Tolle, sehr intime und doch unkommentierte Doku von Tony Palmer über eine Europa-Tour Leonard Cohens Anfang der 70er, die bis vor wenigen Jahren nie veröffentlicht wurde. Eventuell war „Bird On A Wire“ Cohen dann doch zu nah dran. Obwohl völlig unskandalisierend sehen wir Cohen am Ende heulend, LSD nehmend, Udo Jürgens die Begleitung ausspannen und sogar duschen. Näher dran geht’s dann wohl nicht mehr.
https://www.youtube.com/watch?v=7hyd_ygJviQ
Was einen weghaut: wie fantastisch die Tonaufnahmen sind, wie Cohen zwischen den Songs improvisiert, selbst am Prinzip Rockstar zu verzweifeln scheint und andererseits immer wieder von der Liebe um ihn herum überwältigt ist. Mehrfach ist er so unzufrieden mit der Soundanlage der Konzerte, dass er den Zuschauer ihr Geld zurückgeben will (unter anderem in Berlin) – absurd, wenn man andererseits diese Konzertszenen sieht und sich nichts mehr wünscht, als dabei gewesen zu sein. „Bird On A Wire“ ist so etwas wie ein companion piece zur berühmten Dylan-auf-England-Tournee-Doku „Don’t Look Back“, die ebenfalls nur aus Konzert- und Backstageaufnahmen besteht, kein Narrativ als solches hat und den Meister und seine Musik unkommentiert lässt. „Bird On A Wire“ wirkt auf mich aber noch intensiver, weil Cohen im Gegensatz zu Dylan keine Kunstfigur aufbaut, um den Rummel von ihm wegzuhalten, sondern mit scharfer Intelligenz und großer Demut immer wieder alles um sich herum analysiert und in Relation setzt. Eine tolle Musik-Doku, für die man kein Hardcore-Cohen-Fan sein muss (wobei natürlich jeder prinzipiell Cohen-Fan sein sollte).