„Wenn der deutsche Holocaust-Forscher dank der französischen Jüdin seine Potenzprobleme in den Griff kriegt: So schwer daneben gegriffen wie „Die Blumen von gestern“ hat schon lang kein deutscher Film mehr. (…)
Man merkt „Die Blumen von gestern“ an, dass er gern auf eine so witzige Weise neurotisch-verzweifelt wäre wie die klassischen Filme von Woody Allen. Nur fehlt es ihm dazu an handwerklichen Fähigkeiten. Die Dramaturgie des Films besteht aus dem öden, in Deutschland aber nicht unbeliebten „Komm her – geh weg“-Prinzip, sie tritt permanent auf der Stelle. (…) Das unplausible Verhalten bei Toto und Zazie begründet der Film durch das Borderline-Syndrom; beide seien doch durch ihre Familien „extrem gestört“, wie Zazie das nennt (die nach der ersten gemeinsamen Nacht mit Toto einen Selbstmordversuch unternimmt – Drama, Baby, ist klar). Für eine solche Disposition ist das stumpfe Buch – das zugleich Klassenkasper und Streber ist, also die ganze Zeit Witze machen will, nebenher aber mit aufgesagten Sätzen brav den Fortgang der Geschichte moderiert – aber so wenig empfänglich wie die holzklotzige Regie. (…)
Man könnte mit „Die Blumen von gestern“ Mitleid haben, weil das Können der Macher meilenweit von ihrem Wollen entfernt ist. Selbst die Schauspieler sind nicht gut: In dem Dardenne-Film „Das unbekannte Mädchen“ kann man gerade sehen, zu welch präzisem Spiel Adèle Haenel in der Lage ist. Hier kaspert sie als französisches Dummchen mit Brille rum, ohne dass man die Grade ihres Nervensollens sinnvoll unterscheiden kann. Liefers spielt nicht den Lackaffen, sondern jemanden, der weiß, dass er einen Lackaffen spielt. Und Eidinger nölt sich indifferent durch.
Alles an „Die Blumen von gestern“ ist schlimm, aber das Schlimmste ist sein Selbstbewusstsein – die Mischung aus moralischem Überlegenheitsgefühl und ästhetischer Stümperhaftigkeit dürfte einmalig sein. Der Film hält sich für besonders tapfer, weil er sich traut, wie es in solchen Zusammenhängen heißt, den deutschen Umgang mit dem Holocaust zu „ironisieren“ (Chris Kraus). Dabei ist es in der vorliegenden Form eher schamlos, eine Geste, in der sich Harald Schmidt vor 15 Jahren gefallen hat. (…)
„Die Blumen von gestern“ ist ein Film, in dem ein Enkel aus deutscher Täterfamilie sich aus seiner Nazi-Herkunft erfolgreich in die Holocaust-Forschung befreit, darüber aber nicht nur schlechte Laune bekommt, sondern vor allem impotent wird, wovon ihn dann die Enkelin einer jüdischen Opferfamilie heilt. Geschichtspolitisch betrachtet ist das lediglich die aktualisierte Version von „Die Mörder sind unter uns“ von 1946, wo die Holocaust-Überlebenden schon dafür zuständig waren, dass sich deutsche Täter nicht länger schlecht fühlen müssen. 2017 kriegen sie dankenswerterweise auch noch einen hoch.“
(Matthias Dell bei SpiegelOnline)
Dank an Herrn Dell und Herrn Rischard… den Film MUSS ich mir ansehen.