vonBenjamin Kiersch 19.10.2008

Latin@rama

Politik & Kultur, Cumbia & Macumba, Evo & Evita: Das Latin@rama-Kollektiv bringt Aktuelles, Abseitiges, Amüsantes und Alarmierendes aus Amerika.

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Gestern ging am Flughafen von Cochabamba nix mehr: das Terminal war wegen Reinigungsarbeiten stundenlang gesperrt, wurde frustrierten Passagieren in Santa Cruz und La Paz mitgeteilt.

Der Grund: die Stadt erwartete hohen Besuch. In San Benito bei Cochabamba wurde der Grundstein für das Parlament der Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) gelegt. Endlich! Schon vor 2 Jahren wollten die südamerikanischen PräsidenInnen Cochabamba während ihres Gipfels in der Stadt am Fuß der Anden als Sitz des Parlaments der Regionalorganisation erklären – zum Frust der Cochabambiner wurde damals nichts draus. Jetzt kann die Stadt womöglich die Pläne für den geplanten Glasobelisken wieder aus der Mottenkiste holen: dieser soll höher als der Obelisk von Buenos Aires werden und die Integration der Völker Lateinamerikas symbolisieren.

Michelle Bachelet und Evo Morales ch’allan das neue Parlament…

A propos größer, höher, weiter: Das Gelände des südamerikanischen Parlaments, jubelte Evo Morales, der zusammen mit seiner Kollegin Bachelet aus Chile, Übergangspräsidentin der UNASUR, den Grundstein für das Gebäude legte, sei mit 300 Hektar größer als das europäische Parlament. Neben dem Parlamentssaal sei ein Sport- und Kulturzentrum geplant, natürlich mit Fußball- und Squashplätzen, Evos Lieblingssportarten.

Ehe die südamerikanischen Abgeordneten allerdings nach einer Sitzung des Parlaments bei einer Partie Fulbito relaxen können, wird wohl noch einige Zeit vergehen. Erst in zwei der zwölf Mitgliedsstaaten der UNASUR (Bolivien und Venezuela) haben die nationalen Parlamente den Gründungsvertrag der Allianz abgesegnet, der im Mai in Brasilia von den Staatschefs unterzeichnet worden war. Vielleicht blieben auch deshalb viele Stühle in Cochabamba leer: nur Delegationen aus sieben Ländern waren zur Grundsteinlegung nach Bolivien gekommen. In Chile kam es deswegen gar zu einem Streit zwischen Parlament und Exekutive: der Senat kritisierte die Anwesenheit chilenischer Parlamentarier in der Delegation von Frau Bachelet, da das chilenische Parlament die UNASUR-Gründungsurkunde noch nicht ratifiziert hat – die Abgeordneten verließen die Zeremonie bereits kurz nach der Eröffnung wieder.

… und freuen sich nach getaner Arbeit. Fotos: ABI

Es wird also noch ein langer Weg, ehe das ehrgeizige Ziel des Cuzco-Gipfels von 2004 erreicht ist, die UNASUR zu einer der europäischen Union ähnlichen regionalen Allianz auszubauen.  Allerdings hat das Bündnis mit dem Ad-Hoc-Gipfel von Santiago zur Situation in Bolivien im September bewiesen, dass die Regierungen bereit sind, in Krisensituationen zusammenzustehen – das ist ein großer Erfolg.

Und Cochabamba hat fürs Erste wieder einen sauberen Flughafen.

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