vonHildegard Willer 16.11.2014

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Es dürfte in Deutschland kaum jemanden geben, der den peruanischen Regenwald so gut kennt wie Juliane Diller. Die deutsch-peruanische Biologin ist als Jugendliche vor über 40 Jahren auf der Forschungsstation ihrer Eltern am Unterlauf des Flusses Yuyapichis im Departament Huánuco aufgewachsen. Heute leitet Dr. Diller die Bibliothek der Zoologischen Staatssammlung in München und kehrt zweimal pro Jahr nach Peru zurück, um “Panguana”, so der Name der Forschungsstation, weiterzuführen. Hildegard Willer hat mit Juliane Diller über den Klimawandel im Regenwald und vieles andere gesprochen.

Übrigens: Weltbekannt wurde Juliane Diller unter ihrem Mädchennamen Koepcke, als sie 1971 als einzige einen Flugzeugabsturz  überlebte und sich 10 Tage alleine durch den Dschungel schlug.

Frau Dr. Diller, Sie können die Situation im Regenwald gut mit früher vergleichen.  Welche Veränderungen fallen Ihnen besonders auf ?

Juliane Diller: Am intensivsten habe ich in Panguana gelebt, als ich für meine Doktorarbeit geforscht habe, Anfang der 80er Jahre. In Panguana haben wir weiterhin vor allem unberührten Primär-Regenwald. Aber wir bemerken, dass die Temperaturen ansteigen und der Wald schneller austrocknet. Zum anderen sehen wir, wie der Fluss sein Verhalten geändert hat. Er ist langsamer und wärmer geworden. Das Wasser steigt schneller an. Das Wasser des Yuyapichis ist sehr trübe geworden, wir vermuten, das kommt vom industriellen illegalen Goldabbau am Oberlauf. Das Wasser ist quecksilberbelastet und nicht mehr trinkbar.  Das Wasser steigt schneller, einige Tiere sind bereits verschwunden.

Daran dürfte auch der illegale Goldabbau schuld sein…..

Am Oberlauf des Yuyapichis gibt es seit 100 Jahren Goldwäscher, aber erst mit dem Goldboom der letzten Jahre kamen ausländische Investoren mit Motorpumpen, die den Fluss im grossen Stil umgraben. Eine chinesische Firma hat  auf alle privaten Geländen der Flüsse Pachitea und Yuyapichis Schürfrechte angemeldet. Die Schürfrechte wurden zwar nicht genehmigt, aber von den peruanischen Behörden auch nicht endgültig abgelehnt. Das macht mir grosse Sorge.

Ein Problem ist, dass viele Menschen im Regenwald gerne eine Strasse hätten, um die Wege weniger beschwerlich zu machen…

Die Bergbaufirmen versprechen den Menschen, dass sie dann eine Strasse bekommen. Das ist ein grosses Problem, denn jede Strasse ist schlecht für den Regewald. Beinahe hätte eine chinesische Firma eine Strasse geschlagen, obwohl sie direkt an unserem privaten Naturschutzgebiet “Panguana” vorbeiführt und einen Teil der Pufferzone des kommunalen Naturschutzgebietes El Sira tangiert.

Ich verstehe aber, dass die Menschen von etwas leben müssen, man muss einen Kompromiss finden zwischen Umweltschutz und Entwicklung. Es gibt Ansätze für eine alternative Nutzung, die den Regenwald weniger belastet, z. B. Kautschuk, Kakao, Achiote oder Katzenkralle.

Was halten Sie von der Nutzung des Regenwaldes für den Anbau von Palmöl-Pflanzen ?

Palmölpflanzen machen viel kaputt. Wir sehen die Plantagen mittlerweile in ganz Ucayali. Das einzig Positive ist, dass die Plantagen den Menschen Arbeit geben und dass der Boden beschattet ist. Aber damit hat es sich auch schon. Palmpflanzen werden in Monokultur angebaut, sind keine einheimische Art. Sie laugen den Boden aus und speichern auch weniger CO2 als der Primär-Regenwald. Einige sagen zwar, nur Sekundärwald (also bereits von Menschen benutzter Regenwald, H. W.) werde für den Palmöl-Anbau vergeben, aber soviel Sekundärwald gibt es gar nicht, wie Flächen dafür ausgewiesen werden.

Wenn man mitten im Regenwald steht, dann kommt er einem so unendlich und ewig vor, als ob er nie verschwinden würde. Aber das täuscht. Der Boden ist dünn, es gibt fast keine Humusschicht. Wenn der Regenwald mal weg ist, braucht es 400 bis 500 Jahre, bis er sich wieder regeneriert.

Erwarten Sie etwas von der Weltklimakonferenz, die im Dezember in Lima stattfinden wird ?

Wichtig wäre, dass die Leute für den Schutz des Waldes belohnt werden, sei es durch CO2-Zertifikate oder den REDD-Mechanismus. Den Schlüssel haben wir im Norden in der Hand: wenn wir kein Tropenholz, kein Palmöl, kein Fleisch oder Gold mehr konsumieren, dann kommt dies dem Regenwald zugute.

Das Interview erschien ursprünglich  auf www.infostelle-peru.de

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https://blogs.taz.de/latinorama/klimawandel-in-peru-wir-spueren-die-auswirkungen-im-regenwald/

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kommentare

  • Ein interessantes Interview mit jemandem der den direkten Vergleich hat. Welche anderen Alternativen gibt es denn für die lokale Bevölkerung? Würden Sie einen touristisch-verträglichen Ansatz auch in Erwägung ziehen oder eher nicht?

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