Letztens waren es die Gegner des Strassenbaus mitten durch das Indigene Territorium und Naturschutzgebiet TIPNIS, heute Journalisten, denen der Zugang zur Plaza Murillo verwehrt wurde, wo Praesident Evo Morales „dem Volk gehorchend“ die Regierungsgeschaefte fuehrt. Anlass sind Proteste der Pressemitarbeiter, die nicht einsehen, warum Kollegen von der Regierung wegen Aufstachelung zu Rassenhass angezeigt werden. Sie sollen eine Rede des Praesidenten verfaelschend wiedergegeben haben, um das Tiefland gegen das Hochland aufzubringen.
Evo Morales hatte auf einem Treffen mit einem hochrangigen Weltbankvertreter in Tiwanaku zum Thema Nahrungsmittelsicherheit gesagt, dass, wenn im bolivianischen Tiefland jemand Hunger leide, dann weil er faul sei „solo por flojos podemos hambrear“. Er erwaehnte Hagel und Kaelte im Hochland, aber nicht die durch die radikalen Abholzungen verursachten zunehmenden Ueberschwemmungen im Tiefland, die immer haeufiger Not hervorrufen. Die Nachrichtenagentur FIDES hatte neben dem wortgetreuen Zitat im Text, in der Schlagzeile aus dem Adjektiv ein Substantiv gemacht. „Evo sagt, wer im Tiefland hungert, dann aus Faulheit“. Das, so die Regierung sei eine tendenzioese Verfaelschung. Die Worte des Praesidenten seien vielmehr motivierend gemeint gewesen und von FIDES aus dem Kontext gerissen worden.
Gewiss hat die oppositionelle Presse in der Vergangenheit jedweden verbalen Fehlgriff des Praesidenten genuesslich aufgegriffen und wird es in Zukunft sicher auch tun, zumal wenn die Regierung ihm solches zusaetzliches Gewicht gibt. Manche Medien gingen auch deutlich weiter als FIDES und spitzten die Aussage unnoetig zu. Doch im Falle der missliebigen katholischen Nachrichtenagentur koennen semantische Spítzfindigkeiten nicht darueber hinweg taeuschen, dass hier statt dem Autor der Botschaft, die Boten geschlagen werden sollen. Warum werde das Antidiskriminierungsgesetzt herangezogen nicht das Pressegesetz?, fragen die Journalisten. Und es fehlt nicht der regierungstreue Abgeordnete, der eine Novellierung des Pressegesetzes fuer notwendig haelt, dessen Anwendung die Regierung in ihre Schranken weisen wuerde.
Als Paul Laffargue Ende des 19. Jahrhunderts sein „Recht auf Faulheit“ schrieb, war dies als Kritik am kapitalistischen Arbeitsethos gemeint, nicht an dem haeufig harten Ueberlebenskampf der Bauern im bolivianischen Hochland, den Evo Morales „manchen“ Tieflandbewohner als Beispiel vorstellte. Trotzdem ist der Vorfall ein Symptom fuer die vor allem im TIPNIS-Konflikte gewachsene Entfremdung der Regierung insbesondere von den laendlichen, indigenen Kulturen des Tieflandes. Nicht bei ihnen, sondern im plurinationalen Staat scheint etwas faul.
Jetzt gerade in Deutsche Welle (USA) ueber den Aerztemangel in Deutschland – besonders in Landgemeinden. Die Insel Batrum bangt weil ihre alte deutsche Aerztin aufhoeren will, und die Gemeinde sucht verzweifelt nach einem Arzt. Aber die Nachbarinsel hat jetzt einen neuen Arzt gefunden – von BOLIVIEN – Dr. Luis Alberto Gonzalez (?) Campanini. (Inzwischen wurden in Kuba ueber tausend Bolivianer als Aerzte ausgebildet. Angeblich 2,500). Un consejo para Ud. – amigo Strake – ha llegado el tiempo de regresar a su patria y dejar a los Bolivianos de manejar su destino propio! (Don’t overstay the welcome…)