vonericbonse 16.04.2022

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Die Äußerungen des EU-Chefdiplomaten Borrell zum Ukraine-Krieg haben ein Nachspiel. Russlands Außenminister Lawrow spricht von einem “Wendepunkt”.

Mit seinen Äußerungen, wonach der Krieg in der Ukraine “auf dem Schlachtfeld” entschieden werde, habe Borrell die “Spielregeln” geändert, sagte Lawrow. Bisher sei die EU in ihrer Geschichte nämlich nicht als Militärblock in Erscheinung getreten.

Borrells “aggressive” Äußerung sei ein “ernsthafter Wendepunkt” in der Politik des Westens unter Führung der USA. Der Westen habe aus der Ukraine einen “Brückenkopf zur endgültigen Niederschlagung Russlands und zur Unterwerfung Russlands unter das vom Westen aufgebaute globale System gemacht”.

Richtig ist, dass die EU über keine eigene Armee verfügt und bis zum Ukraine-Krieg auch keine Waffen in Kriegsgebiete lieferte. Vielmehr verstand sich die EU als “Friedensunion”, die selbst bei hoffnungslosen Konflikten wie im Nahen Osten auf Vermittlung und Entspannung setzte.

Allerdings ist Borrell nicht wichtig genug, um der EU eine neue Doktrin zu geben. Das ist schon vorher geschehen – als die Staats- und Regierungschefs erklärten, sich vorbehaltlos an die Seite der Ukraine zu stellen und Russland die alleinige Schuld am Krieg zu geben.

Dies geschah beim EU-Sondergipfel Anfang März in Versailles. Seither macht sich die EU den Krieg immer mehr zu eigen – und definiert ihn zu einem Krieg gegen Russland um. Zuletzt hieß es, Russland dürfe nicht gewinne, Kremlchef Putin müsse stürzen.

Wie das gehen soll und welchen Preis man dafür zahlen möchte – z.B. eine schwere Rezession – ist jedoch weiter unklar. Die EU hat immer noch keine Strategie, unter den EU-Ländern tobt ein erbitterter Streit über das weitere Vorgehen…

Siehe auch “Dicke Luft in Brüssel”

 

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kommentare

  • Schoener Artikel. Die EU ist, was die Staatsoberhaeupter wollen. Und Borell hat eine Meinung. Kiew hat jede Freiheit und hat sich gleichsam fuer ein Gottesurteil entschieden. Ob das klug war, geht uns nichts an. Da fangen meine Bedenken an.

    Erinnern wir uns auch an den Vater Bush in Kiew 1991 kurz vor der Unabhaengigkeitserklaerung der Ukraine. In dieser spaeter Chicken Kiew genannten Rede hat der Vater Bush noch vor einem selbstmoerderischen Nationalismus gewarnt. Und er hat es 2004 noch einmal praezisiert. Wenn sie unsinnige Dinge taeten, koenne Russland sehr uebel reagieren.

    Ich weiss nicht, ob es sinnvoll war, fuer den Majdan zu kaempfen, wenn man gleichzeitig bereit ist, jedenfalls auf die angestrebte NATO Mitgliedschaft zu verzichten. Das wird nun von Lawrow noch weiter problematisiert. Waehrend Finnland, das eine neutrales EU Mitglied war, sich nun auch der NATO zuwendet.

  • Wer hat diesem Herrn eigentich den eigenartigen Floh ins Ohr gesetzt, dass die EU sich „nur“ als „Friedensunion“ versteht – offensichtlich hat sich der Herr bis heute nicht mal die Mühe gemacht, die Ziele und Werte der EU zu lesen bzw. zu verstehen…eieiei…naja, Hauptsache man kann meckern und alles bzgl. Russland immer fein relativieren…und das in Anbetracht der Tatsachen die gerade geschehen; sehr geschmacklos!

    • Da steht etwas von der Gemeinsamen Aussenpolitik. Zu der auch die Verhaengung von Sanktionen gehoert. Und von den Werten der EU, die im Inneren gelten. Eine Aussage zu Werten im Ausland gibt es nicht.

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