vonChristian Ihle 20.08.2014

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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1. Der Film in einem Satz:


Landflucht, hier wird sie greifbar.


2. Darum geht‘s:


Die Freunde von Xavier Dolan, des frankokanadischen Wunderkinds auf dem Regiestuhl, werden sich verwundert die Augen reiben (oder vielleicht sogar vor Schreck zuhalten!): verschwunden sind die verrückten Ausstattungsorgien, der Hipsterkitsch, die Farbkaskaden, das Schrille, das Verrückte, die verspielte Gayness. Stattdessen gibt es einen Ausflug aufs Land, in die Maisfelder, in die Kuhställe. Braun und grau dominieren die Bilder, statt Beschwingtheit ist alles bedrückend, beängstigend.

Tom fährt aufs Land, um die Beerdigung seines verstorbenen Partners zu besuchen. Dort angekommen, bemerkt er, dass die Mutter der Familie vom L
Privatleben ihres verstorbenen Sohnes nicht das geringste weiß und der ältere, brutale Bruder Francis mit allen Mitteln versucht, den Anschein des „Normalen“ aufrechtzuerhalten. Francis scheut auch nicht davor zurück, Tom mit Drohungen und Schlägen klar zu machen, die Mutter nicht mit Enthüllungen über das zweite Leben des verstorbenen Sohnes zu belästigen. Nach und nach wird die Atmosphäre immer düsterer und bedrückender, der Kampf von Francis mit seiner eigenen Orientierung deutlicher und die Möglichkeiten eines Auswegs immer geringer…


[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=nO6PPKYpwPA[/youtube]


Dolan zeigt in „Sag nicht, wer du bist“, dass er auch „ernsthaft“ kann, dass er einen Psychofilm über die Akzeptanz von Homosexualität ebenso in seinem Repertoire unterbringt wie die bunten, schrillen Fetzen der Marke „herzensbrecher„. Nahe gehend und gleichzeitig fesselnd gelingt Tausendsassa Dolan – erneut Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller! – wieder ein beeindruckender Film. 25 Jahre alt, vier Spielfilme im Kasten und nun auch noch bewiesen, dass er mehr als „schrill“ und „gut aussehend“ kann – „Chapeau!“, wie der Frankokanadier sagt.


3. Der beste Moment:


Wenn wir mit Tom gemeinsam langsam entdecken, dass auf der Farm keiner etwas weiß – oder besser: wissen will – und wir mit ihm hin- und hergerissen sind vom Drang nach Bekenntnis und Verständnis für die Suche nach dem einfachen, heilen Weg.


4. Diese Menschen mögen diesen Film:


Wer das bedrückende Panorama der unendlichen Weiten des tiefen Hinterlandes gern verbunden sieht mit einem Thriller, der Schritt für Schritt in Richtung Wahnsinn driftet, dabei aber doch immer mit beiden Beinen auf festem Grund steht.


* Regie: Xavier Dolan
* imdb

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