vonChristian Ihle 16.02.2017

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Die andere Seite der Hoffnung (Regie: Aki Kaurismäki)

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Ein Flüchtling landet auf verschlungenen Pfaden in Helsinki und findet eine unverhofft helfende Hand in einem ehemaligen Herrenhemden-Vertreter und jetzigen Kneipenbesitzer. Die Working Class und die, die nicht mal Arbeit finden, verbünden sich, um den Neuankömmling vor Bürokratie und Nazis zu retten.
Ein Märchen, klar. Aber ein von Aki Kaurismäki erzähltes Märchen, das mit erstaunlicher Beschwingtheit und – ein Wort, das in Kaurismäki-Besprechungen selbstverständlich nicht fehlen darf – lakonischem Humor von den Widrigkeiten des Alltags erzählt. „Die andere Seite der Hoffnung“ ist so Kaurismäki, dass es beinah schon an eine Parodie grenzt. Egal ob Plot oder Interieurs, die „Andere Seite der Hoffnung“ ist – je nach Sichtweise – zu Klischee geronnenes Kaurismäki-Kino oder eine Art Best Of seiner langen und ergiebigen Karriere im Arthouse-Kino. Der europäische Jim Jarmusch arbeitet noch stoischer an seinen Themen als sein amerikanischer Bruder im Geiste, veröffentlicht seltener Filme, bleibt sich dafür aber bis in die letzte Einstellung hinein treu. Keine Experimente in Finnland!
Auch wenn Kaurismäki also seinem Werk mit „Die andere Seite der Hoffnung“ gar nichts Neues hinzufügt, mag der Moment für einen Film dieser Art im jetzigen Klima vielleicht sogar passender als je zuvor sein. Außerdem mag ich auch die Ramones, wie soll ich mich also über die Variation des Immergleichen beschweren können?

Rückkehr nach Montauk (Regie: Volker Schlöndorff) imdb

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Schlöndorffs „Rückkehr nach Montauk“ atmet den Geist von Max Frisch‘ essayistischen Novelle „Montauk“ und liefert ein recht interessantes Riff, das allerdings nicht mit einer Literaturverfilmung verwechselt werden sollte. Schlöndorff simplifiziert und spielfilmiziert Frischs Grundthemen der Identität und der verpassten Leben, die man hätte leben können. Angenehm, dass dabei die Frauenfiguren (Nina Hoss, Susanne Wolff) allesamt stark wirken und die männliche Hauptfigur (Stellan Skarsgard in einer Neuauflage seiner „Nymphomaniac“-Rolle, nur ohne deren Witz und Fibonacci-Nummern) in all ihrer Erbärmlichkeit ausgestellt wird.

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kommentare

  • Erstens war das natürlich in erster Linie in filmästhetischer Sicht gemeint (und wenn das hier nicht „klassischer Kaurismäki“ ist, dann wüsst ich aber wirklich nicht mehr?), aber selbst auf inhaltlicher Perspektive kann man schon durchaus auch auf den letzten Kaurismäki Le Havre verweisen.

  • „Auch wenn Kaurismäki also seinem Werk mit „Die andere Seite der Hoffnung“ gar nichts Neues hinzufügt“
    -ziemlich arrogante Einschätzung. Mit welchen ihrer Dramen haben denn Brecht, Sartre oder Goethe ihren Werken nichts Neues hinzugefügt?
    Und wer hat das diagnostiziert -die Geschichte oder ihre zeitgenössischen Rezensenten?
    Der Film fügt ein neues Thema bzw. dessen neue Perspektive hinzu -und dies ist eine notwendige Ergänzung, meiner Meinung nach. Auch wenn es ein Minimum an Gehirnschmalz erfodert, dies zu erkennen (Stichworte: Nato-Kriege, Flüchtlingselend, Neoliberalismus -es gab Zeiten, da war die taz diesbezüglich aufmerksamer).

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