vonGerhard Dilger 10.08.2024

latin@rama

Seit 2008 Nachrichten vom anderen Ende der Welt und anderswoher.

Mehr über diesen Blog

13 Tage nach der Präsidentschaftswahl in Venezuela ist Amtsinhaber Nicolás Maduro immer noch nicht in der Lage, die Wahlprotokolle aus den Stimmbezirken vorzulegen. Es ist die permanente Bestätigung des bislang offensichtlichsten Wahlbetrugs, den sein Regime zu verantworten hat. Die Ausrede, ein Hackerangriff aus Nordmazedonien habe in der Wahlnacht das elektronische Wahlsystem Venezuelas zerschossen, ist ebenso unbelegt wie die mehrfach verkündete Wiederwahl Maduros mit absoluter Mehrheit.

Die breite Opposition hingegen hat über 80 Prozent der Wahlakten veröffentlicht, wonach ihr Kandidat Edmundo González mit zwei Drittel der Stimmen gewonnen habe – ein seriöses Ergebnis, bestätigten jetzt die von Maduro zugelassenen Wahlbeobachter:innen des Carter Center. Direkte Verhandlungen mit der Opposition schloss Maduro gestern kategorisch aus.

Lateinamerikas Linke ist gespalten. Neben Kuba und Nicaragua haben lediglich Honduras und Bolivien Maduros »Sieg« anerkannt. Luiz Inácio Lula da Silva aus Brasilien, der kolumbianische Staatschef Gustavo Petro und Andrés Manuel López Obrador aus Mexiko drängen gemeinsam auf die Veröffentlichung und unparteiische Verifizierung der Protokolle. Wie Petro hat auch die linksperonistische Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner aus Argentinien das »Erbe von Hugo Chávez« beschworen, was ihr eine hämische Reaktion aus Caracas einbrachte.

Gabriel Boric aus Chile, der seit vielen Jahren einfordert, dass die Menschenrechte auch in Kuba, Nicaragua und Venezuela zu respektieren seien, traf der Bannstrahl der Maduristas am schnellsten.

abo

Wahlen im Osten: Wie ist die Lage in Thüringen, Sachen und Brandenburg? Lesen Sie es in der wochentaz – jetzt 10 Wochen lang für nur 10 Euro.

»Schwer zu glauben« sei ein Wahlerfolg Maduros, hatte er in seiner ersten Reaktion gesagt, worauf Chiles Diplomat*innen des Landes verwiesen wurden. »Ich habe keine Zweifel, dass Maduro einen Wahlbetrug versucht hat«, legte der gemäßigt linke Präsident am Mittwoch nach, worauf ihn Venezuelas Außenminister als »Pinochetisten« und »Putschisten« beschimpfte.

Nachdem US-Außenminister Anthony Blinken vergangene Woche Edmundo González zum Sieger erklärt hatte, ruderte man in Washington inzwischen zurück: Ein Außenamtssprecher betonte, man habe González noch nicht als Präsident anerkannt und unterstütze die Verhandlungsbemühungen Brasiliens, Kolumbiens und Mexikos.

Auch die EU hat die Lehren aus der Blamage gezogen, die ihre Anerkennung des Oppositionspolitikers Juan Guaidó als Präsident von 2019 bis 2021 bedeutete – und unterstützt ebenfalls die drei lateinamerikanischen Schwergewichte. Nichtsdestotrotz fing sich der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell ebefalls eine rüde Antwort ein, als er belastbare Zahlen einforderte: Das sei »eine Schande«, erklärte Maduro.

Nichts deutet darauf hin, dass die »perfekte zivil-militärisch-polizeiliche Union« (Maduro) zu einem demokratischen Machtwechsel bereit ist, zumal aus Moskau und Peking sogleich Gratulationen kamen. Mehr denn je wird das rohstoffreiche Venezuela zu einem Faktor im geopolitischen Disput der Großmächte.

In der Region selbst dürfte seine selbst gewählte Isolierung zunehmen. Die drei linken Präsidenten Lateinamerikas, die noch über einen direkten Kanal nach Caracas verfügen, lehnen mit Blick auf Washington jede Einmischung von außen ab und torpedierten daher eine kritische Resolution im Rahmen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), an der inhaltlich wenig auszusetzen war.

Was aber folgt, wenn Maduro weiterhin kein Einsehen zeigt? Acht Millionen Venezolaner:innen haben den Erdölsozialismus bereits verlassen – auch wegen der wirtschaftlichen Misere. Diese Auswanderungswelle dürfte jetzt weiter anschwellen. Die gnadenlose Verfolgung Andersdenkender in Venezuela, die ja nicht erst nach dem Wahltag eingesetzt hat, wird dann vielleicht auch von Lula thematisiert. Seit Jahren gehören Zensur, willkürliche Verhaftungen, Folter und außergerichtliche Hinrichtungen zum Repressionsarsenal des Regimes.

In Nicaragua geht Daniel Ortega ähnlich brutal gegen Aktivist:innen vor – und brüskiert langjährige Verbündete. Nachdem es Brasiliens Botschafter gewagt hatte, der staatlichen Revolutionsfeier am 19. Juli fernzubleiben, wies ihm Ortega die Tür.


 

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/latinorama/diktator-maduro-bleibt-stur/

aktuell auf taz.de

kommentare

  • Patrioten & Nationalisten Venezuelas zur Verteidigung ihrer Nation und Wirtschaft VERTAATLISCHTEN die DAS OEL 1964: Das waren die gewaehlten buergerlichen Parteien, Sozial-Christen, Christdemokraten usw. Damals waren Chavez und Maduro Kinder. Venezuela zahlte die Oelgesellschaften der USA, Britanien und Niederland, welche nach 1915 die Oelindustrie in Venezula entwickelt hatten. Seit 1915 kamen die Arbeiter dafuer von KOLUMBIEN. Es sind heute ihre Enkeln welche nach USA wandern. 1989 war CARACAZO – ein Hungeraufstand in Venezuela in welchen hunderte von der Polizei erschossen wurden. Obwohl Venezuela schon reich war. hungerte die Bevoelkerung, waehrend die “Besitzer” in Miamis Kaufhaeuser als “Give me two of that !’ belacht wurden und die Luxusapartments in Key Bicayne kauften. Seetransporte stauten sich monatelang vor dem Hafen La Guaira mit Importen. Maduro wurde Busfahrer und Leiter der Fahrergewerkschaft. Chavez wurde Militaerkadett und mit anderen Militaers begann eine lange politische Verschwoerung welche in der Mode der Epoche als “sozialistisch” gepraegt wurde. Chavez kam von niederen Mittelstand in der Provinz und bezeichnete sich als “der Indianer von Barinas”. Venezuela kaufte Refinerien in Texas und hunderte CITGO Stationen in USA. 1953 nach Freie Universitaet Berlin ging CIA Frank Gardiner Wisner nach Iran und beseitigte den gewaehlten Praesident Mossadeque und alle Nationalisten welche das Oel fuer Iran reservierten wollten. Die CIA brachte den Sha. Am Ende waren nur noch im Hinterland die archaischen fanatischen Kleriker. Frank Gardiner Wisner CIA war dann 1954 in Guatemala und beseitigte Praesident Arbenz: Er stoerte United Fruit Company.
    Gerhard Dilger erschien in den 1980ern in Nicaragua, wie andere “taz”-Typen. (…)
    Lula in Brasilien ist Gewerkschaftler und seine Ausenpolitik ist vom Akademiker Celso Amorim einer der BRICS Gruender. 2011 der brasilienische Akademiker und Jurist Nelson Jobim zu dem BRD NATO General Klaus Naumann: “We are not partners of the USA for its role in the world ! Only South Americans are responsible for the defense of our subcontinent and we need a “dissuasive force” against threats from the outside over our resources !”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert