vonHans-Ulrich Dillmann 06.05.2010

Latin@rama

Politik & Kultur, Cumbia & Macumba, Evo & Evita: Das Latin@rama-Kollektiv bringt Aktuelles, Abseitiges, Amüsantes und Alarmierendes aus Amerika.

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Erotische Darstellungen möchte die Leitung der diesjährigen Buchmesse in der dominikanischen Hauptstadt Santo Domingo den Besuchern nicht “zumuten”. Deshalb verboten die Verantwortlichen der Feria del Libro 2010 den Verkauf und die Ausstellung des Buches “El Kama Sutra Dominicano” des dominikanischen Arztes und Leiters der Dominikanischen Vereinigung der Buchverleger, Dr. Dennis Pe¤a. Obwohl er seinen Band dezent gestaltet und nur Erwachsenen zugänglich machen wollte, blieben die Verantwortlichen der wohl wichtigsten Buchmesse der Karibik unerbittlich. Auch Erwachsene durften keinen Blick zwischen die Umschlagdeckel werfen.
Der Schutz der Jugend scheint aber nicht so weit zu gehen, dass auch andere “skandalöse” Beiträge zensiert und dem Publikum vorenthalten werden: Die Messeleitung präsentiert in diesem Jahr im Rahmen der Buchmesse den NS-Propagandafilms über den Reichsparteitag der NSDAP 1934 in Nürnberg dem Publikum: ohne jede Kommentierung oder politische und historische Einordnung des im Auftrag von Adolf Hitlers gedrehten Machwerks über den “Triumph des Willens” von Leni Riefenstahl. “Erst habe ich an einem ‘Scherz oder eine Unachtsamkeit’ geglaubt”, schreibt der Sozialoge und Zeitungskommentator Miguel Mena in der dominikanischen Internetwochenzeitung “Clave Digital”. http://www.clavedigital.com/App_Pages/ocio/Ocio.aspx?id_Articulo=5950
Mena hat in Berlin studiert und lebt dort seit Jahren. Er ist im diplomatischen Dienstes seines Landes und Mitglied der dominikanischen Botschaft in Deutschland.
Gemeinsam mit dem Autor dieses Textes suchte er eine Stellungnahme des Direktors der dominikanischen Cinematec oder der Messeleitung. Aber nachdem Mena mit verschiedenen Verantwortlichen telefoniert hatte, zeigte er sich ebenso wie der Essayist und Musiker Jimmy Hungría, der ebenso öffentlich protestierte, schockiert: “Der Film gehöre zu den zehn Weltbesten Filmen” beschied die Leitung der Buchmesse den Kritikern und lehnte es ab, “Zensur auszuüben” oder den NS-Propagandadokumentarfilm kritisch zu kommentieren. Auch dass das Buch Adolf Hitlers “Mein Kampf” auf der “Feria de Libros” angeboten wird, stört die Verantwortlichen nicht. “Die Messe verbietet ‘La Kamasutra Dominicana'”, kommentiert Mena, “aber sie serviert uns dafür auf dem Silbertablett die Großpropaganda von Hitler.”

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