„Erst war ich erschrocken. Aber mir fiel ploetzlich ein: Es geht doch um MEINE Rechte. Und dann wurde ich wuetend“, erzaehlt Rubén, erwerbstaetiger Jugendlicher aus dem bolivianischen Bergwerkszentrum Potosí vom Dezember. Damals wollte die Polizei die Delegierten der Union erwerbstaetiger Kinder und Jugendlicher Boliviens (UNATSBO) daran hindern, ihren Protest zum Parlament zu tragen. Dort wurde ein neues Kinder- und Jugendgesetz verhandelt, das Kinderarbeit pauschal verbieten sollte (siehe damaliger latin@rama blog). Seitdem ist viel passiert. Es gab mehrere Sitzungen mit Abgeordneten von Parlament und Senat, der Praesident sicherte ihnen seine Unterstuetzung zu. Dass alles dann laenger dauerte, als geplant, liegt daran, dass die Verfassungskommission des Senates und Ministerien sich intensiv an die Arbeit machten, um ein Gesetz zu bekommen, das nicht nur auf dem Papier steht (siehe Interview mit dem Senator Adolfo Mendoza in der Juniausgabe der ila).
Der 12. Juni ist der internationale Tag gegen die Ausbeutung von Kindern. Und wie es aussieht, steht Bolivien kurz vor der Verabschiedung einer neuen Ausrichtung seiner Gesetzgebung. In der sollen nicht die Verbote, sondern der Schutz von Kindern im Mittelpunkt stehen. In der vergangenen Woche stellten die Gesetzgeber den Kindern und Jugendlichen ihren neuen Entwurf vor. Eine Beschaeftigung soll ab dem 12. Lebensjahr, selbstaendige Arbeit ab dem 10. Lebensjahr regulaer moeglich sein. Immer dann, wenn sie ohne Zwang ausgeuebt wird und von den staatlichen Kinderschutzschutzbueros bzw. der Arbeitsbehoerde kontrolliert und genehmigt ist. Auch die Liste verbotener Taetigkeiten wurde nach den Vorschlaegen der Kinder differenziert. So koennen Kinder indianischer Tieflandgemeinden auch kuenftig ganz legal gemaess ihrer traditionellen Lebensweise Fische fangen. Die Liste, sagt der Gesetzentwurf, soll kuenftig in regelmaessigen Abstaenden zusammen mit den organisierten Kindern ueberpueft werden. Parallel zu diesen Bestimmungen sind Sozialprogramme vorgesehen, damit Kinder nicht aus Geldnot zur Arbeit gezwungen sind. Etwa, um ihr Schulmaterial zu bezahlen.
Was den Kindern und Jugendlichen in der schriftlichen Fassung des Gesetzentwurfes noch fehlt, ist die bereits in der Verfassung verankerte explizite Anerkennung der Arbeit im Familiaeren und Gemeinschaftlichen, zumeist geht es da um die kleinbaeuerlichen Dorfgemeinschaften. Auch fordert die UNATSBO, dass in den Uebergangsbestimmungen noch ein Passus aufgenommen wird, dass die Schutzmechanismen auch fuer unter 10 jaehrige gelten, solange es noch Kinder in dieser Altersgruppe gibt, die Geld verdienen. Muendlich habe man ihnen das zugesagt, nur stehe es noch nicht im Text (siehe ihre Stellungnahme, uebersetzt von ProNats). Deshalb baten sie erneut um ein Treffen mit dem Parlament und mit dem Praesidenten. Noch ist nicht klar, ob diesen Forderungen noch nachgekommen wird. Es gibt Bedenken bei einigen Abgeordneten, aber auch anderen Lobbyisten. Am 13. Juni wurde eine Meldung des Senators Mendoza publik, dass das Gesetz im Groben verabschiedet sei. Unklar ist, ob mit den geforderten Klaerungen oder ohne, oder ob diese noch diskutiert werden. Aber schon jetzt haben die arbeitende Kinder und Jugendlichen bewiesen, dass sie nicht nur zu Kompromissen faehig sind, sondern auf der Grundlage ihrer konkreten Lebenserfahrung die Vorstellungen und Vorschlaege der Erwachsenen konstruktiv verbessern koennen.
Fuer den WDR berichtet Elisabeth Weydt aus Potosí. Hier der Link zur Sendung
Und auf der Deutschen Welle eine Filmreportage von der Ortsgruppe der Kinderarbeiterorganisation in Cochabamba: Hier der Link
Fotonachweis: Sitzung mit dem Praesidenten (Diario Nuevo Sur), Kurz vor der Einigung?, UNATSBO nach der Praesentation des Gesetzentwurfes im Senat (Foto: bolivianischer Senat), Beitragstitelbild: Die Organisation arbeitender Kinder in Cochabamba (AVE, Audiovisuales Educativos)
[…] gehen wollen, erhöhen Internationale Arbeitsorganisation und UNICEF den Druck auf Bolivien, sein von den arbeitenden Kinder mitgestaltetes Gesetz den eigenen Vorstellungen […]