebenslänglich.
Das ist mit wenig Jahren Knast erreicht.
Ein Zimmer brauch ich, es ist unumgänglich.
Und den Machado. Seine Verse. Leicht
auf Spanisch. Doch auf Deutsch? Wie unzulänglich
ist mein Versuch, wenn man zurück vergleicht!
Den Reim, den Rhythmus und den Wortlaut wahren:
des Kreises Quadratur, Geschäft von Jahren.