vonChristian Ihle 11.05.2011

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Dem Vernehmen nach erreichten die Kartenverkaufsstellen Anrufe aus dem ganzen Bundesgebiet, aus München, Stuttgart, Hamburg, mit flehentlichen Bitten um Einlass zum ersten Deutschland-Konzert von Odd Future Wolf Gang Kill Them All, was im normalerweise recht hyperesistenten Deutschland doch bemerkenswert ist.
Aber keine andere Band hat in den letzten Monaten für derart viel Aufsehen gesorgt. Waren Odd Future – Kopf Tyler, The Creator und die Wolf Gang Ende des letzten Jahres noch ein kleiner Geheimtipp für Autotune-Hasser, benötigte es gerade einmal eine offizielle Single („Yonkers“) und einen bereits jetzt sagenumwobenen Auftritt in der US-Late-Night-Show Jimmy Fallon um Odd Future als DIE Gruppe des Jahres zu positionieren. Selbst die Blätter für weiße Jungs in alt (der deutsche Rolling Stone) und jung (NME) ziehen mit ein- bis mehrseitigen Geschichten über Tyler, The Creator nach.

Odd Futures US-TV-Debüt bei Jimmy Fallon:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=XlGWRPnp0ok[/youtube]
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Das Konzert beginnt mit einem eher lauen DJ-Set von Syd, dem einzigen weiblichen Mitglied und der Hausproduzentin von OFWGKTA, in das sie aber bereits immer wieder Odd Future – Schnipsel droppt, was das Publikum im kleinen Keller des Cassiopeia-Clubs in Berlin zu euphorischer „Wolf Gang! Wolf Gang!“ – Skandierung verleitet. Wenn sich dann aus dem Nichts Tyler und Konsorten den Weg durch das Publikum auf die Bühne bahnen, ist mayhem tatsächlich nicht mehr weit und die folgende Stunde eine Demonstration jugendlicher Energie.
Unterstützt von Left Brain und HodgyBeats rappt sich Tyler durch sein an diesem Freitag erscheinendes offizielles „Debüt“ „Goblin“ (insgesamt elf Alben der verschiedenen Wolf Gang – Mitglieder finden sich aber bereits auf der Odd Future – Homepage zum kostenlosen Download). Frühe Höhepunkte mögen „Sandwitches“ und „Yonkers“ sein, doch seinen Kulminationspunkt findet das Konzert ohne Zweifel in „Radical“, das mit seinem „KILL PEOPLE! BURN SHIT! FUCK SCHOOL!“ – Refrain auch einer Punkband, die zum Systemumsturz aufruft, gut zu Gesicht stehen würde und nicht zuletzt an das alte MC5-Mantra „Dope, Guns and fucking in the streets“ erinnert.

Odd Future Wolf Gang – Radical, Berlin 6.5.2011:
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=GnVtknK6JM4[/youtube]
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Dass kurze Zeit später eine Stage-Invasion zum Abbruch des Konzertes führt, ist dann auch nur logische Folge, signalisiert diese doch gleich zwei Schlüsselfaktoren des Odd-Future-Erfolgs: erstens das Stürmen der Institutionen, zweitens das Niederreißen der Barrieren. Denn bei allem Hype und Erfolg ist Odd Future eben auch eine grassroots-Band, die bisher alle Alben kostenlos veröffentlicht hatte und deren Chef noch kurz vor dem Konzert mit seinem Skateboard durch die wartenden Massen geht, um nebenan in der Skatehalle ein wenig Spaß zu haben bevor er mit seinen Mord- und Fickfantasien das Publikum in Extase rappt.
Versprechen eingelöst, Weltherrschaft wartet. (Christian Ihle)

Mehr über Odd Future:
* I Predict A Riot 2011: Hip-Hop
* Believe The Hype: Odd Future

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