Gestern nachmittag wurde Marco Arana, Perus prominentester Bergbaukritiker und 2010 Träger des Aachener Friedenspreises, in Cajamarca brutal festgenommen:
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Etwa eine Stunde später schrieb er auf Twitter: „Sie haben mich verhaftet, sie haben mich viel geschlagen, auf der Polizeiwache haben sie mich noch einmal geschlagen, Faustschläge ins Gesicht, in die Nieren, Beschimpfungen“.
Zuletzt war Arana wegen seiner Opposition zum Bergbauprojekt Conga ein Ärgernis für die Regierung von Ollanta Humala. Nachdem am Dienstag bei Protesten gegen Conga drei Menschen getötet worden waren, hatte die Regierung den Ausnahmezustand über drei Provinzen der Region Cajamarca ca. 800 Kilometer nördlich von Lima verhängt. Am Mittwoch wurde ein weiterer Demonstrant erschossen.
Die Regierung wäscht ihre Hände in Unschuld. „Es gab einen Vorfall, der zur Verhaftung dieses Herrn führte“, sagte Justizminister Juan Jiménez Mayor am Abend, jetzt sei die Staatsanwaltschaft zuständig. Generalstaatswanwalt José Peláez Bardales machte die Polizei für die Festnahme verantwortlich, Aranas „physische Integrität“ werde allerdings von den örtlichen Staatsanwälten gewährleistet. Die Polizei werfe Arana „öffentlichen Aufruhr“ vor, erklärte seine Anwältin Mirtha Vásquez, angeblich habe er 200 Demonstranten angeführt und sich gegen die Festnahme gewehrt.
Update Donnerstagfrüh (Ortszeit): Marco Arana ist wieder auf freiem Fuß.
In Cajamarca will der US-Multi Newmont zusammen mit der Weltbank-Tochter IFC und Buenaventura aus Peru für 4,8 Milliarden Dollar die größte Gold-Kupfer-Mine in der Geschichte des Landes bauen. Gegner kritisieren, der geplante Minenbetrieb verschmutze die Umwelt, gefährde die Wasserversorgung der Region und bringe der örtlichen Wirtschaft kaum Nutzen. In Conga sollen während der Bauarbeiten bis 2017 bis zu 7000 Menschen Arbeit finden.
Newmont betreibt bereits die nahe gelegene Goldmine Yanacocha, die größte in Lateinamerika. Seit 20 Jahren verändert der offene Tagebau das Gesicht der Region Cajamarca im Nordwesten Perus: Wo früher grüne Hügel waren, prägen heute metertiefe Krater die Landschaft. Mit hochgiftigem Zyanid lässt Newmont den Goldstaub aus den Steinen waschen. Flüsse und Grundwasser werden mit Quecksilber und Arsen verseucht, Kleinbauern verlieren ihre Lebensgrundlage. Der Reichtum geht, die Zerstörung bleibt, wie Arana sagt.
Doch beim Berg Quilish, der für die Wasserversorgung der Stadt Cajamarca und die Landwirtschaft der Region unerlässlich ist, stieß das Unternehmen an Grenzen. Nach heftigen, aber friedlichen Protesten musste der Multi 2004 vorerst die Pläne aufgeben, den Berg abzutragen. Arana, bis zu seiner Suspendierung Anfang 2010 Priester, Soziologe und ein besonnener Verfechter des gewaltfreien Widerstandes, hat großen Anteil an diesem Erfolg: Er vermittelte zwischen Tränengaseinsätzen, hielt Gottesdienste und organisierte Unterstützungsaktionen. „Es gibt keinen sauberen Bergbau, es gibt höchsten weniger schmutzigen Bergbau in Ländern, wo er besser kontrolliert wird“, sagt er.
Aranas Engagement stößt bei den Bergbaufans und ihren Handlangern auf heftige Ablehnung, oft schlagen ihm auch Hass und Gewalt entgegen. Zuletzt wurde er im September 2011 handgreiflich attackiert.
Bei einer Kampagne gegen seine Organisation wurden 2006 zwei Mitstreiter ermordet. Arana, seine Kollegen und Familie wurden ausspioniert und bedroht. Die Agenten gaben ihm den Codenamen „der Teufel“. Hinter dem Einschüchterungsversuch steckte offenbar die Sicherheitsfirma des Minenbetreibers Newmont Mining. Seitdem kann er nicht mehr ohne Leibwächter aus dem Haus. In ihrem Dokumentarfilm Wenn die Erde weint (The Devil Operation, 2009) hielt die kanadische Journalistin Stephanie Boyd diese Ereignisse fest.
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Lesenswert das Perukapitel aus der BICC Studie „Commercial Security and Development Findings from Timor-Leste, Liberia and Peru“, die auf die Problematik eingeht, dass (peruanische) Polizeieinheiten an Bergbauunternehmen outgesourct werden und dass PolizistInnen, wenn sie nicht im Dienst sind in ihren offiziellen Uniformen für (Bergbau)Unternehmen arbeiten
http://www.bicc.de/uploads/pdf/publications/briefs/brief45/brief45.pdf
Weiteres zu dem Thema:
– Aus dem Blog von David Vollrath (er ist jetzt Mitarbeiter bei Rettet den Regenwald) „Polizeigewalt in La Pajuela“
http://im-nu-in-peru.blogspot.de/2010/02/im-beitrag-wasserproben-ubungen-und.html
– Und ein Artikel von Stephanie Boyd zur Situation in Espinar/Cusco (Xstrata/Glencore)
„‘Excuse me, Miss, are you a police officer or a security guard with the mine?’ I ask.
My confusion is understandable. The woman is wearing the uniform of Peru’s National Police, but her identity badge is covered by a large, yellow vest emblazoned with the ‘Tintaya’ logo.
‘I’m a police officer,’ she says. Long pause: ‘And I work for the mine.’
She wants us to go with her to the police station inside the mine. My curiosity is piqued – why does a private corporation have its own police station? What does it look like? But my fellow passengers say ‘No way!’ After a tense back and forth with the officer, it’s agreed that we’ll go to the police station in Espinar, the provincial capital.
Inside the station, the captain examines my official government press card, and makes an impressive display of huffing and puffing. Lawyers from the provincial government arrive for our defence. More huffing ensues from both sides. Finally, we’re given a stern warning and told that ‘next time’ we have to get permission from the company before entering the mine.“
http://www.newint.org/features/2012/05/01/xstrata-environmental-pollution/