Ist „Joker“ der beste Superheldenfilm ever?
Ja und Nein – mit Sicherheit übertrifft Todd Phillips Erzählung einer ewigen downward spiral eines Lebens alle Marvel- und DC- Movies der Vergangenheit. Und, ja, er ist auch besser als Nolans „The Dark Knight“.
Aber ist „Joker Movie“ überhaupt ein Superheldenfilm, sprechen wir hier ernsthaft noch über dieses Genre?
Nichts an „Joker“ orientiert sich an Superheldentropes, selbst wenn „Joker“ eine „Origin Story“ erzählt. Weit stärker lehnt sich Todd Phillips an Martin Scorseses Glanzzeit an und versucht in Bild wie Ton das Kino des „New Hollywood“ auferstehen zu lassen. Im Grunde ist sein „Joker“ eine Coverversion von Scorseses „King Of Comedy“ (was er mit der Besetzung des King-Of-Comedy-Hauptdarstellers Robert de Niro auch noch einmal nickend anerkennt), gekreuzt mit „Taxi Driver“ (wieder de Niro), in dem Scorsese eben auch den Weg eines vom Leben Getretenen in den Terrorismus zeichnet.
„Joker“ ist ein durch und durch unangenehmer Film und deshalb auch ein Wagnis auf diesem Multiplex-Level. Phillips exerziert den Weg nach unten mit unablässigem Nachdruck, ohne witzige Erleichterungen oder unrealistische Abzweigungen. „Joker“ bleibt von Beginn bis Ende auf Realismus getrimmt und gelingt damit etwas, das all seinen „Vorgängern“ fehlt: die Härte des Lebens wird spürbar, die Verletzungen und die Verzweiflung. Phillips zeigt allerdings auch keine Alternative zum Driften in den Wahnsinn und den Terror. Aus seinem „Joker“ spricht die Unausweichlichkeit des Aufruhrs, fehlt ihm ein „Nieder mit den Umständen, es lebe die Zärtlichkeit“, das beispielsweise David Finchers „Fight Club“ als alternativen Ausweg aus der Beschissenheit des Daseins anbot. Die Möglichkeit einer Katharsis ist hier nirgendwo zu sehen und wenn, dann eben wirklich nur durch den Mord, der das System tanzen lässt, die Welt brennen sehen will.
Deshalb ist natürlich der clownsgeschminkte Elefant im Vorführraum die Frage, ob „Joker“ nun eine Vorlage für den Kampf gegen das „Establishment“ bietet und damit alt.right-Stimmen trompetet. Ich denke: knapp nein. Im letzten Akt droht Phillips sein Film zu entgleisen, aber es gelingt ihm gerade noch, ausreichend Empathie für den getretenen Hund Joaquin Phoenix (tatsächlich sensationell) zu erzeugen, ohne die Heroisierung-Karte wirklich auszuspielen.
In seinem festen Willen, „Joker“ so zu erden dass er nebenan im Zimmer deines unsanierten Mietshauses geschehen könnte, fällt Phillips aber kein Wort des Trostes oder zum Aufbruch in ein besseres Leben ein.
„Is it just me, or is it getting crazier out there?“
Danke für die Empfehlung. Ich hatte gedacht, „Joker“ sei banale Mainstream-Ware.
Durch die Codes Taxi-Driver/DeNiro/Scorsese aktiviert, werde ich ihn mir anschauen.