vonChristian Ihle 10.04.2019

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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„Driller Killer“ ist ein erstaunlicher Trip, näher am No Wave Cinema Of Transgression von Richard Kern und Nick Zedd als an den Video Nasties seiner Zeit.

Die Geschichte eines Künstlers, der immer mehr austickt und so beginnt, mit der Bohrmaschine durchs nächtliche fucked up New York der späten 70er zu jagen, um willkürlich Passanten, Penner und persönliche Bekannte zu durchlöchern, ist natürlich nicht der eigentliche Punkt, sondern das *Wie*.

Abel Ferrara, hier in seinem Debütfilm nicht nur hinter der Kamera sondern auch als Driller Killer davor, filmt das in einer psychischen Rauheit, die das Abrutschen in den Wahnsinn, ins Nicht-mehr-konforme gleichermaßen glaubhaft wie abstrakt und total verstörend zeigt (wohingegen die eigentlichen Kill Scenes für heutige Verhältnisse bis auf vielleicht zwei Ausnahmen gar nicht so viel Schockpotential besitzen).

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„Driller Killer“ schlägt mich neben seinen Stärken als Weirdo-Arthouse-Proto-Slasher bzw. besser ja: -Driller sogar noch mehr als Bild eines untergegangenen New Yorks in den Bann. Jenes New York über das Simon Reynolds einmal geschrieben hat: „If you were prepared to live somewhere that looked like Beirut, and where Heroin was easier to buy than groceries, the Lower East Side was paradise“.
Ein New York, das in Anarchie versinkt statt im Hyperkapitalismus lebt, das schmutzig, dunkel, dreckig ist und nirgendwo nach Glas und poliertem Stahl glänzt. Dass eine fiktive Punkband im Loft nebenan Tag und Nacht spielt und Ferrara sowohl Sound (Johnny Thunders goes No Wave) als auch Look und Attitude so gut einfängt, wie ich das selten in der filmischen Punk-Darstellung gesehen habe, tut sein Übriges, dass mich eine imdb-Bewertung von 5.1 nur noch mehr wundern lässt.

Ein wirrer, wilder Film, wunderbar zwischen den Stühlen Kunst und Popkultur, Arthouse und Exploitation sitzend. Wenn man sich für das Kino an den Rändern interessiert, kommt man an „Driller Killer“ nicht vorbei.

Driller Killer ist legal kostenfrei zu streamen im Internet Archive.

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https://blogs.taz.de/popblog/2019/04/10/driller-killer-regie-abel-ferrara/

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kommentare

  • @roland: Snake Eyes muss ich mal wieder schauen, kann mich erinnern, dass der damals nicht so gut aufgenommen wurde – aber vielleicht auch, weil hier Mainstream (Madonna!) und Arthouse- Erwartungen aufeinander treffen.
    Mein Liebling von Ferrara – und einer von meinen ganz wenigen 10/10-Filmen – ist „Bad Lieutenant“. Für mich einer der intensivsten, traurigsten Filme überhaupt.

  • @Fabian: ja ging mir genauso. Eben kein simpler Slasher, sondern etwas tieferliegend Verstörenderes, gleichwohl aber auch viel anstrengender als so etwas wie Fulcis „New York Ripper“ wegzuschauen, den man dann halt letzten Endes im Gegensatz zu Driller Killer nicht so recht ernst nehmen kann. Vergleichbaren Effekt hatte „Maniac“ auf mich, der auch viel tiefergehend „draußen“ war.

  • Hat mich damals ziemlich unvorbereitet getroffen. Hatte einen üblichen Exploitationer/Slasher erwartet und ein sehr rohes Psychogram gesehen. Ist anstrengend wie auch faszinierend.

  • Stark, ich kannte den Film gar nicht, obwohl ich Abel-Ferrara-Fan bin und sein „Snake Eyes / Dangerous Game“ für den besten Film aller Zeiten halte.

    „Driller Killer“ thematisiert ja demnach New York in seiner künstlerisch fruchtbarsten Phase, zur Zeit von James Chance / Contortions, Lydia Lunch, Scott & Beth B. und so weiter. Cool!

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