Die diesjährige Island-Reise stand schon – Stichwort: Finanzkrise – vor ihrem Beginn unter einem völlig anderen Vorzeichen als in den letzten beiden Jahren.
Das mickrige Lieblingsland zwischen hier und Grönland pfeift aus dem letzten Loch und lässt, laut einer Dittsche-Folge, „doch gerade die Rollläden runter“.
Loch, pfeifend.
Alles wird anders sein. Da verscheuchte auch eine eilig verbreitete Nachricht auf der Festival-Website die Vermutungen nicht:
“In spite of economical difficulties in Iceland at the moment the Iceland Airwaves festival will take place next week just like it has done for the past 10 year.”
Und natürlich: das Iceland Airwaves fand auch heuer statt. Es trat natürlich eine gewohnt unüberschaubare Menge an Künstler auf (mehr als 150 Bands und Solo-Künstler aus Island und knapp 50 internationale Acts). Es gab die liebgewonnenen Off-Venue-Shows in Plattenläden, Buchläden und Kaffeehäusern. Und es gab die hochgeschätzte Airwaves Party in der Blauen Lagune.
Lagune, dampfend.
Und trotzdem war alles anders. Die 33cl-Dose Bier kostete plötzlich nicht mehr 13, sondern nur noch 4 Euro. Die CD-Preise in den kleinen Plattenläden waren mit denen in Deutschlands Mediengroßmärkten vergleichbar (Preisspanne: 11 bis 17 Euro) und das fulminante Abendessen in der Hafenspelunke „Hamborgarar Bullar“, bestehend aus nicht-durch-gebratenem Burger, Pommes und Cola war plötzlich schon für schlappe 6,60 Euro zu haben. Wer sich vorher also tausend Euro in die Reisekasse gesteckt hat, durfte am letzten Tag des Island-Besuchs plötzlich feststellen, dass noch immer rund 800 Euro in der Schatulle verblieben sind. Finanzkrise – hooray!
Hamborgarar Bullar, kochend.
Im Blickpunkt standen aber natürlich nicht nur CD-Schnäppchen (in Plattenläden regierte der Rhythmus, den Mitarbeiter mit Etikettiermaschinen machten, um die Preise mehrmals täglich zu ändern), billige Cheeseburger und Dosenbier (wir hatten uns schon im Duty-free-Supermarkt in Keflavik mit der zollrechtlichen Höchstmenge an bierhaltigen Erfrischungsgetränken eingedeckt). Es ging uns um die Bands.
Und wie bei nur wenigen Festivals geht es beim Iceland Airwaves nicht darum, mit streng terminiertem Ablaufplan in der Hand von Bühne zu Bühne zu hetzen, um einen Blick auf bekannte Lieblingsbands zu ergattern, hier steht im Mittelpunkt zwischen den paar wenigen internationalen Zugpferden (heuer: Vampire Weekend, CSS und Crystal Castles) neue, vor allem isländische Bands zu entdecken.
Im Tagesprogramm schlendert man durch die Hauptstraße Laugavegur, biegt in angrenzende Seitenstraßen ab und betritt immer wieder kleinere, aber gnadenlos überfüllte Oma-Kaffees, Klamottenläden oder Bars, in denen Musikerinnen wie Ane Brun oder auch Gruppen wie Boys in a Band („They sound like Jet with some balls and talent“) vor gerade mal 50 Zuschauern auftreten.
Ane Brun, singend.
Die Off-Venues ermöglichen es, dass man Bands vor ihrem Abend-Gig vorhören und auswählen kann (Olafur Arnalds oder auch FM Belfast konnte man an diesem Wochenende mindestens dreimal live sehen), um am Abend gezielt die Full-Length-Shows in einem der acht Festvial-Clubs zu erleben.
Leider waren die Ablaufpläne der Off-Venue-Shows so undurchsichtig, dass fast nie die angekündigte Band zum angekündigten Zeitpunkt auch wirklich auf der Bühne stand. So durfte man sich eben auch unfreiwillig neue Bands ansehen. Nicht schlimm, die Qualitätsfahne wurde durchgehend in die Höhe gehalten. (Text & Bilder: Säm Wagner)
Morgen: Teil 2.
Weiterlesen:
* Iceland Airwaves 2007, Part1
* Iceland Airwaves 2007, Part2