Das englischsprachige Musikwebmagazin Stylus veröffentlichte letzten Monat eine Liste der zehn „worst sounding records“ der letzten zehn Jahre. Die Idee war nicht etwa die schlechtesten Alben der vergangenen Dekade auf den virtuellen Scheiterhaufen zu zerren, sondern vielmehr Platten herauszupicken, die eigentlich gut hätten sein können, wäre bei der Produktion nicht Schindluder getrieben worden.
Man watet hier natürlich knietief im Muckerterrain. Der Mucker, natürlicher Feind eines Jeden Songs um ihrer selbst willen liebenden, mäkelt gerne an der technischen Fertigkeit des Gitarristen herum, antwortet auf Fragen, wie denn das gestrige Konzert gewesen sei zuallererst mit „der Sound war scheiße abgemischt“ und zieht persönliche Befriedigung aus Gitarrenkaskaden oder scheut selbst vor Standing Ovations bei Drum-Soli nicht zurück.
Doch genug der Klischeekiste, denn ein Funken Wahrheit steckt natürlich in der Liste des Stylus Magazine: wer kennt nicht dieses Gefühl, dass ein Album eigentlich ja gefallen würde, es aber doch aus diffusen Gründen nicht wirklich ankommt? Dass man prinzipiell zwar die Songs gut findet, aber bei rechter Überlegung nach den ersten Wochen die Platte nie wieder aufgelegt hat? Genau an dieser Stelle setzt die Stylus Liste ein und auf Platz 1 findet sich tatsächlich ein Album, das diesen Punkt vollends heim bringt: „Be Here Now“ von Oasis.
10 Jahre nach Veröffentlichung gilt „Be Here Now“ als der nämliche Moment, in dem die Brit-Pop-Blase zerplatzte, als aus potentiellen Beatles-Nachfolgern ein sich ewig selbst recyclender Rock’n’Roll Circus wurde, dessen Relevanz für das hier und heute die von James Last nicht übertrifft. Hölle, spielte auf „(What’s The Story) Morning Glory“ noch der Modfather himself, Paul Weller, die Gastgitarre, wen zerrten die Gallaghers für „Be Here Now“ in das Studio? Johnny Depp, zum Klabautermann!
Tritt man einen Schritt zurück und betrachtet jedoch die einzelnen Songs, so hat „Be Here Now“ (wenn auch natürlich nicht auf dem Niveau der beiden epochalen Oasis Vorgängerwerke) das Potential ein gutes Album denn ein Disaster zu sein. „Stand By Me“, „I Hope I Think I Know“ oder „The Girl In The Dirty Shirt“ sind durchaus gute Gallagher-Songs, doch sind sie begraben unter einem Berg von Kokain und zugedröhnt von Gitarrenspuren mehr als die Finger zählen können. Erschwerend kommt hinzu, dass die Länge dieser nun strukturell wahrlich simplen Songs kaum einmal die Sechsminutenmarke unterschreitet, ja, in dem jenseits jeder Rationalität agierenden „All Around The World“ gar die Elfminutenmarke durchbrochen wird. Wenn uns die Punkexplosion vor 30 Jahren nun etwas gelernt hat, dann doch wirklich dass einfache Popsongs einfach erzählt werden können und drei Minuten ausreichen, um die Welt zu verändern.
Die weiteren Alben auf der Liste sind zum Teil verständlich (das in jeder Hinsicht überbordende letzte Flaming Lips Album), manchmal eher weniger (das eigentlich kaum zu bekrittelnde „Funeral“ von Arcade Fire), doch alles in allem bietet die Stylus-Liste eine interessante Perspektive gerade hinsichtlich des warum man an Alben Gefallen über die Songs hinaus findet.
Die “Top Ten Worst Sounding Records, 1997-Present“ in Gänze:
- Oasis – Be Here Now
- The Flaming Lips – At War With The Mystics
- Arcade Fire – Funeral
- The Shortwave Set – The Debt Collection
- Phoenix – It’s Never Been Like That
- Cocteau Twins
- Bloc Party – Silent Alarm
- Radiohead – Kid A
- Massive Attack – Collected
- Keane – Under The Iron Sea
Die angesprochene Liste des Stylus – Magazins gibt es hier
Christian Ihle
das mit bloc praty finde ich auch so. es hat zu wenig druck in den mitten und das schlagzeug klingt viel zu rießig. beim ersten album wars noch so, dass das schlagzeug genauso wie die gitarren direkt in die fresse gingen. jetzt nimma. die kid a produktion finde ich jedoch sehr gelungen.
und: mucker sind die größten vollidioten.