vonNiklas Franzen 01.04.2014

Latin@rama

Politik & Kultur, Cumbia & Macumba, Evo & Evita: Das Latin@rama-Kollektiv bringt Aktuelles, Abseitiges, Amüsantes und Alarmierendes aus Amerika.

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Am 31. März 1964 machte sich die Truppe von General Olympio Mourão Filho auf den Weg aus dem brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais nach Rio de Janeiro. Dort hielt sich der linksreformistische Präsident João Goulart auf. Seine Regierung war den USA  und rechten Kräften im Land schon lange ein Dorn im Auge. Der Putsch verlief ohne einen einzigen abgefeuerten Schuss, was folgte, war jedoch eines der blutigsten Kapitel der brasilianischen Geschichte. In der über 20 Jahre andauernden zivil-militärischen Diktatur wurden hunderte Oppositionelle gefoltert, ermordet oder „verschwanden“. Erst 1985 kehrte Brasilien zur Demokratie zurück. Immer noch tut sich das Land schwer mit der Aufarbeitung seiner Geschichte.

Bis heute schützt ein Amnestiegesetz viele Täter von damals vor der strafrechtlichen Verfolgung. Für viele lebt das Erbe der Diktatur zudem immer noch weiter, vor allem im Vorgehen der Militärpolizei. Allerdings kommt es in den letzten Jahren zu immer mehr Initiativen, die für die Gerechtigkeit der Opfer kämpfen. So versucht eine im Jahr 2012 eingerichtete Wahrheitskommission die Verbrechen der Militärdiktatur aufzuklären. Gesellschaftlich war das Thema selten präsenter als in diesen Tagen.

Aufgrund des traurigen Jubiläums laden die Rosa-Luxemburg-Stiftung und die Nunca-Mais-Brasilientage in Berlin am Franz-Mehring-Platz 1 und bis zum 17.4. zur Fotoausstellung «Ausências – Abwesenheiten» des argentinischen Fotografen Gustavo Germano ein. Seine Bilder legen die Folgen der Militärdiktaturen schonungslos offen. Germano hat dieses Projekt in Brasilien im vergangenen Jahr mit Unterstützung des Menschenrechtssekretariats realisiert, nachdem er zuvor das gleiche Projekt in Argentinien durchgeführt hatte.

Er dokumentiert die Geschichten der Opfer der brasilianischen Militärdiktatur (1964-1985) dadurch, dass er Fotos aus den Familienalben 30, 40 Jahre später mit den Hinterbliebenen nachstellt. Die Bilder werden durch die Lebensgeschichten der Verschwundenen und ihrer Familienangehörigen hervorragend ergänzt. In der Gegenüberstellung der alten und neuen Fotografien setzt Germano so die Abwesenheit der politischen Verschwundenen und von der Diktatur Ermordeten einfühlsam in Szene. Es ist diese Leere des unbesetzten Stuhls am Familientisch, die nicht vieler Worte der Erklärung bedarf.

Die Ausstellung ist Teil der Nunca-Mais-Brasilientage.  Veranstaltungen sind unter anderem in Berlin, Köln, Bonn, Frankfurt, Bielefeld geplant. Näheres im Programmheft.


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https://blogs.taz.de/latinorama/ausencias-abwesenheiten-50-jahre-nach-dem-militarputsch-in-brasilien/

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