vonChristian Ihle 05.12.2019

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

Mehr über diesen Blog

Und wie isser, der neue Scorsese?
Lang isser, der neue Scorsese!
Über dreieinhalb Stunden und mehrere Jahrzehnte erzählt Scorsese die Geschichte von Frank Sheeran (Robert de Niro), dem Mann fürs Grobe der US-italienischen Mafia. Nach einer sehr langen Einleitung nimmt der Film fahrt auf, wenn Sheeran als Leibwächter zum Gewerkschaftsboss Jimmy Hoffa (Al Pacino*) abkommandiert wird und wir aus seiner Straßenköterperspektive die Zeitäufte miterleben dürfen: Kubakrise, Kennedymord, Gewerkschaftsgrabenkämpfe. Das ist der interessanteste Part des Films, dem es hier auch gelingt, Mitleid für diese alten grauen Männer zu erzeugen – und sind es noch so große Arschlöcher. Seinen Klimax findet „The Irishman“ dann auch folgerichtig, wenn sich die Geschichte um Hoffa zuspitzt und de Niros Charakter zwischen seinen Loyalitäten kurzzeitig zerrieben scheint. Dass Scorsese dann aber noch eine weitere Stunde dran hängt, ist vielleicht theoretisch schlüssig, weil er damit wirklich endgültig das Mobstertum im Altersheim entmystifiziert, aber praktisch nun leider auch eher öd.
Alles in allem werde ich den Gedanken nicht los, dass ein richtiges Filmstudio Scorsese dazu gezwungen hätte, konziser zu erzählen als es die freie Hand des Netflix’schen Millionengrabs vermochte.

Hier wurde ein eingebetteter Medieninhalt blockiert. Beim Laden oder Abspielen wird eine Verbindung zu den Servern des Anbieters hergestellt. Dabei können dem Anbieter personenbezogene Daten mitgeteilt werden.

*Neben de Niro und Pacino sind übrigens auch Harvey Keitel und Joe Pesci am Start. Gerade noch mal knapp davor, auch Brando zu exhumieren.
de Niro spielt hier sicher eine seiner besten Rollen seit langem, während Pacino nicht wirklich aus seiner HB-Männchen-Overacting-Haut kommt. Die größte Überraschung ist für mich aber Joe Pesci, der ja tendenziell immer big time nervt, aber diesmal sehr gelungen die Rolle des Strippenziehers im Hintergrund, der immer mehr weiß als alle anderen, spielt.
Das große Bohei um das De-Aging, also dass hier alle Schauspieler in verschiedenen Altersstufen dargestellt werden, ist natürlich übertrieben und hoffentlich wie die 3D-Welle nur ein Scherz für eine Kinonacht, weil erstens es ziemlich verwirrend ist, wer jetzt in welcher Szene gerade wie alt sein soll, und zweitens vielleicht das Gesicht „deaged“ wird, aber eben nicht die Bewegung eines alten Körpers, was befremdliche Effekte hervorruft

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/popblog/2019/12/05/the-irishman/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert