The Raveonettes – Lust Lust Lust
Wie jede Band suchen auch die Raveonettes nach der geeigneten Balance zwischen Trademark und Weiterentwicklung. Bei dem dritten Album „Lust Lust Lust“ haben sich die Dänen zu Lasten einer der beiden Komponenten entschieden.
Das waren noch Zeiten, als selbst die Majors endlich begriffen hatten, dass Garage das neue Grunge war. Was bei drei nicht auf den Bäumen war, wurde aus der Garage herausgerissen und auf die Bühne gestellt. Gut, The Raveonettes sind jetzt keine kleinen Früchtchen gewesen, deren Rock’n Roll Erfahrung sich auf Schminke und Alkopops beschränkte. Aber profitiert haben die Raveonettes vom Hype, keine Frage. Die Single „That great love sound“ stieg gar in den UK Charts ein und Sony BMG machte die Finger lang nach Sune Rose Wagner und Sharin Foo. Jetzt sind fast fünf Jahre vergangen und Ernüchterung ist eingetreten. Vom Major ist man weg, das neue Label Fierce Panda ist eine ausgezeichnete Wahl und überhaupt kann man sich nach den Strapazen der letzten Jahre ruhig etwas Ruhe können.
„Lust Lust Lust“ ist deshalb auch um einiges zurückhaltender – ja, auch monotoner – als noch das 2005er „Pretty in Black“. Die Gitarren hallen wieder wie lange nicht mehr, das dumpfe Pluckern des Schlagzeugs variiert minal und die Texte zeugen weiterhin von einer tiefgreifenden Entrücktheit. „Aly Walk With me“ mäandert in bester Stooges und Velvet Underground Tradition durch die Untiefen des Punks. Erst „Dead Sound“ aber zeigt die wahre Raveonettes Größe: dann nämlich, wenn die beiden Dänen ihre Coolness mit melancholischem Schmackes versehen und regelrechten Shoegaze-Pop veranstalten. Davon gibt es noch so einiges auf „Lust Lust Lust“, besonders herauszuheben dabei „Blitzed“. So doppelbödig-charmant in den 60er zu waten hat sich auch lange keiner mehr getraut. Mehr Trademark als Weiterentwicklung das alles hier, aber gut so. Bei den Raveonettes geht das irgendwie klar…
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*Dead Sound (hier)
*Blitzed
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Caufield
Wer sich gern als gebrochener Outsider inszeniert, muss sich am Ende nicht wundern: entweder nämlich wird man so eine Stilikone (Morrissey) oder man verschwindet in der Versenkung, bevor auch nur eine angemessene Zahl an Fans Lunte gerochen hat (90% aller restlichen Bands).
Nun ist es aber auch noch ein Outsider-Land wie Dänemark, das seither mit seinen Minderwertigkeitskomplexen zu kämpfen hat. Outsider-Status als implementierter Gen-Code? Muss eigentlich, denn auch die nächste Indie-Popband, Caufield, inszeniert sich genau damit. Nun gut, die Geschichte vom stotternden Sänger und dem einarmigen Keyboarder sollte man noch als radebrechende Promo-Lüge abstrafen. Aber zumindest musikalisch bewegen sich die 6 Musiker auf der sicheren Außenseiter-Seite und entlocken ein heiseres Staunen. Denn alles – wirklich: alles – auf ihrem Debüt „I Love The Future“ erinnert an die schwermütigen 80er, in denen Pop-Idole wie Robert Smith und Stephen Patrick Morrissey den Gestus des intellektuellen Weicheis mit Hang zur Morbidität wie selbstverständlich in die Analen der Musikhistorie eingravierten.
Außenseiter, die schöne Außenseiter-Musik machen… Klar, dass spätestens 20 Jahre danach die Epigonen auf den Plan gerufen werden. Aber mein Gott, wenn die Songs immer noch so niedlich verhuscht sind wie bei Caufield? Klar, Sänger Jannik Tau Mosholts klingt 1a wie Robert Smith und macht da auch keinen Hehl draus – man möge an dieser Stelle nur einmal „Shame“ hören – aber man will es der Band nicht verübeln. Dänemark braucht eine Band wie Caufield, und Caufield braucht eine dänische Herkunft. Nur so lässt sich noch Leugnen, dass die Selbstinszenierung a là Morrissey in 2007 längst zur Lachnummer verkommen ist.
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*Shame
Empty Trash
Sollte irgendwann eine gescheite Parodie auf den Rock-Zirkus in die Kinos kommen, dann möge Bill Murray bitte den überkandidelten Carl Carlton spielen. Dessen Sohn muss nun sämtliche Träume ausbaden, die er selbst nie verwirklichen konnte.
Carl Carlton ist nun bei Leibe kein erfolgloser Musiker. Der Gitarrist und Musikproduzent hat immerhin seit Ende der 70er immer wieder bei erfolgreichen Projekten mitgewirkt. Nina Hagen, Manfred Mann, Udo Lindenberg, Peter Maffay – der Mann kennt das Musikbusiness und hat nun mit Sicherheit auch das richtige Gespür dafür, wann und wo man den Hebel umlegen muss, um einen der begehrten Profi-Mucker-Jobs an Land zu ziehen. Eines aber war Carl Carlton mit Sicherheit nie: ein künstlerisch erfolgreicher Rocker, dem die Frauenwelt zu Füßen liegt und das Kritikerlob Honig ums Maul schmiert. Also: Nachwuchs züchten. Ist auch hervorragend gelungen. Max Buskohl hat es bis ins Halb-Finale der deutschen Musik-Seifenoper „Deutschland sucht den Superstar“ geschafft, sich selbst als rockendes Stimmwunder inszeniert und ist dann mit großem Tamtam vorzeitig ausgestiegen, als sich abzeichnete, dass RTL nun ganz gewiss nicht einen halbwegs versierten Musiker durch die Promo-Vorhölle schicken würde.
Karriere-Start also auf ganzer Linie geglückt. Empty Trash gab es schließlich schon vor DSDS und überhaupt wolle man ja Musik machen, und nicht doof auf der Bühne rumhampeln. Jetzt hat Buskohl ein unsägliches Debütalbum fertig, schleift ein paar alte Weggefährten durch die deutschen Rock-Clubs und inszeniert sich selbst als erdigen Alleskönner. Wer hat das muffige Riff-Getöse und die weinerlichen Teeny-Lyrics produziert? Richtig, Vater Carlton. Der darf sich schon mal auf die Schulter klopfen: sein Sohn schleppt jetzt reihenweise Groupies ab und lebt den prähistorischen Rockertraum. Dass diese Blase irgendwann platzen muss, ist abzusehen. Aber dann gibt es immer noch die kuscheligen Kamin-Abende, an denen sich Vater und Sohn an die gute alte Sause zurückerinnern werden. Und an irgendeinem Fußende kriecht dann der Nachwuchs umher und weiß noch nichts vom drohenden Schicksal. Ausbaden müssen die gescheiterten Träume am Ende nämlich immer die anderen…
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*nichts
alle Texte Robert Heldner
@ Szene: Deine Wortwahl zeigt ja, wieviel Niveau du (und dein Beitrag sowieso) hast. Ein Mensch mit so wenig Anstand hat hier eindeutig nichts verloren.