1. Der Film in einem Satz:
Früher war nicht alles besser, „Ghostbusters“ aber schon.
2. Darum geht‘s:
Wer die 80er nicht unter einem popkulturellen Stein verbracht hat, kennt grob die Geschichte: Wissenschaftler in der umstrittenen Disziplin des Paranormalen sehen ihre Vermutungen über Gespenster bestätigt und werden zu „Ghostbusters“, um einer Geisterplage Herr zu werden. Diese Ausgangslage bildet auch die Grundlage für das aktuelle „Reboot“ des Blockbuster-Klassikers von 1984.
Erinnert man sich an den 84er-Film mit Bill Murray und Dan Aykroyd können einem schon die Tränen in die Augen steigen. Was war damals doch möglich! Ein Film konnte gleichzeitig die Bank sprengen („Ghostbusters“ war 1984 der kommerziell zweiterfolgreichste Film des Jahres!) und dennoch keine Beleidigung für Filmfans sein. „Ghostbusters“ hatte Witz, in manchem Momenten (hauptsächlich dank Bill Murray) gar Subtilität und – Schock für alle in den letzten 15 Jahren mit Blockbustern groß gewordenen Kinogängern! – eine Struktur! Einleitung, Widrigkeiten, Zuspitzung, Triumph, ganiert mit durchaus beeindruckende Special Effects (wer erinnert sich nicht gern an den Marshmallowman?).
Aber eben nicht 90 Minuten Exposition gefolgt von einer dreiviertelstündigen Schlacht gegen den Endgegner, während der sich zwei computergenerierte Figuren gegenseitig so lang auf die Fresse hauen bis endlich die Überlänge-Spielzeit erreicht ist und man dem Zuschauer einen Euro mehr aus der Tasche ziehen kann.
Kurz, „Ghostbusters“, „Indiana Jones“ oder auch „Zurück in die Zukunft“ stehen für ein goldenes Jahrzehnt des Mainstreamfilms, für Blockbuster, die nicht nur flavour of the month sind, dank Marketing hoch fliegen und umso schneller vergessen sind, sondern auch Jahrzehnte später noch wohlige Erinnerungen wecken und aufgrund ihrer handwerklich gut geschrieben Drehbücher auch heute noch wirken (was ich gerade erst selbst mit den beiden ersten „Zurück in die Zukunft“-Teilen getestet habe!). „Ghostbusters“ & Co. sind der Gegenentwurf zu „Transformers“, dem Marvel-Overkill der jüngeren Vergangenheit und all dem anderen Sequel-, Remake-, Reboot-Schwachsinn der die Multiplexe verstopft und dem Mainstream einen bösen Namen gibt.
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Und genau hier muss auch die Kritik am „Ghostbusters“-Reboot ansetzen. Die Oberfläche und die Kostüme sind da, aber der Inhalt und das Herz fehlt. „Ghostbusters 2016“ hat keine in sich stimmige Struktur, sondern ist eine Parade an Set Pieces, die nicht einmal auf tricktechnischer Ebene wirklich überzeugen. Ein Paradebeispiel für die Plattheit dieser Ghostbusters-Neudenke ist das Cameo des Marshmallow Mans, das hier nur aus einem ironischen Winken, einem „wir haben den alten Film gesehen, guck!“ besteht, aber völlig den Charme vermissen lässt, der den Marshmallow Man als Endgegner im Original-Ghostbusters so absurd und damit subversiv wirken ließ.
Und erst der missratene Humor dieser Action“komödie“! Für jedes Murray’sche Minimalmienenspiel gibt es hier eine Grimassenparade! Das „Ghostbusters“-Reboot ist ein Film gewordener Zwinkersmiley mit drei Ausrufezeichen. Als würde man sich selbst nicht trauen, dass Zuschauer die Pointen erkennen könnten, wird hier grimassiert und chargiert dass es einem vor Schmerz die Laserstrahlen kreuzt. Größter Verbrecher in dieser Hinsicht ist Kate McKinnon als Dr. Jillian Holtzmann, der man schon nach zehn Minuten Spielzeit einen möglichst grausamen Exodus an den Hals wünscht. Dabei sind Melissa McCarthy und Kristen Wiig erwiesenermaßen tolle Comedians, die oft genug bewiesen haben, dass sie mit ihrem Witz Filme tragen können. Denn – abgesehen von McKinnon – liegt das Problem des Reboots eben nicht an den Hauptdarstellerinnen, sondern einer espritfreien Regieführung und einem deprimierend flachen Drehbuch von Paul Feig.
Und hier kommen wir wohl zum interessantesten Beitrag, den „Ghostbusters“ zur Popkultur-Folklore in 2016 liefern kann. Das Reboot wird nicht mehr über seine Wertigkeit als Film besprochen, sondern beinah ausschließlich auf einer Meta-Ebene. Bereits kurz nach der Ankündigung eines all-female-Reboots stieg dem gemeinen Internettroll der Kamm und das McCarthy/Wiig-Vehikel wurde vorab beleidigt und ein flame war gestartet, der beispiellos war. Als Folge darauf wiederum schien sich Kritik am Film zu verunmöglichen, da man in vielen Redaktionen tunlichst vermeiden wollte, mit eigentlich richtiger Kritik den Applaus von der falschen Seite abzuholen. Aber auch das kann doch nicht die Lösung sein – wir können doch nicht in eine Philokritik abrutschen, die schlechte Filme nicht mehr als solche zu benennen bereit ist, nur weil man den Applaus der Trolls fürchtet! Gerade weil man anhand „Ghostbusters“ auch klare Kritik üben kann und auf der Hand liegt, dass dieser Film nicht so hundsmiserabel geworden ist, weil McCarthy oder Wiig statt Aykroyd und Murray mitspielen, sondern weil Paul Feig ein schlechtes, witzfreies Drehbuch geschrieben hat und diese Pointenwüste durch Grimassenoverkill inszenatorisch übertünchen will. Der beste Film, den Paul Feig bisher gedreht hat, war „Brautalarm“ („Bridesmaids“), der auf erfrischende Weise das „Hangover“-Genre nicht nur kopierte, einmal um die Achse drehte, sondern auch noch spielend an Witz übertraf. Das Drehbuch zu „Bridesmaids“ hatte übrigens nicht Paul Feig geschrieben, sondern Kristen Wiig selbst. Just sayin‘.
Im Grunde funktioniert nur ein Einfall wirklich gut – und das ist skurillerweise die einzig männlich besetzte zentrale Figur. Aber hier gelingt Feig tatsächlich, Pointen mit Metakommentaren zu verbinden und wird Chris Hemsworth als Sekretär-Blondie-Dummchen in einer Art reverse sexism als Chiffre für die in der Ghostbuster-Rezeption ja immer mitgelesenen Gender-Debatten verwendet. Das ist nicht nur zumeist lustig, sondern eben auch clever.
Doch abgesehen von diesem Einfall bleibt für mich nach Ertragen dieses „Ghostbusters“-Reboots nur zu schließen: ich bitte den lieben Herrgott auf Knien, dass nie, nie, niemals ein „Zurück in die Zukunft“-Remake gedreht werden wird.
Und ich bin Atheist.
3. Der beste Moment:
Sicher schon mal nicht die Cameos von Bill Murray oder des Marshmallow Mans, die dermaßen daneben gehen, dass es schmerzt.
Die besten Witze gehen auf Kosten von Chris Hemsworth und hier hat „Ghostbusters“ seine einzigen lichten Momente.
4. Diese Menschen mögen diesen Film:
Tja. Wer sich gern in die Tasche lügt?
* Regie: Paul Feig
* imdb