1,3 Mio Dollar fuer jeden KM Zerstoerung: Protest gegen Strassenbau, Quelle: El Dia „Mama, wo geht es jetzt hin?“, fragte ein Junge heute morgen auf der Fahrt in das Stadtzentrum von Cochabamba besorgt seine Mutter, als der Bus ploetzlich in eine Seitenstrasse abbog. „Da wird wohl irgendjemand wieder die Strasse blockieren“, lautete die lakonische Antwort. Doch der Grenzkonflikt zwischen den Provinzen Oruro und Potosí wird derzeit ebenso verhandelt wie der zwischen den Munizipien Colcapirhua und Tiquipaya im „Herz der Mutter Erde“ selbst. Und die Kokabauern aus dem Chapare, die derzeit gegen den Baustopp der Strasse durch das indigene und Naturschutzgebiet TIPNIS mobilisieren, haben sich erst einmal zu Beratungen zurueckgezogen.
Nachdem Evo Morales den Strassenbau nach dem muehsamen zweimonatigen Marsch der Tieflandindianer und ihrem begeisterten Empfang in La Paz zunaechst fuer erledigt erklaert hatte, hatten die Kokabauern Mahnwachen installiert, die aber wenig Echo fanden. Manche hatten rueckkehrenden Marschierern ihr Hab und Gut abgenommen, Journalisten den Zugang zum TIPNIS verwehrt und ihre Organisation hatte den Praesidenten zum Rapport bestellt. Der behauptete, von den Marschierern hinters Licht gefuehrt worden zu sein. Er will wohl seine Amtszeit verkuerzen, kommentierte einer der Sprecher des Marsches, der Gesetz und Bevoelkerungsmehrheit hinter sich weiss. Doch immer wieder forderte Morales die Befuerworter zu Aktionen fuer den Strassenbau auf, wenn sie diesen wollten, um wenig spaeter durchblicken zu lassen, dass das Bauprojekt Geschichte sei.
Begeisterter Empfang fuer TIPNIS Marschierer in La Paz, Quelle: Wara Vargas Lara, Página 7 Und es gab Debatten, wie der Begriff der „Unberuehrbarkeit“ im Gesetz nun eigentlich zu interpretieren sei. Waehrend die Umsetzungsbestimmungen auf sich warten lassen, wurde bereits ein alternatives Tourismus-Projekt geschlossen, Holzfirmen und Siedler aus dem TIPNIS befoerdert und manche Kokabauern versteigen sich zu der Behauptung, wenn die Strasse nicht gebaut werden duerfe, dann dueften auch die ansaessigen Indigenas nicht im TIPNIS wohnen bleiben. Richter bemuehen sich, die Verantwortung fuer die gewaltsame zwischenzeitliche Aufloesung des Marsches in der Regierung zu klaeren, auch eine Klage gegen marschierende Frauen wegen „Geiselnahme“ des Aussenministers ist anhaengig.
Und Angela Durán, Sprecherin der Chiquitano-Indígenas oestlich von Santa Cruz beklagt gegenueber der Radio-Kette ERBOL die Verdraengung ganzer Gemeinden und das Versiegen von Fluessen durch einen ganz anderen Strassenbau, dem interozeanischen Korredor in Chiquitos. Was auch immer im TIPNIS demnaechst geschehen wird, die Debatte um Entwicklung, indigene Rechte und die Rechte der Mutter Erde ist noch lange nicht abgeschlossen.