vonHans Braumüller 19.01.2024

Meta + Post

Meta + Post ist ein Blog des Künstlers Hans Braumüller über Mail Art und die Kunst des Lebens.

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Der Mehrwert einer Solidarischen Landwirtschaft lässt sich nicht in Geld messen. Die Grundlage ist, wie bei der Mail Art, eine Utopie für eine bessere Zukunft, die schon im Hier und Jetzt stattfindet. In der Mail Art steht kein ökonomischer Gewinn im Vordergrund, sondern die Kommunikation zwischen  Menschen verschiedener Kulturen über Grenzen hinweg, so wie bei der ökologischen Landwirtschaft nicht der Profit, sondern der Erhalt unserer Natur im Vordergrund steht. Die aktuellen Bauernproteste in Deutschland haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Die Proteste richten sich gegen die wirtschaftlichen Herausforderungen der Landwirte jeder Art, egal ob konventionell oder ökologisch, kleine oder große Betriebe.

Obwohl Solidarische Landwirtschaft und Mail Art auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, gibt es eine Verbindung zwischen ihnen, nämlich in der Gegenwart in einer Gemeinschaft tätig zu sein. In der Mail Art kann jeder Kunstschaffender sein, Eliten gibt es nicht, der Fokus liegt gemeinsam etwas in der Freien Kunst zu erschaffen.

Hans Braumüller ist langjähriges Mitglied mit einem Ernteanteil der Solidarischen Landwirtschaft des Kattendorfer Hofs. Seinen Ernteanteil bezieht er vom Kattendorfer Hofladen Sternschanze in Hamburg. Der Hof arbeitet nach den Demeter-Richtlinien, die darauf abzielen, die Natur zu schützen und eine nachhaltige Lebensmittelproduktion zu gewährleisten. Die FoodCoops und Hofläden des Hofes ermöglichen es den Mitgliedern und Kunden, gemeinsam mit dem Hof die Bewirtschaftung der Ackerflächen zu unterstützen. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie Menschen zusammenarbeiten können, um eine bessere Welt zu schaffen, die auf Nachhaltigkeit und Gemeinschaft basiert.

Ein Ernteanteil vom Kattendorfer Hof
Ein Ernteanteil vom Kattendorfer Hof. Bild: Tom Pingel.

Als Mitglied beim Kattendorfer Hof mit einem Ernteanteil, gibt es wöchentlich eine bestimmte Menge an Gemüse, Kartoffeln, Salat, Kräutern und gegebenenfalls Milch- und Fleischprodukte. Der Hof bietet verschiedene Ernteanteile an, auch für Veganer oder Vegetarier, die unterschiedliche Mengen an Gemüse, Fleisch und Milchprodukten enthalten. Der Preis für einen Ernteanteil variiert je nach Art des Anteils und ob Sie in einer FoodCoop eintreten möchten. Wenn Sie einen Ernteanteil erworben haben, sind Sie ein Mitglied der Solidarischen Landwirtschaft des Kattendorfer Hofs.

Am 15. Januar 2024 erreichte Hans Braumüller folgende Nachricht per Newsletter vom Kattendorfer Hof zur Nachhaltigkeitsberechnung des Kattendorfer Hofes, der aufzeigt, wie der Mehrwert gemessen an der Regionalwert-Leistungsrechnung in unserer Gesellschaft, komplett unterfinanziert ist, und die Missstände der aktuellen Lage deutlich aufzeigt. Die Regionalwert-Leistungsrechnung bewertet die Leistungen des Betriebs in den Themenfeldern Ökologie, Soziales und Regionalökonomie. Basis der Berechnung sind die vom Betrieb eingegebenen Daten, gemessen in mehreren hundert Kennzahlen.

Kühe am Kattendorfer Hof – SoLaWi
Kühe am Kattendorfer Hof – SoLaWi. Bild: Julia Kneuse.

Erläuterungen zur Berechnung der Nachhaltigkeitsleistungen des Kattendorfer Hofes vom Geschäftsführer Dr. Bernhard Weßling

Der Kattendorfer Hof hat die „Leistungsrechnung“1 der Regionalwert Leistungen GmbH durchführen lassen. Dazu haben wir eine Unmenge an Kennzahlen eingegeben. Die Berechnung ergab, dass wir etwa 800.000 € an ökologischen und Gemeinwohl-Leistungen erbringen (Details sind aus der Anlage2 heraus ersichtlich). Diese Leistungen werden nur zu einem geringen Teil in Form von Ökoprämien bzw. im Vergleich zu anderen Lebensmittelpreisen teilweise etwas höheren Preisen vergütet. Zum Teil verursachen diese Leistungen bei uns deutliche Mehrkosten, und letztlich resultiert daraus ein geringeres Einkommen und viel Zeitaufwand für die dafür bei uns arbeitenden Menschen, in den letzten beiden Jahren auch regelrechte Verluste für die Gesellschafter.

Bei der Berechnung handelt es sich um einen Versuch, die Leistungen von landwirtschaftlichen Betrieben in Hinblick auf Ökologie und Gemeinwohl in Geldwert zu erfassen und auszudrücken. Das Bundeszentrum für Ernährung (letztlich dem Bundeslandwirtschaftsministerium zugeordnet) hat diese Leistungsrechnung ebenfalls empfohlen.3

Letztlich stellt so ein Ansatz den Versuch dar, Leistungen, die die Natur erbringt (bzw. Leistungen, die z. B. ein Bauernhof zur Verbesserung der Natur erbringt) sowie auch Leistungen für das Gemeinwohl zu „monetarisieren“, also in Geldeinheiten zu bewerten. Dazu gibt es im Prinzip zwei Herangehensweisen:

  1. Man ermittelt die Kosten, die aufgebracht werden müssen, um einen Umweltschaden zu reparieren oder zu verhindern, bzw. in punkto Gemeinwohl: was kostet es, wenn die entsprechende Leistung von einem kommerziell arbeitenden Dienstleister erbracht würde.
  2. Man ermittelt den Wert von Dienstleistungen dadurch, indem man den Marktwert der damit erst ermöglichten Produkte ermittelt.

Zu 1. ein Beispiel:

  • Was kostet es, Grund- und Oberflächenwasser so zu reinigen, dass es den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entspricht, sodass also B. die Nitratwerte und Pestizidrückstände unterhalb der zulässigen Grenzwerte liegen?
  • Weil man diese Kosten kennt, kann man dem Wert sauberen Grundwassers (das so, wie es aus dem Boden gepumpt wird, getrunken werden kann) einen Geldwert zuordnen. Keine Düngemittel und keine Pestizide zu verwenden, kann dann nicht nur mit den für einen Biohof erforderlichen Mehrkosten im Ackerbau, sondern noch besser mit dem Geldwert sauberen Grundwassers „monetarisiert“ (also dargestellt, beziffert) werden, was noch lange nicht „bezahlt werden“ heißt.

Zu 2. ein Beispiel:

  • Was leisten Bienen und andere Blüten bestäubende Insekten – in Geld ausgedrückt? Das aber nicht in der Form, was ein Imker, der Bienenstöcke in einem Obstanbaugebiet aufstellt, von den Obstbauern als Entlohnung erhält, sondern: wenn es keine Bienen und keine Insekten mehr gäbe, welche Lebensmittel mit welchem Marktwert wären dann nicht mehr verfügbar: was würde es kosten, die Bestäubungsleistungen der Insekten durch Menschen oder Roboter ausführen zu lassen?
  • Oder in einfacherer Form: welche Mehrkosten erfordert das Anlegen von Blühstreifen (bei uns 5% der Ackerfläche) und welche Ertragsminderung (weil wir auf diesen Flächen nichts Verkaufbares ernten können) verursacht das? Oder: wieviel höhere Kosten und Ertragsausfall verursacht Gründüngung im Verlauf unserer 6-jährigen Fruchtfolge

Solche Monetarisierungs-Studien gibt es weltweit in verschiedener Form, hier4 verweise ich beispielhaft auf eine Veröffentlichung, in der der Wert der gesamten globalen Ökosysteme abgeschätzt wurde.

Die Grundlagen der für uns verwendete Berechnung wurden von QuartaVista und SAP auf der Basis externer wissenschaftlicher Vorarbeiten gelegt und in einer Masterarbeit zusammengefaßt dargestellt.5 Die in Fußnote2 aufgeführte Anlage zeigt die einzelnen Kennwerte, die sich für den Kattendorfer Hof ergeben. Die Monetarisierung wurde in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und einigen landwirtschaftlichen Betrieben festgelegt6, es ist (abgesehen von Beispielen in den hier6 genannten Dokumenten) nicht im einzelnen ersichtlich, worauf sie beruhen, wir nehmen sie als gegeben hin. Mir scheint aber, dass die Wertansätze v.a. der ökologischen Leistungen eher am unteren Rand der begründbaren Bandbreite liegen.

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Natürlich kann man die einzelnen Wertansätze kritisieren und könnte, wenn man bessere Grundlagen zu haben glaubt, höhere Geldwerte einsetzen wollen. Aber darum geht es nicht. Es geht nicht um Genauigkeit, sondern darum zu zeigen, dass außerhalb der aktuell üblichen betrieblichen Finanzkennziffern und des Bruttosozialprodukts Leistungen erbracht werden, die bei weitem nicht vollständig in Form von Geld als Einnahmen in den Hof zurückfließen.

Diese Leistungen summieren sich beim Kattendorfer Hof nach der Rechenmethode von Regionalwert auf gut 800.000 € pro Jahr. Dieser Wert wird uns nur zum geringeren Teil (etwas mehr als 100.000 €) vergütet und spiegelt sich auch nur zum Teil im Preis eines Ernteanteils bzw. der von uns in den Läden angebotenen Lebensmittel wider.

  1. https://www.regionalwert-leistungen.de/leistungsrechnung/
  2. ökolog. Leistungsrechnung Kdorfer Hof LWLR 2021-22
  3. https://www.bzfe.de/nachhaltiger-konsum/regionalwert-leistungsrechnung/
  4. https://www.researchgate.net/publication/ 262489570_Changes_in_the_global_value_of_ecosystem_services#fullTextFileContent
  5. https://www.quartavista.de/masterarbeit-systematisierung
  6. https://www.regionalwert-leistungen.de/wp-content/uploads/2021/07/Regionalwert-Leistungsrechnung-Monetarisierungsbeispiel-Monetarisierung-von-Nachhaltigkeit.pdf und auch https://www.regionalwert-leistungen.de/wp-content/uploads/2022/01/Monetarisierung_Regionalwert- Leistungsrechnung.pdf

 

Es ist für das wirtschaftliche Überleben des Kattendorfer Hofes dringend notwendig, die Zahl der Mitglieder zu erhöhen, damit der Kattendorfer Hof aus der Verlustzone wieder herauskommt. Weitere Informationen gibt es auf der Website vom Kattendorfer Hof: https://kattendorfer-hof.de/

Am Acker vom Kattendorfer Hof
Am Acker vom Kattendorfer Hof. Bild: Kattendorfer Hof.

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