vonChristian Ihle 18.07.2017

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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„Die Mission groß. Es ist das einzige Konzert, das U2 im Rahmen ihrer „The Joshua Tree“-Tour in Deutschland geben. Sie haben also ganz schön was vor – schließlich gilt es, Tonnen an Bombast zu hinterlassen. (…) U2 haben die Rockhymne ja so lange totgeritten, bis nichts mehr übrig geblieben ist als absolut dramaturgiefreie, hallige Gitarrenfelder. In der Musik von U2 hat nichts Tragisches mehr Raum. Da ist (mittlerweile) nur noch ein bombastischer Brei aus Phrasen, der klingt, als würde jemand unermüdlich randalieren, weil er die Tür zur Transzendenz nicht mehr aufkriegt. (…)

Der ganze U2-Lärm ist selbstgerecht, grundlos und verzweifelt zugleich. Daran könnte man wiederum etwas Tragisches finden, wenn Bono nur nicht so unglaublich Bono und The Edge nicht schon längst von seiner Klippe in den klangästhetischen Kitschhöllenschlund abgestürzt wäre. Bleibt: Die ewige Hymne ohne Grund und Ziel. Und dann die quälende Frage: Was kann echte Iren nur so ruinieren? (…)

U2s musikalischer Garten Eden voller Joshua-Bäume ist in Wirklichkeit doch eher die Welt des millimetergenau rasierten Rollrasens.“

P.S.: übrigens wird die Offensichtlichkeit einer U2-Schmähkritik gleich im Text mitthematisiert:

„Sicher, U2-Bashing ist fast so alt wie U2, also nicht gerade originell. Aber genauso wenig ist es originell, dieser unvermeidlichen Modedialektik im Pop zu folgen, dass man etwas nur deshalb verteidigen muss, weil es zu viele hassen. Es gibt gute ästhetische Argumente, U2 schrecklich zu finden. Befreiend schön ist Pop gerade dort, wo Coolness ein Spiel, das Existentielle eine Lust, das Primitive erhaben und die Show wahrhaftig ist. Intellektueller Dünkel macht das genauso kaputt wie hirntotes Hypen aus schierer Angst, andernfalls als Spießer zu gelten. Oder eben die Verteidigung von Mist aus reiner Originalitätssucht.“

(Konzertkritik von Juliane Liebert in der SZ)

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https://blogs.taz.de/popblog/2017/07/18/schmaehkritik-647-u2/

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kommentare

  • Die Kritik an den Veröffentlichungen von U2 der vergangenen Jahre kann ich -als ehemalig enthusiastischer Fan- leider ohne Einschränkung teilen.Bei Menschen die U2 nie leiden/verstehen konnten überrascht das nun nicht so sehr!??
    Mit der Qualität, Originellität und dem Anspruchs von U2 entstanden in den 80er bis Beginn der 2000er hat das heute nichts mehr gemein. Die AKtionen der letzten JAhre sind leider überwiegend ein Beitrag der Band zur Selbstzerstörung und zeigen deutlich, warum es für Künstler (und U2 hat Kunst geschaffen – sie haben den Zeitgeist beschrieben, berreichert und verändert) wichtig ist aufzuhören, wenn man sich nur noch wiederholt und durch die Produktion von belanglospopmusik sein Gesamtwerk beschädigt.

  • Mit U2 konnte ich nie etwas anfangen, vereinzelt konnte man vielleicht mal in betrunkenem Zustand „Where The Streets Have No Name“ im Wechsel mit der Pet-Shop-Boys-Version in Dauerschleife hören.
    Ein bisschen besser waren sie in der Brian-Eno-produzierten Zeit, aber nachhaltig war das auch nicht.
    Letztlich waren die Typen, die U2 gut fanden, für mich auch immer irgendwie komisch, ging denen umgekehrt wahrscheinlich genauso, U2 ist ein ganz eigener Kosmos, so eine aufgesetzte Protesthaltung mit Bausparvertrag, ganz merkwürdiges Phänomen, aber eben unter uns in signifikanter Zahl lebend.

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