Zwei der faszinierendsten Orte der peruanischen Hauptstadt sind den Toten vorbehalten: die Friedhofstadt „Presbítero Maestro“ in Barrios Altos sowie der Friedhof „Nueva Esperanza“ (Neue Hoffnung) im Süden Limas.
Presbítero Maestro hiess der Architekt, der 1808 den Friedhof erbaute, in dem die peruanischen Noblen ihre letzte Ruhestätte finden sollten. Heute ist die Totenstadt etwas versteckt im übel beleumdeten Viertel Barrios Altos, nicht unweit der historischen Altstadt. Umgeben von baufälligen Lehmhäusern und abenteuerlichen Holzbauten und einer Strasse voller Hupen, Tuten und Ausrufern, wird es hinter der Friedhofsmauer auf einmal ruhig . Der Besucher findet sich ins Lima des 19. Jahrhunderts zurückversetzt. Villenartige Mausoleen im neoklassizistischen Stil beherbegen die Gebeine der einst mächtigen Familien Limas. In Mauergräbern ruhen die Überreste von Einwanderern jeglicher Provenienz, wie die deutschen, italienischen, slawischen, chinesischen und japanischen Namen verraten. Mitten in der Totenstadt steht das Pantheon, die Ruhmeshalle für die im Pazifikkrieg gegen Chile vor über 100 Jahren gefallenen Soldaten. Unzählige Marmor- und sehr viel mehr Gipsengel bewachen den Seelenschlaf der Verblichenen.
Im „Presbítero Maestro“ sind die Nachfahren der spanischen Konquistadoren unter sich. Die Nachnamen, die auf den Gräbern zu lesen sind,sind Goyeneche, Goycochea, Rospigliosi, Alvarez Diez Calderón, der eine oder andere deutsche oder chinesische Nachname dazwischen.
Die Mehrzahl der Peruaner heisst jedoch nicht so, wie ein Strassenname in der peruanischen Hauptstadt, sondern Quispe, Mamani, Huamán. Als Presbítero Maestro den nach ihm benannten Friedhof baute, lebte die indianische Mehrheit der Bevölkerung in den Anden. Erst seit den 50-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts kamen sie nach Lima und liessen sich an den Rändern der Hauptstadt nieder. Die ersten Siedler starben, die Toten wurden an ebenso dafür unbewilligten Orten begraben, wie sie in besetzten Häusern gelebt hatten. In den Hügeln der südlichen Vorstadt Villa Maria de Triunfo ist so der grösste informelle Friedhof Lateinamerikas zusammengekommen.
Jeden 1. November ist im Friedhof „Nueva Esperanza“ die Hölle los: alle Familien marschieren von der Oma bis zum Baby und bepackt mit Blumen, dem Lieblingsessen der Toten und vor allem mit viel Bier auf den Friedhof, um ihrer Toten zu gedenken. Auch wenn die schon jahrzehntelang tot sind: von der Familie vergessen zu werden, ist das Schlimmste, das einem Andenbewohner passieren kann.
Der 1. November in Nueva Esperanza ist Volksfest pur: zuerst werden die Grabkreuze oder die Umrandungssteine neu gestrichen und dann wird getanzt, gesungen, gegessen…. und vor allem getrunken, im Gedenken an die Seligen. Auch wenn die im zarten Kindesalter oder als betagte Omas gestorben sind: eine „Chela“, ein Bier, zu ihren Ehren kann niemandem schaden. Viva la muerte!