vonChristian Ihle 12.02.2013

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Before Midnight


1. Der Film in einem Satz:


Verlieben ist der leichte Part, verliebt bleiben der schwere…





2. Darum geht‘s:


Neun Jahre nachdem sich Jessie und Celine in einer Nacht im Zug in „Before Sunrise“ ineinander verliebt hatten, trafen sie in „Before Sunset“ erneut aufeinander. Nun sind wieder neun Jahre vergangen und das gleiche Team aus Regisseur Richard Linklater und den beiden Hauptdarstellern (und Co-Buchautoren) Ethan Hawke und Julie Delpy erzählt die Geschichte weiter.

Tatsächlich haben die beiden in den letzten neun Jahren zueinander gefunden, sind ein Paar und haben Zwillinge. Doch nun ist auch bei den beiden Über-Romantikern die harsche Realität eingezogen: Elternpflichten, Überforderung, Beruf fordern ihren Tribut und so scharfsinnig die Gespräche in ruhigen Momenten auch noch sein mögen, das Glitzern aus ihren Augen ist verschwunden.

Die Protagonisten sind 18 Jahre älter als in jenem wilden Sturm-und-Drang-Moment, in dem sie sich kennenlernten – und mit ihnen ist auch die Filmserie altersweiser, profunder geworden. Es liegt eine Traurigkeit über ihrer Geschichte, die dem Film erheblich mehr Tiefe verleiht als es die pure Schwärmerei der beiden Vorgänger vermochte. Höhepunkt ist ein großer Streit, in dem eloquent die eigenen Schwächen, die Unerträglichkeit von Nähe, die Unvereinbarkeit von zwei Menschen und, ja, Feminismus, Gleichberechtigung und die Rolle des Mannes generell verhandelt werden – mit einer aufbrausenden, fantastisch spielenden Julie Delpy. Dass der Film trotz dieser Härten leicht, unterhaltsam und amüsant bleibt, ist einem hervorragenden Drehbuch zu verdanken und einer Regie von Linklater, die die Entwicklungen nie forciert, sondern nur allzu nachvollziehbar entstehen lässt. Der beste Film der „Before“-Reihe.



3. Der beste Moment:


Jener bereits angesprochene zwanzigminütige Streit der Beiden, der verstört, bewegt und aufregt.



4. Diese Menschen mögen diesen Film:


Wer gemeinsam mit den Protagonisten eben auch 18 Jahre älter geworden ist. „Before Midnight“ ist die – manchmal traurige, aber nie hoffnungslose – Realität zu den romantischen Schwärmereien aus Sunrise & Sunset.



* Regie: Richard Linklater
* imdb
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I Used To Be Darker





1. Der Film in einem Satz:


Dysfunktionale Familie: Americana-Folk-Style!


2. Darum geht‘s:


Als Taryn von zu Hause abhaut und sich entschließt, sich bei ihrer Tante und Onkel einzunisten, könnte der Zeitpunkt nicht unpassender sein, sind Onkel Ned und Tante Kim doch gerade damit beschäftigt, sich zu trennen. Beide sind Folk-/Indie-Sänger, doch Ned (Ned Oldham, Bruder von Will „Bonnie Prince Billy“ Oldham und dessen ehemaliger Kollege in Palace Brothers) hat seine Musikkarriere an den Nagel gehängt, um mit einem Bürojob Kim und Tochter Abby zu ernähren – während Kim immer noch als Künstlerin auftritt und in der Zwischenzeit eine Affäre mit einem jungen Bandkollegen hat…

[vimeo]http://vimeo.com/38695698[/vimeo]

Matthew Potterfields „I Used To Be Darker“ (nach einer Textzeile von Bill „Smog“ Callahan benannt) entscheidet sich bewusst dafür, kurz und distanziert diese zerfallende Familie zu beobachten. Hier sind keine großen Dramen, keine Exzesse zu sehen, sondern einfach das Leben und die Vergänglichkeit von Liebe am Werk. Wenig überraschend, dass der Film somit auch herzlich unspektakulär ist: ein kleines Indiedrama, nah dran am echten Leben, aber ohne rechten Klimax, ziellos.



3. Der beste Moment:


Der Soundtrack ist – wenig überraschend bei dieser Besetzung – ein Highlight.



4. Diese Menschen mögen diesen Film:


Wer kleine, unspetakuläre Dramen über die Vergänglichkeit der Liebe schätzt und vor allem einen distanzierten Blick dabei mag.



* Regie: Matthew Porterfield
* imdb

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