In Zeiten der Kanalvielfalt und des programmierbaren Festplattenrecorders kann man sich bei ein wenig Beschäftigung mit dem TV-Programm tatsächlich ein schönes, frei empfangbares Filmprogramm zusammenstellen. Ein Film pro Tag:
Dienstag, 6.11.
Sons Of Anarchy, Kabel1, 22.30
Nachdem die amerikanische Biker-Soap “Sons Of Anarchy” in Deutschland zunächst via MyVideo im Internet ausgestrahlt wurde, hat sie nun den Sprung ins reguläre Fernsehen geschafft. Und man solle sich nicht von der anfänglich etwas platten Figurenzeichnung sowie der Outlaw-Romantik abschrecken lassen, denn tatsächlich ist das Ende der 1. Staffel und vor allem Staffel Nr. 2 (mit Henry Rollins als Nazi!) sehr gutes Fernsehen, das vielleicht visuell nichts neu erfindet, aber mit gefeierten Serien wie Boardwalk Empire ohne Frage mithalten kann. Tolle Nebendarsteller wie Ron Perlman und eine phänomenale Kathy Segal (ehemals: Peggy Bundy) gleichen auch das nervig eindimensionale Spiel von Charlie Hunnam aus, der die Hauptfigur Jax spielt (eine ausführlichere Kritik der ersten beiden Staffeln findet sich hier).
Mittwoch, 7.11.
So finster die Nacht, Arte, 22.25
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Mit Vampiren ist es wie mit Zombies: immer wenn man denkt, das Genre wäre wirklich bis auf den letzten Bluttropfen ausgelutscht, kommt ein Film um die Ecke, der beweist: einfach nicht totzukriegen, die Dinger (und die Filme darüber). “Let The Right One In” war der seltene Fall eines erfolgreichen Arthouse-Horror-Movies, eine sensible, gleichwohl durchaus brutale und erschreckende Analyse des Erwachsenwerdens und seiner Unmöglichkeiten. Ruhig, durchaus auch sperrig, aber so gut, dass der Film es sogar in unsere Dekaden-Top-50 geschafft hat (#42). Hier das schwedische Original, zwei Jahre später etwas geradliniger für Hollywood noch einmal neu erzählt (“Let Me In”, 2010).
Donnerstag, 8.11.
The Day After Tomorrow, Vox, 20.15
Jaja, Mainsteammist, Blockbusterbullshit – aber ohne Frage der beste Film, den Roland Emmerich bis heute gedreht hat. Selbstredend werden hier die Häkchen bei der Hollywood-Checkliste en masse gesetzt und allzu viel Überraschendes darf man nicht erwarten, aber ein junger Jake Gyllenhaal und großartige Bilder eines in Schnee und Eis versinkenden New Yorks haben nichts von ihrer Wucht verloren – auch wenn letztere im Moment vielleicht ein wenig zu nah an der Wirklichkeit sind, um sie unbeschwert genießen zu können. Die hollywood’sche Klimawarnung “The Day After Tomorrow” hat aber wahrscheinlich letzten Endes mehr Menschen erreicht als “An Inconvenient Truth”.
Freitag, 9.11.
Sieben, RTL2, 22.35
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“Sieben” trägt immer noch die Krone des Serienkillerthriller-Genres, auch wenn seit dem ersten Kinoeinsatz nun bereits 17 (!) Jahre ins Land gezogen sind. Wie David Fincher – auch dank eines brillanten Drehbuchs von Andrew Kevin Walker – mit unerbitterlicher Konsequenz die Geschichte eines Serienkillers erzählt, der in einer ewig verregneten amerikanischen Großstadt wahr macht, was Travis Bickle in seinem Taxi einst nur vor sich hinmurmelte: den Abschaum von den Gehsteigen spülen, die Stadt reinigen. Dazu reiht er Mord an Mord auf, um die sieben Todsünden zu symbolisieren – bis wir ganz am bitteren Ende bemerken, dass wirklich alle nur Figuren in seinem Spiel sind. Wo “Das Schweigen der Lämmer” nur spannend wie die Hölle war, spielt “Sieben” gleich selbst in der Hölle. Eine Dystopie – direkt aus unserer Gegenwart.
Samstag, 10.11.
Goodnight, and Good Luck, EinsFestival, 23.15
“Goodnight, and Good Luck” war ein Herzensprojekt von George Clooney und wohl der Moment, an dem er endgültig die E.R.- und Schönlingsvergangenheit hinter sich gelassen hat und sich (sogar) als bemerkenswerter Regisseur etablierte. Sein Zweitfilm (das Debüt war der ordentliche, wenngleich nicht spektakuläre Thriller “Confessions Of A Dangerous Mind”) brilliert mit wunderbar komponierten Schwarzweißbildern und einer klaren politischen Botschaft gegen die Hexenjagd der McCarthy-Ära.
Sonntag, 10.11.
The Social Network, Pro7, 20.15
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=lB95KLmpLR4[/youtube]
Und noch mal David Fincher (siehe Freitag). Hätte Fincher mit Social Network nicht einen unverschämten schnellen, intelligenten und verblüffend aktuellen Film vorgelegt, würden wir dank “Benjamin Button” und “Verblendung” an unserem alten Helden zu zweifeln beginnen. Doch gerade mit Social Network hat Fincher bewiesen, dass er an guten Tagen immer noch der beste Regisseur Amerikas ist, der auf dem schmalen Grat zwischen Anspruch und Breitenwirkung wandeln kann. Wie er aus der “Social Network” – Nichtgeschichte (Computernerd wird von zwei aristokratischen Jünglingen verklagt und verrät anderen Computernerd) einen so mitreissenden und unterhaltsamen Film gemacht hat, das ist zu gut, um billige Facebook-Like-Witzchen niederzutippen. Viel liegt auch am (völlig zurecht mit dem Oscar ausgezeichneten) Drehbuch von Aaron Sorkin, der den Protagonisten und vor allem der von Jesse Eisenberg als Autisten auf Speed angelegten Mark-Zuckerberg-Figur Maschinengewehrdialoge mit maximaler Schnelligkeit und intellektueller Schärfe in den Mund legt, ohne dabei das Soziopathische der Figuren zu vernachlässigen (oder ins Lächerliche zu ziehen). Wie wiederum Fincher diesen Dialogfilm in brillante Montagen, Bilder und Schnitte umsetzt, hätte ebenfalls seinen Oscar verdient gehabt – stattdessen wurde das betuliche, liebliche Historiendramödchen “King’s Speech” ausgezeichnet. Nun ja. (Ausführliche Kritik hier)
uh. das wusste ich noch gar nicht. arg.