Xao Seffcheque ist eine der zentralen Stimmen der deutschen Avantgarde-Punk-Explosion Ende der 70er. Seffcheque ist seit den frühen 80ern mit Peter Hein in Family*5 tätig, hat aber auch experimentelle Solowerke veröffentlicht. Zwei davon – Ja, Nein , Vielleicht und Kommt Sehr Gut – wurden gerade von Bureau B wiederveröffentlicht.
Da Xao Seffcheque bereits 1981 mit seiner „Happy New Wave“-Single eine Art augenzwinkernde Werkschau der damaligen Szene veröffentlichte, ist er natürlich geradezu prädestiniert, in unserer Five Favourites – Reihe aufzutreten:
Eine Auswahl ist immer zugleich auch eine Einschränkung.
Was eine mögliche Auswahl der deutschen Musikszene aus Punk, Wave, Elektronik und Power-Pop Ende der 70er/Anfang der 80er betrifft, trifft dies in besonderem Maße zu; es gab einfach enorm viele interessante, relevante und hörenswerte Musik.
Insofern hat eine Auswahl von nur fünf Stücken aus dieser Zeit auch immer etwas extrem rigoroses, willkürliches.
Und passt damit gleichzeitig perfekt zum Geist dieser Epoche.
1. „HERRENREITER“ von MITTAGSPAUSE (Rondo / 1979)
Gitarrenmusik, die marschiert, aber weder rock- noch hosenmäßig, sondern popig und galoppierend zugleich – das war ein Paradigmenwechsel! Für mich, Deutschland und die Welt.
Und Peter Hein war der erste, der die hässliche Vokabel „Lieblingsfernsehonkel“ nicht nur unfallfrei singen konnte, sondern so, dass man überzeugt war, dass er das örtliche Telefonbuch genau so wirkungsvoll interpretieren könnte.
Quod erat demonstrandum.
2. „LACHLEUTE UND NETTMENSCHEN“ von S.Y.P.H. (Pure Freude / 1980)
Harry Rags Pamphlet gegen den Duft der großen weiten Welt und Glück und Marlboro für jeden.
Aus einem textlich ohnehin schon sehr gelungenen Album nochmals herausragend.
Deutscher Punk jenseits von Pogo-Qual und Zwangsprogressivität.
3. „LOS NIÑOS DES PARQUE“ von LIAISONS DANGEREUSES (TELDEC / 1981)
Unbezwingbar in ihrer packend-stampfenden Rhythmik ist diese zentrale Tanzschaffe, entstanden in meiner alten Kellerwohnung in Düsseldorf.
Dieser Song, eine geniale Antizipierung von Techno, hat nicht nur DAF, sondern auch deren Sound-Entwickler Chrislo Haas überlebt, der sich damit ein musikalisches Denkmal gesetzt hat.
4. „GEFÄHRLICHE CLOWNS“ von DER PLAN (Ata Tak / 1980)
Das kommt dabei raus, wenn man sich für die RESIDENTS begeistert, es aber nicht hinbekommt – es wird sogar noch besser als die Vorbilder!
So wie Peter Hein über seine damalige Band sagte: „Mittagspause galt als das Originellste, dabei war es das Nachgemachteste überhaupt.“
Die Originalität entspringt nämlich (u.a., aber eben nicht nur) dem Unvermögen zur unoriginellen Kopie.
Der daraus entstandene elektrisierend ironische Drogen-Ambivalenz-Song verströmt über die wuchtigen Korg-Klänge und die psychedelisch verfremdete Stimme von Moritz Reichelt nach wie vor griffige Aktualität.
5. „WIE LANGE NOCH“ von DER KFC (Schallmauer / 1981)
So einfach dieses Lied auch ist, es hat dennoch (oder genau deshalb) eine sehr spezielle Atmosphäre. Das allein an der molligen Harmonik und dem Klageliedgesang von Tommi Stumpff festmachen zu wollen, greift zu kurz – die Lyrics in ihrer pessimistischen Haltung, die schwirrenden Bass-Achtel und die Endzeitgestimmtheit des gesamten Vortrags geben mir nach wie vor beim Hören das Gefühl von schöpferischer Tristesse und fröhlicher Ausweglosigkeit – das Scheitern des anderen als Weg zur eigenen Katharsis.
Die Compilation der frühen Werke ist bereits erschienen.
https://soundcloud.com/bureau-1/ja-nein-vielleicht
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