vonericbonse 30.12.2024

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Strafzölle auf Waren aus Europa, höhere Nato-Beiträge, ein Abzug aus der Ukraine: Der künftige US-Präsident Trump macht schon vor seinem Amtsantritt am 20. Januar mächtig Dampf.

Doch die EU hat keine Antwort, wie das letzte Gipfeltreffen “vor Trump” gezeigt hat. “EUropa kann es nicht”, schrieben wir danach in diesem Blog.

Dabei steht nicht nur das Schicksal der Ukraine und der Frieden in Europa auf dem Spiel. Die neue EU-Kommission muß auch eine Antwort auf die Wirtschaftskrise, die Klimakrise, die Migrationskrise und die Demokratie-Krise finden.

Dafür ist sie denkbar schlecht aufgestellt. Denn im Gegensatz zu den USA fehlt ihr die demokratische Legitimation. Während die Amerikaner einen neuen Präsidenten wählen konnten, war Kommissionschefin von der Leyen bei der Europawahl “gesetzt”.

Während Trump die USA und die Welt radikal umkrempeln will, setzen von der Leyen und ihr Team auf ein “Weiter so”. Geistig und politisch sind sie immer noch in der angeblich heilen Welt von Biden und der längst gescheiterten “regelbasierten Ordnung” gefangen.

Das Programm der neuen Legislatur, die bis 2029 dauert, wurde bereits im Herbst 2023 entworfen, als die Staats- und Regierungschefs begannen, eine “Strategische Agenda” zu schreiben. Das Budget stammt von 2021; es reicht hinten und vorne nicht.

Um ihre Wiederwahl zu sichern, hat von der Leyen allen “pro-europäischen” Parteien versprochen, was sie hören wollten. Gegenfinanziert sind ihre Versprechen nicht; allein für das neue Aufgabenfeld der “Verteidigung” (=Aufrüstung) fehlen 500 Mrd. Euro.

Gleichzeitig droht die EU wirtschaftlich den Anschluß zu verlieren. Der frühere Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, warnt vor einem “langsamen Siechtum” und fordert, einen neuen “Marschallplan” mit Investitionen in Höhe von 800 Mrd. Euro aufzulegen – im Jahr!

Vor diesem Hintergrund scheint es mehr als fraglich, dass die EU-Kommission den kommenden Herausforderungen gerecht wird. Sie ist die “Kommission der letzten Chance” – wenn sie scheitert, wird Europa hoffnungslos zurückfallen und die EU womöglich zerbrechen.

Mehr zur „Kommission der letzten Chance“ hier (neues E-Book). Siehe auch meinen Kommentar in der taz. 

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https://blogs.taz.de/lostineurope/europa-steht-mit-dem-ruecken-zur-wand/

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