vonPeter Strack 10.02.2024

Latin@rama

Politik & Kultur, Cumbia & Macumba, Evo & Evita: Das Latin@rama-Kollektiv bringt Aktuelles, Abseitiges, Amüsantes und Alarmierendes aus Amerika.

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Wir leben in einer Diktatur“ sagt die Abgeordnete der Gruppierung Comunidad Ciudadana Luciana Campero. Das klingt erst einmal etwas überzogen. Schließlich sitzen wir in ihrem Parlamentsbüro, wo die 29jährige offen und unbefangen über ihr Engagement für die Umwelt aber auch zahlreiche Korruptionsskandale der Regierung berichtet. Die hat sie öffentlich gemacht und angezeigt. Nicht nur deshalb und wegen ihrer Präsenz in den Sozialen Netzwerken ist die Juristin in ihrer Heimatregion Tarija ausgesprochen populär. Ist das der Grund, warum trotz ihrer parlamentarischen Immunität gegen sie Strafverfahren losgetreten wurden, bei denen die Rechts- und die Sachlage keine wesentliche Rolle zu spielen scheinen?
Ein Gespräch über Umweltzerstörung, wirkungsvolle Projekte statt Klientelismus, eine verrottete Justiz und das Wenige, was die internationale Gemeinschaft aus Camperos Sicht eventuell dagegen tun kann.

Luciana Michelle Campero Chávez, Foto: Julia Gabriela Strack Diaz

Persönliche Informationen über sie sind abgesehen vom Geburtsdatum rar – im Internet und auch auf der Informationsseite des bolivianischen Parlaments. Wer ist Luciana Michelle Campero Chávez?

“Nein” zur Verfassungsänderung, Foto: Privat

Ich bin eine Aktivistin aus Umweltgruppen und Bürgerinitiativen zur Verteidigung der Demokratie. In Tarija (südlichstes Departament von Bolivien) bin ich Mitgründerin von „Demokratisches Tarija“. Weil das Comité Cívico (Lokaler Dachverband von zivilen und berufsständischen Organisationen, Gewerkschaften und Unternehmen) passiv war, haben wir 2016 die Bewegung gegen die erneute Kandidatur von Evo Morales angeführt (hier für Interessierte ein Blick zurück).

Wir haben auch Demonstrationen zum Schutz von Pflanzen und Tieren im Tariquía-Nationalpark organisiert. Es ist die grüne Lunge für den bolivianischen Süden bis hin in den Norden Argentiniens. Aufgrund oberflächlicher Vorstudien vermutet man dort Gasvorkommen. In der Regierungszeit von Evo Morales und auch unter Jeanine Añez haben wir zusammen mit den dort lebenden Kleinbauernfamilien noch verhindern können, dass die Erdölgesellschaft in das Kerngebiet des Parks eindringt.

Recherche vor Ort in Tariquia, nachdem die Regierung auf parlamentarische Anfragen nicht geantwortet hat, Screenshot: Bunker Digital

Letztes Jahr wurde mit der Zerstörung des Naturparks Tariquía begonnen

Doch unter Luis Arce Catacora wurde letztes Jahr mit der Zerstörung begonnen. Dort gibt es die größte Vielfalt an Tieren und Pflanzen. Als Kind lernt man beim Zoobesuch den typischen Geruch der Ställe kennen. Bei unserem letzten Besuch vor dem Eindringen des Erdgasunternehmens hat es im Kerngebiet noch genau so nach Pumas und Jaguaren gerochen. Doch inzwischen ist dieser Geruch verschwunden. Früher gab es einen Weg, der von den Ortsansässigen genutzt wurde. Der war zwei bis drei Meter breit. Heute ist er bis zu acht Meter breit. Und obwohl wir alles dokumentiert haben, leugnet die Regierung die Zerstörung.

Was hat sie motiviert, in die Politik zu gehen?

Ich habe an der staatlichen Universität von Tarija studiert. Dort war ich auch schon ein wenig politisch aktiv. Es gab immer wieder Proteste, vor allem der Anhänger der MAS gegen die anderen Richtungen, die in der Regel die Wahlen gewannen. Häufig führten die Proteste zur Schließung der Universität. Manchmal bis zu drei Monate lang. Sechs Jahre hat es deswegen gedauert, bis ich meinen Abschluss machen konnte.

“Ich mag meine Region”, Tarija zu Ostern, Foto: DM Schwickert

Danach wurde ich Produzentin eines Unterhaltungsprogramms bei einem privaten Fernsehsender. Später habe ich als selbständige Unternehmerin Konzerte internationaler Künstler*innen in Tarija organisiert. Nicht, dass ich mich über die Steuern geärgert hätte, sondern ich mag meine Region, die Bolivien so viel gegeben hat und dabei selbst nicht vorangekommen ist.

Ohne Arbeitsplätze gibt es keinen sozialen Fortschritt

Tarija hat in den letzten Jahrzehnten durch die Erdgasförderung pro Kopf weit mehr Einnahmen als andere Regionen erzielt und damit auch zahlreiche Sozialprogramme finanziert.

Vielleicht hat sich im sozialen Bereich und bei der Stärkung der Institutionen eine Menge getan. Tarija war zum Beispiel das erste Munizip, das seine eigene Frauenabteilung hatte. Das ist angesichts der vielen Gewalt gegen Frauen sicher ein Fortschritt. Aber die Unabhängigkeit der Frauen ist immer auch verbunden mit der wirtschaftlichen Selbständigkeit. Solange es keine Arbeitsplätze gibt und die Menschen vom Staat abhängig bleiben, gibt es keinen sozialen Fortschritt. Ich habe viele Freunde, die eine Berufsausbildung haben. Manche haben sogar im Ausland studiert aber keine Anstellung bekommen und wieder emigrieren müssen. Ich denke diesbezüglich aber nicht an die üblichen Beschäftigungsprogramme, um damit politische Gefolgschaft zu sichern.

Landwirtschaft in Tarija, Foto: DM Schwickert

Das letzte wirkungsvolle Großprojekt in Tarija ist der Staudamm von San Jacinto. Der wurde unter dem Präsidenten Jaime Paz Zamora in den 1990er Jahren in der Zeit gebaut, als ich geboren wurde. Mit Hilfe des Staudamms konnten die Bauernfamilien ihr Felder bewässern und deshalb mehr Produktion verkaufen. Nicht nur eine Person, sondern die ganze Familie hat so Arbeit.

Hinzu kommen touristische Angebote wie die Vermietung von Boten am See oder die Restaurants, die Krabbengerichte verkaufen. Das ist für mich ein wirkungsvolles Projekt zur Diversifikation der Wirtschaft.

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Wie viele Personen arbeiten dagegen bei einem Erdgasfeld? Wenn es einmal produziert, sind es vielleicht 10 Personen. Die ganzen Investitionen dafür hätten wir besser nutzen und ausländischen Unternehmen die Investitionen in die Ölfelder überlassen können.

Die Regierung hatte einen Teil der Einnahmen der Universitäten, Regional- und Kommunalregierungen einbehalten, um damit die Suche nach Gasvorkommen zu finanzieren. Das Versprechen war, dass sie später auch an den Gewinnen beteiligt wären. Doch die Suche blieb bislang weitgehend ergebnislos.

Wir hätten eine asphaltierte Straße in den Chaco gut gebrauchen können, wo das ganze Gas gefördert wird. Derzeit schluckt man Staub auf der Strecke. Und auch der Tourismus nach Villa Montes und die ganze Region am Pilcomayo-Fluss mit seinen Naturlandschaften hätte so gefördert werden können. Aber das hat weder die MAS noch die anderen Parteien interessiert.

Vor der Presse auf dem Zentralplatz von Tarija, Foto: privat

Aufdeckung von Korruption

Im vergangenen Jahr haben Sie eine ganze Reihe von Skandalen aufgedeckt: Die miserable Qualität von Benzin und Diesel des staatlichen Versorgers, die im Ausland nicht mehr zugelassen ist, oder den illegalen Verkauf von vom Zoll konfiszierten gestohlenen Fahrzeugen. Immer wieder gab es auch Anzeigen zur politischen Verfolgung Oppositioneller… Was hat sie davon am meisten motiviert und was haben sie erreicht?

Am meisten bewegen mich die Anzeigen, die aus dem direkten Kontakt mit den Menschen entstehen. Etwa als Arbeiter des staatlichen Lithium-Unternehmens YLB sich bei mir beschwert haben. Hochrangige Funktionäre des zuständigen Ministeriums hatten sie unter Druck gesetzt. YLB hatte eine Wasseraufbereitungsanlage im Salar von Uyuni in Auftrag gegeben. Und das in einer sehr wasserarmen Gegend. Die Bevölkerung aus zwölf Gemeinden, die selbst kaum Wasser haben und deswegen sogar krank werden, sollten zuschauen, wie die Tankwagen das Wasser an ihren Dörfern vorbei in die Aufbereitungsanlage bringen. Dies alles nur, damit das Lithium gereinigt und für einen Spottpreis an die Chinesen oder Russen verkauft werden kann, die keinen Cent zu dieser Aufbereitungsanlage beigetragen haben. Hinzu kam die Auftragsvergabe an eine Firma aus Santa Cruz mit einem argentinischen Besitzer, obwohl die das teuerste Angebot gemacht hatte. Die Mitarbeiter hatten mich über Bestechungsgelder informiert. Ich habe das öffentlich gemacht mit Belegen, die ich zugesteckt bekommen hatte. Wir haben erreicht, dass am Ende weniger an die Firma ausgezahlt wurde.

Nicht nur das “I” scheint schief an der Generalstaatsanwaltschaft in Sucre: Alle Anzeigen von Campero wurden zurückgewiesen, Foto: Privat

Sonst wären wohl die Bestechungsgelder, die durchaus 5% der Investitionssumme ausmachen können, eingepreist worden. Der Staat hat also Geld gespart. Aber den Menschen ohne Wasser ist damit noch nicht geholfen.

Das ist eine weitere Forderung von uns. Die Tankwagen sollen auch Wasser in die anliegenden Gemeinden bringen. Aber bislang haben wir das noch nicht erreicht.

Ein anderes Thema, das auch international Aufsehen erregt hat, waren die Flüge von Evo Morales mit Flugzeugen der Luftwaffe, als er gar kein öffentliches Amt mehr inne hatte. Und nicht nur er hat diese Dienste genutzt, auch ausländische Freunde, die einen Film über ihn gedreht haben.

Es handelte sich um ein Ambulanzflugzeug, das eigentlich für Rettungsflüge im Beni angeschafft worden war. Die Kosten für die Flüge seien von MAS-Abgeordneten bezahlten worden, hieß es später aus offiziellen Stellen, auch wenn die eigentlich fälligen Steuern nicht gezahlt worden seien.

Was mich besonders geärgert hat: Dass die Passagiere später Videos mit mexikanischen Narcoliedern im Hintergrund ins Netz hochgeladen haben. Aber wenn jemand hier einen Unfall auf einer abgelegenen Strecke hat, kann er vergeblich auf ein Ambulanzflugzeug warten. Ich bin auch diejenige gewesen, die aufgrund von Unterlagen aus Peru, die vielen Reisen von Evo Morales zu politischen Aktivitäten in den Nachbarstaat aufgedeckt hat. Danach wurde darüber auch breit in der peruanischen Presse berichtet. Nun läuft in Peru ein Strafverfahren gegen Morales wegen Einmischung in innere Angelegenheiten.

Politische Verfolgung von Regimegegnern am Flughafen

Ihre öffentlichen Anklagen scheinen also durchaus Wirkung zu erzielen…

Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Im Fall der Zivilen Luftfahrtbehörde (DGAC) hatte ich Besprechungen mit 80 derzeitigen oder entlassenen Mitarbeitenden.

Campero zeigt auf Tik Tok die gewaltsamen Versuche an, die Ankunft des Oppositionspolitiker Luis Fernando Camacho in Tarija zu verhindern, Screenshot: Tik Tok Lucianacamperobol

Schon früher hatte ich Angriffe auf die Oppositionspolitiker Luis Fernando Camacho und Doria Medina am Flughafen von Tarija bekannt gemacht. Aber erst mit dem Besuch des Ex-Präsidenten Carlos Mesa von unserer eigenen politischen Gruppierung konnte ich den Hintergrund der Angriffe nachweisen. Bei seiner Rückkehr begleitete ich Mesa zum Flughafen. Als Polizisten auch mich angreifen wollten, konnte ich gute Gespräche mit ihnen beginnen. Die Polizisten wussten keine vernünftigen Gründe für die Angriffe zu nennen. Und die Verantwortlichen waren dazu nicht bereit.

Reste von Feuerwerkskörpern im Mülleimer des Flughafens, Screenshot Tik Tok: Lucianacamperobol

Man hatte zuvor sogar Knallkörper ausgeteilt, die das Personal zünden sollte. Das ist an einem Flughafen wegen des Treibstoffes strikt verboten. Die Polizisten leugneten das zuerst. Aber beim Öffnen der Abfalleimer, fand ich dort Schachteln mit gebrauchten Feuerwerkskörpern. Seit dem Thema mit den irregulären Flügen von Evo Morales und seinen Freunden kenne ich mich gut mit den Bestimmungen aus. Mein Video auf Tik Tok wurde viral. Nach einer halben Stunde gab es bereits 1000 Likes. Doch dann wurde die Tonspur gelöscht – wohl wegen Beschwerden der “Digitalen Krieger” der MAS. Aber drei Mitarbeitende schickten mir Ton-Mitschnitte, in denen die Chefin der Zivilflugbehörde des Flughafens die Feuerwehr anweist, das Flugfeld zu verlassen und „diese Putschisten“ anzugreifen. Aber da es keinen Flugbetrieb ohne Feuerwehr auf dem Flugfeld geben darf, verweigerten sich Feuerwehrleute und wurden entlassen. Ich bekam auch Tonmitschnitte von Versammlungen, wo sie von den Mitarbeitenden über die 5% Abgabe für die Regierungspartei hinaus noch einen weiteren Anteil ihrer Gehälter einforderte. Mehr als 70 Personen waren davon betroffen. Mit all dem Material habe ich bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet. Doch die hat trotz der umfangreichen Beweise wie schon in den früheren Fällen die Anzeige abgewiesen. Weil das Flughafenpersonal besorgt war wegen möglicher Repressalien, habe ich den Fall auch beim Arbeitsministerium angezeigt. Auch dort wurde die Anzeige zurückgewiesen. Nach meinen juristischen Kenntnissen müsste die Frau längst inhaftiert sein. Stattdessen hat sie jetzt gegen mich eine Strafanzeige wegen Verleumdung erstattet.

Im Parlamentsbüro beim Interview,  Foto: Julia Gabriela Strack Diaz

Strafverfahren trotz Immunität

Laut Paragraph 151 der Verfassung haben wir Immunität für alle Erklärungen, die wir im Rahmen unserer Kontrollaufgaben abgeben. Wäre die Anzeige an die Staatsanwaltschaft gegangen, dann hätte diese wohl meine Immunität bestätigt. Die Strafanzeige wurde jedoch direkt beim Gericht erstellt und so, als hätte ich als Privatperson gehandelt. Erstaunlich ist auch, wie schnell die Richterin in meinem Fall reagiert hat. Mich hat die Leiterin der Generaldirektion der Zivilluftfahrt von Tarija Anfang Dezember letzten Jahres angezeigt. Am 10. Januar bekam ich den Bescheid des Gerichtes bei mir zu Hause zugestellt und drei Tage Zeit, um zu antworten. Am 14. wurde der Gerichtstermin für den 23. Januar festgelegt, obwohl ich mit Verweis auf den Artikel 151 auf meine Immunität hingewiesen hatte. Doch die Richterin weigerte sich nicht nur, dies anzuerkennen, sondern sie ordnete gleich bei diesem ersten Gerichtstermin auch die Zahlung von Verfahrensgebühren gegen mich in Höhe von 14.000 Bolivianos (etwa 2000 USD) an. Das ist mehr als das Doppelte, was ich als stellvertretende Abgeordnete im Monat verdiene. Als hätte ich nicht das Recht, mich zu verteidigen. Das macht man nicht einmal bei Personen, die wegen Mord oder Vergewaltigung angeklagt sind.

“Wie soll ich das alles bezahlen?”

Was geht wohl im Kopf einer Richterin vor, wenn sie solche Entscheidungen trifft?

Man hat mir berichtet, dass sie Beraterin eines Stadtrats der MAS war, bevor sie Richterin wurde. Das scheint politisch manipuliert zu sein, zumal sie zuerst nur über die Annahme oder Ablehnung der Anzeige hätte entscheiden müssen. Doch bei der Ablehnung meines Einspruchs hat sie mich schon als schuldig bezeichnet, ohne dass die Fakten behandelt worden wären. Kann man in ein solches Verfahren Vertrauen haben? Und für jeden Einspruch wird sie mir zusätzliche Verfahrenskosten aufbürden. Wie soll ich das alles bezahlen? Hinzu kommt, dass die Chefin der DGAC in der Anhörung schon gesagt hat, dass ihr eine Entschuldigung nicht reichen würde. Ich antwortete, ich würde mich auch nicht entschuldigen für die Anzeige von Delikten im Rahmen meiner Kontrollfunktionen als Abgeordnete.

Bei einer Demonstration, Foto: Privat

Was soll mit dem Verfahren erreicht werden?

Wenn ich verschuldet bin, habe ich auch kein Geld für einen künftigen Wahlkampf. Und bei einem abschließenden Schuldspruch darf ich mich ohnehin 2025 und 2026 nicht mehr um ein öffentliches Amt bewerben. Mein Fall ist auch deshalb kompliziert, weil ich zuvor einen der obersten Richter in Sucre angezeigt hatte, der den Regierungshubschrauber wie sein Privatfahrzeug genutzt hatte, ohne einen Pfennig dafür zu bezahlen. Und seine ganze Familie arbeitet im Staatsapparat. Ich habe auch eine Eingabe bei der Justizaufsicht gemacht, weil ein Beisitzer des Regionalgerichts von Tarija nicht die für das Amt erforderlichen Qualifikationen besaß. Sie mussten ihm die Punktzahl verringern. Im Dezember musste er sein Amt niederlegen. Aber hinter diesem Mann steht ein Netzwerk. Da gibt es nicht nur politischen Einfluss. Auch Geld spielt eine Rolle. Das heißt, vor Gericht habe ich es nicht nur mit der Richterin zu tun. Das ganze Justizsystem ist verrottet. Und es sei daran erinnert, dass die derzeitigen obersten Richter nicht einmal die Wahlen gewonnen haben. Die ungültigen und leeren Stimmzettel bildeten damals die große Mehrheit.

Ohne rechtsstaatliche Verhältnisse wird sich nichts verbessern

Derzeit laufen die Verhandlungen über die Kandidaturen zu den neuen Richterwahlen (siehe auch diesen letzten Beitrag auf Latinorama). Aber obwohl die MAS anders als damals keine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament mehr hat, hat sich die Regierungspartei bei den letzten Stellenbesetzungen wie der des Ombudsmannes letztlich immer durchsetzen können… und sei es dadurch, dass eine Sitzung überraschend angesetzt wurde und die Oppositionsabgeordneten nicht rechtzeitig erscheinen konnten. Gibt es Hoffnung, dass das jetzt anders wird?

Ohne rechtsstaatliche Verhältnisse wird nichts besser. Wir leben in einer Diktatur. Früher waren es die Panzer in den Straßen. Heute verfolgen die Polizei und die Gerichte die Oppositionellen und ihre Parteien. Es war eine der ersten Maßnahmen der Regierung Arce, dem Innenminister die Führung der Polizei zu übertragen. Und der Justizminister manipuliert die Gerichte im ganzen Land.

Es gibt führende Politiker*innen, die im Exil sind, statt in Bolivien aktiv zu sein. Wie soll so eine Demokratie gestaltet werden? Wir haben mit der MAS eine übermächtige Partei. Sie kassiert nicht nur 5% der Gehälter der Staatsangestellten. Sie wird auch noch vom Drogenhandel finanziert.  

Was kann die internationale Gemeinschaft tun?

Sie sollte die Verhältnisse bekannt machen und dazu beitragen, dass das Parlament wieder seine verfassungsmäßigen Funktionen erfüllt. Derzeit lebt die Regierung von den Krediten (siehe auch diesen früheren Beitrag auf Latinorama). Das Ausland sollte diese Unrechtsregierung nicht auch noch mit Krediten subventionieren. Wenn diese abgelehnt würden, würde sie auch ihre Politik ändern und Demokratie und Menschenrechte respektieren. Es ist hart, scheint mir aber derzeit der einzige Weg.

“Derzeit scheint es mir der einzige Weg”, Foto: Julia Gabriela Strack Diaz

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https://blogs.taz.de/latinorama/politische-prozesse-gegen-parlamentarische-kontrolle/

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