vonChristian Ihle 25.02.2014

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Eine eiserne Grundregel der Schmähkritik-Rubrik ist ja, dass es weniger um die Richtung als um die Art der Kritik geht. Meint: wir machen uns die „Schmähkritik“ explizit nicht zu eigen, sondern möchten besonders schöne Wortgefechte zitieren – oder manchmal auch besonders arge, das normale Maß überschreitende.

In diesem Fall geht es um letzteres und zudem – das sei ausnahmsweise auch noch einmal explizit erwähnt – sind wir „inhaltlich“ (falls man den folgenden Schwall an Beleidigungen denn „Inhalt“ nennen mag) nicht der Matussek-Meinung.

Zitierwürdig finden wir es trotzdem, weil wir doch mit ziemlichem Erstaunen vor dem Matussek-Text stehen. Wie wirr und wild und wirklich mit Ausnahme von ein, zwei kleinen Argumentationsmomenten nur beleidigend hier der renommierte Herr Matussek um sich tritt und schlägt, das sollte doch von möglichst vielen gelesen werden:

Kurzer Einschub zur Vorgeschichte: Die ganze Diskussion dreht sich um einen Artikel Matusseks in der WELT mit dem Titel „Ich bin wohl homophob, und das ist auch gut so“ sowie mehrere Debattenbeiträge im European (finden sich am Ende des verlinkten Textes) sowie eine wütende Gegenrede von Stefan Niggemeier auf seinem Blog, auf die wiederum Matussek jetzt hier beim European antwortet:

„Vorweg aber ein paar Fakten, die Ihnen entgangen sind. Ich war nicht nur „eine Weile Kulturchef des Spiegel“, das war lange bevor Sie als geduckter Eigenbrötler an Bord kamen und schon nach zwei Jahren zur großen Erleichterung ihrer Kollegen das Weite suchten.

(…) Niggemeier, ebenfalls könnten Sie per Mausklick erfahren, dass ich zudem 20 Bücher geschrieben habe, davon drei Bestseller, die entschlossen quer zu Zeitgeist und Mode stehen, ferner Romane und Kurzgeschichten, TV-Formate, so, und jetzt kommen Sie.

Co-Autor zu „Das Fernsehlexikon“, Goldmann, München, 2005?

Co-Autor eines Büchleins über „Zapp“?

Ach was!

Ich kann verstehen, Kartonschädel-Niggi, dass ich Ihr Alptraum bin. Ich bin der Spießer, der seinen ersten LSD-Trip eingeworfen hat, als Sie gerade zur Welt kamen, und der alle alternativen Lebensformen und alle möglichen Formen der Sexualität erprobt hat. (…)

„Zeit“-Herausgeber Josef Joffe hat den Shitstorm mit dem „Kauft nicht bei Juden“ der Nazi-Zeit verglichen. Das würde aus Ihnen einen Nachfahren des Mobs machen, der damals jüdische Mitbürger als Volksverräter verteufelte.
Das konnten Sie nicht auf sich sitzen lassen. Sie antworteten in ihrem Blog, Joffe habe durch seinen Vergleich, durch seine „Dummheit und Gemeinheit“ – ja, nicht Sie beleidigt, sondern „hunderttausend Leute, die glauben, sie müssten nicht jede Verirrung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinnehmen.“ Sie verstecken sich gerne im Schwarm.(…)

Fragwürdige Gestalten dort (Anm.: in der Redaktion der ZEIT, bezieht sich auf diese Diskussion), man wird über die „Abgeschotteten“ wohl Dossiers anlegen müssen im Dunkel Ihres Kellers. Oder ist es mittlerweile schon das ausgebaute Dachgeschoss? Egal, Sie hören Kultur, und sie entsichern den Revolver.

Sie argumentieren wie ein Hitlerjunge, dem die bürgerliche Bildung ein Popanz ist; die gute Gesinnung, jetzt nicht die völkische, sondern der derzeit herrschende linke Konsens, finden Sie eher „in der Kommentardiskussion im Internet“, als deren Blockwart sie sich verstehen. (…)

Wissen Sie, Niggi, aufgeschwemmter Mausepaul, ich habe als 15-Jähriger meine eigenen Erfahrungen gemacht, ganz ohne Lehrbuch oder Puff, die heutzutage offenbar die Pole sind, zwischen denen eine komplett verdinglichte Sexualität pendelt – sie schwankt zwischen völliger Ratlosigkeit oder käuflichem Sex. Wir damals dagegen hatten ganz einfach Spaß und waren ständig entweder verliebt oder traurig, wenn wir es nicht waren, aber es ging immer um die große Liebe. (…)

Ihr Job als Blog-Wart ist die Denunziation, die Verfemung unter dem Beifall merkwürdig erfrorener Lemuren wie Timm Klotzek vom „SZ“-Magazin, der ja auch regelrecht benommen war von der Diez-Denunziation von Christian Kracht. Ein stiller Genießer, der in seinen FB-Einträgen hingerissen an der Seitenlinie steht. (…)

So, lieber Niggi, ich habe diesen Brief zwei Tage liegen gelassen. Um mich zu prüfen. Und wissen Sie was: Der Brief hat bestanden. Auch und gerade in den beleidigenden Teilen.

Jetzt können Sie Ihre Truppen um sich scharen. Die meisten kenne ich ja von der Klowand ihres Blogs mitsamt ihrem FB-Krakeele.

Für mich ist das hier der Schlusspunkt.

Und noch einmal zum Mitschreiben: Nein, ich habe nichts gegen Schwule. Mir geht nur das Theater auf die Nerven. Meine Aussage „Ich bin wohl homophob, und das ist auch gut so“ war eine satirische Zuspitzung, eine Anspielung auf welchen Partybürgermeister, na, Sie Trottel?!

Und das Lustige ist, Niggi, verqualmter Brummschädel: Ihnen ist in Ihren Netz-Recherchen völlig entgangen, dass die von mir zustimmend zitierte Bemerkung von Robert Spaemann über einen „Fehler der Natur“, der Kern der ganzen Aufregung, schon vor Jahren in einem Interview mit der „Welt“ fiel.

Damals blieb sie ganz ohne Shitstorm. Da ist Ihnen was durchgeschlüpft, alter Regenbogenhaudegen, verdammt noch mal, wie konnte das passieren?“


(Matthias Matussek im European)



Weiterlesen:
* Eine Schmähkritik über Matthias Matussek


Schmähkritik-Archiv:
* 500 Folgen Schmähkritik – Das Archiv (1): Musiker, Bands und Literaten
* 500 Folgen Schmähkritik – Das Archiv (2): Sport, Kunst, Film und Fernsehen

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