(Autor Boris Fust / Piper Verlag, München / 220 Seiten)
Schon der Titel macht die Zerrissenheit des Buches deutlich: einerseits wird tief in die Referenzkiste gegriffen und mit Rainer Werner Fassbinder (oder doch Michael Girke?) einer der ganz Großen des deutschen Kulturbetriebs der letzten Jahrzehnte zitiert, andererseits aber mit der Subline „Der Praktikantenroman“ die Ich-schenk-ihm-mal-ein-Buch-
weil-ich-sonst-nicht-weiß-was-der-so-mag-Käuferschicht angesprochen.
In welche Richtung Boris Fust mit seinem Roman will, weiß man auch nach Lesen der 200 Seiten nicht. Der Protagonist arbeitet mehr zufällig als Praktikant, was aber auf die Entwicklung der Figur kaum Einfluss hat. Nach dieser Logik hätte Dostojewski auch „Verbrechen und Strafe“ den Untertitel „Ein Jurastudentenroman“ schenken können.
Mehr Auswirkung auf die Geschichte als das Praktikantendasein an sich ist der Tatsache geschuldet, dass dieses in einer Agentur absolviert wird, denn das zwölf Meter große Ziel „Media Agentur“ wird von Boris Fust ebenso gerne aufs Korn genommen wie Scooter oder Britney Spears. Ist das ein klammheimliches Verständigen auf den kleinsten gemeinsamen Nenner der Bahnhofskioskbuchkäufer? Oder eine Parodie auf Popliteratur?
Gerade letzteres erscheint mit Fortschreiten der Geschichte immer wahrscheinlicher. Es ist schwer vorzustellen, dass Fust seine Geschichte ernst nimmt, wenn er Figuren vom durchgeknallten Agenturchef über die süße Mitpraktikantin bis hin zum Esoterik-Guru und dem heroinsüchtigen Hausnachbar als Abziehbilder durch die Szenen chargieren lässt.
Selbst typische Marotten, die aus anderen popliterarischen Werken bekannt sind, baut Fust ein. So schwadroniert der Hauptdarsteller seitenlang über Eigenschaften von Stereoanlagen bis sein Chef zu einem halbseitigen Monolog ansetzt, warum die Scheiße Britney Spears doch wie Gold glänzt. Wenn der Leser noch nicht verstanden hat, dass wir hier Patrick Bateman hallo sagen, wird natürlich mit einer Anspielung auf Mordgedanken per Leuchtschrift der Querverweis verdeutlicht. Warum nicht einfach eine Fußnote machen, die die Referenz gleich beim Namen nennt?
Für einen oberflächlichen Popliteratur-Reißer der Marke „Cocka Hola Company“ ist „12 Stunden sind kein Tag“ nicht exploitativ genug. Einmal Praktikantin ficken und sich über Esoterikhippies lustig machen, reicht nicht, wenn Faldbakken schon die Anarchie, underage sex, den Kapitalismus und die Nazis in einem Buch untergebracht hat. Als Parodie auf Popliteratur ist „12 Stunden sind kein Tag“ schon eher gelungen, allerdings bleibt auch hier zu schließen: witziger wär’s, wenn’s witziger wär’.
(Christian Ihle)
[…] Fust hat einen Roman geschrieben. “Zwölf Stunden sind kein Tag” heißt er. Und seit dem Erscheinen muss er zurecht immer wieder erklären, warum das Ding den […]