vonChristian Ihle 12.04.2007

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Gerade wenn man wieder wie gestern die gotterbärmlich einfallslosen Fanscharen bei einem deutschen Champions-League-Heimspiel erleben durfte, schweift der Blick neidisch auf die Insel. Während sich des Bayernfans Stimmgewalt und Sangesfreude in einem endlos wiederholten „BAY-ERN!“ (ersatzweise: „MÜN-CHEN!“) erschöpft, sind die Fans von Glasgow über Liverpool bis nach London alleine schon das Eintrittsgeld wert.

Eine besonders schöne Tradition, die auch wieder einmal die tiefe Verwurzelung der britischen Allgemeinheit in der Popkultur aufzeigt, ist das Umdichten bekannter Popsongs. Während in Deutschland „Steh auf, wenn du Deutscher/Kölner/Franke bist“ das am häufigsten vernommene Beispiel sein dürfte, sprüht man in England vor Ideenreichtum.

Selbst ein Indie-Hit wie „Oh My God!“ von den Kaiser Chiefs wurde in Windeseile zu einem allseits gebräuchlichen Auswärtssong umgedichtet („Oh my god, we can’t believe / we’ve never been this good away from home“). Aber gut, die Band selbst hat sich ja dank des ehemaligen Leeds-United-Verteidigers Lucas Radebe auch nach einer südafrikanischen Fußballmannschaft benannt. Eigentlich auch eine schöne Vorstellung, wenn sich, sagen wir, „Wir Sind Helden“ nach dem ägyptischen Fußballmeister benannt hätten: wie wär’s mit „Wir Sind Al-Ahly Kairo“?

Doch zurück zum Thema, Freunde. Die Fans des FC Liverpool trumpfen beispielsweise mit erstaunlicher Songauswahl wie „That’s Entertainment!“ (The Jam), „Sk8ter Boi“ (Avril Lavigne) oder „Let It Be“ (Beatles) auf und dichten zumeist gleich vielstrophige Lieder, die die Helden von jetzt wie einst besingen, auf die Melodie der neuen und alten Chart-Hits. Als kleine Randnotiz sei hier vermerkt, dass selbst der einstige deutsche Nationalspieler Markus Babbel beim FC Liverpool seinen eigenen Fan-Song zu den Tönen von „Rivers Of Babylon“ geschenkt bekam: „We’ve got Markus Babbel on…“

Von den vielen faszinierenden Beispielen aus der britischen Liga ist wahrscheinlich „Where Have You Gone Dynamo Dresden?“ das schönste: die Liverpool-Fans besingen hier zur Melodie von Simon & Garfunkels „Mrs. Robinson“ glorreiche Schlachten aus vergangenen Europapokal-Tagen und zählen all die für britische Ohren kurios klingenden Teams aus Kontinentaleuropa auf, die Liverpools Weg kreuzten.

Aus Deutschland wird Borussia Mönchengladbach wie Eintracht Frankfurt mit einer Strophe bedacht („We got to know Ferencvaros and Eintracht Frankfurt fans / We helped them drink the night away”) und die jetzige Regionalliga-Mannschaft von Dynamo Dresden ist sogar Namenspatron und Thema der letzten Strophe (“Where have you gone, Dynamo Dresden? / The red and white Kop still remembers you (you hoo hoo)”).

Ohne Frage, ein Lied, das mit der Strophe beginnt “And here’s to you, Slovan Liberec / Liverpool loves you more than you will know (wo ho ho) / God bless you please Rapid Bucharest / Liverpool holds a place for those we play / (Hey, hey, hey, hey, hey, hey)”, man kann es nur lieben:

– Zur Melodie von Mrs. Robinson

And here’s to you, Slovan Liberec
Liverpool loves you more than you will know (wo ho ho)
God bless you please Rapid Bucharest
Liverpool holds a place for those we play,
(Hey, hey, hey, hey, hey, hey)

Shanks took us into Europe back in 1965
A dodgy ref cost us the game
But Anfield’s famous songs they kept on belting out
As Inter shook to the Kop’s name

And here’s to you Paris Saint Germain
Bottles of wine just a pound a throw (wo ho ho)
God bless you please Dynamo Kiev
Expensive but the trip was worth the pay,
(Hey, hey, hey, hey, hey, hey)

We got to know Ferencvaros and Eintracht Frankfurt fans
We helped them drink the night away.
Look around and all they’d see were banners made of red.
The famous Kopites singing off their heads.

Allez allez les vertes St Etienne,
Moenchengladbach, Bruges we so miss you (you hoo hoo)
Where are you now Polands’ Widzew Lodz
The teams Bob’s lads flew from Speke to play.
(Allez Allez Allez Allez)

Gerrard had a Euro dream, the draw was never kind
Roma, Porto, Barca then Alaves
We could never beat those teams the papers always said
But we had Macca’s shiny baldy head

Joe Fagan and his Mighty Reds
Strode into Roma’s Lion’s den, (way back then)
But we had Brucie and his wobbly legs
And smokin’ Joe took the Treble away,
(hey hey hey… the Treble away)

Sitting on a sofa on a Thursday afternoon
Watching the Champions League draw on TV
Spanish, Swiss and Russian are the teams we’ll have to play
Till Sami lifts the European Cup for us in May

Where have you gone, Dynamo Dresden?
The red and white Kop still remembers you (you hoo hoo)
And we’ll sing You’ll Never Walk Alone
As Europe falls to Liverpool once again
(to our Redmen, the Mighty Redmen)

Christian Ihle

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https://blogs.taz.de/popblog/2007/04/12/where-have-you-gone-dynamo-dresden/

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kommentare

  • Ja, das stimmt!! und allein das ist schon ein Grund, Liverpool-Fan zu sein^^ Aber das stimmt echt: Die Brittanier sind den Deutschen, was das dichten von songtexten angeht, echt weit überllegen…

  • aber ein livemitschnitt aus n block wäre doch ideal finde ich,
    mich freut es auf jedenfall immer wenn ich solche sachen hören da die ausdrücken das der name dynamo dresden ausserhalb deutschland immernoch etwas wert ist..

  • ist mir leider nicht bekannt, dass es davon eine Aufnahme gäbe. Es wäre aber natürlich nur ein Mitschnitt aus dem Fanblock möglich, regulär aufgenommen oder “veröffentlicht” wurde das ja nie.

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