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Von Alberto Acosta
Liebe Freundinnen und Freunde,
Heute vormittag (15.9.2010) erhielt ich mit großer Sorge und einiger Empörung die Nachricht über die Weigerung des deutschen Ministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit, den Yasuní-ITT-Fonds zu finanzieren. Sollte sich diese Position verfestigen, so käme das einem harten Schlag, ja einem Dolchstoß für die Initiative Yasuní-ITT- Initiative gleich.
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Wir haben fest mit dem deutschen Beitrag gerechnet. Mit seiner Erklärung zugunsten dieser Initiative vom Juni 2008 war der Bundestag auf internationaler Ebene zu einem der Stützpfeiler dieses Projekts geworden, das beabsichtigt, im Naturschutzgebiet Yasuní und in der Welt das Leben zu schützen. Diese Haltung, die vom Bundestag mehrmals bekräftigt wurde, bevor sich dann auch die Bundesregierung sie schließlich zu eigen machte, hat dabei geholfen, für eine Reihe komplexer Hindernisse in Ecuador selbst einen Lösungsweg zu finden. Auch weite Teile der deutschen Gesellschaft standen hinter dieser Position.
Vor diesem Hintergrund erscheint es völlig unverständlich, dass nun, nachdem nach langen und komplizierten Verhandlungen der Treuhandfonds zwischen der ecuadorianischen Regierung und dem Entwicklungsfonds der Vereinten Nationen am vergangenen 3. August unterzeichnet wurde, und wo mehrere Länder wie Chile und Italien sich der Initiative anschließen, Minister Dirk Niebel entscheidet, die ursprüngliche Zusage nicht einhalten zu wollen.
Die Argumente, die Minister Niebel in seinem Schreiben an MdB Ute Koczy anführt, sind völlig haltlos. Die Yasuní-ITT- Initiative mit dem REDD-Projekt (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) gleichzusetzen, beweist eine profunde Unkenntnis beider Problematiken. Die Figur der Kompensationszahlungen an Ecuador, indem die bereitgestellten Gelder in das Programm Socio Bosque des ecuadorianischen Umweltministeriums oder in REDD-Projekte fließen, ist ein Hohn, da ein Beitrag, der mit dem Leben verantwortungsvoll umgeht, ersetzt wird durch einen Beitrag, der von merkantilen Interessen geleitet wird.
Darüberhinaus reichen weder Socio Bosque noch REDD an die Ziele heran, die die Yasunú-ITT-Initiative sich gesetzt hatte, nämlich gleichzeitig den Erhalt der Biodiversität, die Eindämmung des Klimawandels und vor allem die Einhaltung der Rechte der indigenen Völker. Auch das Misstrauen des deutschen Ministers ist nicht haltbar, wenn er seiner Befürchtung Ausdruck verleiht, dass diese Initiative sich in einen Präzedenzfall für alle Erdöl exportierenden Länder verwandeln könnte.
Diese ministerielle Entscheidung bedeutet zweifellos einen Rückschlag für die Yasuní-ITT-Initiative. Deshalb ist es an dieser Stelle notwendig, alle Fraktionen des Bundestags aufzufordern, diese Position zu prüfen. Einmal mehr wird die Antwort in den Händen der gewählten Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Bevölkerung liegen, welche ihre historische Verantwortung für Natur und Menschheit unter Beweis stellen müssen.
Diejenigen, die in Ecuador und anderen Teilen des Planeten für das Leben eintreten, erwarten eine klare und kategorische Aussage, welche diese Entscheidung rückgängig macht und die Unterstützung Deutschlands unwiderruflich bekräftigt. Eine Unterstützung, die gemeinsam mit anderen effektiven Verbündeten diese Initiative konsolidieren würde. Die Europäische Union behauptet, sie spiele bei den Initiativen zur Eindämmung des Klimawandels eine Vorreiterrolle. Dies muss mehr beinhalten als bloße Worte. Die europäischen Länder haben nicht nur eine schwere soziale und historische Schuld zu tragen, sie tragen seit ihrer Industrialisierung auf der Grundlage fossiler Brennstoffe auch eine Schuld in Sachen Klimawandel. In diesem Kontext kommt der Unterstützung der Yasuní-ITT-Initiative große Bedeutung zu.
Auf der anderen Seite ist ebenfalls notwendig, dass die ecuadorianische Regierung ihre Aufgabe mit erheblich größerem Verantwortungsbewusstsein angeht als bisher. In den Debatten um den Treuhandfonds wurde viel kostbare Zeit verspielt. Die Widersprüche innerhalb der Regierung von Präsident Correa waren allzu zahlreich und allzu dauerhaft.
Unter diesen Umständen muss die Zivilgesellschaft in Deutschland, Ecuador und dem Rest der Welt wachsam sein. Dieser Rückzieher Deutschlands könnte nun den großen Vorwand liefern, um das Scheitern der Initiative herbeizuführen, worauf die Vertreter der Ölindustrie in Ecuador und anderswo nur spekulieren.
Wenn Deutschland dazu beiträgt, einen Vorschlag, der weltweit Vorreiterfunktion hat, zu Fall zu bringen, werden wir Einwohner Ecuadors unsere Verantwortung alleine übernehmen müssen. Wir werden mit aller Kraft die Option C vorantreiben müssen: das Öl im Boden zu belassen, obwohl die internationalen Beiträge vielleicht nicht zusammenkommen.
Mit freundlichen Grüßen
Alberto Acosta
Ecuadorianischer Ökonom, Professor und Forscher bei FLACSO-Ecuador, ehemaliger Minister für Energie und Bergbau und ehemaliger Präsident der Verfassunggebenden Versammlung Ecuadors
Original hier.
[…] that came from environmental groups like Acción Ecológica and others in Ecuador and from Alberto Acosta, when he was minister for energy and mines in 2007. True, Correa has sometimes spoken eloquently in […]