vonChristian Ihle 21.04.2016

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Seit Yorgos Lanthimos 2009 mit „Dogtooth“ einen sehr eigentümlichen, gleichzeitig aber höllisch unterhaltamen Film gedreht hat, gilt er als große Hoffnung des europäischen Kinos, als womöglich einzig legitimer Nachfolger von Lars von Trier. „Dogtooth“ hat die Grenzen des normalen Kinos genauso gesprengt wie Arthouse-Konventionen. Sehr gespannt durfte man nun auf seinen ersten „großen“ Film sein, den er mit internationaler Starbesetzung gedreht hat (Colin Farrell, Rachel Weisz, Lea Seydoux, Ben Whishaw).

Lanthimos lässt sich davon nicht groß beeindrucken, sondern geht weiter seinen eigenen, völlig weirden Weg und erzählt eine bemerkenswert originelle Story (wer eine Trennung erlebt, kommt in ein Hotel und hat dort einige Wochen die Möglichkeit, einen neuen Parter zu finden. Wem das nicht gelingt, wird in ein Tier verwandelt und im Wald ausgesetzt. Das Tier ist vom Single vor der Verwandlung frei wählbar), die tatsächlich auf der ersten Ebene genauso funktioniert wie auf der allegorischen, also als sarkastische Anklage einer Pärchen- und Selbstoptimierungsgesellschaft.


[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=TR_NcqD-Gfs[/youtube]


„The Lobster“ ist dabei vielleicht eine Spur zu arthouse und lakonisch geraten, als dass er auch noch mitreissend sein könnte und entwickelt im Zweifel eher bizarren als lustigen Humor (hält aber durchaus einige Schenkelklopfer bereit). „The Lobster“ ist somit natürlich nicht jedem zu empfehlen, da schon notwendig ist, sich auf die abseitige Geschichte, die dabei völlig straight und ohne jedes Augenzwinkern gespielt wird, einzulassen. Gelingt das, wird der Zuschauer mit einem der originellsten Filme seit langem belohnt.

Lanthimos‘ Neuer ist also nicht ganz so phänomenal wie „Dogtooth“, der zusätzlich zu seiner Abgedrehtheit auch noch LOL-funny & beängstigend zugleich war, doch auch „The Lobster“ ist erneut bemerkenswert anders. Als hätte Lars von Trier ein Drehbuch von Aki Kaurismäki verfilmt.

P.S.: Dass „The Lobster“ nicht den Sprung in eine reguläre Kinoauswertung geschafft hat, ist traurig genug. Dass der deutsche Verleih Lanthimos‘ Studie in lakonischer Melancholie aber mit dem Titel „The Lobster: Hummer sind auch nur Menschen“ in die DVD Regale stellt, ist nichts weniger als eine Frechheit.



P.P.S.: Sollte jemand „Dogtooth“ noch nicht gesehen haben, bitte nachholen! Allein schon dieses Satzes wegen: „The cat. The most dangerous animal there is.“:


[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=QFtDzK64-pk[/youtube]

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