Schwarmintelligenz? my ass!
Es ist eine akademische, überflüssige und dennoch immer wiederkehrende Frage: wer war denn nun der beste Bond? Und welcher Film der beste der Serie?
Die Bond-Geschichte kann man tatsächlich anhand der Hauptdarsteller einteilen. Erstaunlicherweise scheint eine Bond-Produktion unweigerlich mit ihrem Schauspieler verknüpft zu sein – seltsam genug, wo doch die Schauwerte soviel in einem Bond-Film ausmachen. Lediglich die Sean-Connery-Phase teilt sich in zwei Abschnitte, was aber mehr der Tatsache geschuldet ist, dass sich Bond wie wir ihn kennen (oder besser: kannten) erst finden musste.
Phase 1: die frühen Connery-Bonds (Erster Einsatz: 1962 bei „Dr. No“). Die Superschurken waren noch Schurken und der Agententhriller noch ein Agententhriller und kein Actionmovie.
Phase 2: die Sean-Connery-Ära, die eigentlich bis heute definiert, was wir von James Bond erwarten. Der elegante, gewitzte, nie aus der Ruhe zu bringende Gentleman mit der Lizenz zum Töten. Letztere ist auch dringend nötig, weil allerorten Superschurken in ausgebauten Vulkanen oder auf dem Meeresgrund sitzen, Kätzchen streicheln, Augenklappen tragen und ihre Weltzerstörungspläne hegen und pflegen.
Phase 3: die Roger-Moore-Ära (Erster Einsatz: 1973 bei „Leben und sterben lassen“), die die späte Sean-Connery-Phase ins absurde überspitzt. Bei Moore hatte man immer den Eindruck, er würde einem unentwegt zuzwinkern, während er Frauen flachlegte, Schurken schoss und Anzug anhatte. Die Ironie hatte gewonnen, Suspense trat den Rückzug an. Das ganze kulminierte in „Moonraker“, der selbst für einen James-Bond-Film einen so absurden Plot hatte, dass er gar im Weltraum spielte. Die Welt ist eben nicht genug, wie man später einmal titeln sollte.
Phase 4: die Timoty-Dalton-Ära (ein Euphemismus, ich weiß. Erster Einsatz: 1987 bei „Der Hauch des Todes“). Zuviel zwinker-zwinker machte auch Bond zur Lachfigur. Also sollte mehr Härte in die Serie hinein. Wir schreiben die 80er Jahre, das Actionkino wurde groß wie nichts anderes in der Zelluloidwelt und unglückseligerweise musste Bond auch diesen Weg gehen. Insbesondere der zweite – und letzte – Dalton, „Lizenz zum Töten“ (1989), war ein Rohrkrepierer vor dem Herrn, der zeigte, dass offensichtlich niemand mehr eine Ahnung hatte, was die James-Bond-Reihe einst so außergewöhnlich machte. Eine zynische Actionorgie, die zudem noch gänzlich spannungsfrei, aber dennoch mit Überlänge anlief.
Phase 5: die Pierce-Brosnan-Ära (erster Einsatz: 1995 „Goldeneye“). Nach dem Dalton-Desaster ruhte das Projekt James Bond für sechs Jahre. Glücklicherweise besann man sich aber auf die alten Qualitäten. Mit Pierce Brosnan hatte sich ein Schauspieler bereits im Fernsehen um diese Rolle beworben: der Weg von „Remington Steele“, einer der besten US-TV-Serien der 80er, zu James Bond war beinahe logisch. Brosnan war der wohl charismatischste Bond seit Connery und schaffte es zumindest in seinen frühen Filmen auf dem schmalen Grat zwischen Ironie und Schauwertorgie elegant zu tänzeln. In gewisser Weise stellt Brosnan den missing link zwischen Connery und Moore dar: nicht so herb-männlich wie Sean Connery, aber eben auch noch keine Witzfigur wie Moore. Leider geschah aber auch bei Brosnan das gleiche wie in der Moore-Ära: der Gedanke des schneller-höher-weiter dominierte einen Bond nach dem nächsten und die Filme verkamen nach und nach wiederum zu reinen Ausstattungsorgien. Erneut war ein Neustart vonnöten.
Phase 6: die Daniel-Craig-Ära (erster Einsatz: 2006 „Casino Royale“). Prinzipiell wurde hier schon viel richtig gemacht. All der aufgeblasene Blödsinn wurde eingemottet und wieder zu den Dr.No-Anfängen zurückgekehrt. James Bond war wieder ein Agententhriller und erst in zweiter Linie ein Actionfilm. Auch dass mit dem stoisch-männlichen Daniel Craig ein extremer Gegensatz zu Brosnans Gentleman-Ironiker gewählt wurde, war nachvollziehbar. Als Bonus gab es noch das interessanteste Bond-Girl seit langen, langen Jahren, die tatsächlich zuweilen so etwas wie einen richtigen Text zu sprechen bekam. Leider wurde aber aus James Bond Jason Bourne. Und, schlimmer noch!, konnte dabei noch nicht einmal mit den drei Bourne-Filmen mithalten. Dennoch hatte „Casino Royale“ genug gute Szenen, um einen glaubwürdigen Neustart zu ermöglichen. Leider besitzt der jüngste Bond „Ein Quantum Trost“ (was für ein Titel, Himmelherrgott!) jedoch all die Schwächen von „Casino Royale“ ohne sich auch nur irgendeine seiner Stärken bewahrt zu haben. Eine einzige Enttäuschung und sicherlich kein Weg, auf dem Bond weiter marschieren kann. Man darf gespannt sein, was Craigs Bond Nummer Drei bringen wird…
(die inoffiziellen sowie der eine Lazenby-Bond wurden in dieser Aufzählung natürlich unterschlagen, weil sie beim besten Willen keine „Ära“ darstellen)
Schaut man nun einmal bei der großen Internetdatenbank imdb nach den Bewertungen für alle Bond-Filme, so ergibt sich ein erstaunliches Bild. Während die drei mythosbegründenden Ur-Bond-Filme wie erwartet in der Zuschauergunst ganz weit vorne liegen, überrascht die Führung für „Casino Royale“ dann doch. Ganz unten zurecht die aufgeblasenen, überkandidelten „Moonraker“ und „Die Another Day“ sowie der „inoffizielle“ Bond-Film „Never Say Never Again“, der im Grunde ein Remake des „Feuerball“-Bonds war.
Die Bond-Hitliste:
1. 8.0 Casino Royale (2006) – Craig
2. 7.9 Goldfinger (1964) – Connery
3. 7.5 From Russia with Love (1963) – Connery
4. 7.3 Dr. No (1962) – Connery
5. 7.1 Quantum of Solace (2008) – Craig
6. 7.1 GoldenEye (1995) – Brosnan
7. 7.1 The Spy Who Loved Me (1977) – Moore
8. 7.0 You Only Live Twice (1967) – Connery
9. 7.0 Thunderball (1965) – Connery
10. 6.9 On Her Majesty’s Secret Service (1969) – Lazenby
11. 6.8 For Your Eyes Only (1981) – Moore
12. 6.8 Live and Let Die (1973) – Moore
13. 6.7 The Living Daylights (1987) – Dalton
14. 6.7 Diamonds Are Forever (1971) – Connery
15. 6.6 The Man with the Golden Gun (1974) – Moore
16. 6.5 Licence to Kill (1989) – Dalton
17. 6.5 Octopussy (1983) – Moore
18. 6.4 Tomorrow Never Dies (1997) – Brosnan
19. 6.3 The World Is Not Enough (1999) – Brosnan
20. 6.1 A View to a Kill (1985) – Moore
21. 6.1 Moonraker (1979) – Moore
22. 6.0 Die Another Day (2002) – Brosnan
23. 6.0 Never Say Never Again (1983) – Connery
(Platz – imdb-Note – Film – Bonddarsteller)
Als Durchschnittsnoten für die einzelnen Bond-Darsteller ergibt das:
1. Daniel Craig 7,55
2. Sean Connery 7,06
3. George Lazenby 6,90
4. Timothy Dalton 6,60
5. Roger Moore 6,57
6. Pierce Brosnan 6,45
Also bitte, liebe Leute!
Craig besser als Connery? Brosnan schlechter als Dalton und Lazenby zusammen?
Da möchte man der vereinten Abstimmerschaft an den Hals wünschen, künftige Bond-Filme nur noch auf Handy-Displays betrachten zu können.
Christian Ihle
Liebe TAZ-Redaktion,
endlich mal eine vernünftige, nachvollziehbare Rangliste. Teilweise gibt es auf Internet-Seiten wirklich alberne Rankings. Auf einer Seite wollten sie sogar aller Ernstes verkaufen, dass „Quantum Trost“ auf Platz 1 ist; „Casino Royal“ und „Goldfinger“ weit abgeschlagen.
Wir haben unter http://kinokicks.de/Lists/Show/Die-definitive-Bond-Liste-5 auch mal eine Umfrage startet – dort nähern sich die Ergebnisse interessanterweise auch Eurer Liste ab.