vonPeter Strack 19.11.2014

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„25 Jahre nach der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention ist der VI. Weltkongress zu Kindern und Jugendlichen ein klares Beispiel, wie wenig wir mit der realen und effektiven Umsetzung unserer Rechte vorangekommen sind“, kritisiert eine Delegation der lateinamerikanischen Bewegung erwerbstaetiger Kinder und Jugendlicher (MOLACNATS) und ihrer erwachsenen Begleiter in einer Stellungnahme nach Beendigung des Kongresses, der vom 12. bis zum 14. November im mexikanischen Puebla stattgefunden hat.
„Unsere Beteiligungsmoeglichkeiten waren praktisch Null. Wir waren nur Gegenstand von Reden, Videoprojektionen und Fotos, ohne selbst unsere Meinung sagen zu koennen. Wir haben das Gefuehl, dass wir nicht nur in Bezug auf das verteilte Material, sondern auch in Bezug auf das Essen gegenueber den Erwachsenen diskriminiert wurden.“ Insbesondere beim Thema Kinderarbeit halten die organisierten arbeitenden Kinder es fuer noetig, selbst gehoert zu werden, um auch darueber berichten zu koennen, wie das verdiente Geld ihnen die Erfuellung anderer Rechte erst moeglich mache.
Vor allem aber klagen die Kinder das Schicksal der 43 verschwundenen und ermordeten Studenten in Guerrero und die Toetung eines ihrer Kollegen, des 13jaehrigen José Luis Tlehuatle Tamayo, in Puebla selbst an. Der Kinderarbeiter starb an den Folgen eines Gummigeschosses, das Polizeikraefte der Regionalregierung von Puebla am 9. Juli auf den Jungen abgeschossen hatte, der zufaellig auf dem Nachhauseweg von der Schule an einer Demonstration vorbeigekommen war. Die Mutter, die auf dem Weltkongress ueber den Fall berichten wollte, sei vom Veranstaltungsgelaende vertrieben worden, klagt MOLACNATs an, das nun um die Sicherheit auch der Mutter besorgt ist. Denn die Regionalregierung liess verlauten, Frau Elia Tamayo sei freiwillig vom Gelaende gegangen.

Unterstuetzung bekam MOLACNATS von Manfred Liebel, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Kongresses und einer der Referenten. Die Mutter von José Luis haette jedes Recht gehabt, ihren Fall auf dem Kongress vorzutragen, schreibt der Professor der Freien Universitaet von Berlin in einem Protestbrief. „Wir fordern vom Gouvaneur von Puebla, dass er die Verantwortung fuer den Tod uebernimmt, dass er oeffentlich um Verzeihung bittet, fuer die verursachten Schaeden aufkommt und die Sicherheit der Familie des getoeteten Kindes garantiert.“ Er sei selbst Zeuge des unakzeptablen Umgangs mit der Mutter des Jungen auf dem Kinderrechtskongress geworden, so der Leiter des Kinderrechtstudiengangs der Freien Universitaet und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von terre des hommes, und habe sich spaeter aufgrund von Bedrohungen durch Mitglieder des Sicherheitsapparates selbst gezwungen gesehen, Puebla zu verlassen.

 

Foto des getoeteten José Luis: privat

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https://blogs.taz.de/latinorama/25-jahre-un-kinderrechtskonvention-widersprueche-in-mexiko/

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kommentare

  • Wie ich das aus den von mir rezipierten Medienberichten herauslese, ist Mexiko langfristig gesehen das für Menschen tödlichste Land der Erde. Zahlreiche Meldungen und Berichte über die durch Drogen-Kämpfe Getöteten, die mächtige Organisierte Kriminalität in dem Land, den nachbarlichen Absatzmarkt Nummer 1, die USA, las ich.

    Trotzdem verstehe ich die ganze Situation nach wie vor nicht. Was sind die wichtigsten Gründe dafür, dass es Menschenrechte in Mexiko im Vergleich zu, sagen wir mal, Finnland, so schwer haben? Was sind die vielversprechendsten Wege, die Mexiko hinsichtlich einer Verbesserung gehen müsste? Würde ich in der taz gern mehr drüber lesen.

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